Bordeaux – warum der Kultwein so teuer ist
Fotos: Shutterstock, beigestellt
Immer wenn Preise aus Absurdistan verlangt werden, kommt das Argument der quasi Nichtexistenz des begehrten Objektes. Was im Falle Bordeaux aber schon überhaupt nicht greift. So wie im oft bemühten Vergleich mit der Toskana sind die Rebflächen der meisten Châteaux recht ansehnlich. Lafite-Rothschild kommt auf 100 ha, Margaux auf 80, Mouton Rothschild auf 75. Natürlich geht’s auch anders: Château Pétrus ist zum Beispiel nur 11 ha groß, heiß nachgefragt sind die homöopathischen Mengen von Le Pin, Valandraud, Le Dome, Hosanna u. a. Standard sind allerdings 50 ha und mehr.
Ein knappes Angebot wäre also die allerschwächste Ausrede, wenn klassifizierte Bordelaiser Güter (und nicht nur diese etwa 60 Cru classés) selbst in schwachbrüstigen Jahrgängen Höchstpreise erzielen. Nehmen wir die letzten interessanten Jahrgänge einmal her. 2004 katastrophal, 2000 hat sich posthum als wirklich…
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Immer wenn Preise aus Absurdistan verlangt werden, kommt das Argument der quasi Nichtexistenz des begehrten Objektes. Was im Falle Bordeaux aber schon überhaupt nicht greift. So wie im oft bemühten Vergleich mit der Toskana sind die Rebflächen der meisten Châteaux recht ansehnlich. Lafite-Rothschild kommt auf 100 ha, Margaux auf 80, Mouton Rothschild auf 75. Natürlich geht’s auch anders: Château Pétrus ist zum Beispiel nur 11 ha groß, heiß nachgefragt sind die homöopathischen Mengen von Le Pin, Valandraud, Le Dome, Hosanna u. a. Standard sind allerdings 50 ha und mehr.
Ein knappes Angebot wäre also die allerschwächste Ausrede, wenn klassifizierte Bordelaiser Güter (und nicht nur diese etwa 60 Cru classés) selbst in schwachbrüstigen Jahrgängen Höchstpreise erzielen. Nehmen wir die letzten interessanten Jahrgänge einmal her. 2004 katastrophal, 2000 hat sich posthum als wirklich …
… großes Jahr erwiesen, 2003 und auch 2005 hat die kostende Kollegenschaft hochgeschrieben, um bald danach das Jahrgangsurteil nach unten zu revidieren. Beim durchwachsenen 2006er (der anfänglich nicht so toll abgeschnitten hat) könnte man selektiv zuschlagen. Angesichts der Weltwirtschaftskrise sind die Preise relativ fair ausgefallen, was auch für den uneinheitlichen 2007er (Riesenmenge) gilt. Haut Brion notierte „en primeur“: 2004/135 Euro, 2005/340, 2006/438 – und das bei annähernd gleichen Produktionskosten.
Wie funktioniert also die Preisbildung im Weinmekka? Es ist ein kleiner Zirkel von ca. 30 Großhändlern/Négociants und dem Himmelvater himself, Mr. Robert Parker jun. Dann kommt ganz lange nichts. In deutschsprachigen Landen mischt noch der Schweizer „Weinwisser“ René Gabriel an der Image- und Mythenbildung mit, Österreichs Peter Moser, Joel Payne, Bernhard Burtschy, Mario Scheuermann – um nur einige wenige zu nennen. Insgesamt raufen sich im März des Erntefolgejahres so an die 5000 Menschen um die frisch gefüllten Muster, die gelegentlich noch mitten in der malolaktischen Gärung stecken. Je mehr dann jubeln, desto teurer wird’s. Mit Spannung erwartet man, welches Haus zuerst und mit welchen Preisen an die Öffentlichkeit geht. Sodann ordert zuerst der lokale Großhandel, dann deren Importeure, die ihre Tranchen wieder an den Fachhandel weiterreichen. Am Ende der Kette steht dann der erschütterte Letztverbraucher, der für alle Bereicherungen entlang dieser Geldstraße zu blechen hat. Den Châteaubesitzern kann man sicher nicht vorwerfen, dass sie das Maximum an Gewinn aus ihren Weinbergen holen. Das fundamentale Gesetz im Wirtschaftsleben ist nun einmal das von Angebot und Nachfrage, exakter gesagt deren Verhältnis zueinander.
Mit dieser Info im Hintergrund bedarf es keines allzu scharfen Verstandes, um zu erkennen, wo nun eventuell der Hund begraben sein könnte. Wir imaginieren vorerst einmal Verkostungsmuster, die nach dem Gusto des jeweiligen Meinungsmachers cuvéetiert werden. Man munkelt u. a. davon, dass süße amerikanischer Eiche die massiven Tanninattacken erträglicher machen könnte. Dann könnte es noch verschiedene Füllungen des „en primeur“ georderten Weines geben. Zwischen Bestellung und Auslieferung liegen immerhin 2 Jahre. Da könnte zwischenzeitlich auch der Händler Ihres Vertrauens vor dem Konkursrichter stehen. Und Ansprüche auf Kosten- oder Flaschenersatz gegenüber den abfüllenden Châteaus bestehen keine. Übrigens auch dann nicht, wenn die Flasche korkt, dass selbst dem Gaumenamputierten graust. Die (beinahe) Fixgarantie einer beachtlichen Preissteigerung/eines hohen Gewinnes zwischen Order und Auslieferung, wohnt mittlerweile auch im Reich der frommen Wünsche. Wenn schon ein Ertrag drinnen sein soll, dann am ehesten mit Weinen in OHK (also in den Original-Holz-Kisten) von den allergrößten Namen.
Es gibt allerdings noch einen anderen, extrem günstigen Approach an den Bordeaux: die unzähligen kleinen Güter mit ihren feinen, delikaten, leichtfüßigen Weinen, die nach 3 bis 5 Jahren Lagerung zu wundersamen Speisenbegleitern mutieren.
Es folgen zweckdienliche Angaben zur Region: Das größte Qualitätsweinbaugebiet der Welt (mit definierter Herkunftsbezeichnung) liegt im südwestlichen Zipfel Frankreichs. Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot, Malbec, Petit Verdot heißen die wichtigsten roten Sorten, Semillon und Sauvignon blanc die weißen Verwandten. Das Angebot umfasst dementsprechend Rot,- Weiß-, Rosé- und Süßweine. Wir beschränken uns hier allerdings auf die roten Gewächse und da wiederum auf die Appellationen Bordeaux bzw. Bordeaux Supé-rieur (nur 2 von knapp 70 AOCs!) – hier produziert man auf etwa 50.000 ha, was der Rebfläche Österreichs gleichkommt.
Eine schnelle, übersichtliche und kostenfreie Bordeaux-Info liefert der Amsterdamer Fachtrinker David Bolomey. In Tabellenform listet diese Website (www.bordoverview.com)) Hunderte Erzeuger auf, ihre Größe, die durchschnittlichen Preise und die Bewertungen von acht marktbestimmenden Degustatoren.
Josef Pöckl
Rotweinkünstler, Mönchhof, Burgenland
Große Bordeaux-Weine sind nun einmal der Maßstab! Aber wir Österreicher spielen immer öfter in dieser Liga mit.