CHEFFING: Steuern Sie Ihren Boss
Fotos: Shutterstock, Werner Krug
Führen ist Chefsache? Von wegen! Auch von „unten“ soll man den Chef im Griff haben können und im besten Fall merkt dieser nicht einmal etwas davon. Sondern ist genauso zufrieden wie der schlaue Mitarbeiter, der den Spieß umdreht und den Boss „führt“ – obwohl dies in der Businesswelt (noch) als unüblich gilt.
Für Führungskräfte zählen Seminare und Trainings zum Alltag. Den Führungsqualitäten von Mitarbeitern wurde bislang jedoch wenig Beachtung geschenkt. Und das, obwohl dadurch das betriebliche Miteinander für alle Beteiligten verbessert wird. Im Gegensatz zu Verhaltensweisen wie „Mobbing“ oder „Bossing“ liegt dem „Cheffing“ ein durchaus menschenfreundlicher Gedanke zugrunde: Als Mitarbeiter im Büro Regie führen, den Chef steuern und zugleich an einer konstruktiven Arbeitsbeziehung arbeiten – „Cheffing“ macht‘s möglich.
Einer der ersten Schritte auf dem Weg zum führungskompetenten Mitarbeiter lautet…
Fotos: Shutterstock, Werner Krug
Führen ist Chefsache? Von wegen! Auch von „unten“ soll man den Chef im Griff haben können und im besten Fall merkt dieser nicht einmal etwas davon. Sondern ist genauso zufrieden wie der schlaue Mitarbeiter, der den Spieß umdreht und den Boss „führt“ – obwohl dies in der Businesswelt (noch) als unüblich gilt.
Für Führungskräfte zählen Seminare und Trainings zum Alltag. Den Führungsqualitäten von Mitarbeitern wurde bislang jedoch wenig Beachtung geschenkt. Und das, obwohl dadurch das betriebliche Miteinander für alle Beteiligten verbessert wird. Im Gegensatz zu Verhaltensweisen wie „Mobbing“ oder „Bossing“ liegt dem „Cheffing“ ein durchaus menschenfreundlicher Gedanke zugrunde: Als Mitarbeiter im Büro Regie führen, den Chef steuern und zugleich an einer konstruktiven Arbeitsbeziehung arbeiten – „Cheffing“ macht‘s möglich.
Einer der ersten Schritte auf dem Weg zum führungskompetenten Mitarbeiter lautet: Wer sich vor dem Boss fürchtet, hat schon verloren. Bringt man dem Vorgesetzten Wertschätzung entgegen, so erlangt man gleichermaßen Respekt von seiner Seite. „Es funktioniert wie in jeder zwischenmenschlichen Beziehung“, erklärt Jürgen Spincke vom Institut für berufliche Aus- und Fortbildung, der seit Jahren Seminare für Führungskräfte und Mitarbeiter leitet. Dabei sollte man dem Boss jedoch nicht signalisieren, dass man seine Alpha-Rolle anzweifelt, sondern ihm mit einer offenen, loyalen und freundlichen Art gegenübertreten.
Wohlgemerkt: Chef ist nicht gleich Chef, die Charaktere sind mannigfaltig: Vom Kontrollfreak über den antiautoritären Führungstypus bis hin zum Choleriker ist hinter dem Chefsessel so gut wie alles anzutreffen. Der Mitarbeiter tut gut daran, sein Oberhaupt zu analysieren: Was für ein Mensch ist das, was sind seine Stärken und Schwachpunkte, seine Führungsprinzipien? Dieses Wissen verleiht Macht. Ein Beispiel: Zählt der Chef zum Typ „Choleriker“ und holt gerne den verbalen Knüppel heraus, verlassen Sie beim nächsten Mal mit dem Kommentar „Entschuldigung, das wird mir zu viel“ den Raum. So wird er gezwungen, nachzudenken. Kein Mitarbeiter muss sich alles gefallen lassen und immer „Ja und Amen“ sagen.
„Ein guter Manager stellt Mitarbeiter ein, die keine Ja-Sager sind und eine eigene Meinung haben. Solche Leute können einen Chef zum Umdenken bringen. Es liegt an der Führungskraft, auch andere Meinungen zuzulassen“, bestätigt auch Axel Ludwig, General Manager des „Vier Jahreszeiten Kempinski“ in München. Verhält man sich dem Boss gegenüber respektvoll, kommt selbiges als Echo zurück. Selbst dem dominantesten Chef können Grenzen gesetzt werden, etwa wenn man mit Arbeitsbergen überhäuft wird, die nicht zu bewältigen sind. Man darf ruhig direkt sein: „Das alles kann ich nicht leisten. Welche der Aufgaben haben Priorität?“
Als strategisch wirksam hat sich außerdem erwiesen, dem Chef regelmäßiges Feedback zu geben, wie man es normalerweise nur in umgekehrter Reihenfolge erfährt – nämlich vom Boss zum Mitarbeiter. Zu sagen „Ich finde es gut, wie Sie mir neue Vorgehensweisen erklären“, hilft ihm dabei, sich selbst besser einschätzen zu können.
