Star-Gastronomen aus Spanien zur Corona-Krise: „Zukunft unseres Restaurants ungewiss“
In Zeiten der Corona-Krise hat beinahe die ganze Welt mit denselben Problemen zu kämpfen. Nur: Für diese Katastrophe sind einige Staaten besser gewappnet als andere. Und manchen sitzt die Zeit schmerzlicher im Nacken, als man es jemals für möglich gehalten hätte. Spanien zählt zu diesen Krisenherden. Es ist ein Land, das ohnehin hohe Arbeitslosigkeit verzeichnet und dessen Gesundheitssystem seit Jahren unter Einsparungen leidet.
Ganz Spanien unter Ausgangssperre
Und nun ist es das Land, das bald zum neuen Epizentrum des Corona-Virus erklärt werden könnte, am schlimmsten trifft es die Hauptstadt Madrid. Die Zahl der Toten und Infizierten steigt dort noch schneller an als in Italien. „Wer über 75 ist, hat keine Chance, auf die Intensivstation zu kommen“, sagte unlängst eine Krankenschwester gegenüber der deutschen Zeitung Die Welt. Spanien hat deswegen die Notbremse gezogen: Ausgangssperren gelten vorerst bis zum 11. April, Geschäfte und Lokale bleiben wie in Österreich geschlossen. Auch Sport und Spaziergänge sind untersagt. Was macht das mit Menschen vor Ort?
Vom Restaurantbetrieb in die Quarantäne
Wir haben bei Jaime Lieberman und Jon Giraldo nachgefragt, den Shootingstars der spanischen Gastro-Szene. Erst im Jahr 2017 haben sie Gourmets aus der ganzen Welt mit ihren außergewöhnlichen Ideen im Sturm erobert – und zwar aus ihrem Wohnzimmer in Barcelona heraus. Dort entstand ihr erstes Restaurant, das Spoonik, das nun Quarantäne-Zone ist. Und auch das Ovnew, ihr jüngstes Projekt, und das Street-Food-Lokal Anormal haben nun geschlossen.
Für die Gastronomie bedeutet die Krise das vorübergehende Aus. Wie es weitergeht, weiß in Spanien niemand. Ein Hilfspaket über 200 Milliarden Euro hat die Regierung geschürt, um die Wirtschaft zu retten. Das entspricht einem Fünftel der Wirtschaftskraft des Landes. Was davon wann und wo ankommt, bleibt wie in vielen anderen Ländern bislang unklar.
Weil auch Lateinamerika stark unter der Krise leidet, versuchen Lieberman und Giraldo nun, zudem in ihren Heimatländern – Mexiko und Kolumbien – zu helfen.
Jon Giraldo und Jaime Lieberman im Interview
Wie geht es euch gerade?
Jaime Lieberman: Sowohl Jon und mir als auch unserem Umfeld geht es gut, wir sind in völliger Quarantäne und optimistisch.
Wie ist die Situation in Spanien derzeit?
Lieberman: Spanien hat eine hohe Zahl von Infektionen und Todesfällen, was es den Menschen schwer macht, optimistisch zu bleiben. Und die Regierung, wie alle anderen Regierungen der Welt, entwickelt ständig neue Maßnahmen, um die Auswirkungen dieser Pandemie zu kontrollieren.
Wann musstet ihr eure Restaurants schließen?
Lieberman: Wir haben schon einige Tage vor der offiziellen Anordnung freiwillig unser Restaurant geschlossen.
Habt ihr die Krise schon vor der Schließung gespürt?
Lieberman: Ja, die Verkäufe waren in der Woche vor der Schließung um 50 Prozent zurückgegangen.
Was wird passiert jetzt mit euren Restaurants?
Lieberman: Wir arbeiten an einem sicheren Weg, um einen Lieferservice von unserem Street-Food-Lokal anzubieten. Die Zukunft unseres Haute Cuisine Restaurants ist leider ungewiss …
Habt ihr bereits Ideen, was ihr nun machen werdet?
Lieberman: Jeder von uns wächst persönlich. Jon ist sehr kreativ, was Wirtschaft und Verhandlungen betrifft. Er sucht ständig nach Informationen, die es ihm ermöglichen, unsere Zukunft auf geschäftlicher Ebene zu entwickeln. Ich, Jaime, arbeite zurzeit sehr stark an meiner anderen großen Leidenschaft, der Kunst. Ich setze mein persönliches Projekt www.jaimelieberman.com fort und bereite mich darauf vor, an der Universität zu studieren, um den Beruf des Künstlers zu erlernen. Vor allem aber konzentrieren wir uns darauf, den am meisten benachteiligten Menschen in Kolumbien zu helfen – weil in Mexiko derzeit gar nichts unternommen wird. Wir haben einen finanziellen Beitrag für die Rückholung von Kolumbianern, die nicht aus Europa zurückkehren konnten, gespendet. Und wir haben über eine NGO geholfen, tausend Menschen im kolumbianischen Herkunftsort von Jon, Manizales, zu ernähren.
Hier geht’s zur großen Story über Jaime Lieberman & Jon Giraldo
Alle aktuellen Entwicklungen rund um die Corona-Krise gibt’s hier in unserem Gastro-Live-Ticker!