Frank Albers: Farewell, Gustav Brock
Samstag, 29. 08. 2017: Heute ist es so weit. Auch ich darf in den Urlaub fahren. Aber einen wichtigen Termin gibt es noch, den ich persönlich wahrnehmen werde: Wild und Geflügel Gustav Brock, die Institution für hochwertiges Fleisch im Rheinland, wird nach einhundertelf Jahren die Pforten schließen.
Eine Ära geht zu Ende. Ich werde also heute nach Köln fahren, um Herrn und Frau Rochow noch einmal die Ehre zu erweisen, bevor es in den Flieger nach Griechenland geht. Das Fleischfeinkostgeschäft Gustav Brock hatte ich bereits in den Neunzigerjahren während meiner Lehrzeit bei einem der großen Sternekoch-Lieferanten der damaligen Zeit kennengelernt.
Brock stand dort zwischen der Hautevolee der deutschen Gastronomie auf der VIP-Kundenliste des Inhabers. Auf dieser Liste fanden sich die Kunden, deren Order aus der frisch aus aller Welt eingetroffenen Ware als erste zum Versand gepackt wurde – erste Wahl, creme of the crop. Alles andere hätte für den Kunden Gustav Brock auch gar keinen Sinn ergeben: Georg Rochow war bekannt dafür, alle Ware persönlich und peinlich genau bei Ankunft zu kontrollieren.
Was seinem hohen Qualitätsanspruch nicht entsprach, wurde rigoros auf der Türschwelle seines Ladens abgelehnt. Als ich dann in unseren Familienbetrieb eintrat, hatte ich das Glück, die Rochows als Kunden gewinnen zu können. Natürlich gab es weiterhin erste Wahl. Die Rochows dankten es uns mit regelmäßigen Bestellungen.
Nun die Schließung. Aber warum? Das Geschäft lief bis zuletzt hervorragend. Anders als viele der klassischen Innenstadt-Metzgereien hatten die Rochows auch Kundschaft in der jüngeren Generation. Das lag daran, dass viele mittlerweile moderne Trends im Fleischgeschäft, wie zum Beispiel hohe Marmorierung oder Freilandhaltung, bei Gustav Brock schon immer der Standard waren.
Die einfache Antwort: Es gibt noch ein Leben nach dem Geflügel. Georg Rochow ist dreiundsiebzig und möchte nicht wie seine Großeltern bei der Arbeit umfallen. Auch er wird nun mit seiner Frau in die Oper oder die Philharmonie gehen können, Dinge, die bisher nicht möglich waren, nachdem sie täglich um halb acht den Laden zumachten.
Ein Nachfolger? Brock war immer ein Familienbetrieb, da keiner aus der Familie übernimmt, wird nun geschlossen. Georg Rochow und ich haben – wenn es um Ware geht – die gleichen Prinzipien. Wir glauben beide daran, dass sich konstante Qualität immer durchsetzen wird. Sie macht ein Geschäft beständig und krisensicher.
Um diese Werte zu sichern, benötigt es die Passion des Inhabers. Ein Grund dafür, dass hohe Produktqualität meistens mit kleinen bis mittelgroßen inhabergeführten Betrieben einhergeht. Auch ist es nur solchen Betrieben möglich, über viele Jahre der Zusammenarbeit enge und persönliche Beziehungen zu ihren Kunden und Produzenten aufzubauen.
Danke an Karin und Georg Rochow, dass ihr fünfundfünfzig Jahre lang diese Prinzipien gelebt habt. Gustav Brock wird vielen Menschen fehlen, nicht nur in Köln. Auch für euch geht es jetzt erst einmal in den – wirklich verdienten – Urlaub. Wir sehen uns dann wieder im Oktober auf der Excellence from farm to table – die Ehrenarten liegen bereit.