Wer außerdem lernt, offen um Unterstützung zu bitten, wird davon profitieren. Die Fähigkeit zu bitten stärkt den Einfluss eines Mitarbeiters enorm. Laut Führungsexperten führt das in über 90 Prozent der Fälle zum Erfolg, da Vorgesetzte gerne um etwas gebeten werden und auch bereitwillig auf die Bitte eingehen.
Als Mitarbeiter unterschätzt man oft sein Einflusspotential.
Institut für berufliche Aus- und Fortbildung (IBAF)
Der Industriekaufmann und Diplom-Theologe leitet seit 1993 das Qualifizierungszentrum für Führung und Management, führt die „Coachingakademie Nord“ in Hamburg und ist als Seminartrainer tätig.
www.ibaf.de,info@ibaf.de
Einstellungssache
Jürgen Spincke trainiert Führungskräfte und lehrt Mitarbeiter, wie sie mittels „Cheffing“ aktiv Einfluss auf ihren Vorgesetzten nehmen können. Das Ergebnis: Eine Win-Win-Situation.
ROLLING PIN: Wie geht man als Mitarbeiter vor, wenn man mit „Cheffing“ starten möchte?
Jürgen Spincke: Erstmal sollte man beobachten, wie der Chef genau funktioniert: Was sind seine Stärken und Schwächen als Mensch? Es geht um ein konsequentes Beobachten der Führungskraft – agiert der Boss wertschätzend, ist er cholerisch, kontrollierend oder lässt er einem eher viele Freiräume? Es ist enorm wichtig, als Mitarbeiter die persönliche Beziehungs- und Konfliktkompetenz zu trainieren, das nützt in allen Lebenslagen.
ROLLING PIN: Und wenn man Angst vor dem Boss hat?
Spincke: So, wie viele Mitarbeiter Angst vor ihren Chefs haben, haben auch viele Führungskräfte Angst vor ihren Mitarbeitern und gehen dadurch in extreme Machtpositionen, um sich zu schützen. Wenn ein Vorgesetzter sehr kontrollierend ist, muss man sich klar machen, dass er viel Sicherheit braucht. Als Mitarbeiter muss ich mir jedoch bewusst werden, dass ich mich abgrenzen oder wehren kann. Man darf sich nur nicht in eine zementierte Ohnmacht hineindenken.
ROLLING PIN: Das bedeutet, man sollte als Mitarbeiter primär an seiner Einstellung arbeiten?
Spincke: Genau. Die meisten Mitarbeiter unterschätzen ihre Handlungsspielräume komplett und gehen davon aus, dass nur der Chef „führt“. Führen ist aber keine Einbahnstraße von oben nach unten. Wenn ich mir die Frage stelle „Wie kann ich mich selbst im Umgang mit meinem Chef führen?“ und mir bewusst mache, dass da viel Eigenverantwortung dahintersteckt, dann ergibt sich vieles ganz von selbst. Die Beziehung zum Chef ist einer der häufigsten Kündigungsgründe, das müsste nicht so sein.
ROLLING PIN: Wie verschafft man sich Respekt bei seinem Boss?
Spincke: Indem man sich selbst gegenüber eine wertschätzende Grundhaltung hat und diese auch dem Vorgesetzten gegenüber anbringt – das funktioniert immer.
ROLLING PIN: Was tun, wenn man vom Chef mit Aufgaben überhäuft wird und man befürchtet, nicht alles erledigen zu können?
Spincke: Dann kann man das ansprechen, fragen, was primär erledigt gehört und danach gemeinsam eine Strategie entwickeln.
ROLLING PIN: Führungsseminare für Chefs sind bereits Standard. Warum sollten auch Mitarbeiter sich Führungskompetenz aneignen?
Spincke: Leider ist Professionalisierung im Umgang mit Vorgesetzten noch immer ein sehr unterbelichtetes Thema. Wenn Mitarbeiter jedoch lernen würden, mehr Eigenverantwortung gegenüber dem Chef zu übernehmen, Grenzen zu setzen oder ihm zum Beispiel auch einmal Feedback zu geben, dann kommt am Ende eine Win-Win-Situation für beide Seiten zum Vorschein.