Süße Restflüssigkeit

Molke: das Abfallprodukt als Joker der Pâtisserie.
November 13, 2015

Molke-das Abfallprodukt als Joker der Patisserie

Pfeif´drauf, lass die Sonne rein und schenk dir ein Latella ein.“ – So der Slogan des bekannten österreichischen Molkedrinks. Aber Molke als gefragte Zutat in der Pâtisserie? Danach hat noch kein Hahn gekräht, geschweige denn ein Koch gepfiffen. Und wenn, dann nicht besonders laut. Denn Molke fristet immer noch ein gelb-grünliches Mauerblümchen-Dasein als Zutat in der Gastronomie. Oder noch schlimmer: als Abfallprodukt aus der Käseherstellung. Dabei verfügt die milchige Flüssigkeit über einen Anteil an wichtigen Nähr- und Mineralstoffen sowie an Vitaminen, von denen andere Lebensmittel nur träumen können. Und schmecken tut sie auch noch.

Aber auch Andy Vorbusch, Besitzer der Pâtisserie & Kaffeerösterei Sööt in Düsseldorf, bestätigt: „Ich kannte Molke lange Zeit nur als Fasten- und Entschlackungsdrink für Figurbewusste.“ Es hätte Vorbusch aber schon zu seiner Zeit als Chef-Pâtissier des 3-Sterne-Restaurants Vendôme in Bergisch-Gladbach gestört, dass sie immer wieder Molke entsorgen mussten. „Schließlich ist das Wasser, das beim Trockenlegen von Topfen und Co. entzogen wird, auch nichts anderes als Molke. Lange Zeit haben wir sie entsorgt, bis wir begonnen haben, damit zu experimentieren“, so der Pâtissier.

Aromatisches Molke-Einmaleins
Mit erstaunlichen Ergebnissen, wie sich schnell herausstellen sollte…

Molke-das Abfallprodukt als Joker der Patisserie.

Pfeif´drauf, lass die Sonne rein und schenk dir ein Latella ein.“ – So der Slogan des bekannten österreichischen Molkedrinks. Aber Molke als gefragte Zutat in der Pâtisserie? Danach hat noch kein Hahn gekräht, geschweige denn ein Koch gepfiffen. Und wenn, dann nicht besonders laut. Denn Molke fristet immer noch ein gelb-grünliches Mauerblümchen-Dasein als Zutat in der Gastronomie. Oder noch schlimmer: als Abfallprodukt aus der Käseherstellung. Dabei verfügt die milchige Flüssigkeit über einen Anteil an wichtigen Nähr- und Mineralstoffen sowie an Vitaminen, von denen andere Lebensmittel nur träumen können. Und schmecken tut sie auch noch.

Aber auch Andy Vorbusch, Besitzer der Pâtisserie & Kaffeerösterei Sööt in Düsseldorf, bestätigt: „Ich kannte Molke lange Zeit nur als Fasten- und Entschlackungsdrink für Figurbewusste.“ Es hätte Vorbusch aber schon zu seiner Zeit als Chef-Pâtissier des 3-Sterne-Restaurants Vendôme in Bergisch-Gladbach gestört, dass sie immer wieder Molke entsorgen mussten. „Schließlich ist das Wasser, das beim Trockenlegen von Topfen und Co. entzogen wird, auch nichts anderes als Molke. Lange Zeit haben wir sie entsorgt, bis wir begonnen haben, damit zu experimentieren“, so der Pâtissier.

