Kulinarik, quo vadis?
Fotos: Shutterstock, Nordic Food Lab, beigestellt, Wolfgang Hummer, Waku Waku, Cornell University
01 – Fermentation
Von Pilzen und Bakterien zersetzte Lebensmittel? Klingt natürlich für viele erst einmal eklig. Manche solcher biochemischen Prozesse, die man unter dem Namen Fermentation zusammenfasst, sorgen aber erst so richtig dafür, dass es auf dem Gaumen kawumm macht. Was aber gleich einmal festgehalten werden sollte: Fermentation ist definitiv nichts Neues. Man denke nur an Bier, Oliven, Käse, Gurken, Joghurt oder Sauerteigbrot. Aber auch Kombucha, das man ja fast schon als bestes Pferd im Stall der Fermentationskreuzritter bezeichnen kann.
Was sich aktuell jedoch immer mehr ändert, ist die Tatsache, dass sich die Fermentation von maschinellen Prozessen in Firmen immer mehr auch in die hiesigen Küchen verlagert. Fermentation bezeichnet die Umwandlung von organischem Material durch Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze oder auch Einzeller beziehungsweise deren Enzyme. Durch Fermentation erreicht man sehr oft gesundheitliche Vorteile, es werden dadurch nämlich Nahrungsmittel umgewandelt, die schwer zu verdauen wären oder im Rohzustand giftig sind. Zudem konserviert diese Methode gewisse Produkte für einen bestimmten Zeitraum. In jedem Fall verleiht Fermentation bereits bekannten Aromen einen neuen spannenden Geschmack. Aktuelles Paradebeispiel für…
Fotos: Shutterstock, Nordic Food Lab, beigestellt, Wolfgang Hummer, Waku Waku, Cornell University
01 – Fermentation
Von Pilzen und Bakterien zersetzte Lebensmittel? Klingt natürlich für viele erst einmal eklig. Manche solcher biochemischen Prozesse, die man unter dem Namen Fermentation zusammenfasst, sorgen aber erst so richtig dafür, dass es auf dem Gaumen kawumm macht. Was aber gleich einmal festgehalten werden sollte: Fermentation ist definitiv nichts Neues. Man denke nur an Bier, Oliven, Käse, Gurken, Joghurt oder Sauerteigbrot. Aber auch Kombucha, das man ja fast schon als bestes Pferd im Stall der Fermentationskreuzritter bezeichnen kann.
Was sich aktuell jedoch immer mehr ändert, ist die Tatsache, dass sich die Fermentation von maschinellen Prozessen in Firmen immer mehr auch in die hiesigen Küchen verlagert. Fermentation bezeichnet die Umwandlung von organischem Material durch Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze oder auch Einzeller beziehungsweise deren Enzyme. Durch Fermentation erreicht man sehr oft gesundheitliche Vorteile, es werden dadurch nämlich Nahrungsmittel umgewandelt, die schwer zu verdauen wären oder im Rohzustand giftig sind. Zudem konserviert diese Methode gewisse Produkte für einen bestimmten Zeitraum. In jedem Fall verleiht Fermentation bereits bekannten Aromen einen neuen spannenden Geschmack. Aktuelles Paradebeispiel für den Fermentationstrend in der gehobenen Küche sind die Skandinavier.
Ob nun der Schwede Magnus Nilsson oder Dänemarks Nordic Food Lab (siehe Ben Reades Dossier auf Seite 138): Da wird experimentiert ohne Ende. Man nehme nur das simple Beispiel Knoblauch. Wenn man rohen Knoblauch einem monatelangen Fermentationsprozess durchlaufen lässt, resultiert das in schwarzem Knoblauch. Der Geschmack erinnert danach an ein herrlich süßes, sirupartiges Balsamicoaroma mit Molasse-, Tamarinde- und Rosinen-Noten. Egal wie man also zu Fermentation stehen mag, eines steht in Zeiten des löblichen Nachhaltigkeitsbooms fest: Dieser Trend wird so schnell nicht verschwinden!
