Lisl Wagner-Bacher
In der malerischen Wachau liegt nahe der Bezirksstadt Krems der Ort Mautern – für Feinschmecker schon fast so etwas wie eine Pilgerstätte. Grund dafür ist das „Genießerhotel Landhaus Bacher“, das Gastgeberin und Küchenchefin Lisl Wagner-Bacher zu einer der besten kulinarischen Adressen Österreichs gemacht hat. Das Restaurant ist gediegen und mit viel Liebe zum Detail eingerichtet. Im Sommer lockt ein schattiger Gastgarten, und auf den Urlauber warten zehn komfortable Gästezimmer.
Lisl Bacher absolvierte die Hotelfachschule und war anschließend als Kellnerin im elterlichen Gasthof tätig. 1976 heiratete sie den Hochbautechniker Klaus Wagner, der für sie in die Gastronomie wechselte und zu einem viel gepriesenen Sommelier wurde. Als 1977 Tochter Christina unterwegs war, wechselte Lisl Wagner-Bacher in die Küche – und fand dort ihre wahre Berufung. Bereits ein Jahr
In der malerischen Wachau liegt nahe der Bezirksstadt Krems der Ort Mautern – für Feinschmecker schon fast so etwas wie eine Pilgerstätte. Grund dafür ist das „Genießerhotel Landhaus Bacher“, das Gastgeberin und Küchenchefin Lisl Wagner-Bacher zu einer der besten kulinarischen Adressen Österreichs gemacht hat. Das Restaurant ist gediegen und mit viel Liebe zum Detail eingerichtet. Im Sommer lockt ein schattiger Gastgarten, und auf den Urlauber warten zehn komfortable Gästezimmer.
Lisl Bacher absolvierte die Hotelfachschule und war anschließend als Kellnerin im elterlichen Gasthof tätig. 1976 heiratete sie den Hochbautechniker Klaus Wagner, der für sie in die Gastronomie wechselte und zu einem viel gepriesenen Sommelier wurde. Als 1977 Tochter Christina unterwegs war, wechselte Lisl Wagner-Bacher in die Küche – und fand dort ihre wahre Berufung. Bereits ein Jahr später brachte sie Tochter Susanne zur Welt, 1979 übernahm sie den Gasthof von den Eltern. Bereits nach drei Jahren erwarb Lisl Wagner-Bacher die erste Gault-Millau-Haube, ein weiteres Jahr später die zweite und gleichzeitig den Titel „Koch des Jahres“. 1988 folgte die dritte Haube und 1991 die „Trophée Gourmet für kreative Küche“ von A la Carte, wo das Landhaus Bacher ebenfalls seit Jahren ganz vorne dabei ist und in der aktuellen Ausgabe mit 99 von 100 Punkten Platz 1 in Österreich belegt. Die Küche der Lisl Wagner-Bacher ist „unprätentiös und doch reich an Einfällen, fraulich und doch niemals verspielt, kosmopolitisch und doch immer auch wachauerisch“, wie es ein Kritiker einmal formulierte.
RP: Frau Wagner-Bacher, Sie waren 1983 als erste Frau Österreichs „Koch des Jahres“ und drangen damit in eine bis dahin den Männern vorbehaltene Domäne ein. Hat man es als Frau schwerer, ganz nach oben zu kommen?
LWB: In meinem Fall kann man das nicht behaupten. Ich hatte nicht vor, in eine bestimmte Domäne einzudringen. Als ich 1979 den Betrieb übernahm, wollte ich einfach gut sein für unsere Gäste. Mein Mann und ich waren uns einig, dass wir das eine oder andere zeitgemäßer machen wollten, und der Erfolg stellte sich nach und nach von selber ein. Ich bin nicht mit dem Ziel angetreten Haubenköchin zu werden – das hat sich einfach so ergeben. Dass es so war, hat uns natürlich sehr geholfen, schneller bekannt zu werden.
RP: Warum gibt es trotz aller Emanzipation nach wie vor mehr Spitzenköche als Spitzenköchinnen?
