Wein am Limit Folge 256 – Das „neue Kalifornien“
Der kalifornische Weinbau ist seit einigen Jahren in Bewegung. Die Zeiten der Emanzipation sind längst vorbei. Wir wissen mittlerweile, daß es im „Golden State“ großartige Weine gibt, die ihren europäischen Counterparts die Stirn bieten können. Das haben unzählige Blindproben bewiesen. Trotzdem sind mir viele Weine aus den USA immer noch zu schwer, behäbig, fett und am Ende technische Monstertropfen aus der Alchemistenküche der Önologen. Es ist so einfach den Gaumen mit imposanten Tropfen zu beeindrucken. Unter Trinkspaß verstehe ich allerdings etwas anderes.
Vor allem ein paar überzeugte Pioniere bedienen eine kleine wachsende Nische die weniger opulente Weine trinkt. Vorreiter, wie der legendäre Jim Clendenen von ABC Vineyards aus Santa Barbara, hatten es lange schwer im Land der alkoholaufgepumpten und überkonzentrierten „Hollywood-Stereoid-Weine“. Die Weinkritiker ließen ihn damals links liegen, heute feiern sie ihn zurecht. Seine Weine sind haltbar und phantastische Essensbegleiter.
Seine Mission hat auch andere Entrepeneure in die etwas kühleren pazifiknahen Anbauzonen der Central Coast angelockt. Zum Beispiel den indischstämmige Master Sommelier Rajat Paar, der sich in der amerikanischen Restaurantszene, z.B. das RN 74 und Rubicon in San Francisco einen Namen gemacht. Er arbeitete mit so großartigen Kollegen wie Larry Stone, MS und dem bekannten Koch Michael Mina zusammen. Dabei galt seine Passion immer den großen Weinen Burgunds, deren Finesse und Feinheit in der Weinwelt strahlen, wenn es um Chardonnay und Pinot Noir geht.
In 201o wurde das Weingut Sandhi mit dem Focus auf die höhergelegenen Santa Rita Hills zwischen Buelton und Lompoc mit ein paar Partnern gegründet. Diese kleine Gegend ist der neue Star der amerikanischen AVA’s (American Viticultural Areas). Die Früchte aus den Hügeln haben eine kühle Aromatik, lassen eine Reife mit moderatem Alkohol zu und es findet sich immer eine frische, belebende Säure in den Weinen wieder.
Raj und seine Partner legen dabei wert auf einen dezenten Einsatz von Eichenholz und langlebigen unmanipulierten Ausbau. Dieser Chardonnay hat ein köstlichen limonenartiges, würziges Duftprofil mit Nuancen von Ingwer und Honig. Am Gaumen ist er hervorragend balanciert und hinterlässt einen steinig-herben Charakter auf der Zunge, der begleitet wird von saftiger Säure und einem intensiven Geschmack. Wer möchte, der kann auch elegant zu diesem klasse Wein sagen.
Sandhi Vineyards stehen noch ganz am Anfang, aber ich finde die Philosophie und die Qualität überzeugend. Selbst im eher eurozentrierten New York haben es diese Weine auf die besten Weinkarten der Stadt (le Bernadin, Eleven Madison Park, Blue Hill usw.) geschafft.
Wer bis dato Kalifornischen Chardonnay langweilig fand, der sollte diesen trinken.