Legenden: Jonathan Gold

Ehrlich, authentisch und schonungslos: Jonathan Gold gilt als der einflussreichste Food-Journalist der USA und öffnete mit seinen Werken die Tür zur internationalen Fusionsküche.
November 28, 2019 | Text: Bernhard Leitner | Fotos: Wikipedia

Geheimtipps statt schicker Mainstream

Während in Europa die meisten Restaurantkritiker anonym und unter dem Deckmantel diverser Guides bestimmen, wer in ist und wer out, stehen in den USA die großen Food-Journalisten der Branche mit ihrem Namen für ihre Rezensionen gerade. Und dass man sich gerne mal ein wenig weiter aus dem Fenster lehnt, wenn sich der Betroffene nicht in unmittelbarer Schlagdistanz befindet, kennen wir ja aus den sozialen Medien nur zu gut. Vor Ort war alles top und online folgt die Breitseite. 

Er war der Erste, der den Fokus weg von Restaurants mit sauberen weißen Tischtüchern hin zu versteckten hippen Läden lenkte.

Anthony Bourdain über seinen Kollegen Jonathan Gold 

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Der Prophet mit Hosenträgern: Mit seinen Büchern und Kolumnen definierte der US-amerikanische Food-Kritiker Jonathan Gold die Gastronmie Kalinforniens völlig neu. 

Einer, der Zeit seines Lebens nie Angst hatte zu schreiben, was er denkt, war der US-amerikanische Food-Kritiker Jonathan Gold. Mehr als 20 Jahre lang bewertete Gold, der ohne seine berühmten Hosenträger niemals außer Haus ging, Restaurants aller Genres quer durch die USA und bewies dabei sein unfassbares Gespür für neue Trends. Dabei schlemmte sich der passionierte Foodie nämlich nicht auf Kosten anderer durch die schicksten Läden Hollywoods, sondern war immer auf der Suche nach authentischen Küchen, die man so noch nicht gesehen hatte.

„Er war der Erste, der den Fokus weg von Restaurants mit sauberen weißen Tischtüchern hin zu versteckten hippen Läden lenkte“, sagte einst Gastro-Legende Anthony Bourdain über seinen Kollegen Jonathan Gold. Dabei kam der Kritiker zu seiner Bestimmung wie die Jungfrau zum Kind. 

Auf den Straßen von Los Angeles

Denn eigentlich studierte Gold in den 80er- Jahren Musik und Kunst an der UCLA in Kalifornien. 1982 heuerte der 1960 geborene Gold als Korrekturleser bei der LA Weekly an, wo er auch seine zukünftige Frau treffen sollte. Zu dieser Zeit schrieb der designierte Food-Prophet der Westküste in renommierten Magazinen wie dem Rolling Stone noch über Hip-Hop-Götter und Heavy-Metal-Schwergewichte. 

1986 sorgte Gold mit seiner Rubrik „Counter Intelligence“ erstmals für Aufsehen in der sonst so braven Gastro-Szene Amerikas. Es waren nicht die berühmten Restaurants, in denen sich sowieso nur die oberen 10.000 ihr Essen leisten konnten, sondern der Mexikaner um die Ecke, der beste Burger der Stadt oder einfach nur ein Imbissstand mit Tacos. Gold war der erste Restaurant-Kritiker, der den immens wichtigen Zusammenhang zwischen Kultur und Kulinarik erkannte und damit die Tür zur internationalen Fusionsküche weit aufstieß.

Er ließ scheinbar unüberwindbare Grenzen verschwimmen und vereinte Menschen unterschiedlichster Nationen unter seiner Leidenschaft für gutes Essen – egal von wem, egal woher. 2007 erhielt Gold schließlich seinen lang verdienten Ritterschlag und wurde als erster Food-Journalist überhaupt mit dem begehrten Pulitzer-Preis für Kritik ausgezeichnet. 

Essen für den Weltfrieden

Aber nicht nur seine ehrlichen und fundierten Kolumnen in großen Tageszeitungen  wie der LA Times brachten Gold internationale Anerkennung. Seine jährlich erscheinende Buchreihe „Where to Eat in the Real Los Angeles“ oder „99 Things to Eat Before You Die“ zählen heute als Benchmark der amerikanischen Gastro-Literatur. 

Der Sohn eines Bewährungshelfers und einer Lehrerin heiratete die LA-Times-Redakteurin Laurie Ochoa, mit der er zwei Kinder hatte. Im Juli 2018 erliegt der damals 57-Jährige seiner schweren Krebskrankheit. Doch sein Vermächtnis wird uns für alle Zeit erhalten bleiben. „Man kann seinen Einfluss auf die südkalifornische Gastro-Szene gar nicht überbewerten. Seine authentischen Kritiken brachten Los Angeles internationale Beachtung“, schrieb Megan Garvey in ihrem Nachruf im LAist über die amerikanische Ikone der Restaurant-Kritiker. 

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