LWB: Ich sehe darin einen ganz einfachen Grund. Ich bin ja nicht nur für die Küche, sondern als Hausfrau auch für meine Familie verantwortlich, und ich glaube, dass es für eine Frau sehr schwer ist gleichzeitig zu diesem Beruf eine Familie aufzubauen. Wenn der Mann um 5 Uhr nach Hause kommt und für die Frau dann erst die zweite Hälfte des Arbeitstages beginnt, ist das für viele junge Frauen sicherlich schwer zu vereinbaren.
RP: Wie sind Sie mit dieser Doppelbelastung – Beruf und Familie – zurechtgekommen? Haben Sie da einen speziellen Trick?
LWB: Ja – Spaß muss es machen! Man darf Kinder nie als Belastung sehen, sondern muss Freude daran haben, sie aufzuziehen. Genauso ist es mit dem Beruf: Die vielen Arbeitsstunden werden keine Rolle spielen, so lange man mit Freunde bei der Sache ist. Ich weiß nicht, ob ich die Doppelbelastung als Köchin in einer Riesenküche mit einer Riesenbrigade so bewältigt hätte. Hier betrachte ich mich nicht nur als Köchin, sondern auch als Gastgeberin. Neben dem Kochen suche ich den Kontakt zu den Gästen, kümmere mich um dieses Haus, um den Garten, um die Tischdekoration. Mein Arbeitsplatz hier ist gleichzeitig mein Zuhause.
RP: Es ist sicher auch ein Vorteil, dass Ihr Gatte und mittlerweile auch Ihre beiden Töchter im Betrieb mitarbeiten. War das seit jeher so geplant?
LWB: Nein, planen kann man so etwas nicht! Dass mein Mann mitgemacht hat, war eine große Freude für mich, und darum sind wir heute auch dort, wo wir sind. Er kam ja vom Hochbau und hatte den Beruf nicht erlernt, war aber immer ein Genießer – und mein kritischster Gast! Er wusste damit nicht nur meinen Ehrgeiz weiter anzufachen, sondern nahm mir auch viele Belange ab. Bei den Töchtern war es so, dass ich ihnen zwar geraten habe, die Hotelfachschule zu besuchen, ihnen nach der Matura aber freigestellt habe, was sie weiter machen wollen: Studium oder Gastronomie. Sie sind dann beide ins Ausland gegangen und haben sich letztendlich doch entschieden bei uns mitzumachen. Und sie tun das mit Freude, was die Gäste auch spüren. Es ist auch für meinen Mann und mich sehr schön zu sehen, dass die nächste Generation den Betrieb vermutlich weiterführen wird. Ganz sicher ist das zwar nie, aber man arbeitet mit mehr Motivation und Einsatz, als wenn man den Betrieb irgendwann einmal verpachten müsste.
RP: Sie sind für viele Newcomer und vor allem Newcomerinnen ein großes Vorbild. Hatten Sie am Anfang Ihrer Karriere eigentlich auch Vorbilder, Küchenchefs, die Sie besonders beeinflussten?
LWB: Das war sicherlich Eckart Witzigmann, der übrigens vor kurzem hier mit mir gekocht hat. Seine Art der Küche, seine Perfektion und seine gleichzeitige Einbeziehung der österreichischen Tradition haben mich immer sehr beeindruckt. Außerdem war er immer ein sehr lieber Kollege. Er war nie hochnäsig, schaute nie auf „die Junge da“ herab. Wenn wir im Ausland waren und bei der Heimreise einen Abstecher zu ihm machten, fühlte ich mich immer sofort wieder zu Hause.
RP: Sie halten seit 16 Jahren souverän Ihre drei Hauben. Wie gelingt es Ihnen, über einen derart langen Zeitraum eine solche Topqualität zu bieten?
