Der Weltenkocher

Überflieger Marco Akuzun zelebriert im einzigen Sternerestaurant an einem internationalen Flughafen den Gegentrend zur kompromisslosen Regionalität.
September 24, 2018 | Fotos: Thomas Haindl, Wolfang Hummer

Seit 2013 führt Akuzun das Restaurant Top Air am Flughafen Stuttgart standesgemäß weiter. Standesgemäß bedeutet in diesem Fall: mit einem Michelin-Stern. Ganze 26 Jahre hält das Top Air ohne Unterbrechung das Sternelevel. Akuzun hat sich diesen Stern gleich in seinem ersten Jahr als dortiger Küchenchef erkocht. Wer seinen Werdegang kennt, weiß: Dieser Erfolg fiel nicht vom Himmel, Flughafenrestaurant hin oder her. Denn Akuzuns Lehre und Anfangsjahre waren nicht besonders inspirierend: „Ich hab in einem bürgerlichen Haus gelernt, da war alles sehr simpel. Ich hab halt gelernt, wie man Schnitzel kocht. Nach der Lehre dachte ich tatsächlich, ich könnte kochen, bis ich im Hotel Residenz am See in Meersburg angefangen habe.“

 Marco Akuzun

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Seit 2013 führt Akuzun das Restaurant Top Air am Flughafen Stuttgart standesgemäß weiter. Standesgemäß bedeutet in diesem Fall: mit einem Michelin-Stern. Ganze 26 Jahre hält das Top Air ohne Unterbrechung das Sternelevel. Akuzun hat sich diesen Stern gleich in seinem ersten Jahr als dortiger Küchenchef erkocht. Wer seinen Werdegang kennt, weiß: Dieser Erfolg fiel nicht vom Himmel, Flughafenrestaurant hin oder her. Denn Akuzuns Lehre und Anfangsjahre waren nicht besonders inspirierend: „Ich hab in einem bürgerlichen Haus gelernt, da war alles sehr simpel. Ich hab halt gelernt, wie man Schnitzel kocht. Nach der Lehre dachte ich tatsächlich, ich könnte kochen, bis ich im Hotel Residenz am See in Meersburg angefangen habe.“

Marco Akuzun

Dort bemerkte Akuzun, dass der Lehrling im zweiten Lehrjahr besser war als er selbst. Und so legte sich Akuzun ordentlich ins Zeug. Heute gehört Akuzun zu den 50 BEST CHEFS Germany, wurde 2013 von ROLLING PIN zum Aufsteiger des Jahres und ein Jahr später von Gault Millau zum Talent des Jahres nominiert. Mittlerweile sieht er „die Sache mit dem Stern“ ein wenig entspannter. Natürlich ist er stolz auf ihn. „Aber ein Michelin-Stern ist in Deutschland auch nicht mehr das, was es vor 15 Jahren einmal war“, so Akuzun nüchtern.

In Deutschland, wo es mittlerweile über 300 Sternerestaurants gibt, hat der Stern schon etwas Inflationäres. Akuzun ist ein gutes Beispiel dafür, wie sehr eigene Ansprüche mit jedem Erfolgserlebnis steigen. „Früher wollte ich immer einen Stern haben“, erinnert er sich. Aber als er den Stern dann tatsächlich bekam, war er doch nicht so aus dem Häuschen, wie er sich das vorgestellt hatte. Stattdessen stürzte er sich „wie ein Verrückter“ in die Arbeit, um den zweiten zu holen. Das ist ihm – zumindest bis jetzt – noch nicht gelungen, aber Akuzun weiß: „Das kann man auch nur marginal beeinflussen.“

Freundschaft über alles

Es gibt nicht viele Spitzenköche, denen ihr Team so wichtig ist wie Akuzun. Denn ein echtes Team ist für ihn mehr als nur eine lose Ansammlung vor sich hin werkelnder Mitarbeiter. Es geht um Vertrauen, um Freundschaft und um Loyalität. „Mit meinem Sous Chef arbeite ich bereits seit neun Jahren zusammen.“ Und wenn jemand nach langer Zeit das Team verlässt? Wie geht Akuzun die Suche nach einer Nachbesetzung an? „Wenn einer nach sechs Jahren geht, findest du einfach keinen Ersatz für diese Person. Du kriegst jemand Neues, keine Frage – aber einen Ersatz? Es geht ja kein Mitarbeiter, es geht ein Freund.“

