Big Business: Weinhandel

In der Welt des Weins alles zu kennen und zu wissen, ist selbst für absolute Profis kaum realisierbar. Umso wichtiger sind darum gute Partner auf der Lieferantenseite. Doch was zeichnet diese aus?
November 13, 2015

Fotos: Matthias Leitzke/Ritz Carlton Wolfsburg, Restaurant la vie/ Michael Holz Studio, Shutterstock
Big Business - Weinhandel

Wein: uraltes Kulturgut, wichtiger Wirtschaftsfaktor, potenzieller Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz und so viel Auswahl, dass es dem Gastronom oft unmöglich erscheint, eine repräsentative Weinkarte zusammenzustellen. Das Ergebnis: Gastronomen im Zwiespalt zwischen Weinauswahl, Vertrauen auf den Weinlieferanten und Gewinnspanne.

Thomas Breitwieser kennt beide Seiten der Medaille. Denn er war Chef-Sommelier und Herr über den größten Weinkeller Österreichs im „Palais Coburg“ in Wien, bevor er als Weinberater für „Kolarik und Leeb“ nach Zell am See wechselte. „Das Weingeschäft ist durchwachsen. Oft ist es schwierig, neue, hochwertige, aber unbekannte Weine zu verkaufen.“

Nicht zuletzt ergibt sich dieser Umstand auch aus der Nachfragesituation in der Gastronomie. Denn der Großteil der Kunden ist Etikettenkäufer. Top-Produkte, jedoch ohne Bekanntheit, müssen daher…

Fotos: Matthias Leitzke/Ritz Carlton Wolfsburg, Restaurant la vie/ Michael Holz Studio, Shutterstock
Big Business - Weinhandel

Wein: uraltes Kulturgut, wichtiger Wirtschaftsfaktor, potenzieller Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz und so viel Auswahl, dass es dem Gastronom oft unmöglich erscheint, eine repräsentative Weinkarte zusammenzustellen. Das Ergebnis: Gastronomen im Zwiespalt zwischen Weinauswahl, Vertrauen auf den Weinlieferanten und Gewinnspanne.

Thomas Breitwieser kennt beide Seiten der Medaille. Denn er war Chef-Sommelier und Herr über den größten Weinkeller Österreichs im „Palais Coburg“ in Wien, bevor er als Weinberater für „Kolarik und Leeb“ nach Zell am See wechselte. „Das Weingeschäft ist durchwachsen. Oft ist es schwierig, neue, hochwertige, aber unbekannte Weine zu verkaufen.“

Nicht zuletzt ergibt sich dieser Umstand auch aus der Nachfragesituation in der Gastronomie. Denn der Großteil der Kunden ist Etikettenkäufer. Top-Produkte, jedoch ohne Bekanntheit, müssen daher aktiv angepriesen werden, um es bis ins Glas des Gastes zu schaffen.

Breitwieser ist darum überzeugt: „Der Sommelier ist der erste Mitarbeiter im Restaurant, der sich rentiert. Großes Problem ist hierbei nur die Fluktuation in der Gastronomie.“ Denn wechselt der Sommelier die Stelle, bleiben die unbekannten Weine als totes Kapital im Keller liegen.

Darum der Trugschluss der Gastronomen: Vertraue auf Bekanntes, denn das verkauft sich von selbst. Dass aufstrebende, unbekannte Winzer oft aber bessere Qualitäten zu günstigeren Preisen anbieten, bleibt diesen Gastronomen unbekannt und die Chance auf eine größere Gewinnspanne ungenutzt.

Gespaltene Gastronomie
Oft bleibt im operativen Geschäft nicht die Zeit, sich intensiv mit der Weinbestellung auseinanderzusetzen. Wer also durch edle Geheimtipps auf der Weinkarte glänzen möchte, dem erscheint ein verlässlicher Partner im Weinverkauf als die einzige Lösung.

Jürgen Giesel, Chefsommelier im Ritz Carlton Wolfsburg spricht dabei die größte Befürchtung der Gastronomen aus: „Der Weinhändler darf nicht um jeden Preis verkaufen wollen. Der Weinkeller eines jeden Gastronomen muss wirtschaftlich tragbar und die Weinauswahl dem Betrieb angepasst sein. Ein Verkäufer, der darauf nicht achtet, schadet dem Unternehmen.“

phpSgFTeh
Jürgen Giesel
Im Idealfall treffen sich echte Weinliebhaber auf beiden Seiten der Weinkarte.
Das ist die beste Voraussetzung für eine perfekte Zusammenarbeit.

