Oriol Castro, Mateu Casañas und Eduard Xatruch zählen seit 2014 zu Spaniens avantgardistischer Hautevolee und sind unsere Chefs of the Month. Wie sie mit ihren Gerichten lustvoll und mit ungezähmtem Fokus auf das freie Spiel mit Texturen, Temperaturen und Aromen die Grenzen des Gewöhnlichen sprengen.
Oktober 28, 2021 | Text: Stephanie Fuchs | Fotos: Francesc Guillamet Ferran, Joan Valera,
Aus dem Spanischen übersetzt heißt Disfrutar „genießen“. Wobei das, was Oriol Castro, Mateu Casañas und Eduard Xatruch seit 2014 in der Carrer de Villarroel über den Pass wuppen, nichts mit einer klassischen Genussreise zu tun hat.
Aus dem Spanischen übersetzt heißt Disfrutar „genießen“. Wobei das, was Oriol Castro, Mateu Casañas und Eduard Xatruch seit 2014 in der Carrer de Villarroel über den Pass wuppen, nichts mit einer klassischen Genussreise zu tun hat.
Wer im Disfrutar, das gleich im ersten Jahr nach seiner Eröffnung mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde und aktuell auf Platz fünf der „50 Best Restaurants“-Liste rangiert, Platz nimmt, begibt sich auf eine rasante, kulinarische Achterbahnfahrt, deren einzige Konstante die Grenzüberschreitung ist.
Die Küche des Disfrutar-Küchenchef-Trios ist unmissverständlich Avantgarde, aber auf eine spielerische Art in der mediterranen Küche verwurzelt. Was die Herren, die sich aus ihrer gemeinsamen Zeit in Ferran Adriàs El Bulli kennen und erst gemeinsam das Restaurant Compartir in Cadaqués, dann das Disfrutar eröffneten, eint: Ihr Faible für zeitgenössische Techniken, ausgeprägte Innovationsfreude, klischeebefreite Traditionspflege und eine ordentliche Portion Humor.
Das Disfrutar ist nämlich ein Ort, an dem nicht nur exzellent gekocht wird, sondern an dem die Mundwinkel der Gäste vor, zwischen und nach dem ersten Biss in die gerichtgewordene Glückseligkeit nach oben wandern.
Frozen beetroot caviar: Für dieses 2014 erstmals im Disfrutar Tasting Menu vorgestellte Gericht bedienten sich Eduard Xatruch und Kollegen einer neuen Technik, um gefrorenen Komponenten eine besonders leichte, luftige und fragile Textur zu verleihen: dem Vakuum-Puffing. Das tiefgefrorene, unter Vakuum gepuffte Rote-Bete-Meringue wird mit einer Rote-Bete-Reduktion gefüllt, ein Klecks Naturjoghurt sorgt für angenehme Frische, die Salzigkeit des Beluga Kaviar kontrastiert perfekt mit den süß-erdigen Aromen der Roten Bete. Her geht’s zum Rezept fürs vakuum-gepuffte Erdgemüse!
Mojito cat’s tongue: Extravaganz, Fragilität, Frische: Das sind die drei tragenden Säulen der Disfrutar-Küche, und mit diesem eiskalten, luftigen und sauren Kickstarter setzten die Katalanen 2016 den Rhythmus für die 27 folgenden Gänge ihres Menüs. Ihre Version eines Löffelbiskuits aka Katzenzungen kommt als formgewandelter Cocktail daher, konkret als tiefgefrorener, fein-säuerlicher Passionsfrucht-Mojito-Schaum, der auf einer hauchdünnen, karamellisierten Oblate ruht und mit etwas Pfefferminzpuder und eingedicktem, gut gereiftem Rum getoppt wird. Wer sich an Katzenzungen à la Disfrutar versuchen will: das Rezept!
Marine fried egg: Disfrutar bedeutet ins Deutsche übersetzt in etwa „Vergnügen durch Genuss“, und diese Interpretation eines globalen Stars der einfachen (Seemanns-)Küche sollte den Gästen des Disfrutar über die geschmackliche Explosion hinaus ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Die auf ein frisches Eiweiß gesetzte, cremig-salzige Lachsrogen-Sphäre aus Lachskaviar-Saft schafft nämlich die perfekte Eigelb-Illusion. Gebraten wird das Spiegelei à la Disfrutar dann aber wieder ganz klassisch, um die typischen Röstaromen und den Crunch an den Eiweißrändern zu bewahren. Frittierte Baby-Anchovis und Lachskaviarperlen verleihen dem Gericht zusätzlich Struktur und komplettieren das Feuerwerk an Meeresaromen. Die Disfrutar-Jungs verraten euch exklusiv ihr Rezept für Spiegelei 4.0!
Crispy egg yolk Mushroom jelly: Ein traditionelles, in Spanien weit verbreitetes Gericht, das Oriol Castro, Mateu Casañas und Eduard Xatruch zu diesem fantastischen Zusammenspiel verschiedener Texturen, Temperaturen und Aromen inspirierte. Ein intensiv aromatisches Pilzgelee, das aus einer Reduktion verschiedener Waldpilze hergestellt und nach dem Einfüllen in leere Eierschalen mit ein paar Tropfen Waldmoos-Öl aromatisiert wird, bildet sozusagen den „Unterbau“ für das in knusprigem Tempura ausgebackene Eigelb. Das buttrig-cremige, mollige Eigelb und die frisch-herben Waldaromen des Moos-Öls gehen geschmacklich eine Ehe ein, die definitiv im Himmel gestiftet wurde. Für diesen Happen braucht man extrem frische Eier. Was noch? Rezept lesen!
Cold hare & tarragon: Die Liebe des Disfrutar-Trios zu Wild findet in diesem Gericht seinen Niederschlag, das sowohl den ersten Streich einer Trilogie vom Wildhasen als auch den frischen, leichten Auftakt zum fleischlastigeren Teil des Menüs bildet. Die samtige, intensiv aromatische und mit Estragon aromatisierte Wildhasen-Consommé umspült einen Eiswürfel im Cocktailglas, Orangenzesten setzen einen fulminanten fruchtigen Akzent, Armagnac-Spray verleiht dem Gericht ungestüme Tiefe. Warum Wildhasen-Consommé als Cocktail servieren? Weil’s genial ist! Hier das Rezept!
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Oriol Castro, Mateu Casañas und Eduard Xatruch, bis 2011 die ersten drei Mannen am Herd von Ferran Adriàs legendärem El Bulli, zählen seit 2014 zu Spaniens avantgardistischer Hautevolee. Mit Gerichten wie multisphärischem Pesto mit zarten Pistazien und Aal oder dekonstruiertem Ceviche, an denen sie mal einen Tag, mal drei Jahre arbeiten, sprengen die drei lustvoll und mit ungezähmtem Fokus auf das freie Spiel mit Texturen, Temperaturen und Aromen die Grenzen des Gewöhnlichen.