Gault Millau Österreich 2014
Foto: Simon Taxacher, Silvio Nickol und Konstantin Filippou – die großen Gewinner im Bewertungsherbst.
24.10.2013 Der Herbst ist wieder da und mit ihm der einflussreichste Gourmetführer, der ganz Österreich unter die Lupe nimmt. Was die heimische Kulinarik laut Gault Millau 2014 mit sich bringt?
Hubertus und Martina Hohenlohe, Herausgeber und Chefredakteurin des Gault Millaus, geben sich gleich im Vorwort mit dem verheißungsvollen Titel ”Die neue Ess-Klasse“ zufrieden: ”Der Generationswechsel trägt Früchte, die Kreativität blüht und wir feiern einen neuen Vier-Hauben-Koch.“ Dass es zusätzlich zur vierten Haube wenige Aufreger geben wird, wagt man nach dieser Kunde bereits anzunehmen.
Sehr positiv ist in jedem Fall der Aufwärtstrend, der Österreichs Kulinarikspitze bescheinigt wird. O-Ton-Hohenlohe-Vorwort: ”Österreichs Küche entwickelt sich in der Postmolekularzeit auf interessante Art und Weise: Im Ein- und Zwei-Hauben-Bereich stellten wir gepflegte Stagnation fest, wohin gegen wir an der Spitze aufregende Tendenzen wie noch nie erlebten.“
Diese aufregenden Tendenzen schreiben die Gault-Millau-Tester neben den üblichen Verdächtigen (Eselböck, Reitbauer und Obauer) auch erstmals Simon Taxacher zu, der fortan mit 19 von den maximal 20 Gault Millau Punkten zur Vier-Hauben-Elite Österreichs zählt. Wie lange Andreas Döllerer auf diese höheren Weihen noch warten muss, sei an dieser Stelle außen vor gelassen.
Außen vor gelassen kommt einem auch in den Sinn, wenn man an Johanna Maiers Hubertus denkt. Letztes Jahr hat sie die vierte Haube verloren – das Echo war riesig. Heuer ist Maier das Schicksal eines weiteren Haubenverlustes erspart geblieben, einen weiteren Punkt hat man ihr aber doch abgezwickt. Die Leistung der Salzburgerin sei nicht schlechter geworden. Durch Ausnahmeerscheinungen, der Konkurrenz, die wächst, erstarkt und dabei das Level mitanhebt, sei es unvermeidbar, dass die Testergebnisse den neuen Standards angepasst werden mussten …
Präzision und technische Brillanz im Drei-Hauben-Feld
Was uns die Aussage über neue Standards darüber hinaus verrät? Es tummelt sich auf den Drei-Hauben-Plätzen! Nämlich mit einer ”Präzision, technischen Brillanz und individuellen Kreativität“, dass im Gault-Millau-Vorwort den Aufsteigern und Haubenvermehrern Rosen gestreut wird. Neben Neo-Vier-Haubenkoch-Taxacher bekommen viele weitere ein Plus ins Klassenbuch für Ihre herausragende Leistung:
Harald Irka erhöht in der Saziani Stub’n in Straden um einen Punkt auf 17 und ist bei seiner dritten Haube angekommen. Der ehemalige Sternekoch Konstantin Filippou legt mit seiner ersten eigenen Adresse (in der Dominikanerbastei in Wien) ordentlich vor: der Gault Millau belohnt mit 17 von 20 Punkten, was ebenso drei Hauben entspricht.
Auch in Leutschach freut man sich dieser Tage über Lob und Anerkennung: Tom Riederer (T.O.M. am Kochen) hält seine 17 Punkte, drei Hauben, vom letzten Jahr und auch Gerhard Fuchs (Kreuzwirt) seine 18 Punkte, und das schon seit 2010. Die Aufwertungen der Steiermark sind allgemein zahlreich, unter anderem auch durch die zweimal 1,5 Zusatzpunkte in Graz (Corti und Brasserie Santner, je 14 Punkte, eine Haube).
Besondere Erwähnung finden im Gault-Millau-Vorwort auch Thorsten Probost (Griggeler Stuba, Oberlech, 18 Punkte), Thomas Dorfer (Landhaus Bacher, Mautern) Andreas Döllerer (Döllerer, Golling) und Alexander Fankhauser (Alexander, Hochfügen), die allesamt seit 2009 ihrem hohen kulinarischen Niveau von 18 Punkten und drei Hauben gerecht werden.
