Bries – Die Nummer 1 der Innereien
Fotos: Werner Krug, Peter C. Fischer, Wolfgang Hummer, Jasmin Merkl/www.fotostyle-studio.de
Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann ließ sich bei Anfrage von ROLLING PIN zum Thema Bries gleich zu drei Seiten handschriftlichen Notizen hinreißen.
Vielleicht, weil an dem Abend im Jahr 1979, als ihm als erster Koch in Deutschland drei Sterne des Guide Michelin verliehen wurden, auch eine Variation von Bries mit auf dem Menü stand. Nämlich als Gericht aus Kalbsbries mit Stachys, zu Deutsch Knollenziest. Vielleicht aber auch, weil er sich mit seinem Geniestreich „Kalbsbries Rumohr“ endgültig in die Riege der unvergesslichen, größten Köche des Globus katapultierte: Kalbsbries mit Gänseleber und Trüffel, eingehüllt in einen Mantel aus Parmaschinken und Lauch, gebacken im dünnen Strudelteig. Benannt nach dem deutschen Gastrosophen Carl Friedrich von Rumohr. Kreiert hatte Witzigmann den Klassiker 1976 für den Food-Journalisten Wolfram Siebeck. Ebenso wie Witzigmann selbst Fan dieser Spezialität.
Doch nicht nur Witzigmann und Siebeck gelten als große Freunde der gefragten Wachstumsdrüse…
Fotos: Werner Krug, Peter C. Fischer, Wolfgang Hummer, Jasmin Merkl/www.fotostyle-studio.de
Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann ließ sich bei Anfrage von ROLLING PIN zum Thema Bries gleich zu drei Seiten handschriftlichen Notizen hinreißen.
Vielleicht, weil an dem Abend im Jahr 1979, als ihm als erster Koch in Deutschland drei Sterne des Guide Michelin verliehen wurden, auch eine Variation von Bries mit auf dem Menü stand. Nämlich als Gericht aus Kalbsbries mit Stachys, zu Deutsch Knollenziest. Vielleicht aber auch, weil er sich mit seinem Geniestreich „Kalbsbries Rumohr“ endgültig in die Riege der unvergesslichen, größten Köche des Globus katapultierte: Kalbsbries mit Gänseleber und Trüffel, eingehüllt in einen Mantel aus Parmaschinken und Lauch, gebacken im dünnen Strudelteig. Benannt nach dem deutschen Gastrosophen Carl Friedrich von Rumohr. Kreiert hatte Witzigmann den Klassiker 1976 für den Food-Journalisten Wolfram Siebeck. Ebenso wie Witzigmann selbst Fan dieser Spezialität.
Doch nicht nur Witzigmann und Siebeck gelten als große Freunde der gefragten Wachstumsdrüse. Bei Köchen rund um den Erdball rennt man bei der Frage nach Kalbsbries offene Türen ein. Lucki Maurer, Züchter und Koch sowie Mitglied von Stefan Marquards Jolly Roger Cooking Gang: „Kalbsbries ist immer noch die Innerei Nummer eins. Es kommt sogar noch vor der Leber.“ Die Gründe dafür: Bries ist von ausgesprochen zarter Konsistenz, verfügt über einen unvergleichlichen milchigen Geschmack, ist extrem vielseitig und kommt dabei fast ausschließlich vom Kalb, was es zu etwas ausgesprochen Besonderem macht.
Dabei entstammt Bries ebenso wie weitere Teile vom Kalb streng genommen einem Nebenprodukt aus der Milchgewinnung. Denn damit eine Kuh kontinuierlich Milch gibt, sollte sie pro Jahr ein Kalb gebären. Die weiblichen Kälber werden wiederum zu Milchkühen herangezüchtet. Das Fleisch und die Innereien der männlichen Tiere gelangen als Produkte vom Kalb auf den Markt. „95 Prozent der im Handel erhältlichen Kalbsbriese, stammen von Milchrinderrassen“, bestätigt Maurer.
„Bries von Fleischrinderrassen ist kaum zu bekommen und würde im günstigsten Fall um die 60 bis 70 Euro pro Kilogramm kosten.“ Regulär erhältliches Kalbsbries geht hingegen ab etwa 22 Euro pro Kilogramm über den Tresen. „Als Züchter und Koch kann ich sagen, dass man da auch keinen großartigen Unterschied schmeckt“, so Maurer. Viel wichtiger sei, dass man genau wisse, woher das Bries stammt. Speziell in Zeiten, in denen Krankheiten wie BSE, Schweinepest und Co. Innereien generell in ein kulinarisch zweischneidiges Schwert verwandelt haben.
