Dürfen wir vorstellen: The World‘s 50 Best Restaurants 2021
Dass es so etwas wie ein bestes Restaurant der Welt gar nicht geben kann, bestätigt sogar René Redzepi. „Natürlich ist das ein etwas absurd anmutender Titel“, sagt der Küchenchef, dessen Kopenhagener Restaurant Noma genau diesen Titel in der Vergangenheit ganze vier Mal hat einheimsen können, „das wäre ja gerade so, als würde man eine Farbe zur schönsten der Welt erklären. Also ein Ding der Unmöglichkeit.“
Dass es so etwas wie ein bestes Restaurant der Welt gar nicht geben kann, bestätigt sogar René Redzepi. „Natürlich ist das ein etwas absurd anmutender Titel“, sagt der Küchenchef, dessen Kopenhagener Restaurant Noma genau diesen Titel in der Vergangenheit ganze vier Mal hat einheimsen können, „das wäre ja gerade so, als würde man eine Farbe zur schönsten der Welt erklären. Also ein Ding der Unmöglichkeit.“
Allen Vorbehalten zum Trotz wurde das Noma bei der diesjährigen Wahl neuerlich zum besten Restaurant der Welt gewählt. Möglich war das eigentlich nur deswegen, weil Redzepi sein Lokal im Jahr 2016 zusperrte und zwei Jahre später anderenorts in Kopenhagen neu eröffnete. Womit es offenbar als neues Lokal gilt und neuerlich gewertet werden konnte. Beachtenswert
ist das insofern, als laut einer bei der letzten Ausgabe der Verleihung im Jahr 2019 in Singapur präsentierten Neuregelung nämlich nur mehr solche Lokale Nummer eins werden können, die diesen Platz nicht schon in der Vergangenheit innehatten.
So werden von nun an alle bisherigen Sieger in einer Art virtuellen Ehrenhalle namens „Best of the Best“ geführt. Da hinein gelangten bislang also das Mirazur in Südfrankreich, das New Yorker Eleven Madison Park, das El Celler de Can Roca in Spanien und die Osteria Francescana in Modena.
Erstmals Antwerpen
Und selbst wenn es etwas bizarr erscheinen könnte, dass man sein Lokal nur anderswo neu zu eröffnen braucht, um wieder Nummer eins zu werden, so findet sich doch kaum jemand, der die Wahl des Nomas in Frage stellen würde. Denn ganz ohne Zweifel gibt es weltweit weder ein Lokal noch einen Wirt, der das vergangene Jahrzehnt so stark prägte wie Redzepi mit seinem Noma.
Und so war sich bereits im Vorfeld die große Mehrheit der angereisten Köche und Journalisten weitgehend einig, dass es nur einen Sieger geben könne. Dementsprechend unaufgeregt und entspannt war in den Tagen vor der Preisverleihung auch die Stimmung in der belgischen Stadt Antwerpen, die zum ersten Mal als Austragungsort der Veranstaltung diente.
Bekanntlich fand das Event nach einer Phase statt, in der sich viele der gefeierten Spitzenköche in Bescheidenheit üben und die Lokale, ja das gesamte Gastgewerbe sich haben neu erfinden müssen. Um der Zwangspause durch die Pandemie gerecht zu werden, ließen sich die Zuständigen der Klassifizierung etwas einfallen. Dank einem komplizierten System wurde die Reihung durch einen Mix errechnet, der sich aus bereits im Vorjahr abgegebenen und nicht veröffentlichten Bewertungen einerseits und aktuelleren Beurteilungen andererseits zusammensetzt. Wobei sich die aktuellen Beurteilungen, da die Juroren im vergangenen Jahr kaum reisen konnten, ausschließlich auf die Lokale in ihrer jeweiligen eigenen Region bezogen.
Dennoch gab es kaum Überraschungen. So zum Beispiel fanden wie in den Vorjahren nur wenige Restaurants aus dem deutschsprachigen Raum ihren Weg in die Liste. Unter ihnen und an erster Stelle das Wiener Steirereck von Heinz und Birgit Reitbauer auf dem gewohnt exzellenten Platz, diesmal dem zwölften, das auch den Sonderpreis „Art of Hospitality Award“ für herausragende Gastlichkeit einheimste. Die zwei einzigen deutschen Lokale unter den 50 Besten sind das Tim Raue und das Nobelhart und Schmutzig, beide in Berlin, respektive auf Platz 31 und 45.
