Silvio Nickol: Der große Unbekannte
Penibler Kreativer
Bescheidenheit als Tugend, Zielstrebigkeit als Stärke: Silvio Nickol hat es unter die vier besten Köche Österreichs geschafft und den dritten Stern fix anvisiert. Der gebürtige Sachse gilt als extrem zurückhaltend und lässt im Interview doch hin und wieder tief blicken.
Man findet sehr wenig über Sie im Netz. Achten Sie da speziell darauf?
Silvio Nickol: Ja, ich achte tatsächlich sehr bewusst darauf. Ich weiß, dass viele Köche das Web und die sozialen Netzwerke anders nutzen, auch permanent ihre Foodbilder posten, aber ich konzentriere mich da dann doch lieber aufs Kochen! Für PR-Angelegenheiten haben wir natürlich kompetente Mitarbeiter im Haus und ich denke ganz einfach, dass das ausreichen muss.
Was mir aber auch aufgefallen ist, ist, dass auch sehr wenige Artikel oder Interviews zu finden sind.
Nickol: Vielleicht ist das Interesse an meiner Person auch nicht so groß.
Penibler Kreativer
Bescheidenheit als Tugend, Zielstrebigkeit als Stärke: Silvio Nickol hat es unter die vier besten Köche Österreichs geschafft und den dritten Stern fix anvisiert. Der gebürtige Sachse gilt als extrem zurückhaltend und lässt im Interview doch hin und wieder tief blicken.
Man findet sehr wenig über Sie im Netz. Achten Sie da speziell darauf?
Silvio Nickol: Ja, ich achte tatsächlich sehr bewusst darauf. Ich weiß, dass viele Köche das Web und die sozialen Netzwerke anders nutzen, auch permanent ihre Foodbilder posten, aber ich konzentriere mich da dann doch lieber aufs Kochen! Für PR-Angelegenheiten haben wir natürlich kompetente Mitarbeiter im Haus und ich denke ganz einfach, dass das ausreichen muss.
Was mir aber auch aufgefallen ist, ist, dass auch sehr wenige Artikel oder Interviews zu finden sind.
Nickol: Vielleicht ist das Interesse an meiner Person auch nicht so groß.
Mit 19 Punkten im Gault Millau und zwei Sternen im Guide Michelin sehr unwahrscheinlich. Der Gault Millau schreibt ja, dass Sie so gut wie nie kochen. Wie kochen Sie denn jetzt?
Nickol: Eigentlich kochen wir gleich. Wir haben vor zwei Jahren das Programm umgestellt und begonnen, uns nur auf das Wesentlichste zu konzentrieren, viel mehr Wert auf Geschmack zu legen. Die Teller wurden überschaubarer und der geschmackliche Fokus wurde auf die wenigen Komponenten auf dem Teller gelegt.
Ich hatte auf einmal vier Sous Chefs mit unglaublichem Potenzial in der Küche.
Silvio Nickol über einen möglichen Grund für seine jüngsten Erfolge
Wodurch kam dieser Sinneswandel?
Nickol: Es gab da einen Wechsel bei mir im Team, sprich, es sind wirklich hoch qualifizierte Leute dazugestoßen. Da hatte ich auf einmal tatsächlich vier Mitarbeiter im Team, die in ihrem vorherigen Betrieb als Sous Chefs in der Küche gearbeitet haben, die natürlich ein wahnsinniges Potenzial mitbrachten und mit denen viel Brainstorming passiert ist. Vielleicht war auch das der ausschlaggebende Punkt, warum es dann auf einmal mit der vierten Haube geklappt hat. Es macht schon richtig Spaß, sich mit den Mitarbeitern weiterzuentwickeln.
Sie haben sich ja vor allem bei Ihrem Lehrmeister Harald Wohlfahrt weiterentwickelt. Wie lange dauert es, wenn man bei so einem prägenden Koch war, bis man seinen eigenen Stil findet?
