Bocuse d’Or-Europa – Strahlende Sieger, ohne zu glänzen
Es ist exakt 8 Uhr in der Früh, als die Stunde von Sandor Kovacs schlägt. Keine Nervosität, keine Hektik ist dem ungarischen Koch anzumerken, der die Bocuse d’Or-Europa-Vorausscheidung eröffnen darf. In der kleinen Sporthalle der norwegischen Hafenstadt Stavanger heizen die Zuschauer die Stimmung lautstark an, während Kovacs in der ersten von insgesamt zehn aneinandergereihten Küchenboxen mit geübten und zügigen Handgriffen sein Werk beginnt.
Aus Pfannen zischt es, Blubbern aus köchelnden Töpfen, Geschirrgeklapper und dumpfes Klopfen im Zehntelsekundentakt, nämlich immer dann, wenn das Messer auf die Arbeitsplatte trifft. Die Geräusche aus den 10 Quadratmeter engen Kojen durchmischen sich mit dem Gejohle der Fans auf den Rängen. Wettkampfatmosphäre.
Exakt 5 Stunden Zeit bleiben Kovacs nun, um zuerst ein Gericht mit Lachs und dann eines mit Lamm, jeweils aus Norwegen, vorzubereiten. Drei Monate Training liegen hinter dem jungen Ungarn. Ebenso lange und konsequent haben die 19 anderen Köche auf die große Vorausscheidung in Stavanger hingearbeitet. Alle 10 Minuten ertönt für einen weiteren Jungküchenmeister das Startsignal zur Vorbereitung. Nur 12 von ihnen werden sich nach den zwei Wettkampftagen für den Bocuse d’Or-Hauptbewerb am 27. und 28. Jänner in Lyon qualifizieren…
Es ist exakt 8 Uhr in der Früh, als die Stunde von Sandor Kovacs schlägt. Keine Nervosität, keine Hektik ist dem ungarischen Koch anzumerken, der die Bocuse d’Or-Europa-Vorausscheidung eröffnen darf. In der kleinen Sporthalle der norwegischen Hafenstadt Stavanger heizen die Zuschauer die Stimmung lautstark an, während Kovacs in der ersten von insgesamt zehn aneinandergereihten Küchenboxen mit geübten und zügigen Handgriffen sein Werk beginnt.
Aus Pfannen zischt es, Blubbern aus köchelnden Töpfen, Geschirrgeklapper und dumpfes Klopfen im Zehntelsekundentakt, nämlich immer dann, wenn das Messer auf die Arbeitsplatte trifft. Die Geräusche aus den 10 Quadratmeter engen Kojen durchmischen sich mit dem Gejohle der Fans auf den Rängen. Wettkampfatmosphäre.
Exakt 5 Stunden Zeit bleiben Kovacs nun, um zuerst ein Gericht mit Lachs und dann eines mit Lamm, jeweils aus Norwegen, vorzubereiten. Drei Monate Training liegen hinter dem jungen Ungarn. Ebenso lange und konsequent haben die 19 anderen Köche auf die große Vorausscheidung in Stavanger hingearbeitet. Alle 10 Minuten ertönt für einen weiteren Jungküchenmeister das Startsignal zur Vorbereitung. Nur 12 von ihnen werden sich nach den
zwei Wettkampftagen für den Bocuse d’Or-Hauptbewerb am 27. und 28. Jänner in Lyon qualifizieren.
Zwei Nationen, die in den vergangenen Jahren immer unter den Besten waren, sind dieses
Mal jedoch nicht einmal bei der Vorausscheidung dabei. Österreich, weil es durch einen Führungswechsel in der Präsidentschaft des nationalen Bocuse d’Or (Toni Mörwald folgte auf Rudolf Obauer) nicht rechtzeitig für Stavanger nennen konnte. Deutschland sagte die Teilnahme offiziell aus organisatorischen und personellen Gründen ab. Hinter vorgehaltener Hand wurde in Stavanger jedoch erklärt, dass Deutschland nachwievor die Entscheidung beim Bocuse d’Or 2007 im Magen liege. Dem französischen Gewinner Fabrice Desvignes warfen die Deutschen damals Betrug vor. „Wir konnten beobachten, wie die Franzosen nachträglich schwarze Kisten in den Kochbereich getragen haben. Wir vermuten, dass vieles vorbereitet war. Denn was die Franzosen präsentierten, ist in 5 Stunden Vorbereitungszeit einfach nicht zu schaffen. Der Wettbewerb verliert einfach an Stellenwert, wenn es so läuft und man nur wegschaut, weil es Frankreich ist“, sagt Wahabi Nouri, Deutschlands Kandidat 2007, im ROLLING PIN-Videointerview (www.rollingpin.eu/tv ). Desvignes gewann den renommierten Preis übrigens mit einer Rekordpunktezahl von 990 von 1000. Die Award Academy Germany nahm den Bocuse d’Or daraufhin aus Protest aus ihrem Programm. Die Begründung des Akademieleiters Ernst-Ulrich Schassberger: „Wir wollen einen fairen Wettbewerb auf höchstem Weltniveau, der die Kochkunst ehrt und der nicht zu einer Plattform für finstere Machenschaften um nationalen Stolz und Prestige verkommt.“
Wie sich beim ROLLING PIN-Lokalaugenschein in Stavanger zeigte, legte die Organisation diesmal großen Wert auf einen fairen Wettkampf. Die Durchgänge zu den Kochbereichen waren abgesperrt und von Personal bewacht. Hier in Stavanger zumindest schienen Ungereimtheiten nicht möglich. Einzig die Mitglieder der Jury, allen voran Paul Bocuse, mit seinen 82 Jahren noch immer eine leuchtende Erscheinung, schritten bei den Securitymännern vorbei – ohne durchsucht zu werden und im Blitzlichtgewitter der Fotografen.
