Arnold Pucher
Columbus und Kollegen entdeckten ganze Kontinente. Na und?
Arnold Pucher sen. entdeckte vor mehr als 40 Jahren das Nassfeld! Und diese Urlaubsdestination hat sich mittlerweile zu einem Kosmos (einem kleinen halt) entwickelt.
Österliche Sonne durchflutet den Wintergarten des Hotels Wulfenia. Mir gegenüber ein vollkommen relaxter Arnold Pucher in Kochmontur & seinem Markenzeichen, der schwarzen Woll(koch)mütze. Der gerade 40 Jahre gewordene Dynamiker (geb. am 6.1.1965) zählt zu Kärntens Aushängeschildern sowohl im Bereich der Hotellerie als auch auf dem gastronomischem Sektor. Den Nachfragefluss stimulierte übrigens ganz nachhaltig die grandiose 2003er Veltliner Vinotheksfüllung von Knoll.
Rolling Pin: Wie und wann ging’s los am Nassfeld?
Arnold Pucher: Eine vollkommen verrückte Geschichte. Mein Opa übte den ehrenwerten Beruf eines
Columbus und Kollegen entdeckten ganze Kontinente. Na und?
Arnold Pucher sen. entdeckte vor mehr als 40 Jahren das Nassfeld! Und diese Urlaubsdestination hat sich mittlerweile zu einem Kosmos (einem kleinen halt) entwickelt.
Österliche Sonne durchflutet den Wintergarten des Hotels Wulfenia. Mir gegenüber ein vollkommen relaxter Arnold Pucher in Kochmontur & seinem Markenzeichen, der schwarzen Woll(koch)mütze. Der gerade 40 Jahre gewordene Dynamiker (geb. am 6.1.1965) zählt zu Kärntens Aushängeschildern sowohl im Bereich der Hotellerie als auch auf dem gastronomischem Sektor. Den Nachfragefluss stimulierte übrigens ganz nachhaltig die grandiose 2003er Veltliner Vinotheksfüllung von Knoll.
Rolling Pin: Wie und wann ging’s los am Nassfeld?
Arnold Pucher: Eine vollkommen verrückte Geschichte. Mein Opa übte den ehrenwerten Beruf eines Sauschneiders aus, meine Großmutter führte nahe Villach ein kleines Gasthaus mit ein paar Gästebetten. Mein Vater wuchs quasi im Gastzimmer auf, den Bazillus Gastronomie/Hotellerie hat er sich schon im Volksschulalter eingefangen. Im Winter 1960/61 begab er sich auf Standortsuche für ein Wintersporthotel. Ob in den Nockbergen oder anderswo in Kärnten – kein Stäubchen Schnee ließ sich blicken. Nur am Nassfeld lagen satte zwei Meter! Und genau hier, wenige Meter vor der Grenze zu Italien, sollte das neue Hotel entstehen. Ein Kamikaze-Akt sondergleichen, nicht einmal eine Straße führte damals auf den Gipfel.
RP: Pardon – aber welche Gäste wollte denn der Senior mit einem Hotel in der Wildnis ansprechen?
AP: Da hat er sich einen fabelhaften Schachzug ausgedacht. Er fuhr nach Deutschland zu den Verlegern des ADAC-Reisemagazins und fragte, wie er denn auf die Titelseite käme. Die klare Antwort: da müsste er schon was ganz Besonderes bieten, ein Hallenbad z.B. Das hat er dann auch gebaut – ein gewagtes Unternehmen, denn damals hatte kein Mensch Erfahrung auf diesem Gebiet. Jedenfalls kam er auf die Titelseite, die Betten waren schon in der allerersten Saison ausverkauft. Vermutlich dank des Hallenbades und unseres Liftes: ganze 300 Meter lang, mit einem VW-Motor betrieben. Seitdem hat sich an der Buchungslage nichts geändert. 130 Vollbelegungstage sprechen eine deutliche Sprache. Wir erwirtschaften in der Saison, von Mitte Dezember bis Mitte April, 2 Millionen Euro netto.
RP: Was erwartet den Gast 2005 im Hotel „Wulfenia“?