02 – Goji – Functional food
Nahrungsmittel sollen satt machen. Im Idealfall haben sie jedoch auch einen gesundheitlichen Nutzen. Functional Food soll genau das erfüllen. Bestes Beispiel dafür sind die kleinen Goji-Beeren – in unseren Breitengraden als der Gemeine Bocksdorn bekannt. Obgleich sie in ihrer asiatischen Heimat schon seit Jahrtausenden verwendet und geschätzt werden, entwickeln sie sich erst seit Kurzem auf dem europäischen und nordamerikanischen Markt zu beliebten Produkten. Traditionell nehmen die Chinesen getrocknete Bocksdornbeeren gegen hohen Blutdruck und Blutzucker, bei Augenproblemen, zur Unterstützung des Immunsystems und zur Vorbeugung und Behandlung von Krebs. Ist Functional Food also das Allheilmittel? Nein. Jedoch immer zu beachten: Unsere natürlichen Lebensmittel sind voller Inhaltsstoffe, die gut für unsere Gesundheit sind. Man muss sie nur verwenden!
03 – Korean Food
Ob Chinesisch, Vietnamesisch, Japanisch oder Koreanisch: Irgendwie ist die Asiaküche doch immer dasselbe? Ganz falsch! Auf den ersten Blick mag das vielleicht teilweise stimmen, doch besonders typisch für die koreanische Küche sind etwa die kurzen Garzeiten im Wok, Würzpasten und Gemüse beziehungsweise Kräuter als Hauptbestandteil aller Gerichte. Fermentierte Gewürzpasten aus Soja sowie Fischsaucen, Chilis, Ingwer und Sesamöl geben den Gerichten erst ihr unverwechselbares, intensives Aroma.
Bekannter Trendsetter ist etwa die Gochujangpaste. Sie besteht aus fermentiertem Klebreis, Sojabohnen, Chili sowie Salz und bringt eine sehr angenehme Art der Schärfe mit sich. Sie passt zu fast allen Arten von Fleisch und wird daher gerne als Marinade verwendend, aber auch als Dip für Gemüse oder als Saucenbasis. Für Etikette-Revoluzzer übrigens sehr interessant: Die koreanische Küche kennt keine Abfolge aus mehreren Gängen. Suppen, Beilagen, Gemüse, Fleisch und Meeresfrüchte werden ganz unkompliziert einfach zusammen serviert. Und dabei das Beste: wenig gesättigte Fette, keine künstlichen Geschmacksverstärker, weniger Kohlenhydrate, aber dafür viele Vitalstoffe.
04 – Gewürze Südamerikas
Dass sich die südamerikanische Küche immer mehr zum absoluten Vorzeigemodell innovativer Küchenkunst etabliert, beweisen Herdkapazunder wie Rodolfo Guzmán, Alex Atala und Gastón Acurio eindrucksvoll durch ihre spektakulären Kreationen. Integraler Bestandteil für den Siegeszug der Latino-Cuisine stellen vor allem auch die Gewürze der lateinamerikanischen Staaten dar. Typisch für die trendige peruanische Küche: Ají. Die chiliähnlichen Pflanzen werden aufgrund ihrer Schärfe gerne eingesetzt.
Man findet sie unter anderem in Ceviche, in Salsas, auf Cuy (gebratenes Meerschweinchen) oder mit Zwiebeln und Kräutern zu einer Sauce gekocht zu Maniok-Wurzeln. Brasilianisches Highlight ist ohne Zweifel die Pfeffersorte Pimente Malagueta, auch „Guineapfeffer“ oder „Paradieskörner“ genannt. Ihr Geschmack ist nicht nur scharf, sondern sehr aromatisch. Die Schoten sind ein raffiniertes Würzmittel, sehr gesund und wirken antibakteriell. Doch unabhängig von den Produkten sollte man den Kontinent, auf dem Köche auf mehr als 3000 einheimische Kartoffelsorten zurückgreifen können und sich eine grandiose Sternegastronomie entwickelt hat, auf jeden Fall im Auge behalten!