Da ist es nur konsequent, dass Akuzun nie einen Sous Chef außerhalb seines Restaurants suchen würde. „Sollte mein Sous Chef gehen, dann wird’s einer aus dem Team. Und wenn keiner da wäre, der hineinpasst in diese Position, dann hätte ich halt vorerst keinen. Aber eine Annonce würde ich niemals aufgeben. Ein Sous Chef muss ja nicht unbedingt der Beste in der Küche sein. Aber ich muss mich darauf verlassen können, dass er in meiner Abwesenheit alles genau so machen würde, wie ich es gerne hätte. Für mich ist das eine Freundschaftssache. Mein Sous Chef beispielsweise ist auch mein Trauzeuge.“

„Du bist menschlich ein Arschloch!“

Die Begeisterung für seinen Beruf hat Akuzun zum ersten Mal so richtig nach seiner Lehre verspürt, und zwar im Hotel Residenz am See in Meersburg. Den Inhaber der Residenz, Manfred Lang, bezeichnet er bis heute als jene Person, die ihn in beruflicher Hinsicht am entscheidensten geprägt hat. Als Akuzun dort Sous Chef war und die Stelle als Küchenchef frei wurde, war er überzeugt, die Stelle zu bekommen. Doch Lang redete nicht um den heißen Brei: „Ich glaube nicht, dass das gut gehen wird. Du bist menschlich einfach ein Arschloch. Bei dir wird keiner lang bleiben!“ Akuzun empfand das als Frechheit. Und als der neue Küchenchef kam, kündigte er. Zum Glück, könnte man sagen. Denn seine nächste Station lehrte ihn, warum Lang recht hatte.

In der Burg Staufeneck von Rolf Straubinger bemerkte Akuzun, dass man als Arschloch ganz schnell in der Scheiße stecken kann. Denn als Küchenchef hatte er dort 28 Köche unter sich. „Wenn dir da einmal sechs oder sieben Leute wegbrechen, weil sie einfach keinen Bock mehr auf dich haben, dann fliegt dir der Laden um die Ohren“, sagt er rückblickend. Nach einem halben Jahr hatte er sich mit Lang versöhnt. „Man sollte schon wissen, woher man kommt.“ Bis heute verbindet ihn mit Lang ein freundschaftliches Verhältnis. „Gerade letzte Woche haben wir wieder telefoniert.“

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Weltreise in fünf Gängen

2013 folgte Akuzun als Küchenchef des Top Air auf Claudio Urru. Davor hatte er sich dort als verlässlicher Sous Chef einen Namen gemacht. „Ich will das beste Produkt, ganz gleich, woher“, sagt Akuzun. „Was bringt mir das, wenn es heißt: Beim Akuzun kriegst du vom Hof Schießmichtot irgendeinen blöden Gockel, der zäh ist wie Sau, aber Hauptsache, er kommt vom Nachbarn? Die regionale Schiene ist gut, wenn die Produkte auch tatsächlich gut sind.“

Zum anhaltenden Erfolg des Top Air trägt sicher auch Akuzuns ehrgeiziger Anspruch bei, bereits mit einem 5-Gänge-Menü den Gast eine kleine Weltreise machen zu lassen. Dabei soll es aber keine Abstriche bei der Authentizität geben. Seine japanischen Produkte beispielsweise bezieht er direkt aus Japan. Vor allem sollen die Produkte auch möglichst originalgetreu zubereitet werden, damit keine „euroasiatische Scheiße“, wie Akuzun sie nur zur Genüge aus anderen Häusern kennt, aufgetischt wird. Das ist auch die Richtung, in die Akuzuns Reise in Zukunft gehen soll: international, authentisch und mit den besten Produkten, egal, woher. Die Voraussetzungen, sein Ziel zu erreichen, könnten im einzigen Sternerestaurant eines internationalen Flughafens nicht besser sein.

Wie Akuzun den Gelbflossenthunfisch präpariert, erfährst du hier.
www.restaurant-top-air.de

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