Es ist kurz vor 13 Uhr und in der Box des Ungarn geht es mittlerweile hektisch zu. Die letzten Minuten muss Sandor Kovacs seine Konzentration auf die Gerichte richten, während Eyvind Hellstrom, Bocuse d’Or Europa-Präsident, die 20 Jurymitglieder einzeln aufruft. Jeder von ihnen ein großer Koch, die meisten umjubelte Stars: von Anne-Sophie Pic, Frankreichs Dreisterneköchin, bis hin zu René Redzepi, Dänemarks Food-Revolutionär. Als letztes und – außerordentliches – 21. Jurymitglied betritt Paul Bocuse die Wettkampfarena. Standing Ovations auf der Tribüne und von den anderen Jurymitgliedern. Nur die Köche haben keine Zeit, um ihr Idol zu beklatschen.
13 Uhr. Kovacs reicht überpünktlich den ersten Teller aus seiner Koje. Der zweite folgt, dann der dritte – bis vor den ersten zehn Juroren das Lachsgericht steht. Die andere Hälfte der Jury testet das Lamm. Die Spannung ist auf dem Höhepunkt, als die Jury mit ihrer Arbeit beginnt. Bei Anne-Sophie Pic etwa sieht das dann so aus: Sie teilt den Lachs mit der Gabel zuerst in zwei gleich große Stücke, drückt mit dem Gabelrücken auf den Fisch, spießt ein Stück auf, riecht kurz daran und dann die Geschmacksprobe. Keine Miene verzieht die Starköchin dabei. Still schreibt sie ihre Bewertung auf ein Blatt. Maximal 20 Punkte können für die Optik des Gerichts vergeben werden, 40 für den Geschmack.
„Mir ist wichtig, dass man das Landestypische herauskennt. Das war leider nicht bei jedem Kandidaten so“, wird Pic am Ende dieses Tages resümieren. Auch andere Juroren sparten nicht mit Kritik. Der italienische Sternekoch Gualtiero Marchesi: „Die Köche legen einen zu großen Fokus auf die Garnitur, alles ist zu differenziert und ohne Aussage. Anstatt den Fisch in den Vordergrund zu rücken, verfremden sie ihn. Die Zukunft der Küche stelle ich mir anders vor.“ Die ehemalige Bocuse d’Or-Gewinnerin Lea Linster (Luxemburg) vermisst den Mut: „Früher haben sich die Leute mehr getraut. Heute ist alles irgendwie gleich. Die Spreu vom Weizen zu trennen, ist kaum möglich. Weil es hauptsächlich Spreu gibt.“ Harte Worte für die großen Nachwuchshoffnungen. Dabei wollte Europa-Chef Hellstrom in Stavanger einen Bewerb schaffen, der für Aufbruch steht: „Die jungen Köche, die hier präsent sind, sollen diesen Wettbewerb als Sprungbrett für ihre zukünftige berufliche Laufbahn sehen.“
Dieses Vorhaben wird sich sicher erfüllen. Der Bocuse d’Or, der seit 1987 alle zwei Jahre stattfindet, gilt ohnehin als unangefochtene Königsdisziplin unter allen Kochbewerben. Und dem Sieger von 2009 werden alle Türen offen stehen.
Einer, der bei der Entscheidung in Lyon jedoch nicht dabei sein wird, ist der Ungar Kovacs. Bei der Siegerehrung am zweiten Tag fand sich Kovacs nur auf Platz 17 wieder, andere jubelten. Allen voran die Skandinavier, von denen es gleich vier unter die ersten fünf schafften: 1. Norwegen (Geir Skeie), 2. Dänemark (Jasper Kure), 3. Schweden (Jonas Lundgren), 4. Frankreich (Philippe Mille), 5. Finnland (Filip Langhoff).
