Percebes: Warum Entenmuscheln die tödlichste Delikatesse der Welt sind

Percebes-Boom: An den rauen Küsten Portugals, Spaniens und Frankreichs setzen waghalsige Fischer ihr Leben aufs Spiel, um die begehrte Delikatesse direkt von den Klippen zu ernten.
Feber 15, 2019 | Text: Georges Desrues | Fotos: Georges Desrues

Der Hype um die Entenmuscheln

Selbst für einen Wissenschaftler bergen die Tiere noch etliche Geheimnisse, sagt der Meeresbiologe João Castro, während er an der Küste vor der portugiesischen Stadt Sines mit einem Taschenmesser ein paar Entenmuscheln, die sie hier Percebes nennen, von einem Felsen löst. „Zum Beispiel haben wir keine Erklärung dafür, wieso sie an manchen Stellen eine höhere Qualität erreichen als an anderen“, so Castro, der die wunderlichen Tiere seit vielen Jahren erforscht.
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Percebes-Hunter Jorge Perreira riskiert an der Atlantikküste Portugals für die gehypten Entenmuscheln täglich Kopf und Kragen und bekommt dafür rund 250 Euro pro Kilogramm. 
„Den höchsten Preis erzielen sie, wenn sie einen eher kurzen und dicken Muskel aufweisen, jene mit einem dünnen und zu langen Muskel sind häufig voller Wasser und viel weniger wert.“ Percebes leben in der Meeresbrandung, um sich vom Plankton zu ernähren, das sie aus der Gischt filtern, sowie zum Schutz vor Feinden. Ihren schnabelartigen Panzer tragen sie am Ende eines länglichen Muskels, den eine ledrige Haut umhüllt und der ein wenig an einen Miniatur-Elefantenfuß erinnert.
„Es sind Zwitter, mit den kleinen Fangarmen unter dem Panzer holen sie das Plankton aus dem Wasser und durch den Muskel sind sie mit den Klippen verbunden“, sagt Castro. Und genau dieser Muskel ist es, der die Tiere zu einer begehrten Delikatesse macht, die man in Europa nur hier, in der Brandung des Atlantischen Ozeans an den Küsten Portugals, Spaniens und Frankreichs, findet. Während der Wissenschaftler spricht, ist auf einer winzigen und felsigen Insel draußen am Meer ein Mann zu erkennen, der mit einem Sack am Rücken ins Wasser springt und mit einem Bodyboard Richtung Ufer schwimmt.
„Mit Booten dürfen die Fischer nicht hinausfahren, weil sie dann zu viele der Tiere mitbringen könnten und ihren Bestand gefährden würden. Das Gewerbe ist ziemlich strikt reguliert, es gibt festgelegte Fangzeiten und maximale Mengen, die gefischt werden dürfen“, betont Castro, als der Mann immer näher kommt, schließlich an Land geht und Sack wie Board aus dem Wasser zieht.

Der Hype um die Entenmuscheln

Selbst für einen Wissenschaftler bergen die Tiere noch etliche Geheimnisse, sagt der Meeresbiologe João Castro, während er an der Küste vor der portugiesischen Stadt Sines mit einem Taschenmesser ein paar Entenmuscheln, die sie hier Percebes nennen, von einem Felsen löst. „Zum Beispiel haben wir keine Erklärung dafür, wieso sie an manchen Stellen eine höhere Qualität erreichen als an anderen“, so Castro, der die wunderlichen Tiere seit vielen Jahren erforscht.
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Percebes-Hunter Jorge Perreira riskiert an der Atlantikküste Portugals für die gehypten Entenmuscheln täglich Kopf und Kragen und bekommt dafür rund 250 Euro pro Kilogramm.
„Den höchsten Preis erzielen sie, wenn sie einen eher kurzen und dicken Muskel aufweisen, jene mit einem dünnen und zu langen Muskel sind häufig voller Wasser und viel weniger wert.“ Percebes leben in der Meeresbrandung, um sich vom Plankton zu ernähren, das sie aus der Gischt filtern, sowie zum Schutz vor Feinden. Ihren schnabelartigen Panzer tragen sie am Ende eines länglichen Muskels, den eine ledrige Haut umhüllt und der ein wenig an einen Miniatur-Elefantenfuß erinnert.
„Es sind Zwitter, mit den kleinen Fangarmen unter dem Panzer holen sie das Plankton aus dem Wasser und durch den Muskel sind sie mit den Klippen verbunden“, sagt Castro. Und genau dieser Muskel ist es, der die Tiere zu einer begehrten Delikatesse macht, die man in Europa nur hier, in der Brandung des Atlantischen Ozeans an den Küsten Portugals, Spaniens und Frankreichs, findet. Während der Wissenschaftler spricht, ist auf einer winzigen und felsigen Insel draußen am Meer ein Mann zu erkennen, der mit einem Sack am Rücken ins Wasser springt und mit einem Bodyboard Richtung Ufer schwimmt.
„Mit Booten dürfen die Fischer nicht hinausfahren, weil sie dann zu viele der Tiere mitbringen könnten und ihren Bestand gefährden würden. Das Gewerbe ist ziemlich strikt reguliert, es gibt festgelegte Fangzeiten und maximale Mengen, die gefischt werden dürfen“, betont Castro, als der Mann immer näher kommt, schließlich an Land geht und Sack wie Board aus dem Wasser zieht.

