Der Sonne Entgegen
Fotos: Helge Kirchberger / Red Bull Hangar-7
Das ist er also nun. Der Nachfolger von Roland Trettl. Blonde Locken, französischer Akzent und er klingt auch nur ein ganz klein wenig unwillig bei der Frage, wie man sich denn als Nachfolger von Herrn Trettl fühlt. Der charmante Tonfall wird um einen Hauch weniger nonchalant. Verständlich, denn das ist die Frage, die jeder beantwortet wissen möchte und die Neo-Executive-Chef Martin Klein gerade in Dauerschleife zu hören bekommt. War ja kein schmalbrüstiger Drückeberger,…
Fotos: Helge Kirchberger / Red Bull Hangar-7
Das ist er also nun. Der Nachfolger von Roland Trettl. Blonde Locken, französischer Akzent und er klingt auch nur ein ganz klein wenig unwillig bei der Frage, wie man sich denn als Nachfolger von Herrn Trettl fühlt. Der charmante Tonfall wird um einen Hauch weniger nonchalant. Verständlich, denn das ist die Frage, die jeder beantwortet wissen möchte und die Neo-Executive-Chef Martin Klein gerade in Dauerschleife zu hören bekommt. War ja kein schmalbrüstiger Drückeberger, der Herr Trettl. Und jeder, der seinen Platz an der Sonne des Gastkochsystems annimmt, wird es mit dem Schatten der Vergangenheit aufnehmen müssen.
Ein Vorteil, dass Martin Klein selbst Teil dieser Vergangenheit ist und bereits neun Jahre lang seinen Teil zum Erfolg beigetragen hat. Schließlich war er vom Eröffnungstag des Hangar-7 an mit von der Partie, als Küchenchef die rechte und linke Hand von Roland Trettl – bis er 2012 reif für die Insel war. Wollte eben mit 35 Jahren auch ein bisschen Sonne abhaben und machte sich auf nach Laucala Island. Eine exklusive Privatinsel im Südpazifik, die ebenfalls zu der Unternehmensgruppe zählt. Dort züchtete er Sulmtaler Hühner, zog sieben verschiedene Sorten Salat und unzählige Kräuter, versorgte das Resort zu 80 Prozent autark und machte seinem Job als Executive Chef alle Ehre.
Und diesen so gut, dass der erste Name, der für die Neubesetzung des Hangar-7-Executive- Chef aus der blau-silbernen Dose gezogen wurde, der seinige war. Und Klein überlegte nicht lange. Aus zwei Gründen: Erstens wollte er mit Ende 2013 sowieso die Fidschis hinter sich lassen und zweitens: „So ein Angebot bekommst du nur einmal im Leben. Ich habe das Gastkochkonzept jahrelang inhaliert. Der Druck für mich war und ist immer der gleiche, egal an welcher Position du stehst. Einzig, es haben sich für mich jetzt die Aufgaben verschoben.“
Bleibt alles anders?
Und Martin Klein dreht als Neo-Chef auch an anderen Schrauben: Quasi als erstes Zeichen seiner Anwesenheit gibt es Änderungen bei den Arbeitszeiten seiner Mannschaft, die nun wahlweise ein weiteres freies Mittags- oder Abendservice haben. „Ich kann den Tagesstundensatz nicht ändern, aber ich kann die Bedingungen verbessern. Roland Trettl hat mir eine Topmannschaft übergeben – und ich setze alles dran, diese zu halten.“ Nun gut, klarerweise nur, wenn die Leistung stimmt. Schließlich bekommt man so einen Chefposten nicht nur wegen des telegenen Äußeren, sondern auch weil man weiß, wie man Leistung abklopfen und verlangen kann. „Ich respektiere alle Mitarbeiter, die kämpfen und sich jeden Tag hier hinstellen und alles geben.
Vom Spüler über den Frühstückskoch bis hin zu den Küchenchefs.“ Und gerade diese beiden, Jörg Bruch und Tommy Dananic, sind Martin Klein nicht nur arbeitstechnisch ans Herz gewachsen. Privat sind sie seit mehr als sieben Jahren beste Freunde und Fanatiker im Herzen. „Das hier stemmt keiner, der sich nicht dem großen Ganzen verschrieben hat.“ Sprich: dem Konzept. Und dem wird weiterhin mit höchster Professionalität und einem großartigen Team nachgegangen. „Von 35 Leuten in der Küche hat nur einer gewechselt. Und die anderen 34 haben über Nacht auch nicht zwei linke Hände bekommen“, konstatiert Klein, wohlwissend, dass er sich dem Vergleich in puncto Können dann doch stellen muss. „Herr Trettl hat grandiose Arbeit geleistet, und jetzt geht es weiter mit Herrn Klein.