„Norwegen ist das Land, das sich auf kulinarischer Ebene am meisten entwickelt hat“, zeigte sich Paul Bocuse mit dem Sieger zufrieden. Für Geir Skeie (28), den Koch im Restaurant Mathuset Solvold in Sandefjord, bedeutet das auch ein Preisgeld von 12.000 Euro. „Als ich 1993 im Fernsehen sah, wie Bent Stiansen den Bocuse d’Or gewonnen hat, habe ich beschlossen, dass ich genau da hin will“, so Skeie. Bis dahin wartet auf den Norweger noch harte Arbeit. Ein eigener Trainer wurde für ihn abgestellt, der ihn bis zum Bewerb im Jänner in Lyon coacht. Auch in seinem Restaurant wird man Skeie in diesem Jahr nur noch selten antreffen – er ist freigestellt. Alles ist dem Bocuse d’Or untergeordnet. Zu verbessern gäbe es noch einiges, meinte Skeie nach der Siegerehrung und warf einen Blick hinüber zu seinem Konkurrenten aus Frankreich, Philippe Mille. Der nämlich belegte – trotz Rang 4 im Gesamtklassement – in den Einzelwertungen „Fisch“ und „Fleisch“ jeweils den ersten Platz und gilt schon jetzt als großer Favorit für Lyon. Es würde der siebente Sieg für Frankreich sein. 23 andere Nationen werden etwas dagegen haben. Ihre große Stunde schlägt am 27. Jänner. Um 8 Uhr.
>> Die Jury
Belgien (Pierre Wynants)
Restaurant Comme Chez Soi, Brüssel
Kroatien (Crleni Damir)
Hotel Turist, Varazdin
Dänemark (René Redzepi)
Noma, Kopenhagen
Spanien (Paco Roncero)
El Bulli, Roses
Estland (Dimitri Demjanov)
Gloria, Tallinn
Finnland (Jarmo Vaha-Savo)
G. W. Sundmans, Helsinki
Frankreich (Anne-Sophie Pic)
Maison Pic, Valence
Großbritannien (Brian Turner)
Mayfair, London
Ungarn (Kreil Vilmos)
Balaton Weinhaus, Keszthely
Island (Sturla Birgisson)
Hotel Veitingaskóli, Reykjavik
Italien (Gualtiero Marchesi)
Marchesi, Brescia
Luxemburg (Lea Linster)
Lea Linster Cuisinière, Frisange
Malta (Guido Debono)
Cookery & Food Asc., St. Georges Bay
Norwegen (Bent Stiansen)
Statholdergaarden, Oslo
Niederlande (Andre van Doorn)
Kasteel Heemstede, Hauten
Polen (Waldemar Holowka)
Warschau
Tschechien (Marek Raditsch)
Kampa Group, Prag
Russland (Jérôme Coustillas)
Moskau
Schweden (Mathias Dahlgren)
Dahlgren, Stockholm
Schweiz (Franck Giovannini)
Restaurant de Ville de Crissier, Lausanne
>> Klassement
Bocuse d’Or Europa-Vorausscheidung Stavanger, 1. und 2. Juli 2008
Die ersten 12 qualifizierten sich für den Hauptbewerb in Lyon (27. und 28. Jänner 2009):
1. Norwegen (Geir Skeie)
Mathuset Solvold, Sandefjord
www.solvold.no
2. Dänemark (Jasper Kure)
Catering Company VIP, Kopenhagen
www.vipreceptioner.dk
3. Schweden (Jonas Lundgren)
Bagatelle, Oslo
www.bagatelle.no
4. Frankreich (Philippe Mille)
Hotel Le Meurice, Paris
www.meuricehotel.com
5. Finnland (Filip Langhoff)
Feinschmecker, Oslo
www.feinschmecker.no
6. Island (Ragnar Omarsson)
Domo, Reykjavik
www.domo.is
7. Estland (Vladislav Djatsuk)
Egoist, Tallinn
www.egoist.ee
8. Niederlande (Wim Klerks)
Les Jumeaux, Bennebroek
www.lesjumeaux.nl
9. Tschechien (Jan Vsetecka)
Kampa Park, Prag
www.kampagroup.com
10. Schweiz (Stéphane Decotterd)
Le Pont de Brent, Montreux
www.lepontdebrent.ch
11. Großbritannien (S. Hulstone)
Elephant Restaurant, Torquay
www.elephantrestaurant.co.uk
12. Luxemburg (J. Schoumacker)
Les Roses, Mondorf-les-Bains
www.casino2000.lu
13. Belgien (Wildcard für Lyon), 14. Spanien, 15. Malta, 16. Polen, 17. Ungarn, 18. Italien, 19. Russland, 20. Kroatien.
>> „Bocuse d’Or braucht neue Ideen“
ROLLING PIN: Herr Mörwald, warum war Österreich bei der Europa-Vorausscheidung in Stavanger nicht vertreten?