Der Preis ist heiß

Der Fischer Jorge Perreira ist ein durchtrainierter Mittdreißiger, den Neoprenanzug füllt sein athletischer Körper gut aus. An einem Gürtel trägt er sein wichtigstes Werkzeug, eine Art verlängerten Meißel, die sogenannte Arrelhada. Mit ihr kratzt er die Percebes von den Steinen. Seit etwa sieben Jahren fische er hier, erzählt Perreira; und ja: Das Fischen diene ihm auch als sportliche Betätigung. „Natürlich ist das Ganze nicht ungefährlich“, sagt er mit etwas Eitelkeit und öffnet den Netzsack, um seinen Fang zu präsentieren. „Man muss das Meer schon kennen und genau einschätzen, wann der richtige Moment ist, um in die Brandung hinabzusteigen.“ Unfälle kämen dennoch immer wieder vor, manchmal leichte, bisweilen schwerere und hin und wieder auch tödliche, fährt Perreira fort.
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Gefährlicher Fang, easy Rezept: Percebes werden nur wenige Minuten in Meerwasser gekocht, damit sie ihren Geschmack nicht verlieren. 
Auch er sei schon mehrmals von der Brandung erfasst worden, habe sich etliche Verletzungen zugezogen, nur bewusstlos wurde er dabei noch nie. Das Bewusstsein zu verlieren, ist die große Angst der Percebeiros, wie die Fischer genannt werden. Und die entscheidende Todesursache bei ihrer Arbeit. Wer bewusstlos ins Meer fällt, der läuft Gefahr zu ertrinken. Weswegen viele von ihnen in Zweiergruppen losziehen, um sich im Notfall gegenseitig aus dem Wasser zu ziehen. Manche verzichten aber darauf und fischen lieber alleine, auch, um ihre Fangplätze nicht freizugeben. Eine Redensart hier an der Küste sagt, dass man dem lieben Gott nicht den Rücken zuwenden darf, wenn man nach Luzifers Fingern fischt. Schlimm erging es etwa einem Fischer namens Chico Chapa, der einst während der Ausübung seines Berufs auf einer Insel verunglückte, die heute seinen Namen trägt.
Es gibt fest- gelegte Fangzeiten und maximale Mengen, die gefischt werden dürfen.
Um Überfischung zu verhindern ist der Fang streng reguliert
Etliche weitere der Inseln und Felsen vor der Stadt Sines seien nach Fischern benannt, die bei der Arbeit ums Leben kamen, erklärt der Meeresbiologe Castro. Dennoch gingen viele das Risiko weiterhin ein, weil die Meeresfrüchte einen hohen Preis erzielten. Noch verrückter nach der Delikatesse als die Portugiesen sind die Spanier, die sie sich vor allem zu den Feiertagen am Jahresende leisten. In Madrid, dem mit Abstand größten Umschlagplatz für Percebes, zahlte man vergangenen Dezember bis zu 250 Euro für ein Kilogramm der Meeresfrucht. Gelegen hat das an der damals außergewöhnlich rauen See vor der Küste.
Zudem war in diesem Jahr die Qualität nicht immer gegeben. „Auf Englisch heißen sie goose barnacles, und zwar weil Gänse Zugvögel sind, man sie folglich in Nordeuropa nie nisten sah und daher annahm, dass sie aus diesen Meerestieren schlüpften, deren gepanzerter Teil wie ein Gänseschnabel aussieht“, amüsiert sich Castro. Dass sie vermutlich aus ähnlichen Gründen auf Deutsch Entenmuscheln heißen, wusste er bisher nicht, findet es aber gleichsam amüsant. „Vor allem, weil sie aus biologischer Sicht keine Muscheln sind, sondern Krebse“, wie er betont.

