Salziges süß: Muss da echt noch Salz rein?
Geschmack: Eine ungeklärte Frage
Wenn man als neugieriger Mensch versucht, herauszubekommen, wie das mit dem Salz und dem Verstärken von Geschmack wirklich ganz genau funktioniert, muss man sich auf eine herbe Enttäuschung gefasst machen. Das Internet verlässt sich auf die Aussage eines offenen Onlinelexikons und hat nichts Besseres zu bieten als einen schwammigen Satz – diesen findet man fast überall im ähnlichen Wortlaut – über die Löslichkeit von Gewürzen. Unbefriedigende Quintessenz: Salz ist ein Geschmacksverstärker, weil es den Geschmack verstärkt.
Der Grund dafür ist die Tatsache, dass man einfach wirklich nicht viel über die Biologie der Geschmackssinne, Doppelproteine, Synapsen, Polarisation und Neurotransmitter weiß – irgendwie versteht es die Wissenschaft nicht, warum wir süß oder salzig schmecken. Bis zur Zunge und zur Aufnahme in die Geschmacksknospen ist (fast) alles kristallklar, was dann zwischen Zunge und Gehirn passiert, ist hingegen ein trüber Sumpf an Vermutungen.
Es steht außer Frage, dass es für jede der fünf Geschmacksrichtungen – süß, sauer, salzig, bitter und umami – unterschiedliche Sensoren auf der Zunge gibt. Immerhin…
Geschmack: Eine ungeklärte Frage
Wenn man als neugieriger Mensch versucht, herauszubekommen, wie das mit dem Salz und dem Verstärken von Geschmack wirklich ganz genau funktioniert, muss man sich auf eine herbe Enttäuschung gefasst machen. Das Internet verlässt sich auf die Aussage eines offenen Online-lexikons und hat nichts Besseres zu bieten als einen schwammigen Satz – diesen findet man fast überall im ähnlichen Wortlaut – über die Löslichkeit von Gewürzen. Unbefriedigende Quintessenz: Salz ist ein Geschmacksverstärker, weil es den Geschmack verstärkt.
Biologie
Der Grund dafür ist die Tatsache, dass man einfach wirklich nicht viel über die Biologie der Geschmackssinne, Doppelproteine, Synapsen, Polarisation und Neurotransmitter weiß – irgendwie versteht es die Wissenschaft nicht, warum wir süß oder salzig schmecken. Bis zur Zunge und zur Aufnahme in die Geschmacksknospen ist (fast) alles kristallklar, was dann zwischen Zunge und Gehirn passiert, ist hingegen ein trüber Sumpf an Vermutungen. Es steht außer Frage, dass es für jede der fünf Geschmacksrichtungen – süß, sauer, salzig, bitter und umami – unterschiedliche Sensoren auf der Zunge gibt. Immerhin.
Eine Prise des weißen Goldes
Was jeder Koch in Bezug auf Salz und Zucker unterstreichen wird: Eine Prise verfeinert jedes Gericht, egal ob es nun eine scharfe Tomantensoße mit einer Prise Zucker oder ein Dessert mit einer Prise Salz ist. Was trotzdem bleibt, ist die Verteidigung herzhafter Gänge zu Beginn eines Menüs und süßer Speisen am Ende. René Frank, Pâtissier im 3-Sterne-Restaurant la vie in Osnabrück, steht voll und ganz hinter dem süßen Dessert: „Köche haben unzählige Gänge Zeit, Herzhaftes zu kreieren.
Dessert
Dann sollten wir dem süßen Dessert nicht auf Biegen und Brechen die Süße nehmen wollen.“ Grund dafür, dass es meistens im Restaurant ein süßes Ende gibt, ist zum einen, dass sich die Menschen innerhalb der Kultur an eine bestimmte Speisenabfolge – süß folgt auf herzhaft – gewöhnt haben.Zum anderen liegt es am Blutzuckerspiegel: Nach einer Speise steigt der Blutzucker an, Insulin – der Stoff, der den Zucker aus dem Blut in die Zellen transportiert – wird ausgeschüttet, der Blutzucker sinkt rapide ab und es folgt: der Heißhunger. Der süße Schluss eines Menüs befriedigt den Körper, da das rasante Auf und Ab des Blutzuckerspiegels reguliert wird. Ob kulturell oder ernährungsphysiologisch, das Dessert hat es verdient, süß zu sein.