Toni Mörwald: Nachdem der langjährige Bocuse d’Or-Präsident Österreichs, Rudolf Obauer, das Amt im Winter des vergangenen Jahres zurückgelegt hat, habe ich erst vor kurzem die Präsidentschaft übernommen. Der Nennungsschluss für die europäische Vorausscheidung ist leider zuvor schon verstrichen.
RP: Wie hoch ist der Imageverlust für Österreich?
Mörwald: Natürlich ist es schade und es tut auch weh, dass wir nicht unter den 20 Besten sind. Auch Paul Bocuse hat das bedauert. Wir hätten in Stavanger vorne mitmischen können. So viel ist klar. Nun ist es aber wichtig, dass wir uns für die Zukunft rüsten und stärker zurückkommen als je zuvor.
RP: Und wie kann das gelingen?
Mörwald: Wir wollen die Marke Bocuse d’Or in Österreich bekannter machen. Organisatorisch haben wir den Bewerb deshalb nun im BÖG-Office angesiedelt. Im kommenden Jahr wird es erstmals eine große, nationale Ausscheidung geben. Schon jetzt bin ich in Verhandlungen mit Partnern und Sponsoren. Ebenfalls will ich namhafte österreichische Köche eingliedern, um das Image des Bewerbs zu heben. Der Sieger der Österreich-Ausscheidung soll dann wirklich alle Möglichkeiten haben – das geht bis zu einem Auslandspraktikum bei einem der Bocuse d’Or-Gewinner. Das Ziel ist es, beim nächsten Bocuse d’Or 2011 ganz vorne mitzumischen.
RP: Wie ist Ihr Eindruck von der Europa-Vorausscheidung, die in diesem Jahr ja erstmals durchgeführt wurde?
Mörwald: Ich habe in Stavanger viel mit den Juroren gesprochen, auch mit Paul Bocuse selbst. Sie sind einer Meinung mit mir – der Bewerb bedarf neuer Entwicklungen. Das Grobkonzept ist ja immerhin bereits 20 Jahre alt. Kreativität, Raffinesse und die Ehrlichkeit des Kochens müssen in Zukunft noch stärker herausgearbeitet werden.
RP: Wie kann das gelingen?
Mörwald: Österreich könnte diesbezüglich eine wesentliche Rolle spielen. Wir wollen die Europa-Vorausscheidung 2012 nach Wien holen (Anm.: 2010 Genf). Ich habe mit Paul Bocuse auch über dieses Thema diskutiert. Er war sehr angetan.
Toni Mörwald
Er war der jüngste Haubenkoch
Österreichs und zählt heute zu den besten Köchen Europas. Mit Hauben und Sternen dekoriert nennt Toni Mörwald mittlerweile ein Gourmetimperium mit 5 Restaurants, 2 Hotels, einer Kochschule und einem Catering sein Eigen. Die Marke Toni M. ist weit über die Grenzen Österreichs bekannt. Mörwald ist zudem Autor zahlreicher Bücher und Fernsehkoch. Vor wenigen Wochen übernahm er die Präsidentschaft des Bocuse d’Dor Österreich.
Geboren wurde Toni Mörwald am 13. März 1967. Mit seiner Frau Eva hat er drei Töchter.
>> Bocuse d’or 2009
11. Bocuse d’Or 27. und 28. Jänner 2009 Lyon (Frankreich) www.bocusedor.com
Teilnehmer: 24 Nationen
12 aus Europa: Norwegen, Dänemark, Schweden, Frankreich, Finnland, Island, Estland, Niederlande, Tschechien, Schweiz, Großbritannien, Luxemburg.
4 aus Asien: Singapur, Südkorea, Malaysia, Japan
3 Individuelle: USA, Kanada, Australien
3 aus Südamerika: Vorausscheidung Copa Azteca, 3. bis 5. Oktober 2008 in Mexiko.
2 Wildcards: Belgien, die zweite Wildcard ist noch nicht vergeben.
Die Sieger der letzten 20 Jahre:
2007: Frankreich (Fabrice Desvignes)
2005: Frankreich (Serge Viera)
2003: Norwegen (Charles Tjessem)
2001: Frankreich (Francois Adamski)
1999: Norwegen (Terje Ness)
1997: Schweden (Mathias Dalhgren)
1995: Frankreich (Régis Marcon)
1993: Norwegen (Bent Stiansen)
1991: Frankreich (Michel Rot)
1989: Luxemburg (Lea Linster)
1987: Frankreich (Jacky Fréon)
ANNE-SOPHIE PIC
Dreisterneköchin Maison Pic, Valence
www.pic-valence.com