Hart umkämpft

Je nach Jahreszeit darf ein professioneller Fischer maximal 10 bis 15 Kilogramm ernten. Nimmt er mehr als das, kann seine Lizenz stillgelegt oder ihm gar entzogen werden. Zurzeit gibt es in der Region um die Stadt Sines gerade einmal 80 Lizenzen, die sind sehr begehrt. Neue werden schon seit einigen Jahren nicht mehr vergeben. Immer wieder kommt es zu Konflikten mit privaten Fischern, die brauchen gleichfalls eine Lizenz und dürfen höchstens zwei Kilogramm fischen. Dennoch werden sie immer wieder von den Profis beschuldigt, weit mehr zu nehmen und ihren Fang unerlaubterweise auch zu verkaufen.
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Geschmack und Textur der Percebes erinnern an eine Mischung aus Shrimp, Krebs und Muschel. Entgegen ihrem Namen Entenmuscheln sind Percebes eigentlich Krebse.
Den höchsten Preis erzielen sie, wenn sie einen eher kurzen und dicken Muskel aufweisen.
Meeresbiologe João Castro über den Percebes-Markt
„In Nordspanien haben sie in den 1990er- Jahren neue Regeln aufgestellt, die den privaten Fang gänzlich verbieten“, fährt Castro fort, „das hat zu einigen Protesten geführt, aber inzwischen ist das System gut etabliert. Bei uns müsste sich die Politik zu solchen Entscheidungen erst durchringen, was auch deswegen schwer ist, weil viele Familien seit Generationen Percebes fischen und ein Verbot wohl nicht so einfach hinnehmen würden.“ Selbstverständlich wäre es angesichts der Beliebtheit der Krebse interessant, einen Weg zu finden, um sie zu züchten. Auch gebe es schon Versuche in diese Richtung, allerdings nur mit teilweisem Erfolg.
„Das Hauptproblem ist, dass sie mit anderen Lebewesen im Wettbewerb stehen um die Plätze an den Felsen“, erklärt Castro, „und gezüchtete Exemplare nicht kräftig genug sind, sich gegen Muscheln und Algen und sonstige Organismen durchzusetzen, die ihnen den Platz streitig machen wollen.“ Seinen Fang muss sich der Fischer Perreira erst genauer ansehen, die Krebse nach Größe sortieren, um zu wissen, wie viel er für ein Kilogramm bezahlt bekommen wird.

Aber an die 50 Euro sollten es schon werden, sagt er. Verkaufen darf er sie nur an Markthändler, nicht direkt an Privatkunden oder Restaurateure. Auch das ist eine Bestimmung, die dazu gedacht sei, Fischerei und Handel besser zu regulieren, wie der Marinebiologe Castro einwirft. Im Fischrestaurant Cais Da Estação in Sines werden die Meeresfrüchte auf denkbar einfache Art zubereitet, nämlich nur wenige Minuten im Meereswasser gekocht. Das ist auch gut so, denn unter Kennern gilt es als Verbrechen, ihren intensiven Geschmack nach Meer allzu sehr zu verfälschen.

Der Geschmack des Meeres

Um sie zu essen, muss man mit dem Fingernagel zwischen die Schale und den Ansatz der rauen Haut fahren und diese mit einer Drehbewegung abziehen. Darunter verbirgt sich der zarte orange-braune Muskel, der von Geschmack und Textur her an eine Mischung aus Shrimp, Krebs und Muschel erinnert. Vor allem aber, wie Liebhaber sagen, nach Brandung, Plankton, Gischt und Ozean schmeckt. Ein wahres Erlebnis also, das seinen Preis wert ist. Vor allem dann, wenn man bedenkt, dass Percebeiros wie Jorge Perreira ihre Gesundheit aufs Spiel setzen, um sie aus dem Meer zu holen.

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