Experimente
Trotzdem experimentieren immer mehr Pâtissiers und Köche im letzten Gang mit allen Geschmacksrichtungen. Da trifft dann schon einmal Gurke auf Vanille, Olive auf Kakao oder Salzkaramell auf Mandelmilcheis. Wieso sollte man sich auch einschränken lassen, wenn es doch auch in den vorherigen Gängen süße Komponenten auf den Teller geschafft haben? „Die Kombination von salzigen Zutaten und süßen Komponenten kann sehr spannend sein“, erklärt Frank.
Topping
„Meersalz wähle ich nur in wenigen Fällen. Es ist dann mehr ein Topping, weil es beispielsweise durch seine Farbe ein Hingucker ist. Gerne wähle ich Salze, die auf besondere Art verarbeitet wurden wie ein dänisches Räuchersalz. Das Dessert soll natürlich nicht nach Räucherschinken oder stark nach Salz schmecken, sondern nur einen leichten Hauch bekommen. Das Salz ist dann mehr Transportstoff für eine weitere Aromakomponente wie in einer Ganache.“
Abschmecken ist das Stichwort. Salz sollte als solches selten im Vordergrund stehen – salzige Zutaten schon eher –, wobei weiterhin der Fokus auf Früchten, Vanille oder Schokolade liegen darf. Und das, obwohl Salz sehr gut zum Herben der Vanille und zum Bitteren der Schokolade passt. Die Fermentation der Kakaobohne ruft bittere und saure Aromen hervor, die durch das Salz abgerundet und harmonisiert werden können.
Auch bei bitterem Kaffee hilft die Prise Salz zu einer genussvollen Tasse: Das bittere Kaffeeöl wird durch das Salz gebunden und die Aromen des Heißgetränks werden hervorgehoben. Allerdings ist auch hier wieder die Vorsicht die Mutter des Salzguts: immer sachte dosieren.
Salz in Suppe und Dessert?
Die Mineralstoffverbindung hat neben der ominösen geschmacksverstärkenden Wirkung auch andere Vorteile: als Konservierung, als Garhülle von Fisch und Fleisch, aber auch als Konsistenzhelfer. Eiweiß hält es bekannterweise bei der steifen Stange, da sich die Salzionen um die Eiproteine legen und sie dabei unterstützen, sich weniger abzustoßen. So entsteht schneller der steife Schnee. Auf die Wahl des richtigen Salzes kommt es besonders in der Pâtisserie an: Je nach Einsatzort muss es schnell löslich sein, darf keine Rieselhilfen wie Kalk enthalten oder darf mit einer besonderen Farbe glänzen.
Farben
Die Farben lassen sich auf Mineralstoffe zurückführen. Himalaya-Salz beispielsweise enthält Eisenionen, die für die leicht rosa Farbe sorgen. Das Ernten von Fleur de Sel ist eine besondere Herangehensweise, weshalb es oft als das beste Salz gehandelt wird: Durch die Sonneneinstrahlung verändert sich die Dichte des Meerwassers. Daher bildet sich auf der Oberfläche eine feine Salzschicht, die nach vorsichtiger Abtragung als feines Fleur de Sel erhältlich ist. Es hat keine anderen Inhaltsstoffe als das im Wasser enthaltene Meersalz und überzeugt doch mit seinen kleinen und zarten Kristallen.
Zartheit
Diese Zartheit ist es wohl auch, warum es so schwerfällt, sich vom Salz zu trennen. Dazu kommt, dass sich der menschliche Körper bei salzigen und süßen Speisen sowie bei der Geschmacksrichtung umami auf mehr einstellt: Umami bringt lebenswichtige Aminosäuren, die in jeder Zelle des Körpers benötigt werden; Salz liefert Natrium, das ebenfalls für jegliche Bausteine genutzt wird; Zu guter Letzt versorgen süße Speisen den Körper mit Energie. Kein Wunder, dass die Zunge nach mehr verlangt. Und wenn sie dann auch noch eine abgerundete süße Sache mit leicht salziger Komponente haben kann, freuen sich Geist und Körper gleichermaßen.