Krieg um die Talente

Was Sie heute tun müssen, um in Zukunft an die besten Talente zu kommen: 10 Ideen, mit denen Sie Ihr Unternehmen für die Top-Mitarbeiter interessant machen.
November 13, 2015

Fotos: Werner Krug, Dehoga, Glow Tingle Unternehmensberatung GmbH
Krieg um die Talente

Der Blick auf die demografischen Daten macht die Misere deutlich: Bis zum Jahr 2021 sackt die Zahl der 15-Jährigen (also jene, die in das Berufsleben einsteigen können) dramatisch ab – und zwar um 14 Prozent in Deutschland und um 12 Prozent in Österreich. In absoluten Zahlen bedeutet das: Während im Jahr 2011 insgesamt rund 880.000 neue potenzielle Arbeitskräfte in Deutschland und Österreich zur Verfügung stehen werden, sind es nur zehn Jahre später bereits um 120.000 weniger.

Alarmierende Zahlen, die beweisen: Wer jetzt nichts tut, wird in Zukunft Probleme haben, genügend und gute Auszubildende für sein Unternehmen zu finden. Andere Branchen haben sich längst ihre Strategie bereitgelegt. Damit der Krieg um die besten Talente gewonnen werden kann, muss jetzt endlich auch die Hotellerie und Gastronomie verstärkt auf Imagebildung setzen und bewusst Anreize für Jugendliche schaffen. Gefordert sind erstens die Interessensvertreter, zweitens jedoch auch jedes Unternehmen selbst.

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Stefanie HeckelStefanie Heckel
Pressesprecherin, DEHOGA
www.dehoga-bundesverband.de

Der Aufruf an die Länder muss Lauten: Investition in die Schulbildung!

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Ein Vorreiter für innovative Ideen, um die besten Kräfte anzulocken, ist seit Jahren Klaus Kobjoll, der Besitzer des Vier-Sterne-Tagungshotels Schindlerhof in Nürnberg. Erst 2010 wurde er wieder vom „Great place to work“-Institut in Deutschland zum besten Arbeitgeber der Branche ausgezeichnet. „Mein Ziel war es immer, den Schindlerhof zu der Attraktion am Arbeitsmarkt zu machen.

Das sichert einem automatisch gutes Personal“, so Kobjoll. Regelmäßig setzt er auf kreative Ideen, die nicht nur die Jugend ansprechen, sondern immer wieder auch medial transportiert werden. Wie zum Beispiel, als er seine Auszubildenden mit eigenen Dienstwägen der Marke Fiat ausstattete. Sogar die Farbe des Fahrzeugs konnten die jungen Mitarbeiter damals wählen.

„Reine Promotion für den Schindlerhof“, gibt Kobjoll zu. Aber genau so funktioniert es. Der erfolgreiche Unternehmer kann sich über mangelndes Interesse an seinem Betrieb nicht beklagen. Von den rund 240 Initiativbewerbungen im Jahr sind etwa die Hälfte Talente, die im Schindlerhof ausgebildet werden wollen.

Ständig wirbt das Vorzeige-Unternehmen mit Imagebroschüren, die in Gymnasien und in den Hotelfachschulen aufgelegt werden. Bei all dem medialen Getöse dürfe jedoch nie vergessen werden, dass die Basis eines guten Betriebs die solide und gute Ausbildung seiner Mitarbeiter ist. Kobjoll: „Bei uns gibt es keine Hierarchien und das Arbeitsumfeld ist liebevoll. Wir setzen auf Fort- und Weiterbildung sowie auf Teambuilding. Erst kürzlich war ich mit meinen Azubis Kajak fahren und im Hochseilgarten.“

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Tim MälzerTim Mälzer
Geschäftsführer Bullerei, 100 Mitarbeiter
www.tim-maelzer.de

Eine gute Marke zieht automatisch die besten Kräfte an.

