Corona-Virus: So geht es Gastro-Mitarbeitern in Quarantäne
Quarantäne? Teambuilding!
„Liebe Gäste,
die Corona-Krise bremst im Moment die ganze Welt. Auch wir mussten unsere diesjährige Karibik-Saison vorzeitig beenden.“
So beginnt die Ankündigung auf der Homepage des Luxuskreuzfahrtsegelschiffunternehmens Sea Cloud. Wie diese Karibik-Saison vorzeitig enden musste, hat einer der dortigen Mitarbeiter nicht nur hautnah miterlebt, sondern uns nun auch exklusiv erzählt.
Dabei wird klar: Quarantäne-Zeit muss nicht apathisch und däumchendrehend ausgesessen werden. Vielmehr können Arbeitnehmer und -Geber sie auch in jeglicher Hinsicht positiv nutzen. Denn wie der Mitarbeiter, der sicherheitshalber anonym bleiben will, beweist, war die Corona-Quarantäne-Woche nicht nur eine Herausforderung, an der alle 60 Mitarbeiter an Bord enorm gewachsen sind, sondern gleichzeitig eine Teambuilding-Maßnahme, an der das Team so eng zusammengewachsen ist wie noch nie.
Das Interview im Wortlaut
Kannst du uns erzählen, wie alles rund um die Corona-Quarantäne begonnen hat?
Mitarbeiter: Wir sind im Dezember das allererste Mal vorgewarnt worden in Bezug auf den Corona-Virus. Wir haben das damals ehrlich gesagt alle ziemlich belächelt. Denn Quarantäne ist am Schiff natürlich nochmal ein viel härteres Thema als am Land. Wenn bei uns im Hotel Department jemand die Grippe hat, dann ist er vom ersten Tag an gleich komplett isoliert. Das heißt, wir haben das alles überhaupt nicht ernst genommen. Jetzt, wo das Ganze komplett eskaliert, waren für uns dann natürlich radikale Maßnahmen notwendig.
Die letzte Woche ohne Gäste war für die Crew ein absolutes Highlight. Weil wir das ganze Schiff für uns gehabt haben, insbesondere die Bereiche, die eigentlich den Gästen vorbehalten sind.
Die Corona-Quarantäne mitten auf der Karibik ließ eine 60-köpfige Crew so eng zusammenwachsen wie noch nie
Wie kann man sich das vorstellen?
Mitarbeiter: Wir mussten so schnell wie möglich alle Gäste evakuieren, das bedeutet, wir waren jetzt eine Woche ohne Gäste am Schiff. Niemand hat gewusst, was jetzt jeden Tag auf uns zukommt. Bleiben wir jetzt ein ganzes weiteres Monat auf dem Schiff? Machen wir das Backcrossing von der Karibik zurück nach Europa, damit wir nicht Ende April, Anfang Mai in die Hurricane-Season kommen? Irgendwann bekamen wir von einem Tag auf den anderen den Auftrag, so schnell wie möglich abzureisen. Das heißt, wir sind jetzt gerade alle am Flughafen in Barbados. Jeder von uns wird nach Hause geflogen.
Und jeder hat irgendwie gewusst: Solange wir am Schiff sind, kann uns nichts passieren! Weil wir nur die Leute hineinlassen, die wir wollen – in einer solchen Krisensituation bedeutete das also: Niemanden!
Auch in der Karibik-Quarantäne hält man sich an gewisse Regeln – damit weiter ordentlich gefeiert werden kann
Wie ist die letzte Woche in Quarantäne genau verlaufen?
Mitarbeiter: Die letzte Woche ohne Gäste war für die Crew ein absolutes Highlight. Weil wir das ganze Schiff für uns gehabt haben, insbesondere die Bereiche, die eigentlich den Gästen vorbehalten sind. Von der Stimmung her muss ich sagen: Es war einfach ein Traum! Wir haben da in einer Blase gelebt, fernab von der realen Welt. Und jeder hat irgendwie gewusst: Solange wir am Schiff sind, kann uns nichts passieren! Weil wir nur die Leute hineinlassen, die wir wollen – in einer solchen Krisensituation bedeutete das also: Niemanden! Wir haben fleißig gefeiert, das Team ist noch enger zusammengewachsen, was ja am Schiff ansonsten sowieso von Natur aus gegeben ist. An dieser Übung sind wir also alle gemeinsam enorm gewachsen.
Wie geht es jetzt weiter?
Mitarbeiter: Jetzt ist natürlich so, dass den meisten unter uns die Trauer ins Gesicht geschrieben ist. Weil wir jetzt zum ersten Mal wieder seit langer Zeit mit der Realität konfrontiert sind. Damit, wie es da draußen wirklich abgeht, mit all den Leuten mit Atemschutz, Handschuhen und so fort. Logischerweise berührt sich jetzt auch keiner, um sich zu verabschieden. Alle fünf Minuten wird desinfiziert. Für viele Leute – wir sind ja da nicht nur Österreicher –, ist es gar nicht mal so einfach, nach Hause zu kommen, vor allem für die philippinische Crew. Auf den Philippinen gibt es ja Lockdowns, die eine Heimreise enorm erschweren. Die meisten müssen dann nochmal 14 Tage in Quarantäne. Dass die nicht so lustig wird wie die am Schiff, versteht sich von selbst.
Hier geht’s zu unserem anderen Corona-Quarantäne-Interview.
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