AP: 124 Betten, 45 Mitarbeiter – nahezu ausnahmslos Stammpersonal – und alles, was einen Winterurlaub noch schöner macht: Hallenbad, geheiztes Freibad mit Meerwasser und Gegenstromanlage, eine Saunawelt, Kneippbecken, Fitnessraum usw. Und eine Küche – das bestätigen mir die Gäste immer wieder – von außergewöhnlicher Qualität.
RP: Wo hat Arnold Pucher sein Handwerk erlernt?
AP: Ich wurde gegen meinen Willen zur Kochausbildung in die Hotelfachschule Villach gesteckt. Als Lehrling habe ich das Hackeln gelernt: im Sommer am Klopeinersee, dann beim „Zaubek“ auf der Kanzelhöhe/Gerlitzen. Anfangs der 80er Jahre war da die Hölle los: 300 á la carte Essen und 3 Köche. Ich ging dann ins „Klosterbräu“ nach Seefeld und schließlich ins „Real“ nach Vaduz. Das war dann mein persönliches Schlüsselerlebnis. Ich hab mich richtig in meine Arbeit als Patissier hineingekniet – Teigexperimente statt Disco in der Freizeit. Obwohl nur Praktikant, wurde ich von der Crew sofort akzeptiert. Felix Real hat mich schließlich als Tournand (in etwa: Springer auf allen Stationen) eingesetzt. Eine fantastische Zeit, die Haute Cuisine in allen Details kennen zu lernen. Danach stand „Boschetti“ (Tricesimo) am Programm, damals mit 2 Michelin-Sternen der höchstdekorierte Italiener. Schließlich noch ein paar Stages in Amerika und Großbritannien.
RP: Und irgendwann rief der Papa nach seinem Sohn?
AP: Ja genau. 1986 bin ich aufs Nassfeld heimgekehrt und hab den Kochlöffel vorerst einmal an den Nagel gehängt. Eine hübsche Arzthelferin hatte ich auch schon lange im Auge. Seit 1990 bin ich mit meiner Doris zusammen, 1992 kam Marisa zur Welt und 1996 Arnold III.
RP: Ein Lebensabschnitt ganz ohne Gastronomie und anhängige Freuden?
AP: Gut formuliert! Die anhängigen Freuden haben es mir angetan. Ich habe in dieser Zeit so ziemlich alle bekannten Weingüter und Restaurants dieser Erde abgeklappert. Eine ziemlich kostspielige, aber unerlässliche Basis für den jetzigen Stand in Keller und Küche.
RP: Hat es damals nicht auch absurd niedrige Getränkepreise im „Wulfenia“ und in der „Sonnenalpe“ gegeben?
AP: Ja, das sollte ich noch nachtragen. Seit 1979 haben wir ein Schwesterhotel. Eigentlich ja ein „Bruderhotel“, denn das gehört meinem Bruder Michael. Für lange Zeit hatten wir ein höchstattraktives Angebot. Sämtliche Getränke zum Einkaufspreis plus Steuern. Sassicaia, Mouton-Rothschild, Kellerberg, Montrachet, Bier und Coca-Cola – billiger als im Supermarkt. Heutzutage von der Kostenstruktur her leider nicht mehr machbar. Aber unsere Weinkarte mit
1200 Positionen ist nach wie vor ausgesprochen fair kalkuliert. (Wir dürfen ergänzen: auch in Tiefe und Auswahl schlichtweg sensationell!)
RP: Wann ließ sich der Drang zum Herd nicht mehr hintanhalten?
AP: In meiner „kochlosen“ Zeit war ich natürlich nicht unterbeschäftigt: Vorstand der Kärntner Hogast, Prokurist bei den Nassfelder Seilbahnen usw. Irgendwann habe ich aber bemerkt, dass mein Platz nicht hinter dem Laptop, sondern bei den Kochtöpfen ist. 2001 habe ich einen Teil des Pensionsbereiches abgetrennt und in ein Restaurant umgestaltet. Im Sommer gab es dann Probe-Essen für echte Insider. Die haben mich extrem ermutigt.
RP: Gleich die ersten Wertungen waren ja ein Hammer!