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Perspektiven geben
Konkret mit dem Thema der Mitarbeiterrekrutierung setzt sich das „Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit“ in Bonn auseinander. Hier pocht Hilmar Schneider, der Direkor des Bereichs Arbeitsmarktwirtschaft, vor allem auf gute Perspektiven, die den Arbeitgeber für Mitarbeiter interessant machen. „Wer langfristige Arbeitsverträge in Aussicht stellt, hat am Arbeitsmarkt einen klaren Vorteil, gute Kräfte zu finden.“ Ein wesentlicher Punkt sei auch, besonders gute Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Ein Unternehmen, das dies bereits umsetzt, ist das Fünf-Sterne-Superior-Resort „InterContinental“ in Berchtesgaden. Hier wurde ein so genannter „Open Day“ eingeführt, mit dem das Hotel Kreativität und Mut zur Innovation beweist. „Einmal im Jahr legen wir den gesamten Betrieb für einen Tag in die Hände unserer Azubis“, sagt Elke Weisgerber, die im InterContinental verantwortlich für die Auszubildenden ist.

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Klaus KobjollKlaus Kobjoll
Unternehmer und Besitzer des Tagungshotels Schindlerhof
www.schindlerhof.de

Im Vergleich zu Früher sind Jugendliche von heute unreif.

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Beim „Open Day“ können sie einen Tag völlig eigenständig gestalten – vom Dienstplan über Nachmittagsaktivitäten bis hin zu einem großen Fest am Abend. Als Testgäste lädt das Hotel die Eltern der Auszubildenden und auch die Ausbildner ein, die anschließend Lob, aber auch Mängel aufzeigen können. „Aktionen wie diese fördern nicht nur den Teamgeist, sondern sprechen sich klarerweise herum und heben unser Unternehmen gegenüber der Konkurrenz ab. Im Gedächtnis der Jugendlichen bleiben wir als kreativer Arbeitgeber, bei dem es sich lohnt, ausgebildet zu werden. Kurz: Man empfiehlt uns weiter“, so Weisgerber.

„Motivierte junge Arbeitskräfte bekommen in Zukunft nur mehr jene Unternehmer, die als Top-Ausbildner bekannt sind“, sagt Arthur Schneeberger vom Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft in Wien. Dort ist er zuständig für den Bereich Aus- und Weiterbildung. Sein Tipp für ein erfolgreiches Recruiting: Verstärkung der Kommunikation in der Region. Man müsse nicht international auf sich aufmerksam machen. Denn die jungen Talente kommen fast ausschließlich aus der näheren Umgebung.

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Peter PusnikPeter Pusnik
Geschäftsführender Direktor, Hotel Atlantic Kempinski Hamburg
www.kempinski.com/hamburg

Bewerber müssen spüren, dass sie von den Besten lernen können!

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„Machen Sie also eine Analyse Ihrer Konkurrenz und heben Sie sich mit Ihren Angeboten an zukünftige Mitarbeiter bewusst ab“, sagt Reingard Scheriau. Die Besitzerin des Fünf-Sterne-Hotels Oswald in Bad Kleinkirchheim nimmt die Kontaktaufnahme mit der zukünftigen Azubi-Generation selbst in die Hand. Sie und ihr Mann gehen auf die Jugendlichen zu, indem sie Vorträge an Schulen halten und ihr Hotel sowie das Berufsbild genauestens vorstellen.

„Die beste Werbung ist eine gute Ausbildung. Azubis sind keine Hilfsarbeiter!“

„Es ist wichtig, die Jugend ausführlich zu informieren, damit sie weiß, was auf sie zukommt!“

Dass sich gute Ideen auszahlen, beweisen die etwa 700 bis 800 Bewerbungen von Auszubildenden, die pro Jahr zum Beispiel im „InterContinental Berlin“ eingehen. Davon werden jedes Jahr 25 bis 30 Stellen vergeben. „Gute Leute, etwa 60 Prozent der Azubis, behalten wir in der InterContinental-Familie,“ so die Personaldirektorin Renate Harnisch. Um bei jungen Leuten weiter im Gespräch zu bleiben, plant sie nun zusätzlich eine Zusammenarbeit mit der deutschen Industrie- und Handelskammer, bei der in Partnerschaft mit diversen Schulen auch Vorpraktika angeboten werden sollen.

Für den Schindlerhof-Boss Klaus Kobjoll ist klar: „Talente müssen herausgefordert werden, noch besser zu werden. Das funktioniert am besten mit Anreizen. Wer in Zukunft die besten Kräfte anlocken will, muss schon jetzt die Besten ausbilden. Nur Gutes zieht Gutes an.“

10 Ideen wie Sie in Zukunft Talente anziehen

Der Mangel an Auszubildenden schreitet voran. So sorgen Sie bereits jetzt vor: 10 Ideen wie Sie Ihr Unternehmen für Bewerber interessant machen.