Kopenhagen Zentrum der Gastro-Welt
Ganz nach vorne und gleich auf den zweiten Platz hinter dem Noma schaffte es das ebenfalls in Kopenhagen beheimatete Restaurant Geranium von Küchenchef Rasmus Kofoed. Wodurch die dänische Hauptstadt nun nicht nur Heimat zweier Restaurants mit drei Michelin-Sternen ist, nämlich eben des Geranium und des Noma, sondern auch der zwei angeblich besten der Welt. Kein Wunder also, dass die Präsentatorin in Antwerpen vom „Comeback der Nordischen Küche“ sprach. Und von Kopenhagen als „Welthauptstadt des Restaurants“.
An beiden Aussagen ist, angesichts der zahlreichen Anerkennungen, freilich was dran. Zu sagen ist aber auch, dass René Redzepi einst bei einer anderen Nummer eins gelernt hat, nämlich im El Bulli des Spaniers Ferran Adrià. Von dort übernommen hat er zum Beispiel die Idee eines Labors, in dem an Lebensmitteln und Küchentechniken geforscht und experimentiert wird. Eine Einrichtung, auf die man inzwischen in etlichen weiteren Spitzenrestaurants trifft. Auch das Degustationsmenü als einziges Angebot ist offenbar etwas, das der Spanier als erstes einführte und der Däne übernahm. Und das heute weltweit verbreitet ist.
Ein weiterer bedeutender Beitrag Redzepis zur Restaurantkultur ist zugleich einer, mit dem er sich stark abhebt von seinem Lehrmeister Adrià. Nämlich der intensive Naturbezug seiner Küche, der bis zum Noma zumindest in der Haute Cuisine kaum eine Rolle spielte. Auch das Foraging, also das Hinausgehen in die freie Natur und das Sammeln von wilden Gräsern, Kräutern und Blättern, die in vielen Fällen bis dahin als Lebensmittel gar nicht erkannt worden waren, ist ohne Zweifel ihm zu verdanken.
Vielleicht das beste Restaurant, das einflussreichste mit Sicherheit
Redzepis vermutlich größter Verdienst ist aber ein anderer. Nämlich, dass er einer bis dahin auf gastronomischer Ebene weitgehend unbekannten (um nicht zu sagen: unbedeutenden) Region, nämlich den nördlichsten Ländern Europas, zu kulinarischem Selbstvertrauen verhalf und deren Verwandlung in eine Destination für essbegeisterte Besucher einleitete. Eine Entwicklung, die den allermeisten noch vor 15 Jahren völlig unrealistisch erschienen wäre, die heute jedoch von Tourismusverantwortlichen auf der ganzen Welt studiert, analysiert und kopiert wird.
So betrachtet, strahlt die Leistung des Dänen mit albanischen Wurzeln also nicht nur über die Küche seines eigenen Landes und über jene der anderen skandinavischen Länder, sondern weltweit. Was wohl der Hauptgrund ist, warum sich unter seinen Kollegen kaum einer findet, der ihm den Platz ganz oben auf der Liste nicht zugestehen würde. In seiner Dankesrede betont der Küchenchef, dass trotz allen Erfolges noch etliche weitere Aufgaben auf ihn warteten. Und die wichtigste darunter sei es, unaufhörlich an einer Verbesserung des Arbeitsklimas und der Arbeitsbedingungen für sein Team zu arbeiten. Bleibt nur zu hoffen, dass auch diese Einstellung auf so viele Restaurants wie möglich abfärbt – und schon in allernächster Zukunft zum allgemeinen Standard im Gastgewerbe zählen wird.
_____________
RENÉ REDZEPI: Sein Restaurant Noma eröffnete der Däne mit albanisch-mazedonischen Wurzeln im Jahr 2004 in einem ehemaligen Lagerhaus an einem Dock in Kopenhagen. Bald darauf gab es zwei Sterne vom Guide Michelin und hohe Platzierungen auf der Liste der 50 Besten Restaurants der Welt. Auf der schaffte es das Noma im Jahr 2010 zum ersten Mal auf Platz eins, was in Folge weitere drei Mal gelang. Vor wenigen Wochen gab es dann den lang ersehnten dritten Stern vom Guide Michelin und nun auch, zum fünften Mal, Platz eins auf der Liste.
THE WORLD‘S 50 BEST RESTAURANTS: Alles begann als Spaß unter einigen Journalisten vom bis dahin kaum bekannten britischen Magazin namens „Restaurant“, das im Jahr 2002 eine äußerst subjektive Liste der „Besten Restaurants der Welt“ veröffentlichte. So gewaltig war der unerwartete anschließende Erfolg, dass die Liste bald darauf zum neben dem Guide Michelin einflussreichsten Restaurant-Bewertungssystem der Welt aufstieg. Rekordsieger sind das (inzwischen geschlossene) spanische El Bulli und das dänische Noma, die beide fünf Mal den ersten Platz belegen konnten. theworlds50best.com