LWB: Das ist der Anspruch an sich selbst. Ich bin eine Perfektionistin und lasse keinen Schlendrian zu. Mein schönster Lohn ist, durch das Lokal zu gehen und zu sehen, wie meine Gäste zufrieden sind. Ich habe da eine ganz profane Aussage, die auch meine Mitarbeiter kennen: „Wenn ich nachdenken muss, ob es geht oder nicht, dann geht es nicht mehr!“ Sobald man nicht zu 100% bei der Sache ist, sollte man ganz schnell etwas anderes machen. Natürlich kann jeder Fehler machen. Das ist menschlich. Das ist auch zu verzeihen. Ich bin keine strenge Chefin, sondern meine, auch durch meine Vorbildfunktion Autorität zu besitzen. Ich möchte auch keinen Gourmettempel haben, in dem eine steife Atmosphäre herrscht. Ich möchte ein Wohlfühllokal führen, in dem das Servicepersonal mit den Gästen lachen kann. Vielleicht haben wir deshalb noch keine vierte Haube…
RP: Sie sind nicht nur selber eine hervorragende Köchin, sondern haben auch hervorragende Mitarbeiter. Ihr Souschef Thomas Dorfer gewann die Ausscheidung für den Bocuse d’Or und wird Österreich nächstes Jahr in Lyon vertreten. Sehen Sie sich auch als Talente-Scout?
LBW: Thomas beschreitet seinen eigenen Weg. Er war vor sieben Jahren schon einmal bei mir, hat aber auch in anderen renommierten Lokalen gearbeitet und für Deutschland am Taittinger-Wettbewerb teilgenommen. Er arbeitet sehr an sich, braucht zwar hin und wieder einen Rat, ist aber sehr tüchtig. Vor allem auch bei Wettbewerben, was ja gar nicht das Meine ist. Ich habe als Autodidakt angefangen, und mein Wettbewerb hat immer in meinem Lokal stattgefunden! Ich unterstütze ihn natürlich so gut wie möglich. Insgesamt haben wir derzeit 25 Mitarbeiter. Was die vielen ehemaligen Mitarbeiter betrifft, so waren doch zahlreiche sehr tüchtige Burschen darunter. Ob das Talent vorhanden ist oder nicht, stellt sich ja normalerweise recht bald heraus.
RP: Zum perfekten Gericht gehören bekanntlich nicht nur erstklassige Köche, sondern auch erstklassige Zutaten. Woher beziehen Sie ihre Ware? Haben Sie Stammlieferanten?
LWB: Ich bin eine sehr treue Kundin. Meinen Fisch beziehe ich beim Herrn Aibler vom Eishken Estate in Inzersdorf, bei dem ich Kunde der ersten Stunde bin – ein wirklich toller Fischhändler. Ein wichtiger Lieferant ist auch R & S Gourmet Express in Hallwang. Das meiste Fleisch kaufe ich bei Murr in St. Anton, einer Fleischerei, die sich sehr um Qualität und Qualitätskontrolle kümmert. Da habe ich einen guten Tipp, den ich auch den Hausfrauen in meinen Kochkursen weitergebe: Ich bekomme jeden Freitag eine Liste mit den empfehlenswertesten Teilen für den Einkauf am Montag und richte mich nach dieser. Bevor ich ein mittelmäßiges Kalbsfilet nehme, entscheide ich mich für einen erstklassigen Kalbsrücken. Wenn der Lungenbraten nicht in der gewünschten Reife ist, nehme ich halt ein Beiried. Man sollte da flexibel sein und dem Händler den Ball zuspielen! Ansonsten habe ich meine speziellen Quellen – einen Lieferanten für Wild, Bäuerinnen aus der Gegend für Gemüse, einen eigenen Ganslbauer usw.
RP: Ihr Gatte erntet für den Weinkeller ähnliche Lobeshymnen wie Sie für die Küche. Welche Weine und welche Winzer zählen zu Ihren persönlichen Favoriten?
LWB: Einen Lieblingswinzer zu nennen, fällt bei uns in der Wachau sehr schwer. Da gibt es so viele erstklassige Winzer, so viele „Lieblingswinzer“, wenn Sie so wollen! Was die Weine betrifft so sind die Geschmäcker von mir und meinem Mann völlig konträr. Ich trinke gerne leichte, junge Weine. Mein Mann liebt kräftige, vollmundige Weine. Das hängt aber auch damit zusammen, dass ich mein erstes Glaserl gegen 10 Uhr abends trinke, wenn die Arbeit in der Küche nachlässt. Würde ich dann zu einem schweren Wein greifen, wäre ich sehr bald sehr müde. Da bevorzuge ich eher die leichten Grünen Veltliner.