1 Stay in contact
Durch die Zusammenarbeit mit Schulen stellen Sie bereits früh Kontakt zu potenziellen Arbeitskräften her. Halten Sie Vorträge, bei denen Sie Ihr Unternehmen vorstellen und die Jugend mit den Arbeitsbedingungen vertraut machen. Auch Führungen durch Ihren Betrieb oder Flyer können für die Jobentscheidung der Jugendlichen hilfreich sein.

2 Zeigen Sie ihre Qualität als Arbeitgeber in den Medien
Je öfter Sie in den Medien vertreten sind, desto stärker wird Ihre Marke und Ihr Unternehmen wird somit interessant für Bewerber. ROLLING PIN bietet Ihnen dazu zum Beispiel die Möglichkeit sich als „Arbeitgeber im Porträt“ direkt Ihrer Zielgruppe zu präsentieren – sowohl im Printmedium als auch online (www.rollingpin.eu).

3 Steigern Sie den Wert der Ausbildung
Eine qualitativ hochwertige Ausbildung spricht sich herum und ist somit die beste Werbung für ein Unternehmen. Bieten Sie Ihren Mitarbeitern die Ressourcen und Schulungen, die sie benötigen, um ihre Ausbildung erfolgreich zu absolvieren. Stellen Sie Ihren Auszubildenden einen Mentor an die Seite, an den sie sich bei allen Fragen wenden können. So haben sie die nötige Unterstützung und sie fühlen sich gut aufgehoben.

4 Sorgen Sie für ein gutes Arbeitsklima
Das herrschende Arbeitsklima ist ein wichtiger Faktor in Bezug auf Mitarbeiterzufriedenheit. Fühlt sich der Mitarbeiter wohl, wird er seine Arbeit auch gut machen. Zusätzlicher Einsatz sollte bemerkt und mit Lob honoriert werden.

5 Gehen Sie online
Sprechen Sie junge Mitarbeiter dort an, wo diese oft zu finden sind – im Internet. Positionieren Sie Ihr Unternehmen auf den wichtigsten Plattformen wie „Facebook“ oder „Twitter“. Wollen Sie für eine junge Zielgruppe interessant sein, müssen sie auch Inhalte bieten, von denen Jugendliche angesprochen werden.

6 Heben Sie sich von der Konkurrenz ab
Nehmen Sie Ihre Konkurrenz bewusst wahr und beobachten Sie diese ausführlich über einen längeren Zeitraum hinweg. Stellen Sie sicher, dass sich Ihre Firmenphilosophie von den anderen Betrieben abhebt. Und: Machen Sie aus ihrem USB kein Geheimnis!

7 Bieten Sie Karrieremöglichkeiten
Sprechen Sie schon früh mit Ihren jungen Arbeitskräften über deren Zukunftsperspektiven und erarbeiten Sie mit Ihnen gemeinsam einen Plan. Bieten Sie Ihren Mitarbeitern auch die Möglichkeit andere Top-Betriebe kennenzulernen. Nur, wer seinem Personal Entwicklung ermöglicht, wird seine Talente auch langfristig binden können.

8 Bieten Sie Praktika an
Mit Probetagen oder Sommerpraktika können Sie die Anwärter für den Ausbildungsplatz auf Herz und Nieren prüfen. Besonders verlockend sind Talentwettbewerbe. Stellen Sie als Preis für die Besten eine Reise in Aussicht – die Bewerbungen werden Ihnen zufliegen und Sie können mit relativ geringem Budget aus vielen Talenten die Besten herausziehen.

9 Anreize bewirken Wunder
Besonders einfallsreiche Köpfe punkten mit kreativen Ideen, die gleichzeitig Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erregen. So zum Beispiel Klaus Kobjoll mit den Dienstautos für Azubis.

10 Nehmen Sie an Bewerben teil
Sich mit der Branche zu messen – ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Sehen Sie die Teilnahme als Qualitätskontrolle. Sie heben sich automatisch von anderen Betrieben ab, die sich dieser Herausforderung nicht stellen. Melden Sie Ihre Mitarbeiter zu Bewerben an und ermöglichen Sie diesen ein perfektes Training.

Die Besten Köpfe müssen an die Spitze – Meinung: Warum die Wirtschaftskammer der Branche schadet.