AP: Ja schon. Andererseits haben wir genau gewusst, was die Kollegen machen und schon damit gerechnet, dass wir sehr hoch einsteigen werden. (Anmerkung des Autors: 17 Punkte/3 Hauben im Gault-Millau, 1 Stern im Michelin).
RP: Die Idee mit dem Olivenöl nach Veronelli hat Furore gemacht.
AP: Ich habe ein absolut gesundes, natürliches Lebensmittel gesucht – quasi als Trägersubstanz für meine Küche. Da rannte mir Dr. Luigi Veronelli (+), der große Mann der italienischen Kulinarik, in die Arme. Seine Selektion bester Olivenöle – sortenrein, handgepflückt, kaltgepresst – waren für mich eine Offenbarung. Auch hinsichtlich des Rauchpunktes – der liegt bei diesen hochwertigen Ölen sehr hoch, bei 180 – 200 Grad. Und dann war mir noch das Gemüse ein Anliegen, weil es in der heimischen Küche oft ein Schattendasein fristet. Ansonsten will ich nur die allerbesten Produkte, wenn möglich aus Österreich. Aber ich bin kein Anhänger der strengen Lehre vom Regionalismus.
RP: Was wäre eine idealtypische Kreation aus dem Pucher-Labor?
AP: Z.B. die Essigwolke mit Kaviar. Unpasteurisierter, frischer Saiblingskaviar vom Zerzer auf einer Essigwolke. Diese wiederum besteht aus Tomatenessig vom Gegenbauer, klarem Tomatensaft, Eiweiß und Agar-Agar. Und ist Teil meines Paradeiserquattros: Tomate als klare Suppe, warme Caprese aus Püree, Basilikumschaum und Büffelmozzarella und nach Art einer Bloody Mary zubereitet. Leicht und dabei tief im Aroma.
RP: Und der Kümmel im Nebel?
AP: Den habe ich abgesetzt (Arnold Pucher lacht), aber er hat Aufsehen erregt. Das war ein stark reduzierter Hendlfond mit Kümmel, der bei Tisch mit flüssigem Stickstoff aus der Teekanne versetzt wurde. Das war schon eine Show, aber kulinarisch verbesserungswürdig. Jetzt mache ich ein Sorbet á la minute – Grapefruitsaft, Campari und ein paar Geheimnisse werden am Tisch zu Sorbet gerührt. Das bringt eine Tiefe im Geschmack, die ich in der Sorbetmaschine nicht erreiche.
Hier folgt ein kleiner Einschub – das „Olivenölmenü Nummer 5“ nebst kurzen Anmerkungen:
Zum Gedeck: Diverse Brotsorten, Almbutter, gefrorenes Olivenöl, Meersalz, Schafkäse und Basilikumpesto.
„Champagne und Bier etwas anders“: Den Apero in Sorbetform, dazu Ossietra-Kaviar und lauwarmes Laugenstangerl – wunderbar!
„Fenchel und Anis“: Klare Suppe, in knuspriger Form und als Schaum.
„Paradeiser-4er“: Wie vorher beschrieben.
„Club Sandwich Weiß-Rot“: Hauchdünne Tranchen von Steinbutt und Tunfisch, geschichtet und mit Ciabatta-Bröseln paniert. Dazu Knoblauchmajonäse und hausgemachtes Ketchup. Ganz, ganz wunderbar.
„Gailtaler Saibling & Gurken vom Gegenbauer“: Der Fisch im Kern glasig, die Gurken mit starkem Eigengeschmack.
„Grapefruit & Campari“ (siehe oben)
„Gin Fizz im Schneeball“: Selbst probieren!
„Ziegenkitzrücken und Jungspinat“ Einfach perfekt in Garung und Geschmack.
Melonen-Sushi mit Kick: Lustige Idee – weiche Hülle, prickelndes Innenleben aus Brause und Sardellenpaste. Ferran Adrià lässt grüßen!
„Rharbarbar“: Bewusst falsche Orthographie. Sorbet, Soda, Mousse und Tarte vom Rhabarber.
„Heiße Liebe“: Nie besser gegessen! Olivenöl-Eis und in sardinischem Olio di Bosana 2003 geschwenkte Himbeeren.
