Nicolas Buisson, Mathieu Bourgois, Shutterstock
Dieser Mann ist einfach schwer zu stoppen. Vor vier Monaten erst hat Atsushi Tanaka sein Restaurant AT im Herzen der französischen Hauptstadt eröffnet, jetzt hetzt er durch die Häuserschluchten von Manhattan. „Paris und New York, das sind meine favorisierten Städte“, sagt Tanaka. „Erst möchte ich in Frankreich einen Michelin-Stern bekommen, danach werde ich ein Restaurant in Amerika eröffnen.“ Den Zeitplan hat er klar definiert. In den nächsten ein bis zwei Jahren soll der Stern geschafft sein, dann geht es weiter nach Übersee. Bei der Stippvisite Mitte August in New York schaute er sich bereits nach passenden Lokalitäten um.
Was für ein Mann! Was für ein Tempo! Von der ausgeglichenen, oft reduzierten Art, für die viele seiner japanischen Landsleute stehen, ist bei ihm nur wenig zu spüren. Tanaka ist der fleischgewordene Gegenansatz. Er weiß, was er will. Und er will es sofort. Im Herbst wird er 34 Jahre alt. Stellen hybride Rezeptmodelle die modernste Vision der Gastronomie dar, schwebt dieser Ausnahmekoch bereits in der übernächsten Dimension. „Ich will alles, nur nicht kategorisiert werden“, sagt Tanaka. „Meine Küche ist modern – aus Frankreich, Japan, Spanien, Dänemark … Das ist wichtig!“ Es sind die Stationen der kulinarischen Bildungsreise, zu der er vor sechs Jahren aufgebrochen ist.
Ein Buch von 3-Sterne-Gigant Pierre Gagnaire hat ihn erleuchtet. Als Jungkoch in Tokio bekam er es in die Hände. Die extravaganten, mitunter schrägen Gerichte des Superstars der französischen Küche faszinierten ihn. „Am meisten hat mich begeistert, dass…
Fotos: Nicolas Buisson, Mathieu Bourgois, Shutterstock
Dieser Mann ist einfach schwer zu stoppen. Vor vier Monaten erst hat Atsushi Tanaka sein Restaurant AT im Herzen der französischen Hauptstadt eröffnet, jetzt hetzt er durch die Häuserschluchten von Manhattan. „Paris und New York, das sind meine favorisierten Städte“, sagt Tanaka. „Erst möchte ich in Frankreich einen Michelin-Stern bekommen, danach werde ich ein Restaurant in Amerika eröffnen.“ Den Zeitplan hat er klar definiert. In den nächsten ein bis zwei Jahren soll der Stern geschafft sein, dann geht es weiter nach Übersee. Bei der Stippvisite Mitte August in New York schaute er sich bereits nach passenden Lokalitäten um.
Was für ein Mann! Was für ein Tempo! Von der ausgeglichenen, oft reduzierten Art, für die viele seiner japanischen Landsleute stehen, ist bei ihm nur wenig zu spüren. Tanaka ist der fleischgewordene Gegenansatz. Er weiß, was er will. Und er will es sofort. Im Herbst wird er 34 Jahre alt. Stellen hybride Rezeptmodelle die modernste Vision der Gastronomie dar, schwebt dieser Ausnahmekoch bereits in der übernächsten Dimension. „Ich will alles, nur nicht kategorisiert werden“, sagt Tanaka. „Meine Küche ist modern – aus Frankreich, Japan, Spanien, Dänemark … Das ist wichtig!“ Es sind die Stationen der kulinarischen Bildungsreise, zu der er vor sechs Jahren aufgebrochen ist.
Ein Buch von 3-Sterne-Gigant Pierre Gagnaire hat ihn erleuchtet. Als Jungkoch in Tokio bekam er es in die Hände. Die extravaganten, mitunter schrägen Gerichte des Superstars der französischen Küche faszinierten ihn. „Am meisten hat mich begeistert, dass Pierre es geschafft hat, ganz normale Zutaten zauberhaft aussehen zu lassen“, sagt Tanaka. „Alles natürlich, nachvollziehbar und doch total verrückt.“ Er sah es, genoss es, schickte kurzerhand seinen Lebenslauf zu Monsieur Gagnaire – und wurde prompt genommen. Zwei Jahre später schaute er in den 3-Sterne-Tempel von Quique Dacosta im spanischen Alicante und weiter nach Kopenhagen sowie in das flämische 2-Sterne-Restaurant De Pastorale, das 3-Sterne-Haus Oud Sluis nach Holland. Dann hatte er genug gesehen. Er entwickelte sein eigenes Konzept, das er jetzt in Paris umsetzt. „Natürlich geht es mir darum, optisch zu begeistern“, sagt Tanaka. „Ich möchte meine Gäste faszinieren, ihnen ein Spektakel bieten! Gefällt es ihnen und ist es technisch perfekt zubereitet, wird ihnen das Essen das reine Vergnügen bereiten.“ Stichwort Qualität. Der Großmeister Gagnaire lehrte ihn, bei allem Streben nach dem reizvollen Auftritt und wissenschaftlichen Finessen konsequent auf Qualität der Rohstoffe zu achten – und diese mit feinen und versierten Händen zu verarbeiten.