Daher bestellt Steve Karlsch, seit Anfang September 2012 Executive Chef des Grand Tirolia in Kitzbühel, sein Bries auch direkt aus der Umgebung. „Das Bries, das ich hier von meinem Metzger des Vertrauens bekomme, ist mit den besten Qualitäten zu vergleichen. Und von einer bombastischen Cremigkeit.“ Das Willkommensgeschenk des gebürtigen Berliners an die Tiroler Feinschmecker: „Kalbsbries mit Salbeicreme und Almdudler-Sauce“. „Den Almdudler haben wir natürlich schon ein wenig mit Ingwer, Zi-tronensaft und Gewürzen gepimpt. Serviert wird die Sauce aber direkt vor dem Gast aus der originalen Almdudler-Flasche.“
Auch Jörg Sackmann, Sternekoch und Patron des Hotels Sackmann in Baiersbronn, setzt mit Vorliebe auf die Qualität heimischen Kalbsbrieses. Nur sein Lammbries bekommt er aus dem angrenzenden Elsass: „Momentan bieten wir es in Verbindung mit confierter Lammlende und geschmorter Lammschulter an.“
Aufgrund seiner geringen Größe – Lammbries ist etwa so groß wie eine mittelgroße Pflaume – und seiner geringen Verfügbarkeit hält Lammbries allerdings sogar in der Haute Cuisine Exotenstatus. Ganz im Gegenteil zum Kalbsbries, das mit seinen etwa 300 Gramm ausreichend Stoff für bahnbrechende kulinarische Kreationen bietet.
Vorausgesetzt natürlich, man weiß mit der Innerei umzugehen. „Bries ist ebenso wie die Niere ein Organ, das filtert. Daher sind darin auch Purine, also Harnsäure enthalten und ein ordentliches Wässern darum unbedingt notwendig“, so Maurer. Klassischerweise wird das Kalbsbries heiß überbrüht, um es von Häutchen, Fett und feinen Blutäderchen zu befreien.
Essenziell ist es, das Bries danach für mindestens eine Stunde zu pressen – beispielsweise zwischen zwei Tellern. So wird das Zusammenziehen der Drüse verhindert. Dann kann man das vielseitige Bries kochen, dünsten und grillen.
Kulinarische Ideen können nahezu uneingeschränkt umgesetzt werden. Nicht umsonst ist Bries hinter und vor dem Herd unter Kennern heiß begehrt. Oder um es mit Carl Friedrich von Rumohrs Worten zu sagen: „Man ist, was man isst.“
Wieso sie Bries beim Rind lange suchen können und auch beim Kalb in Hirnnähe sicher nicht fündig werden. Alle Facts rund um die begehrte Drüse.
Wunderbar wandelbar
Nachdem Bries gewässert und von Äderchen befreit wurde, ist es von Braten über Grillen bis Dünsten auf jede erdenkliche Art verarbeitbar und kombinierbar. Nicht umsonst steht Bries auf Platz eins der Lieblingsprodukte der Köche.
Gewusst, wo
Aufgrund der an Hirn erinnernden Struktur meinen einige, dass Bries auch in der Nähe von selbigem angesiedelt ist. Tatsächlich befindet sich das Bries im vorderen Bereich der Brust. Das Gewebe ist etwa 250 bis 300 Gramm schwer und zählt aufgrund seiner Zartheit und seines feinen milchigen Geschmacks zu den am meisten geschätzten, aber auch teuersten Innereien. Das Kilogramm Kalbsbries kostet ab 22 Euro aufwärts.
Wenn Bries baden geht
Nachdem Bries ebenso wie andere Innereien einen verhältnismäßig hohen Anteil an Purinen, sprich Harnsäure enthält, muss es unbedingt ausreichend, also über mehrere Stunden gewässert werden. Ansonsten ist es weder gesundheitlich wertvoll noch geschmacklich ansprechend.
Wer hat, der hat
Das Bries, auch Thymus genannt, ist Teil des Immunsystems von Wirbeltieren. Auch Vögel und Menschen verfügen dementsprechend über einen Thymus während des Wachstums. Dieser liegt beim Menschen oberhalb des Herzens. Bei Vögeln ist er im Halsbereich angesiedelt. Bei ausgewachsenen Tieren ebenso wie beim Menschen bildet sich das zum Aufbau der Immunabwehr dienende Organ zurück. Kulinarisch genutzt wird vorwiegend das Bries vom Kalb. Vereinzelt auch das vom Lamm sowie vom Zicklein.
"Ich liebe Bries kross gebraten im Ganzen auf Spargel"
Eckhart Witzigmann