Aromatisches Molke-Einmaleins
Mit erstaunlichen Ergebnissen, wie sich schnell herausstellen sollte. Vorbusch: „Die Joghurtmolke hat eine unglaubliche Säure und bringt eine spannende Frischekomponente in Desserts ein.“ Kefir-Molke wiederum zeichne sich durch ihre feine Salzigkeit sowie durch die leicht sandige Konsistenz aus, so der Top-Pâtissier. „Das macht das Ganze in der Textur extrem spannend.“ Im Gericht umgesetzt, präsentiert Vorbusch die Kefir-Molke dann beispielsweise in Kombination mit confierter Buddha-Hand. „Der intensive Zitrusgeschmack der Buddha-Hand harmoniert perfekt mit der grieseligen Textur sowie der Salzigkeit der Kefir-Molke.“ Zum Glück gibt es also Leute wie Vorbusch, die sich auch in noch so eingefahrenen Pfaden die Frage nach dem „Warum“ stellen. Und ihr Wissen mit Kollegen teilen. So geschehen bei einem Pâtissierswettbewerb, bei dem der 38-Jährige in der Jury saß. Vorbusch aber, ebenso wie seine Kollegen René Frank aus dem mit drei Michelin-Sternen dekorierten Restaurant la vie in Osnabrück sowie Matthias Ludwigs, Betreiber der Konditorei Törtchen Törtchen in Köln, wollten zeigen, wie man die Grenzen der Kreativität in der Welt von Zuckerguss und Co. ausreizt.

Für Vorbusch der ideale Anlass, um die Molke der Vergessenheit zu entreißen. Und zwar, indem er – dazu noch klassisch mit Stärke gebunden – einen Molkepudding prompt mit einer gestockten Milchcreme sowie mit Weizengrassprossen, Dill, Süßdolde, einem weißen Johannisbeersorbet und einem Laktosecracker kombinierte. „Molke ist ein sehr komplexes Grundprodukt, das Desserts dementsprechend aufwerten kann. Wenn ich nur zwei Personen bei dem Wettbewerb erreichen konnte, dann hat es sich für mich schon ausgezahlt“, so der Dessert-Innovator.
Aber wie kann es überhaupt sein, dass ein Produkt mit einer derart ausgeprägten Pro-Seite, von Geschmack über Komplexität, Variantenreichtum und Einsatzbereiche bis hin zu den Inhaltsstoffen, in der Pâtisserie nicht schon lange so etabliert ist wie Milch selbst? Schon überhaupt wenn es dem aktuellen Trend der bewussten Ernährung gerade so wunderbar in die Hände spielt. Ingo Metzler, Sprössling einer alteingesessenen Bergbauernfamilie im Bregenzer Wald und heute Geschäftsführer von Metzler: Käse-Molke in Vorarlberg, erklärt sich dieses Phänomen folgendermaßen: „Zu Zeiten meines Großvaters war Molke noch eines der begehrtesten Milchprodukte überhaupt. Jedes Haus hatte seine eigenen Kühe. Kein Tropfen Molke blieb unverwendet. Seit die Milch- und Käseproduktion zum Großteil aber zentralisiert abläuft, gelangt die Molke gleich gar nicht auf den Markt.“

Zum Glück ist das bei Familie Metzler anders: Denn hier hat man sich auf Molke spezialisiert. Von der Kuh bis zur Ziege. Vom Getränk bis hin zur Anti-Falten-Creme. Metzler: „Wie so oft im Leben spielen viele Zufälle eine Rolle. In meinem Fall begann es damit, dass ich zu meinem zehnten Geburtstag von meinem Onkel eine Ziege geschenkt bekommen habe.“ Einige Jahre, einen professionellen Sennenbau sowie den Zukauf von einigen Hektar Land später erscheint es fast nicht mehr zufällig, dass der Name Metzler mit M wie Molke beginnt. „Viele Gastronomen und Hoteliers bestellen frische Molke bei uns“, so Metzler. In der Pâtisserie werde insbesondere die regionale Spezialität Sig immer beliebter. Gewonnen aus Molke, die auf 82 Grad Celsius erhitzt wird, in die Zitronensaft geträufelt wird. Metzler: „Das Eiweiß flockt aus – in Italien kennt man dieses Eiweiß auch als Ricotta. Die Flüssigkeit, die dann noch übrig bleibt, wird einreduziert, bis sie cremig in der Konsistenz und von brauner Farbe ist. Man kennt Sig auch als Wälderschokolade.“ Damit aber nicht genug: Der nahe liegende Bäcker Josef Künz bäckt beispielsweise seine Brötchen mit Metzlers Molke. Und die Brauerei Egg hat sich überhaupt eines alten Braurezepts mit Molke besonnen. „Wälder Senn“ heißt das Molkebier, das mit 2,5 Prozent laut Braumeister „schwach im Alkohol, aber stark in Mineralien“ ist.
Unterstellen kann man ihr also viel, der Molke. Außer einen Mangel an Einsatzbereichen. Vielleicht ist es also gar keine so schlechte Idee, beim nächsten Mal, wenn die milchige Flüssigkeit durch das Stofftuch tropft, darunter einen Behälter aufzustellen.

