Es werde Wasser zu Wein
Original vs. Nachbau oder die Robin Hoods der Weinbranche
Große Gewächse, Aromenbomben und wertvolle Jahrgänge – denkt man an Wein oder Champagner, dann ziehen vor dem geistig-gierigen Auge Weinberge, von handgepflückte Trauben und allerlei anderes romantisches Gedöns vorbei. Und steckt man die Nase in das Glas erschnuppert man Kirsche, Hefe und das Land auf dem er angebaut wurde.
Alleine, die Kohle ist es meist, die den Kauf von Chateau d’Yquem, Krug Clos d’Ambonnay oder Richebourg Grand Cri 1985 vereiteln. Das dachten sich auch die Macher des Unternehmens Replica Wine. Warum das originale Trinkvermögen wegen Geldmangels schmälern beziehungsweise warum für den Brandnamen und nicht den Inhalt zahlen, so ihr Gedanke.
Deswegen haben sie eine Methode entwickelt und patentieren lassen, die es möglich macht, die begehrtesten und beliebtesten Weine zu reproduzieren – und jetzt der „Clou“ für 25 bis 50 Prozent günstiger angeboten als das Original. Ihr Slogan: „Originalität ist überbewertet. Vor allem wenn sie überteuert ist.“
Die Technologie dazu kann man sich ähnlich dem Food Pairing vorstellen. Eine Probe wird auf ihre Inhaltsstoffe und Aromatik untersucht und dann werden aus bestehenden Weinen eine passende Cuveé hergestellt, die, so wird das Unternehmen zitiert „verblüffend identisch“ schmeckt. Einer der Verantwortlichen: Brett Zimmerman, der einer der etwa 200 Master Somaliers der Welt.
Replica Wine hat sich im Moment auf den US-Markt spezialisiert und ihre Verkaufsschlager sind der Meiomi Pinot Noir, Kendall-Jackson Vintner’s Reserve Chardonnay und verschiedene Weine des Labels The Prisoner. Bis Ende des Jahres sind 20 unterschiedliche Weine am Markt.
Für Wein braucht man Trauben? Nö, nicht immer!
Doch während sich bei den Produkten von Replica Wine es sich um eine Wein-Pantsche handelt, die immerhin noch ein Verschnitt ohne Zugaben ist, geht die Ava Winery einen maßgeblichen Schritt weiter. Das Unternehmen aus San Francisco stellt nämlich Wein aus Wasser her. Trauben? Ach, für was? Warum der Brand-Name „Weingut“ enthält, kann man nur als süffisanten Sarkasmus ansehen.
Laut dem britischen Medium Metro wird so vermarktet: „Wir von Ava Winery können Wasser in nur 15 Minuten in Wein verwandeln“. Das ist zwar bedeutend langsamer als es Jesus bei der Hochzeit von Kanahar bewerkstelligte, aber eine ganz schön große Sache und ein Fortschritt in Sachen Technologie. Gut? Das ist eine Streitfrage. Oder eines des Geschmacks.
Warum das Unternehmen, das sich in der Subline als „The World’s First Designer Wines“ bezeichnet, gegründet wurde, erklären die Gründer und Biotechnologen Alec Lee and Mardonn Chur recht nett: „Wir wollen Wochenende-Weine um den Preis von Werktagsweinen verkaufen.“
Um das neuartige Wunder zu vollbringen, muss sich das Ava-Labor-Team an ein strenges Rezept aus Aminosäuren, Zuckern, Ethanol und anderen chemischen Zutaten halten. Der größte Erfolg bisher ist die „Entwicklung“ des 1992 Dom Perignon – ohne Trauben, Hefe oder Fermentation –, der um ein Viertel des Originals verschachert wird. Das unternehmerische Ziel: „Wir wollen Wochenende-Weine um den Preis von Werktagsweinen verkaufen.“
Dass diese futuristisch-sozialistischen Gedanken und Weine die etablierte Weinbranche pikiert ist klar, im Moment wird das keine große Konkurrenz sein, zeigt aber definitiv die (molekulare) Marschrichtung vor.
Die Frage, die sich allerdings stellt ist: Es gibt Weine, die kein Vermögen kosten, und fantastisch schmecken – also warum nicht einfach auf diese zurückreifen?