„Warmer Käse“: Im Laborröhrchen serviert, eröffnen die geschmolzenen, mit Obers montierten Stinker eine neue, aufregende Geschmacksdimension.
„Zuckerspiele & Gemüse-Obstbonbons“: Fröhlich bunte Lutscher und Zuckerl aus reinen Obst- und Gemüsesäften.
„Käse“: Diesmal in bekannter Form vom bestsortierten Wagen.
„Schokotrüffel“: Homemade, was sonst!
RP: Was hören wir da läuten? Auch im Friaul gibt’s bald einen Pucher?
AP: Seit vielen Jahren verbindet mich eine echte Freundschaft mit Gianni Venica – er war auch mein Brautführer. Zum zweiten wollte ich meine Mitarbeiter auch über den Sommer im Training wissen. Und mich natürlich auch. Das Weingut Venica & Venica bietet mir Super-Voraussetzungen: 7 Zimmer/Appartments, Tennisplatz, Schwimmbad, Seminarräume und viel Platz für die Küche, das Restaurant, die Wohnungen für Mitarbeiter und meine Familie. Wir werden ein Mittags- und zwei Abendmenüs anbieten, Fisch nur aus Wildfang, das Fleisch aus Österreich, eine Käsekarte. Der Weinkeller kommt auch mit nach Dolegna – mit noch mehr Österreichern (400 Positionen). Los geht’s am 29. April. Eine spannende Sache in jeder Hinsicht. Nur ein Beispiel: wie werden uns die Gastroguides beurteilen, wie die in Italien oder wie die in Österreich.
Schmankerln von Arnold Pucher:
Flusskrebs Bouillabaisse
4 Personen
16 Stück Flusskrebse (lebend)
1/4 l Saft von frischen, reifen, -unbehandelten Orangen
Die Schale von einer Orange abgerieben
0,1 l Olivenöl Cassanese von Terre di Balbia
1/2l frischgepresster Fenchel -(Saftzentrifuge)
2 Eidotter ( 100 g)
Flusskrebse ca. 30 Sekunden ins kochende Wasser geben und danach auslösen. Orangensaft mit geriebener Schale auf ca. ein Drittel einkochen, Fenchelsaft mit Anis, Lorbeerblatt und einen Thymianzweig bis auf die Hälfte einkochen, abseihen und warm stellen.
Eidotter mit 2/3 des Orangensirups warm aufschlagen (rose), mit Olivenöl aufmontieren, mit Meersalz abschmecken (fleur de sel) – warmstellen. Flusskrebsfleisch und restlichen Orangensaft warm anschwenken – nicht kochen!!!
Krebsfleisch in Glasschale anrichten, mit Fenchelfond übergießen und mit Orangen-Olivenöl-Sabayon abdecken, eine Flusskrebskarkasse als Garnitur verwenden.
Dreierlei Valhrona Schokomousse
Grundrezept:
500 g Schokolade
700 g Sahne
8 Eigelb
4 Blatt Gelatine
10 cl Alkohol
Eigelb mit Alkohol warm schlagen, aufgelöste Schokolade und Gelatine dazu geben und unter nicht ganz festgeschlagene Sahne ziehen, in iSi-Flasche abfüllen – kühl 3 Stunden auf den Kopf stellen!!!
Ivore: 6 cl Bacardi, 4 cl Creme de CacaoSuperalpin: 4cl Amaretto, 6 cl Cognac
Manjari: 5 cl Singel Malt Whisky, 5 cl Cognac
Olivenöl-Eis mit Olio Pezzo di Pigna Coratinaund
1/2 l Sahne mit 2 El Honig und 4 El Pezzo di Pigna aufkochen.
6 Dotter mit 200 g Zucker schaumig rühren und kochende Sahne unterrühren, kaltschlagen und in der Sorbetmaschine frieren.
Kontakt:
Hotel Wulfenia
Sonnenalpe Nassfeld 7A-9620 Hermagor
www.wulfenia.at
Ristorante Venica, Località Cerò, 8, I-34070 Dolegna del Collio
Tel.: +39/329-6708238
arnold@pucher.at
www.venica.it