05 – Insekten
Nicht nur die Vereinten Nationen rufen zum Insektenessen auf. Bei Milliarden Menschen stehen sie längst auf dem Speiseplan. Leckere Heuschrecken, Grillen vom Grill, dazu geröstete Ameisen oder ein Zikaden-Barbecue: Steht all das auf dem Speiseplan der Zukunft? Geht es nach noma-Wunderwuzzi René Redzepi, dann eindeutig ja: „Wir alle lieben Bienen-Kotze und schmieren sie uns mit Genuss auf den Toast, aber bei Ameisen, die auf richtig wunderbare Weise nach Lemongrass schmecken, geht plötzlich das Abendland unter.“ Er serviert im noma lebende Ameisen, die er auf Crème fraîche platziert. Der Aufschrei in der internationalen Medienbranche war enorm.
Zudem experimentiert er mit einer Sauce, die aus fermentierten Heuschrecken gewonnen wird und auf faszinierende Weise an Sojasauce, an Bitterschokolade, aber auch an mexikanische Mole erinnert. Abgesehen von neuen geschmacklichen Erlebnissen dominiert bei den kulinarischen Vordenkern aber vor allem ein Nachhaltigkeitsgedanke: Denn bei einer stetig wachsenden Weltbevölkerung müssen immer mehr Menschen ernährt werden und die Vorliebe von Milliarden Erdenbürgern für saftiges Steak vom Rind oder Schwein belastet Umwelt und Ressourcen. Grillen etwa fressen um ein Vielfaches weniger als Rinder, Schafe oder auch Schweine für die Proteinmenge, die sie – wiederum auch als Tierfutter – dem Züchter dann liefern. Sie können in vielen Fällen auf organischem Abfall aufwachsen. Der ökologische Fußabdruck der Insekten ist in jedem Fall kleiner als bei herkömmlichem Vieh.
06 – Tee
In asiatischen Ländern ist Tee zum Essen seit Jahrhunderten etabliert. Zudem sprechen neben der schier endlos scheinenden Geschmacksvielfalt zwei weitere Argumente für das Heißgetränk: Tee ist ein Fitness- und Wellness-Getränk und steht als alkoholfreie Alternative auch bei Autofahrern hoch im Kurs. Einige Beispiele gefällig? Ingwertee regt die Verdauung an und passt folglich sehr gut zu schwerem Essen. Schwarztee passt besonders gut zu Getreidespeisen wie Risotto. Grüntee statt Sauvignon blanc, Darjeeling statt Zweigelt: Die Vielfalt der Teesorten ist wie beim Wein groß, von leicht und blumig duftend über säurebetont bis hin zu kräftig und leicht karamellig. Auch in Gerichten macht er viel her: Die hochdekorierte Schweizerin Tanja Grandits serviert etwa Enten-Ingwer-Tee als Amuse-Bouche.
07 – Aquafarming
Fischerei plündert die Ozeane. Deren Reichtum schien lange Zeit unerschöpflich. Ein Irrglaube, denn Fisch ist nicht in unbegrenzten Mengen vorhanden. Die globale Überfischung gilt heute als eine der größten Bedrohungen für die Gesundheit der Meere und das Überleben ihrer Bewohner. Durch Aquafarming könnte jedoch bald ein Großteil des weltweiten Meerestierbedarfs gedeckt werden, wodurch sich die überfischten Meere etwas erholen können. Aquafarmen bieten nämlich eine tolle Alternative zur herkömmlichen Fischerei, da hier auch nach Bedarf nachgezüchtet werden kann.
Bis ins Jahr 2030 soll mehr als die Hälfte des benötigten Fischbedarfs aus Aquafarmen entspringen. Die Negativseite: Da die Tiere relativ eng nebeneinander schwimmen, kommt es leichter zur Ausbreitung von Krankheiten, die mit entsprechenden Medikamenten behandelt werden müssen. Daher versucht man, Tiere zu züchten, die resistenter sind. Nachhaltigkeitssiegel können hier eine schnelle und brauchbare Entscheidungshilfe sein. Vorausgesetzt, sie stammen von Organisationen, die ihre Anwärter nach transparenten Kriterien und von unabhängigen Agenturen zertifizieren lassen.
