Lass stecken

Schnabel halten ist nicht: Tommy R. Möbius kocht im Restaurant Die Ente, So wie er ist. Nämlich ehrlich, erdig und ab und zu haut er richtig druff.
November 13, 2015

Fotos: Wolfgang Hummer
Tommy R. Möbius

Der Mann hat Charakter. Oder einen Dickschädl, je nachdem von welcher Warte aus man es betrachtet und was laut Eigeneinschätzung nur etwa fünf von hundert zu schätzen wissen. Aber genau die stehen bei Tommy R. Möbius in der Küche. „Die kämpfen mit mir. Und alles andere ist schnuppe.“ Die Kampf-Arena: die Küche im See Hotel Ketsch, ein modern eingerichtetes Design-Businesshotel im Rhein-Neckar-Gebiet.

Zeig mir die Grenze und ich Zeig dir die Öffnung. Aber am Schluss muss alles finanzierbar bleiben.
Tommy R. Möbius über Spielräume im Business

Seit Sommer letzten Jahres ist der gebürtige Sachse dort Executive Chef und hat für das Gourmetrestaurant Die Ente einen Michelin-Stern erkocht. Nach nur drei Monaten. „Ich habe mir ein Fenster gesetzt, ein Jahr gebe ich mir Zeit, um mich zu beweisen. Aber ich muss fairerweise sagen, dass das Riskio kalkulierbar war.“ Denn Möbius ist kein Unbekannter…

Fotos: Wolfgang Hummer
Tommy R. Möbius

Der Mann hat Charakter. Oder einen Dickschädl, je nachdem von welcher Warte aus man es betrachtet und was laut Eigeneinschätzung nur etwa fünf von hundert zu schätzen wissen. Aber genau die stehen bei Tommy R. Möbius in der Küche. „Die kämpfen mit mir. Und alles andere ist schnuppe.“ Die Kampf-Arena: die Küche im See Hotel Ketsch, ein modern eingerichtetes Design-Businesshotel im Rhein-Neckar-Gebiet.

Zeig mir die Grenze und ich Zeig dir die Öffnung. Aber am Schluss muss alles finanzierbar bleiben.
Tommy R. Möbius über Spielräume im Business

Seit Sommer letzten Jahres ist der gebürtige Sachse dort Executive Chef und hat für das Gourmetrestaurant Die Ente einen Michelin-Stern erkocht. Nach nur drei Monaten. „Ich habe mir ein Fenster gesetzt, ein Jahr gebe ich mir Zeit, um mich zu beweisen. Aber ich muss fairerweise sagen, dass das Riskio kalkulierbar war.“ Denn Möbius ist kein Unbekannter, hat zuvor bei Fabio Giacobello in Wiens Nobelitaliener Fabios als Sous Chef den Pastateig so gekonnt über den Pass geschupft, dass er dort den ersten Stern erkocht hat, und anschließend im Traditions-Restaurant Walter Bauer über fünf Jahre lang ebenso einen Stern und 16 Punkte im Gault Millau an seine Fahnen heften können.

„Bei meinem Wechsel nach Ketsch habe ich alle Strippen gezogen und kontrolliert bekannt gegeben, dass ich wieder da bin. Dass da gleich ein Michelin-Stern rauskommt, war klarerweise wie ein Paukenschlag.“

Tommy R. Möbius und seine Verstärkung

Persönlichkeit muss sein
Jetzt ist Ketsch nun mal nicht der Mittelpunkt der Welt. Das weiß auch Möbius. Deswegen muss da viel über seinen Namen laufen, die Auszeichnung hilft natürlich auch weiter. „Zum Schluss gehe ich auch raus in den Gästeraum, das gehört dazu, das mache ich von Herzen gerne. Aber erst, wenn das Service durch ist. Ich halte nicht viel davon, draußen herumzuhampeln und mich zu präsentieren. Ich bin Koch und gehöre an den Herd und bin nicht als Showkaspar angestellt. Die Leute gehen in Die Ente, weil dort der Möbius kocht. Es gibt heute so viele Köche. Und gewinnen kannst du nur, wenn du Liebe, Lust und Leidenschaft zeigst. In der Küche und nicht als Entertainer vor Publikum.“