Jürgen Giesel
Chef-Sommelier im „Ritz Carlton Wolfsburg“,
www.ritzcarlton.com

phpSgFTeh

Lieferanten-Casting
Erfolgreiche Geschäftsbeziehungen zwischen Lieferanten und Gastronomen sind meist das Ergebnis langjähriger Kooperationen. Doch was tun, wenn man erst am Anfang steht? Hier gilt es auf grundlegende Kriterien wie die Qualifikation und Ausbildung des Verkaufspartners sowie auf die Ausrichtung des Handelsunternehmens zu achten.

Denn der erste Schritt auf der Suche nach passenden Weinlieferanten ist die Definition des eigenen Bedarfs. Lege ich als Gastronom Wert auf ein breites oder eher ein spezialisiertes Angebotsspektrum? Möchte ich mich auf bestimmte Regionen konzentrieren? Wie wichtig sind mir eine intensive Betreuung und Beratung? Und vor allem, welches sind die Prioritäten meiner Zielgruppe?

„Gastronomen sind beim Weineinkauf wenig risikobereit und setzen auf Bekanntes.“

Die Antworten auf diese Fragen sind genauso vielfältig wie die Angebotspalette der Weinlieferanten. Grundvoraussetzungen für die Attraktivität des Angebots sind dabei flexible Lieferzeiten und -mengen sowie eine einwandfreie Logistik. Hat man den für sich perfekten Handelspartner gefunden, profitiert der Gastronom vom Know-how und der individuellen Beratungsleistung des Händlers sowie von dessen Top-Connection zu Winzern und weiteren Weinpartnern.

Eine Kooperation, die im Interesse beider Parteien ist, denn, so Anne Veltmann, Geschäftsführerin des Weinhändlers „Weinwolf“ in Deutschland: „Getränke-Marken werden nicht im Handel, sondern in der Gastronomie gemacht – glücklicherweise.“

Realitäten-Abgleich: Was Gastronomen wollen

Die wichtigsten Kriterien für eine erfolgreiche Lieferanten-Gastronomen-Beziehung.

1 Sortimentsbreite
Ein breites Sortiment sehen viele als das Um und Auf. Die Schwierigkeit für den Lieferanten liegt darin, sowohl prominente Marken für Etikettenkäufer als auch eine überzeugende Auswahl an unbekannten Weinen anzubieten.

2 Zustellservice
Eine hohe Flexibilität in der Zustellung ist bereits Standard für Weinlieferanten. Der Händler steht dem Gastronomen im Notfall auch an Wochenenden und Feiertagen zur Verfügung.

3 Beratung
Einer der Knackpunkte für gute Verkaufszahlen und treue Kunden ist die professionelle Beratung. Hier reicht die Palette von der Empfehlung neuer oder bis dato unbekannter Aufsteiger-Weine bis hin zur Erstellung der Weinkarte in Zusammenarbeit mit dem Gastronomen.

4 Preisgestaltung
Erstes Ziel des Gastronomen, auch in puncto Weinkarte, ist die Wirtschaftlichkeit. Ein Weinhändler, der unabhängig vom Bedarf des Gastronomen Wein zu höchstmöglichen Preisen verkaufen möchte, wird keine Erfolge feiern.

5 Logistik
Begnadete Networker können hier voll punkten. Wer es schafft, für den Gastronomen Unmögliches möglich zu machen, sei es nun in puncto seltene Weine, unmögliche Lieferzeiten oder -wege, hat garantiert einen neuen Stammkunden gewonnen.

6 Sortimentsreife
Die Nachfrage der Gäste nach älteren Jahrgängen steigt. Wer also über eine ausreichende Menge mehrerer Jahrgänge ein- und desselben Weins verfügt, kann einen weiteren Wettbewerbsvorteil für sich verbuchen.

Sven OetzelZur Person

Sven Oetzel
Chefsommelier im Restaurant "LaVie"

Seit 2007 managt Sven Oetzel sämtliche Belange zum Thema Wein im 2-Sterne-Restaurant „LaVie“ in Osnabrück. Dass er seine Sache gut macht, bestätigte nicht zuletzt die Wahl zum „Sommelier des Jahres 2010“. www.restaurant-lavie.de

Angebot und Nachfrage – Ein Weinhändler darf nicht unbedingt nur verkaufen wollen.