Nickol: Man hat natürlich lange Zeit sehr viel von seinem Lehrmeister im Kopf. Da geht es ja nicht nur um den Stil der Küche, sondern auch um die Handwerklichkeit, das, was man an Techniken lernt. Die Geschmacksabstimmung, Führungsqualitäten. Hier habe ich eindeutig sehr viel von Harald Wohlfahrt mitgenommen. Gott sei Dank ist das so, denn ich bin ja auch wirklich mit der klassischen Küche aufgewachsen, das ist natürlich noch in mir verankert. Gerade eben habe ich übrigens einen Ochsenschwanz angerührt. Ich glaube schon, dass das Gerichte sind, die nach wie vor ihre Berechtigung haben. Viele Gäste geben uns das Feedback, dass solche Teller ihnen bei anderen Restaurants fehlen.
Also versuchen Sie, einen guten Mix an Produkten zusammenzustellen, und setzen nicht nur auf Edelteile?
Nickol: Klar. Natürlich haben wir auf der Karte auch einen Heilbutt stehen. Da haben wir gerade einen mit 22 Kilogramm bekommen. Das wird in einem Haus wie dem unseren auch erwartet. Und bei so einer Qualität haben die Gäste auch mächtig Spaß dran. Aber genauso bedienen wir uns gerade an den unzähligen fantastischen Kräutern unserer Gärtnerei Bach und vom Bauer Michi. Aktuell haben wir 43 verschiedene Kräuter auf der Karte und das ist eigentlich erst der Anfang.
Wie kreieren Sie Ihre Gerichte? Systematisch oder kommen Ihnen vorm Schlafengehen noch Ideen?
Nickol: Wir machen das alles gemeinsam im Team. Lukas Gstir, mein Sous Chef, ist da extrem auf Zack. Mit ihm spreche ich permanent darüber, was wir in Zukunft so alles anstellen könnten. Es fließen aber auch sämtliche Ideen aller Mitarbeiter ein. Ich finde es ganz wichtig, dass das Team mittüftelt. Es ist doch vor allem für die persönliche Entwicklung eines ambitionierten Kochs wichtig, dass er, wenn er einmal selbst an der Front steht, weiß, wie er seine eigenen Gerichte entwickelt. Natürlich könnte ich alleine alles vorgeben, aber das wäre für den Gast wie fürs Team irgendwann extrem fad.
Wie oft wechseln Sie die Karte?
Nickol: Alle zwei bis drei Monate. Wir nehmen immer wieder einmal einige Gerichte runter, richten uns nach dem saisonalen Angebot und so kommen die Menüs dann letztendlich zustande. Es ist für mich wie auch fürs Team extrem inspirierend, diese Prozesse gemeinsam zu durchlaufen.
Man hört und liest immer, dass Sie bestimmt einer der genauesten, vielleicht sogar einer der penibelsten Köche des Landes sind. Ist da etwas Wahres dran?
Nickol: Weiß ich nicht. Ich versuche bestimmt, sehr genau zu sein. Das ist ja irgendwie auch typisch deutsch, oder? Ich brauche in der Küche auf jeden Fall einen strukturierten Ablauf. Wie ist die Küche organisiert, Sauberkeit, die Organisation für die Kühlhäuser oder Trockenlager. All das empfinde ich schon als extrem wichtig, um erfolgreich zu sein. Das sind meiner Meinung nach vor allem aber eher Basics für einen Spitzenkoch.
Es wurde ja immer gemunkelt, dass Sie der heißeste Kandidat auf die vierte Haube sind, aber haben Sie auch selbst daran geglaubt?
Nickol: Nein. Damit setzt man sich doch psychisch selbst unter einen viel zu großen Druck. Man macht einfach das, was man kann, versucht, gut zu kochen und die Gäste glücklich zu machen. Wenn das über einen längeren Zeitraum funktioniert, schlägt sich das auch irgendwann auf die Bewertungen nieder. Ich hätte ehrlich gesagt auch nie geglaubt, dass es dann doch relativ schnell klappt.