Was Möbius dann auf den etwa vierhundert Tellern pro Service mit seiner Zehn-Mann-Armee raustrommelt, ist mediterran-französisch mit einem Schuss Deutschland. Vor allem hinter den deutschen Komponenten ist er gerade her. Japanische oder chinesische Elemente hingegen wird man nie bei dem schlagfertigen Sternekoch finden, das ist nicht seine Philosophie, dort war er noch nicht. Und Übertreiben liegt ihm nicht. „Was willst du heute neu erfinden? Das geht nicht, es war schon alles einmal da. Eine Schweinshaxe mit Schokoladensauce findest du schon bei Escoffier vor 150 Jahren.

Mag sein, dass das die Jungen nicht mehr wissen, die sind nicht mehr so involviert in die Geschichte der Küche. Heute musst du einfach hergehen und das schlanker präsentieren und neu interpretieren. Es schöner machen und das auf deine Art.“ Seine Art, die ist bodenständig und immer mit Kniff. Kein Gericht ohne Aha-Effekt, wie das dekonstruierte Jägerschnitzel, das wie eine Waldlandschaft aussieht: die Erde aus Morchelcrumble, die Zwiebelsauce als extrem konzentriertes Weglein durch einen Piniensprossen-Wald mit Monolithen aus zartrosa Fleisch und gebackenem Kalbskopf auf einem Moosbett. „Ein Gericht, das eigentlich jeder kennt, aber in dieser Form viel Spaß macht.“

WORDRAP
Persönliche Fragen, kurz und bündig beantwortet. Hier verrät Tommy R. Möbius, dass er auch gerne mal mit Karl Lagerfeld tauschen würde.

WORDRAP

Zu dem aber auch viel Tüftelei nötig war, bis es schlussendlich in das Menü gesetzt wurde. „Für ein Foto geht das Anrichten ja schnell. Aber die Frage, die ich mir stellen muss, ist: Kriege ich das Gericht raus, wenn die Bude voll ist? Wir sind nur zwei Mann am Pass, deswegen dauert das Konzipieren oft ein bis zwei Monate.“
Aber dann erkennt man den Möbius am Teller, in jedem seiner Gerichte versteckt er seine Signatur – optisch und geschmacklich. „Die müssen Sex haben. Und dabei ist mir die Kastenbeschreibung echt schnuppe.“

Doch die passt wie die Faust aufs Auge zu Möbius: cuisine caractère. Echt, greifbar und schonungslos ehrlich. „Die teuren Sachen haben wir hinter uns. Die Kunst ist, aus wenig vieles zu machen oder das so schön zu interpretieren, dass es vom Geschmack, von der Optik und von der Konsistenz ein wahnsinnswunderschönes Gericht ist. Auch wenn es sich nur um eine Erbsencreme handelt. Banales aufleben zu lassen, das ist das Interessante.“

Als Küchenchef kannst du nur antreten, wenn dir die innere Stimme sagt, dass du soweit bist. Hast du noch keinen eigenen Stil, bleib’ Sous Chef.
Tommy R. Möbius über den Aufstieg im Business

Sein großes Vorbild in der Brache ist Joachim Wissler, bei dem er zwei Jahre lang in der Küche stand und den er einmal als den größten Koch Europas bezeichnete. Vor dessen Visionen zieht Möbius den Hut und zollt ihm Respekt. „Wenn Wissler von sich selbst behauptet, dass er es im Jahr schafft, drei wirklich neue Gerichte zu kreieren, die noch nie da waren, dann ist das bei mir vielleicht eines. Deswegen bin ich nicht schlecht, ich habe vielleicht einfach nur nicht den Zugang zu der Materie, wie ein Wissler sie hat.“

Kunst vs. Kleingeld
Neben aller Kreativität ist Möbius in seinem Job als Executive aber auch Wirtschafter. „Mit einem Auge bin ich am Experimentieren, aber mit dem anderen bin ich immer am Gast. Ich hatte Makrele, den deutschesten aller Fische auf der Karte, und dachte, das ist ein Renner-Gericht. Nach einer Woche habe ich gemerkt, der dreht sich nicht. Dann muss man den Mut haben und das Gericht von der Karte nehmen. In Schönheit sterben, das bringt ja mal gar nichts. Am Ende bestimmt der Gast. Da kann ich noch so ein geiles Endprodukt haben, wenn ich’s nicht verkauft kriege, das nutzt mir halt dann gar nichts.“