Der wissbegierige Einsteiger hat die Worte aufgesogen, Gagnaires Art und die Arrangements seiner Gerichte im Hinterkopf abgespeichert. Stichwort Optik. „Ich gebe gerne zu, dass ich oft zuerst ein grobes Bild mit den entsprechenden Farbkombinationen im Kopf habe und mir dann die passenden Zutaten aussuche“, sagte Tanaka. „Rot und Grau hat mir zum Beispiel sehr gut gefallen, also habe ich auf dem Großmarkt geschaut, welche Lebensmittel dazu passen – und sie auch gefunden.“
Ein Blick auf die Speisekarte seines Restaurants genügt, um die interkontinentale Note der Gerichte zu verifizieren. Natürlich frische, einfach bunte Elemente, in genial klarer Linie zelebriert. Kein Tropfen, kein Halm, kein Blatt zu viel. Es sind Gerichte wie Gemälde. Gesund und munter. Tanakas Teller sind konzipiert und poliert, wie es der Gast von einem japanischen Chefkoch, der von Gagnaire gelernt hat, erwarten darf. Die Hinweise auf die Klassiker der französischen Küche sind deutlich erkennbar. „Es ist mir wichtig, die Speisefolge vielfältig zu gestalten“, sagt Tanaka. „Die Vorspeise kann mit einem lauten Knall beginnen, opulent und eindrucksvoll. Dafür darf das Amuse-Gueule klein und fein sein, bevor es wieder richtig losgeht.“ Die Namen der Gerichte sind manchmal so abgefahren, wie sie aussehen, manchmal schlicht. Eingelegten Carbon-Chips zum Auftakt folgt eine sehr künstlerisch arrangierte, leicht schaumige Suppe mit Baby-Bouillon-Schnecken und karamellisierten Zwiebeln. Es gibt geräucherte Austern, garniert mit Meerrettichsorbet, Lobster und Brokkoli in süßsaurem Orangensaft, Kabeljau-Steaks auf baskische Art. Ein Höhepunkt ist die zart knusprige Entenbrust, so delikat, dass die Spaghettifäden auf Gin-Tonic-Basis fast schon zu viel des Guten sind.
Japanische Elemente werden nur in Nuancen eingesetzt. „Der Pfeffer muss aus Japan kommen“, sagt Tanaka mit einem Lachen. „Ansonsten verwende ich die Elemente aus meiner Heimat genauso oft wie die aus den Küchen der anderen Länder, die ich schätze.“ Stolz ist er auf eine Schneide- und Kochtechnik, die er aus Japan importiert hat. Der moderne, stets naturbezogene Grundgedanke spiegelt sich auch in der Weinkarte wider. Sommelier Thibault Simon, zuvor in der Pariser Edeladresse Agapé Substance aktiv, setzt auf eine große Auswahl an mitunter obskuren und biologisch einwandfreien Sorten. Der Interessierte und der Kenner wissen die kernigen Begleiter des edlen Menüs zu schätzen.
habe ich auf dem Grossmarkt geschaut, welche Lebensmittel dazu passen.
Das Design des Restaurants AT ist zeitgemäß, frisch und schön anzusehen. Es korrespondiert perfekt mit Tanakas Gerichten. Einfache, attraktive Materialien. Die Farben Weiß, Schwarz und Grau sind systematisch schemenhaft angeordnet. Ja, hier sind auch die Wände wahre Kunstwerke. Der Service, höchst korrekt im Detail und sehr freundlich im Umgang, rundet den Gesamteindruck ab. „Wir legen viel Wert darauf, dass alles auf höchstem Niveau dargeboten wird“, sagt Tanaka. „Ein falsches Wort, das dem Gast in den Ohren klingt, hinterlässt immer auch einen schlechten Geschmack in seinem Mund.“ Der Anspruch ist einfach wie deutlich: Der neoklassische Multikulti-Küchenchef zielt auf alle Sinne. Leidenschaftlich, inspiriert, präzise und in der ihm eigenen Höchstgeschwindigkeit pflegt er, die goldene Mitte zu treffen. Das Lokal, das seine Initialien trägt, liegt strategisch günstig im Quartier Latin, gleich gegenüber dem Tour d’Argent, im Groben dort, wo der Boulevard Saint-Germain auf die Seine trifft. „Natürlich gibt es in Paris noch bessere Plätze“, sagte Tanaka. „Aber als ich dieses Restaurant gesehen habe, wusste ich: Das ist es. Es bietet ein modernes Ambiente – und der Preis ist ganz okay.“ Seine Gäste sind international, 15 Prozent Franzosen, 20 Prozent Amerikaner, 30 Prozent Asiaten. Die stilisierte Reduktion, die vielen japanischen Köchen anhaftet, viel zu still und nur ein Möhrchen auf dem Teller, ist bei Tanaka kein Thema. Seine Mitarbeiter sind so freundlich aufgeschlossen wie er. Und die Teller sind relativ gut gefüllt. Die New Yorker dürfen sich zweifellos auf die konkret unkonkrete Moderne des Küchenzauberers freuen. Besser jetzt als gleich.