08 – Raritäten
Alt bedeutet nicht immer unbedingt schlecht. Ganz besonders, wenn es um fast vergessene Gemüsesorten geht. Pastinaken, Steckrüben und Co. sorgen schon seit einiger Zeit für ungeahnte Geschmackserlebnisse auf dem Teller. Aber ob nun Topinambur, Mangold, Schwarzwurzel oder violette Karotte: Seit Beginn des 20. Jahrhunderts sind weltweit 75 Prozent der landwirtschaftlichen Vielfalt verloren gegangen und damit auch ganz wesentliche Kulturwerte. Das heißt, es gibt enormes Potenzial, spannende oder vielleicht sogar verloren geglaubte kulinarische Schätze wiederzuentdecken.
Vielen modernen Züchtungen fehlt es nämlich nicht nur an Geschmack, sondern auch an lebenswichtigen Inhaltsstoffen. Zusätzlich prägen wichtige Faktoren wie Bodenbeschaffenheit und Düngung die Charakteristika von Obst und Gemüse. Studien belegen sogar, dass alte Sorten im Vergleich zu den modernen gegen Krankheiten wie etwa Herzerkrankungen vorbeugen können. Abgesehen von den erfreulichen Begleiterscheinungen steht jedoch eines fest: Für vermeintlich unattraktive alte Gemüsearten ist auch in naher Zukunft definitiv Schluss mit dem Aschenputtel-Dasein.
09 – Fast Food
Welcher hart schuftende Koch kennt das nicht: Der Feierabend naht, der Hunger ist groß und die Lust, noch schnell zu kochen, klein. Was liegt da näher, als sich auf dem Heimweg schnell etwas zu holen? Das Problem: Wer auf seine Ernährung achtet, greift lieber nicht zu Kalorienbomben wie Pizza, Hamburger oder Currywurst. Findige Restaurantbetreiber kapieren schon jetzt die kommende Marktlücke: gesund, schnell und möglichst regional. Und obwohl die Kost im Trend liegt, tun sich viele Gastronomen noch schwer damit, das Essen zu akzeptablen Preisen an die Kunden zu bringen. Doch das Bio-Fast- Food scheint trotzdem anzukommen. Im Bio-Imbiss sitzt der Student mit Converse neben dem Abteilungsleiter im Anzug. Werte wie Nachhaltigkeit, Gesundheit und Ethik sind eben übergreifend gültig.
10 – Nahrungsmittel-3-D-Drucker
Aktuell ist es nicht mehr als ein interessantes Konzept, aber immerhin gibt es bereits einen 3-D-Drucker, der Schokolade druckt. 125.000 Euro investiert etwa die NASA in Printer, die wie aus dem Nichts Nahrungsmittel drucken. Da fragen sich jetzt viele: Essen aus dem Drucker, wie soll das funktionieren? Hier die Erklärung: Das Projekt der NASA-Partners Systems & Materials Research Corporation sieht dabei vor, dass ein 3-D-Drucker die verschiedenen Bestandteile menschlicher Ernährung in pulverisierter, lagerfähiger Form verarbeitet. Zucker, Proteine und Kohlenhydrate werden dann je nach zuvor vom Computer geladenem Rezept zusammengestellt und tellerfertig produziert.
Die ersten Entwürfe sehen allerdings noch wenig ansehnlich und eher abgespaced aus. Auch wenn diese Art der Nahrungsmittelerzeugung noch sehr futuristisch anmutet, gäbe es in nicht all zu ferner Zukunft gleich mehrere grandiose Vorteile. Zum einen könnte angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung synthetisierte Nahrung aus dem Drucker Versorgungsprobleme lösen. Zum anderen ergeben sich vor allem in den Kreativküchen von morgen ungeahnte Möglichkeiten des Foodstylings.