RP: Sie sind nicht nur eine gefeierte Starköchin, sondern auch eine erfolgreiche Autorin von Kochbüchern. Sind die nächsten Werke schon in Planung?
LWB: Nein, aber ich glaube, es wird schon noch eines entstehen. Vorher muss ich aber erst mein jüngstes Buch verdauen – wir machen ja alles im Eigenverlag. Das liegt daran, dass im Jahr 1989, als ich das erste Buch konzipierte, meine Vorstellungen noch auf wenig Gegenliebe stießen. Fotos von jedem Gericht, eigene Weinseiten etc. schienen den Verlagen zu teuer. Auch das zweite Buch ist im vergangenen Jahr im Eigenverlag erschienen. Dabei haben wir uns für einen Fotografen und einen Grafiker entschieden, die beide noch keine Erfahrung mit Kochbüchern hatten. Dafür stimmte der menschliche Aspekt perfekt und wir funktionierten kurzerhand unser Wohnzimmer zum Fotostudio um. Da Buchfotos wesentlich zeitaufwändiger sind als Journalfotos, haben wir gerade einmal drei Aufnahmen pro Tag gemacht. Aber es hat sich ausgezahlt!
RP: In welche Richtung wird sich die Gastronomie im Allgemeinen und die Spitzengastronomie im Besonderen weiterentwickeln? Sind die exotischen Einflüsse nur ein kurzlebiger Trend oder wird sich das auf Dauer auswirken?
LWB: Ich finde es gut und wichtig, dass neue Ideen in die Gastronomie einfließen. Allerdings nur in jenem Maße, dass die Küche ihre Authentizität nicht verliert. Wenn beim Mostheurigen das Wokgericht angeboten wird, kann das nicht wünschenswert sein. Für begrüßenswert erachte ich aber – parallel dazu – auch den gegenteiligen Trend: Lokale, die wirklich noch unverfälschte bodenständige Küche anbieten. Auch für die Haubengastronomie ist es toll, dass es immer neue Strömungen gibt. In den 25 Jahren unseres Betriebes haben wir schon einige Strömungen miterlebt. Vieles davon war interessant und sorgte für wertvolle Anregungen. Es sollte aber nicht so weit gehen, dass die Kochstile in Ländern mit unterschiedlichen kulinarischen Traditionen sich einander völlig angleichen. Hier sollte man schon auf nationale Essgewohnheiten Rücksicht nehmen. Bocuse machte viele Gerichte ohne Sättigungsbeilagen – für unsere Breiten wenig geeignet, da der Österreicher ein begeisterter Beilagenesser ist. Viele der neuen Trends bringen eine „gestylte Küche“, keine „gekochte Küche“. Diese Küche vom Reißbrett kann weder wünschenswert noch zukunftsweisend sein.
RP: Sie haben eigentlich alles erreicht, was man sich in Ihrem Metier wünschen kann. Welche Ziele haben Sie noch für sich und für Ihren Betrieb?
LWB: Wünsche hätte ich genug! Wenn man einen Betrieb wie den unseren hat, ist ständig etwas zu verändern oder auszubauen. Interessant wäre auch ein kleines Hotel – es gibt in der Wachau ein kleines Dornröschenschloss, das ich gerne zum Leben erwecken würde. Zurzeit bin ich auch dabei mit meinen Marmeladen eine Gourmetlinie aufzubauen. Diese entwickelt sich ganz gut – Meinl am Graben führt sie beispielsweise schon. Das soll aber nicht industrielle Dimensionen erreichen, sondern immer hausgemacht bleiben. Ich habe auch genug Ideen, die ich noch verwirklichen möchte, wenn die Arbeit in der Küche einmal zu schwer für mich wird!
Kontakt:
Landhaus Bacher, Südtirolerplatz 2
AT-3512 Mautern/Wachau
Tel. +43 (0)2732 82 9 37
Fax +43 (0)2732 74 3 37
info@landhaus-bacher.at
www.landhaus-bacher.at
BÜCHER:
Meine Küche
Eigenverlag Landhaus Bacher,
Mautern 1989, ISBN: 3901003010
Jedes Mahl ein Genuss, Eigenverlag Landhaus Bacher, Mautern 2003
ISBN: 3950150005