Der Wareneinsatz im Restaurant Die Ente liegt unter 32 Prozent, die Auslas-tung im Schnitt bei 80. Für das viergängige Menü zahlt man 73 Euro, was preislich voll im Rahmen liegt. „Ich verwende tolle Produkte, aber man sollte die Kirche dann schon im Dorf lassen. Lieber habe ich das Restaurant voll als halbvoll. Denn das ist wie warmes Bier.“ Und so was schmeckt Möbius gar nicht.

See Hotel Ketsch
das Restaurant Die Ente

Kreuzwiesenweg 5, D-68775 Ketsch
Tel.: +49 (0) 62 02/697-0
info@seehotel.de

www.seehotel.de

Büsumer Krabben- Feldsalat – Aquavit

Büsumer Krabben: Feldsalat – Aquavit

>> Zutaten:

Rezept für 4 Personen

Büsumer Krabben
250g Original Büsumer Krabben,

2 EL Traubenkernöl, Salz, Pfeffer, Cayenne, Zitrone, Mazerierte Limonenfilets

Feldsalatmousse
100ml Milch, 100ml Sahne,

250g Feldsalatpüree,

4,5g Johannisbrotkernmehl,

0,5 BL Gelatine, Salz, Pfeffer, Zucker, Cayenne

Schinkenmarshmallows
15g Glucose, 35g Zucker,

110g Schinkenessenz, 150g Eiweiß,

6g Gelatine, Salz, Pfeffer, Zucker, Cayenne

Schinkenmacarons
100g Schinkenessenz, 0,5 BL Gelatine,

10g Albumin

Aquavit
200ml Apfelsaft, 400ml Aquavit,

1 TL Tapioka Ultra Stärke

Cardoncello
Cardoncello-Pilz, Geflügelfond, Salz,

Pfeffer, Olivenöl

Büsumer Krabben
Die Büsumer Krabben mit allen Zutaten abschmecken und in einer mit Folie zugedeckten Schüssel zur Seite stellen.

Feldsalatmousse
Das Johannisbrotkernmehl mit der Milch und der Sahne aufkochen und anschließend die restlichen Zutaten untermengen und mit den Gewürzen abschmecken. Im Thermomix bei 55 °C für sechs Minuten mixen und sofort in passende Portionen abfüllen, glatt streichen und kühl stellen.

Schinkenmarshmallows
Die Glucose mit dem Zucker und der Schinkenessenz auf 119 °C erhitzen. Das Eiweiß anschlagen und den Zuckersirup im dünnen Strahl einfließen lassen. Gelatine im Schinkenfond auflösen, kalt rühren und kurz vor dem Stocken in die Eiweißmasse einfließen lassen. Die Masse abfüllen, kalt werden lassen und ausstechen. Abschließend in Schinkencrumbles wälzen.

Schinkenmacarons
50 g der Schinkenessenz mit dem Albuminpulver verrühren und aufschlagen. Die restlichen 50 g mit einem Blatt Gelatine auflösen, in die Masse einfließen lassen und kalt schlagen. In eine Form spritzen und für 24 Stunden bei 50 °C dehydrieren.

Aquavit
200 ml Apfelsaft bester Qualität so lange reduzieren lassen, bis eine goldene Farbe entsteht. Den Apfelsaft eins zu zwei mit Aquavit mischen und mit der Tapioka Ultra Stärke verrühren, bis eine Bindung entsteht. Auf einem Blech ausgießen, erkalten lassen und ausstechen.

Cardoncello
Den Pilz in Butter sautieren, mit etwas Geflügelfond ablöschen und kurz dünsten. Mit Salz, Pfeffer und Olivenöl abschmecken.

Anrichten
Die Feldsalatmousse anrichten, die Büsumer Krabben und mazerierte Limonenfilets leger verteilen. Macaron und den Marshmallow daneben anrichten und mit klein gezupftem Feldsalat freie Stellen ausfüllen. Ebenso mit dem Gel, Gelee und Pilz verfahren.

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