Weinleidenschaft
Sven Oetzel empfiehlt seinen Gästen aus über tausend Positionen den passenden Wein zum avantgardistischen Gericht seines Chefs und 2-Sterne-Kochs Thomas Bühner. Dass hier Main-Stream-Weine nicht ausreichen, ist klar. Der Sommelier über die Grundpfeiler einer gelungenen Sommelier-Lieferanten-Beziehung.

ROLLING PIN: Was sind die Grundanforderungen, die Sie an Weinhändler stellen?
Sven Oetzel: Das mit Abstand Wichtigste ist, dass er versteht, was ich von ihm möchte. Leider gibt es noch Händler, die probieren alles zu verkaufen, ohne sich vorab bewusst zu machen, wo er ist und mit wem er spricht.

RP: Wie kann man das verstehen?
Oetzel: Eines der besten Beispiele lieferte mir ein Weinlieferant vor zwei Jahren. Er wollte mir einen Champagner verkaufen, der damals bei Verkostungen immer blendend abgeschnitten hatte. Schön und gut. Als er dann aber meinte, die Flasche koste im Einkauf 600 Euro und dass er sich doch perfekt hier im Lokal als offener Champagner machen würde, musste ich ihn wirklich fragen, wo er denn meine, dass er sei. Offen hätten wir den Champagner für 200 Euro das Glas verkaufen müssen. Das geht vielleicht in Weltstädten wie Paris oder New York, aber bestimmt nicht in Osnabrück.

RP: Das leuchtet ein. Aber wie stellt man sich am besten auf die Bedürfnisse der Gastronomen ein?
Oetzel: Durch wenige präzise Fragen kann man sich bereits ein perfektes Bild über den Bedarf und die Vorstellungen des Gastronomen machen. Wir machen das bei unserem Service am Gast nicht anders. Besonders wichtig ist es, genau zuzuhören, denn nicht jeder Gast möchte einen schweren, gereiften Wein um 200 Euro trinken.

RP: Was zeichnet also die Zusammenarbeit mit Ihren bestehenden Wein-Partnern aus?
Oetzel: Ein über lange Jahre entstandenes Vertrauensverhältnis. Oft habe ich wenig Zeit, um viele neue Weine zu probieren. Einigen meiner Weinhändler vertraue ich da blind. Sie kennen meinen Geschmack und ich weiß genau, das, was sie mir empfehlen, wird genau dem entsprechen, was ich mir von ihnen gewünscht habe. Es sind meist kleinere Händler, die sich auf Weingebiete spezialisiert haben, zu diesem aber über unschlagbares Expertenwissen verfügen.

RP: Wie viele dieser Weinpartner haben Sie?
Oetzel: Nur einige wenige. Insgesamt arbeite ich mit 10 bis 15 Weinhändlern zusammen. Je nachdem, welche Weinregion gerade gefragt ist. Für die Bestellung benötige ich pro Woche um die fünf Stunden Zeit. Eine gute Zusammenarbeit mit den Weinhändlern erleichtert hier schon einiges.

Werde jetzt Member.
100% kostenlos.

Als Member kannst Du alle unsere Artikel kostenlos lesen und noch vieles mehr.
Melde dich jetzt mit wenigen Klicks an.
  • Du erhältst uneingeschränkten Zugriff auf alle unsere Artikel.
  • Du kannst jede Ausgabe unseres einzigartigen Magazin als E-Paper lesen. Vollkommen kostenlos.
  • Du erhältst uneingeschränkten Zugriff auf alle unsere Videos und Masterclasses.
  • Du erhältst 50% Rabatt auf Rolling Pin.Convention Tickets.
  • Du erfährst vor allen Anderen die heißesten News aus der Gastronomie und Hotellerie.
  • Deine Rolling Pin-Membership ist vollkommen kostenlos.
Alle Vorteile
Login für bestehende Member

Top Arbeitgeber


KOSTENLOS MEMBER WERDEN
UND UNZÄHLIGE VORTEILE genießen

  • Insights aus der Gastro-Szene, ganz ohne Bullshit.
  • Personalisierte Jobvorschläge & die besten Jobs aus der ganzen Welt
  • Alle Online-Artikel lesen & Zugriff auf das Rolling Pin-Archiv
  • VIP-Einladungen zu ROLLING PIN-Events und vieles mehr…