Helmuth Gangl (Traube, Bad Tatzmannsdorf, 17 Punkte, drei Hauben) konnte den steten Aufwärtstrend der letzten Jahre heuer mit der dritten Haube krönen. Steve Karlsch trat 2012 als Küchenchef des Petit Tirolia in Kitzbühel in die großen Fußspuren von Bobby Bräuer. Heuer wird er dieser Herausforderung mit 17 Punkten und drei Hauben gerecht. Aber auch Andreas Senn überzeugt weiterhin im Restaurant Heimaliebe (Kitzbühel) mit 17 Punkten/drei Hauben.
Die Wahl Silvio Nickols zum Koch des Jahres 2014 ist verdient und auch logisch – wir gratulieren herzlich! Nickol hält seine 18 Punkte und drei Hauben von 2013.
Was die eben genannten Vorzeige-Protagonisten der heimischen Kochszene laut Hohenlohe-Vorwort gemeinsam haben? Dass sie sich neben der ausschließlichen Verwendung von grandiosen Produkten nicht dem ”Regionalfetischismus“ hingeben. Und sich somit nicht grundsätzlich gegen die etablierten Produkten der Haubenküche verschließen ”sofern der kulinarische Spieltrieb danach verlangt“. Dieser positiven Entwicklung unter den 3-Hauben-Trägern (16, 17 Punkte), steht ein eher stagnierender Ein- und Zwei-Hauben-Bereich gegenüber.
Die Aufsteiger
Zu den Aufsteigern des Jahres zählen also neben Simon Taxacher auch die Saziani Stub’n in Straden (Harald Irka) und die Traube in Bad Tatzmannsdorf (Helmuth Gangl), die sich je von 16 auf 17 Punkte steigerten und so von zwei auf drei Hauben zulegen konnten. Der Zugewinn von zwei Punkten gelang heuer dem Almhof Schneider in Lech am Arlberg (Dir. Hannelore und Gerold Schneider) und dem Aquarium in Geinberg (Peter Reithmayr) – beide halten aktuell bei 15 Punkten und einer Haube.
Ein großartiger Wertungseinstieg ist dem Mad in Ischgl geglückt (16 Punkte, 2 Hauben), jedoch beruft sich die Wertung noch auf Bruno Sojer, der in der kommenden Saison von Gustav Jantscher abgelöst wird. Auch dem Aurelio’s in Lech am Arlberg (Dir. Axel Pfefferkorn) und wie erwartet auch dem Frierss Feines Haus in Villach (Stefan Lastin) ist der gute Einstieg gelungen – 16 Punkte und zwei Hauben sind auch hier das Maß für das kommende Jahr.
Die Absteiger
Verloren hat dagegen das Interalpenhotel Tyrol (vormals 18 jetzt 16 Punkte, zwei Hauben), was mit dem Abschied des langjährigen Küchenchefs Christoph Zangerl zu erklären ist. Auch im Le Loft Wien dürfte die Stimmung im Team von Küchenchef Raphael Dworak ein wenig gedämpft sein: Gault Millau vergibt anstelle von 15 (2013) heuer nur mehr 13 Punkte. Herabgestuft wurde auch eine Kärntner Institution: Trippolt’s Zum Bären verliert durch einen Punkt Abzug (heuer gab es 16 Punkte, 2 Hauben) die dritte Haube, die seit 2010 die Küche zierte. Einen Punkt verlieren 2014 auch das Bachler in Althofen (Gottfried Bachler) und das Arlberg Hospiz Hotel (Daniel Rauter und Mathias Seidel) und halten nun bei 14 von ehemals 15 Punkten (eine Haube).
Hotel des Jahres 2014
Hotel des Jahres 2014 ist das Hotel Daniel in Wien, das mit Unkompliziertheit, der Verbindung von modernem Design und der Architektur der Wirtschaftswunderjahre sowie der Konzentration auf das Wesentliche die Konventionen der Hotellerie neu definiert. Wir finden eine gute Wahl, die uns doch sehr positiv überrascht.
Die Übersicht über alle Auf- und Absteiger, die Besten aller Bundesländer sowie die neuen Haubenlokale haben wir hier bereitgestellt:
Quelle inklusive Listen-PDFs: Gault Millau