Der Mogul Josef Laggner

25 Restaurants, 600 Mitarbeiter und 50 Millionen Euro Umsatz im Jahr: Josef Laggner hat Berlin seinen Stempel aufgedrückt. Warum der Erfolgsgastronom aber noch immer nicht genug hat.
Jänner 11, 2017 | Fotos: Laggner Gruppe, Frank Hensel, Claudio Martinuzzi

Charismatischer Ösi

Bei 25 Restaurants und stetig neuen Projekten ist zeit knapp. Dennoch hat sich der gebürtige Öster-reicher Josef Laggner einige Minuten seiner Zeit freigeschaufelt und schildert im ROLLING PIN- Interview, wie er vom Leuteverwöhner zur Berliner Institution wurde.

Wir haben uns hier zwar im Lutter & Wegner getroffen, aber sind Sie eigentlich noch viel unter den Gästen? 
Josef Laggner: Ehrlich gesagt: Nein. Ich habe dafür nicht mehr so richtig die Energie. Ich freue mich zwar, wenn viel los ist und alle eine Freude haben, aber mir ist das schon zu anstrengend. Doch bei mehr als 20 Betrieben ist das auch nicht mehr möglich. Ich habe ein paar Stammgäste, wo ich gerne am Tisch sitze, aber ich habe ja auch nicht mehr als drei Freunde, oder? Die sind mir schon genug. Und mehr als ein paar Tausend Stammgäste brauch ich eh nicht …

Haben Sie eigentlich so etwas wie ein Firmenmotto, ein Credo? 
LaggnerMacht Umsatz!

Charismatischer Ösi

Bei 25 Restaurants und stetig neuen Projekten ist zeit knapp. Dennoch hat sich der gebürtige Öster-reicher Josef Laggner einige Minuten seiner Zeit freigeschaufelt und schildert im ROLLING PIN- Interview, wie er vom Leuteverwöhner zur Berliner Institution wurde.

Wir haben uns hier zwar im Lutter & Wegner getroffen, aber sind Sie eigentlich noch viel unter den Gästen?
Josef Laggner: Ehrlich gesagt: Nein. Ich habe dafür nicht mehr so richtig die Energie. Ich freue mich zwar, wenn viel los ist und alle eine Freude haben, aber mir ist das schon zu anstrengend. Doch bei mehr als 20 Betrieben ist das auch nicht mehr möglich. Ich habe ein paar Stammgäste, wo ich gerne am Tisch sitze, aber ich habe ja auch nicht mehr als drei Freunde, oder? Die sind mir schon genug. Und mehr als ein paar Tausend Stammgäste brauch ich eh nicht …

Haben Sie eigentlich so etwas wie ein Firmenmotto, ein Credo?
Laggner: Macht Umsatz!

Macht Sinn! Die Sternegastronomie war aber nie Ihr Ding, oder?
Laggner: Überlegt haben wir schon das eine oder andere Mal, aber man ist da eben schon sehr von einem Koch abhängig. Da geh ich lieber zum Mitbewerber. Da muss ich mich dann nicht so rumärgern, denn Sternegastronomie kostet nur Geld. Reine Imagesache. Außerdem frage ich mich, wie die das heute mit der Zeiterfassung überhaupt noch alles hinbekommen. Gutbürgerliche Küche fand ich immer schon vielversprechender.

Welches andere Konzept, das Sie bisher nicht machen, könnten Sie sich noch vorstellen?
Laggner: Ich habe meiner Frau zwei Dinge versprochen, die ich nie machen werde: Puff und Disco.

Aber Sie würden gerne?
Laggner: Es hat doch alles mit Dienstleistung zu tun. Aber das Milieu ist dann doch ein anderes, mit dem ich ganz ehrlich gesagt dann doch besser nichts zu tun haben möchte.
Josef Laggner
Wie hat sich das gastronomische Berlin verändert? Die Stadt hat sich ja zur trendigen Hipster-Hochburg entwickelt.
Laggner: Es ist leider sehr bürokratisch geworden. Ich bin gerade mit einem Gast zusammengesessen, den ich schon lange kenne. Dem habe ich gesagt: „Als Gast muss ich dich heute als Nummer sehen. Wenn du also Nummer fünf bist, musst du ganz einfach mindestens 25 Euro umsetzen.“ Die Lockerheit ist ganz einfach abhandengekommen. Wenn man also für ein neues Projekt zu einer Bank geht, muss man schon im Vorhinein exakt alles vorweisen können. Wie viele Gäste, welche, wie oft lässt sich am Abend ein Tisch drehen und so weiter und so fort. Das ist doch extrem unsexy. Nur mehr kaufmännisch und unternehmerisch.

Wie behalten Sie dann die Lust am Business?
Laggner: Indem ich die buchhalterische Seite komplett an meinen Controller abgegeben habe. Damit mag ich mich gar nicht mehr auseinandersetzen. Sonst vergeht’s mir wirklich. Ich will da viel lieber Gäste sehen und keine Zahlen. Mir kommt es so vor, als würden alle Gastronomen in eine Tonne geschmissen, wo sich auch Systemgastronomen und Co. tummeln. Ich will doch aber meine freie Linie behalten. Das geht doch nicht. Man muss den Gast schon als Gast sehen und nicht nur als Nummer, die Umsatz bringen muss!