Leckerschmecker Bakterien
Wohlfühl-Drink Molke: Nicht nur, dass sich das milchige Getränk positiv auf den Stoffwechsel des menschlichen Körpers auswirkt. Auch Bakterien fühlen sich in Molke pudelwohl. Aber keine Angst, denn das ist gut so. Und gewollt. Denn genau darüber freut sich unsere Darmflora. Schließlich verbessern der enthaltene Milchzucker sowie die Milchsäure auch die Lebensbedingungen nützlicher Bakterien. Darüber hinaus enthält Molke eine Menge an Nährsalzen sowie Vitaminen und Nährstoffen. Nur Fett ist nahezu keines mit von der Partie. Das bleibt im Käse. Nicht umsonst ist Molke daher schon lange fester Bestandteil im Ernährungsplan gesundheitsbewusster Damen und Herren.
Schmeiss die Molke nicht weg
Das ist doch alles Käse? Eben nicht. Sondern zu 90 Prozent Molke, und nur zu 10 Prozent Käse – so verhält sich nämlich der Output aus einem Liter Milch bei der Käseherstellung. Molke ist dabei die gelb-grünliche Flüssigkeit, die entsteht, wenn durch Zugabe von Laab oder Säurebakterien das Kasein der Milch ausfällt und Käsebruch entsteht. Dieser wird in Folge zu Käse weiterverarbeitet. Und die Molke? In den meisten Fällen entsorgt. Dabei war sie noch vor einigen Jahrzehnten eines der meistgeschätzten Milchprodukte. Kein Wunder, sieht man sich die gesunden Inhaltsstoffe und deren Wirkung auf den menschlichen Körper an. Die Zentralisierung der Milchproduktion hat allerdings bewirkt, dass es Molke in den meisten Fällen gar nicht mehr bis zum Kunden schafft. Was nicht heißt, dass Molke deshalb aufgehört hat, in Geschmack und Inhaltsstoffen die
Ernährungstabelle zu rocken.

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©Patissier des Jahres / Marcus Scheuermann

Die Ahnen ahnten es
Der Geheimtipp von Molke als geschmacklicher sowie gesundheitlicher Joker ist so alt wie Kleopatra selbst. Die ja selbst schon in Milch und Molke badete. Tatsächlich setzte bereits der griechische Urarzt Hippokrates die Molke als Heilmittel gegen Stoffwechsel- und Lebererkrankungen ein. Römer waren dank Molke weitgehend rheuma- und gichtfrei. Im 20. Jahrhundert wurde die Ahnen-Ahnung der gesundheitsfördernden Wirkung von Molke dann auch wissenschaftlich bestätigt. Und so spielt Molke über das Argument der seltenen Verwendung in der Pâtisserie hinaus auch dem Trend der bewussteren Ernährung wunderbar in die Hände.

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Der Geheimtipp von Molke als geschmacklicher sowie gesundheitlicher Joker ist so alt wie Kleopatra selbst. Die ja selbst schon in Milch und Molke badete. Tatsächlich setzte bereits der griechische Urarzt Hippokrates die Molke als Heilmittel gegen Stoffwechsel- und Lebererkrankungen ein. Römer waren dank Molke weitgehend rheuma- und gichtfrei. Im 20. Jahrhundert wurde die Ahnen-Ahnung der gesundheitsfördernden Wirkung von Molke dann auch wissenschaftlich bestätigt. Und so spielt Molke über das Argument der seltenen Verwendung in der Pâtisserie hinaus auch dem Trend der bewussteren Ernährung wunderbar in die Hände.

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