Ich bin nicht gekommen, um mir Ende des Jahres anzuhören, dass 2013 alles viel besser war. Dafür bin ich zu ehrgeizig. Nächstes Jahr wird super oder sogar supersuper – da bin ich bereit, dopppelt Hand anzulegen. Ich bin 37 Jahre alt, habe den nötigen Respekt und die nötige Welterfahrung und bin bereit dazuzulernen. Vielleicht bin ich nicht so forsch und muss nicht mit dem Kopf durch die Wand. Aber bei Niveau und Leistung, da mache ich null Kompromiss.“
Das klingt schon nach Ansage, auch wenn Klein gleich hinterherschickt, dass er seinem Vorgänger sehr vieles zu verdanken hat und ihm großen Respekt zollt. Sonst hätte er nicht so lange Zeit Schulter an Schulter mit ihm gemeinsam in der Küche gestanden. Und andersherum hätte sich Trettl nicht auf Klein verlassen, wenn der auf seiner monatlichen Gastkochstippvisite war.
Nun werden wie in den letzten beiden Jahren Bruch und Dananic die Stellung halten, wenn Klein auf Reisen geht. Im Schnitt vier bis fünf Tage im Monat wird er unterwegs sein. Um sich aber gerade anfangs voll auf die Küchenarbeit konzentrieren zu können, absolvierte der gebürtige Elsässer die kommenden Gastköche bereits im Dezember. Auch um diese nicht mit seiner Anwesenheit zu überraschen. „Meine aktuelle große Aufgabe ist es, dass die Gastköche in mich ihr Vertrauen setzen und dass alles perfekt umgesetzt wird. Das hier ist ja wie bei einem Schneeballsystem, Fehler kann man sich nicht erlauben.“
Die Lawine losgetreten hat Klein bereits – mit seinem ersten „eigenen“ Gastkoch: André Chiang. „Das war, als wäre ich nie weg gewesen. Herr Witzigmann – und das macht mich besonders stolz – meinte, wie beeindruckend es zu sehen war, wie schnell ich in diese Position hineingerutscht bin.“ Und die Meinung von Eckart Witzigmann ist Klein wichtig. Schließlich ist er Koch. Mit Ausbildung in der Hotelfachschule in Straßburg, Aufstieg in einige der besten Restaurants Deutschlands und der Verleihung eines Michelin-Sterns in dem Restaurant Marstall in München.
Dann folgte die Bestellung in den Hangar-7 als Küchenchef. „Wenn du einmal den Fuß in einem gesunden Unternehmen drin hast, dann bleibt man auch gerne. Hier wird viel verlangt – auch von mir –, aber auch viel gegeben.“ Wie zum Beispiel an die 20 bis 30 Gerichte in Perfektion und pro Monat. Das, was andere in einem Jahr an ihrer Karte ändern, geschieht hier im zwölffachen Zeitraffer. „Das, was wir hier machen, ist keine One-Man-Show. Das ist Teamarbeit. Die Gastköche kommen nicht zu Martin Klein, die Gastköche kommen in das Restaurant Ikarus. Alles andere ist ein falsches Bild.“
Aber eines, das dann auch medienwirksam auf dem Eigensender „ServusTV“ vermarktet wird. Schließlich geht in der TV-Reihe Martin Klein auf Reisen und an den Abenden kommen die Stammgäste in die Küche, um ihm die Hand zu schütteln. „Ich bin kein Mann der großen Worte. Ich gehöre nicht zu denen, die sich selbst gerne lesen oder sehen. Ich bin ein Koch, meine Bestätigung ist die Gänsehaut, die ich beim Kochen bekomme.“ Für den Rest, meint er, habe er ja auch eine gut geölte PR-Abteilung. „Die macht einen tollen Job, und meiner muss jetzt sein, dass die Küche perfekt funktioniert, dass die Mitarbeiterrotation weniger wird. Nur so kann man Stabilität gewährleisten und nur so kann man sich weiterentwickeln.“ Und das ist ein Ziel von Martin Klein: besser werden, und das Niveau noch immer weiter anzuheben. Das Equipment dazu hat er nun in seinen Händen, die Flügel liegen bereit. Es bleibt zu beobachten, wie er mit der Sonne umgeht. Und dem Scheinwerferlicht …
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