Sie werden Interessensvertreter genannt, jene Herren, die in der Wirtschaftskammer Österreich für die Sparte Gastronomie zuständig sind. Man wird das Gefühl nicht los, dass die dort hauptsächlich sitzen, um ihre eigenen (politischen) Interessen zu vertreten.

Kaum ernst genommen von den wahren Machern der Branche, nämlich von jenen, die Tag für Tag beweisen wie man ein erfolgreiches Gastronomieunternehmen führt, bleibt an Ihnen der Eindruck der Schreibtischtäter haften. Dabei hätten sie die Aufgabe, Wege freizuschlagen, welche die Gastronomie in eine erfolgreiche Zukunft führen. Stattdessen hocken in den Stuben der Kammer Leute, die im eigenen wirtschaftlichen Vorankommen nur mäßig erfolgreich sind und denen der Weitblick fehlt, weil sie als Ziel nur eines im Auge haben: die nächste Wahl. Kurz: Es fehlt an jungen, frischen Ideen und an Menschen, die diese mit Power und Leidenschaft umsetzen.

Dieser Missstand birgt allein deshalb an Zündstoff, weil Wirtschaftstreibende in Österreich verdammt sind, einen finanziellen Pflichtbeitrag an die Kammer und somit an deren Funktionäre zu zahlen. Wo die entsprechende Dienstleistung bleibt, darf also laut gefragt werden.

Die Sparte Gastronomie muss in der Wirtschaftskammer völlig neu aufgestellt werden: Weg mit den Parteisoldaten, weg mit den Ideenverhinderern, weg mit den Sesselklebern, die schon lange das Ansehen der Gastronomen verloren haben. Hinein müssen die besten Köpfe, gastronomisch erfolgreiche Unternehmer, die als Vorbilder und Leuchttürme gelten. In Österreich gibt es genug davon. Ihnen muss es endlich möglich gemacht werden Zukunft, zu gestalten, denn in der Vergangenheit lebt die Kammer schon lange genug.

Anregungen:
michael.pech@rollingpin.eu

Macht der Gesetzgeber die Branche kaputt? – Besonders die Gastronomie leidet unter den Bestimmungen.

Branchenbremse: GESETZ
Das Jugendarbeitsschutzgesetz, die Positionierung der Branche sowie die Ausbildungsqualität – Themen, die Arbeitgeber beschäftigen und den Gesetzgeber kümmern sollten.

Fehlt der Politik die Kreativität? Fakt ist, dass in vielen Betrieben die Meinung vorherrscht, es gebe keinerlei Unterstützung vom Gesetzgeber. Der DEHOGA-Bundesverband (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.) spricht sich zu diesem Thema klar für eine Liberalisierung des Jugendarbeitsschutzgesetzes aus. Jugendliche unter 18 Jahren dürfen in Deutschland laut Gesetz bis 21 Uhr arbeiten.

Ist der nächste Tag unterrichtsfrei, ist das Arbeiten bis 22 Uhr gestattet. In diesem Punkt sind die Gesetze in Österreich großzügiger: Bereits 2001 wurde die Nachtruhezeit von 22 auf 23 Uhr geändert. „Da nachteilige Auswirkungen bis jetzt keiner Stelle bekannt geworden sind, fordern wir für Deutschland dieselbe Nachtruhezeit“, so Stefanie Heckel, Sprecherin des DEHOGA.

Des Weiteren müsse die derzeitige Ausbildungssituation verbessert und in die Schulbildung investiert werden, heißt es in vielen Betrieben. Klaus Kobjoll, Chef des Schindlerhofs, drückt es so aus: „Jugendliche von heute sind unreif im Vergleich zu früher. Wer heute die mittlere Reife hat, befindet sich auf Grundschulniveau.“

Lehrer sollten motiviert werden, Jugendlichen mehr praktisches Wissen zur Wirtschaft zu eröffnen und durch Betriebsbesuche das Interesse der Schüler zu stärken, so die Forderungen der Branche.

Ein weiteres Problem laut Petra Barta, der Direktorin des 4-Sternhotels Kranzbach in Garmisch-Partenkirchen: „Der schlechte Ruf der Tourismusbranche.“ Schlechte Arbeitszeiten sowie Bezahlung prägen die allgemeine Meinung. Die Aufgabe der Politik muss also sein, den Tourismus als Wirtschaftsfaktor zu etablieren, möglicherweise durch Lobbying sowie durch diverse PR- und Marketingstrategien.

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