Es gibt ja auch Kollegen, die die Herausgeber der Restaurantführer besuchen, um zu erfahren, was sie denn verändern oder verbessern können, um bessere Bewertungen zu erzielen. Machen Sie das auch?
Nickol: Nein. Bis auf Small Talk hat sich da ehrlich gesagt noch nichts ergeben. Ich glaube auch nicht, dass das unbedingt zielführend ist, da man sich ja sonst zu sehr von seiner eigenen Linie entfernt, die es permanent herauszukristallisieren gilt.
Jetzt wurden Sie mit 19 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet, also vier Hauben. Hat sich das auch auf die Reservierungen ausgewirkt?
Nickol: Sehr stark sogar. Alleine wenn ich mir den heutigen Tag ansehe: erster Tag der Woche und gleich ausgebucht, also das ist schon spitze. Das ist das, was einen extrem motiviert. Wenn ein Restaurant nicht gut besucht ist, läuft man selbst auch nicht so unter Volldampf.
Also war es vorher schwieriger, Gäste ins Restaurant zu bekommen?
Nickol: Es gab natürlich Phasen wie von September bis Dezember, wo viel los ist, der Jahresanfang war dann aber extrem ruhig. Rückblickend haben wir uns eigentlich auch von der Auslastung her ständig nach oben entwickelt.
Was halten Sie eigentlich von der 50-Best-Liste? Die bringt der Erfahrung nach viele internationale Gäste.
Nickol: Das bringt sicherlich wirtschaftlichen Erfolg, ich habe aber in diese Richtung gar keine Kontakte. Man kann da Heinz Reitbauer nur gratulieren, aber wie man da überhaupt reinkommen kann oder wie das Auswahlverfahren funktioniert, ist mir bis jetzt noch nicht bewusst und ich habe ehrlich gesagt auch noch keine Anstalten in diese Richtung unternommen. Aber diese Liste spült definitiv viele internationale Gäste ins Haus. Es haben auch immer wieder einmal Gäste gefragt, wo wir denn auf dieser Liste platziert sind, da muss ich sie dann immer schmunzelnd enttäuschen.
Es ware Schwachsinn zu sagen, dass ich den dritten Stern nicht anstrebe!
Silvio Nickol über das große Ziel seiner Karriere
Sie wirken generell wie ein sehr bodenständiger, fast bescheidener Typ. Ist diese Einschätzung richtig?
Nickol: Absolut, ja. Das ist bestimmt auch eine Eigenschaft, die ich von Herrn Wohlfahrt mitbekommen habe und die ihn selbst auch so extrem ausmacht.
Ihr Mentor hält ja bereits seit einer gefühlten Ewigkeit drei Sterne. Nach den 19 Punkten im Gault Millau bleibt doch auch bei Ihnen nur mehr ein Ziel, oder?
Nickol: Was soll ich sagen? Die Frage kommt ja ständig. Es wäre auch Schwachsinn zu sagen, dass man so etwas nicht anstrebt.
Ist es realistisch?
Nickol: Wir geben jeden Tag unser Bestes. Wenn es reicht, dann reicht’s und wenn nicht, dann müssen wir halt weitermachen. So ist das. Und wenn man ihn dann haben sollte, geht es ja erst richtig los, das hat ja irgendwie auch kein Ende.
Möchten Sie aber noch lange Jahre auf diesem Niveau Sternekoch bleiben oder haben Sie ruhigere Pläne geschmiedet?
Nickol: Bis jetzt macht es mir noch mega Spaß und so weit nach vorne habe ich noch nie geblickt. Aber alleine die Möglichkeiten, die ich hier im Palais Coburg habe, sind einzigartig, deshalb werde ich diese Chance schon noch einige Zeit nutzen.
Gibt es abseits von drei Sternen noch ein Ziel, das Sie unbedingt erreichen möchten?
Nickol: Ein Kind mit meiner Frau. Am besten gleich Zwillinge.
www.palais-coburg.com