Also ist Ihr Verhältnis zur Regierung und der Finanz auch ein gespaltenes?
Laggner: Wir haben gerade vom Finanzamt die Auflage bekommen, dass, wenn der Gast zahlt, wir vorher fragen müssen, ob er mit Kreditkarte oder in bar bezahlt. Früher ging einfach der Arm hoch und man wusste, jetzt soll kassiert werden. Jetzt muss das Servicepersonal erst einmal zum Gast hin und fragen, wie er denn bezahlen möchte. Als ob die nicht ohnehin schon genug durch die Gegend laufen müssen! Nur durch diese Auflage läuft er bei uns zwei Kilometer mehr pro Tag. Hat man also im Schnitt fünf Kellner, müsste man einen zusätzlichen anstellen, damit dieser Zeitaufwand wieder abgearbeitet wird. Das sind insgesamt zwar Kleinigkeiten, die sich aber in den letzten Jahren sehr lästig vermehrt haben.

Zu viel Bürokratie

Wenn Sie einen Wunsch an die Regierung hätten, wie würde der lauten?
Laggner: Dass alle Gastronomen gleich behandelt werden. Dass überall die gleichen Kontrollen stattfinden. Es sollten keine Ungleichheiten passieren. Und wenn wir schon dabei sind: Die Bürokratie, also der bürokratische Aufwand, sollte auch gleich richtig minimiert werden. Früher hatten wir einen Aktenordner mit Belegen, jetzt haben wir pro Kasse vier Ordner im Monat, weil all die Stornos und Umbuchungen auch vermerkt werden müssen. Von den zehn Stunden, die mein Küchenchef bei der Arbeit ist, verbringt er fast fünf Stunden mit bürokratischem Kram. Den Rest verbringt er mit neuer Karte und so etwas. Das ist doch Wahnsinn, oder? Also in meinen Augen ist das dann ja kein Küchenchef mehr, sondern ein Büromitarbeiter.

Wie läuft es bei Ihnen gerade geschäftlich und wie reagieren Sie bei Misserfolg?
Laggner: Wir geben gerade jetzt Läden ab, die einfach unter 10 Prozent Vorsteuern sind. Da schauen wir gerade, dass wir die loswerden. Diese Betriebe wollen wir jetzt nicht mehr durchschleppen. Es sind aktuell zwei Läden, die wir geschlossen haben, gleichzeitig werden aber wieder zwei neue aufmachen. Wir machen in diesem Jahr ein Lokal in Leipzig auf und auch beim Flughafen wird es etwas geben. Geschlossen haben wir Lutter & Wegner in Hamburg und die Sturmhaube auf Sylt. Ich habe mittlerweile auch nicht mehr bei jedem Laden so das Herzblut. Das ist nun mal auch die Bürokratie und das sagt dann auch unser Businessplan, wenn in drei Jahren die Zahlen nicht stimmen, trennen wir uns von dem Projekt. Punkt. Weg damit.

Gehören die Betriebe eigentlich alle Ihnen oder sind da andere Personen beteiligt?
Laggner: Zu 98 Prozent ist das alles in meiner Hand. Ich brauche also niemanden bei Entscheidungen zu fragen.

Wie behalten Sie bei all Ihren Unternehmungen die Kontrolle?
Laggner: In die Führungsposition hole ich mir immer sehr fähige Leute, die auch sehr gut bezahlt werden. Die können dann aber auch prinzipiell als Geschäftsleiter tun und walten, wie sie wollen. Buchhaltung und Co. nehmen wir ihnen natürlich ab, aber aus gastronomischer Sicht haben sie freie Hand. Natürlich begleiten wir sie am Anfang, aber wenn ich sehe, das klappt, dann vertraue ich da auch voll und ganz meinen Führungskräften. Mittlerweile sind sie auch finanziell beteiligt, das heißt, wenn das Ding läuft, müssen sie sich auch nicht mehr groß nach einem eigenen Laden umsehen, denn mehr können sie dort bestimmt auch nicht verdienen und sie haben aber gleichzeitig auch nicht das hohe Risiko des Misserfolgs zu tragen.
Josef Laggner mit Zigarre
Das klingt sehr großzügig.
Laggner: Ja. Geld ist für mich mittlerweile auch nicht mehr alles. Ich habe festgestellt, dass, wenn alle eine Freude haben und alles rund läuft, alles andere automatisch läuft. Man sollte doch immer nur etwas machen, was einem Spaß und Freude bereitet! Das ist das Wichtigste.

Warum ist gerade der Gendarmenmarkt ein tolles Pflaster für die Gastro-Szene?
Laggner: Als ich 1996 angefangen habe, wollte noch keiner zum Gendarmenmarkt. Das hat sich natürlich grundlegend geändert. Das Schöne an dem Platz ist der unverbaute Blick. Wenn man den Gendarmenmarkt beispielsweise vom Lutter & Wegner aus betrachtet, würde man nicht glauben, dass man in Berlin sitzt. Der Platz könnte in Italien sein oder in Frankreich oder irgendwo auf der Welt. Es hat ganz einfach was.

Kunst spielt in Ihrem Leben wie auch in den Lokalen eine große Rolle. Woher stammt Ihre Leidenschaft?
Laggner: Das ist, denke ich, so wie wenn man Weinliebhaber wird. Man kann da nicht alles in Büchern nachlesen, man muss es besitzen oder getrunken haben. Das hat sich im Lauf der Jahre so ergeben und ich habe eigentlich fast zu allen Künstlern, deren Werke ich besitze, irgendein persönliches Erlebnis. Bis hin zu Helmut Newton.

Welche Zukunftspläne hat Herr Laggner?
Laggner: Gesund bleiben und, bevor ich irgendwann abtrete, die 100-Millionen-Euro-Umsatz/Jahr-Marke durchbrechen. Jetzt sind wir so bei 50 Millionen, das kann sich also schon noch ausgehen.
www.laggner-gruppe.de

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