Wie Andreas Senn ohne Butter Sterne kocht

Nur vier Wochen dauerte es nach der Eröffnung seines Restaurants, bis Andreas Senn den ersten Stern erhielt. Der kulinarische Ziehsohn von Roland Trettl beweist mit seiner leichten internationalen Küche, dass es für Sterne nicht kiloweise Butter braucht.
November 28, 2019 | Text: Sarah Helmanseder | Fotos: Sebastian Reiser, Senns Restaurant

Eigentlich ist er ein g’standener Tiroler, aber auf den Spuren des perfekt ausgefeilten Kochhandwerks und der fein ausbalancierten Aromen führte sein kulinarischer Weg Andreas Senn ins Salzburger Land – und dort blieb er. So kurz ist die Geschichte freilich nicht. Um sie ganz zu erzählen, müssen wir noch einmal zurück in die Tiroler Berge und im kleinen Örtchen Ladis beginnen.

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Andreas Senn erkocht in Senns Restaurant mit leichter, international inspirierter Küche einen Michelin-Stern und vier Hauben im Gault Millau.

Seine Großeltern betrieben ein, wie er es beschreibt, „gutbürgerliches Wirtshaus“, und der Enkel mischte als Dreikäsehoch schon kräftig mit. „Ich bin mehr oder weniger in der Küche aufgewachsen“, erzählt Senn. Zu helfen gab es immer jede Menge, denn das Wirtshaus war das Herzstück eines traditionellen Familienbetriebs rund um Landwirtschaft, Jagd und Gastronomie, wo wirklich noch an jeder Ecke und für jede Kleinigkeit eigenhändig angepackt wurde, was Senns Zugang zu Lebensmitteln und den Umgang damit wesentlich prägte, wie er sich erinnert: „Wir haben alle Produkte selbst verarbeitet. Wir haben etwa die Wildtiere im Ganzen bekommen und selbst zerlegt. Da habe ich gelernt, dass man das ganze Tier verarbeiten muss und nichts wegwerfen sollte. Wir haben auch selbst Sauerkraut gemacht“, erzählt Senn.

Vom Wirtshaus in den Hangar-7

Nicht nur das Sauerkraut, sondern alles, was in der Küche vor sich ging, zog den neugierigen Enkel, der die Schultasche am liebsten sofort gegen die Kochjacke getauscht hätte, in seinen Bann. „Ich bin nach der Schule heimgekommen, bin direkt in die Küche gegangen und durfte mithelfen. Ich durfte Kaiserschmarrn machen und Pommes – die Klassiker, wo nicht viel passieren kann“, sagt er schmunzelnd.

Dass sich die Sache mit Sauerkraut, Kaiserschmarrn und Pommes nicht erledigt hatte, versteht sich von selbst. Mit der Leidenschaft wuchsen die Ambitionen und es war klar: Senn wird Koch. Er heuerte als Lehrling im 5-Sterne-Wellnesshotel Schalber in Serfaus an, das mit seinem Heimatort Ladis sowie Fiss ein großes Familienskigebiet bildet und dementsprechend für die Gastronomie ein guter Boden ist.

Eigentlich ist er ein g’standener Tiroler, aber auf den Spuren des perfekt ausgefeilten Kochhandwerks und der fein ausbalancierten Aromen führte sein kulinarischer Weg Andreas Senn ins Salzburger Land – und dort blieb er. So kurz ist die Geschichte freilich nicht. Um sie ganz zu erzählen, müssen wir noch einmal zurück in die Tiroler Berge und im kleinen Örtchen Ladis beginnen.

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Andreas Senn erkocht in Senns Restaurant mit leichter, international inspirierter Küche einen Michelin-Stern und vier Hauben im Gault Millau

Seine Großeltern betrieben ein, wie er es beschreibt, „gutbürgerliches Wirtshaus“, und der Enkel mischte als Dreikäsehoch schon kräftig mit. „Ich bin mehr oder weniger in der Küche aufgewachsen“, erzählt Senn. Zu helfen gab es immer jede Menge, denn das Wirtshaus war das Herzstück eines traditionellen Familienbetriebs rund um Landwirtschaft, Jagd und Gastronomie, wo wirklich noch an jeder Ecke und für jede Kleinigkeit eigenhändig angepackt wurde, was Senns Zugang zu Lebensmitteln und den Umgang damit wesentlich prägte, wie er sich erinnert: „Wir haben alle Produkte selbst verarbeitet. Wir haben etwa die Wildtiere im Ganzen bekommen und selbst zerlegt. Da habe ich gelernt, dass man das ganze Tier verarbeiten muss und nichts wegwerfen sollte. Wir haben auch selbst Sauerkraut gemacht“, erzählt Senn.

Vom Wirtshaus in den Hangar-7

Nicht nur das Sauerkraut, sondern alles, was in der Küche vor sich ging, zog den neugierigen Enkel, der die Schultasche am liebsten sofort gegen die Kochjacke getauscht hätte, in seinen Bann. „Ich bin nach der Schule heimgekommen, bin direkt in die Küche gegangen und durfte mithelfen. Ich durfte Kaiserschmarrn machen und Pommes – die Klassiker, wo nicht viel passieren kann“, sagt er schmunzelnd.

Dass sich die Sache mit Sauerkraut, Kaiserschmarrn und Pommes nicht erledigt hatte, versteht sich von selbst. Mit der Leidenschaft wuchsen die Ambitionen und es war klar: Senn wird Koch. Er heuerte als Lehrling im 5-Sterne-Wellnesshotel Schalber in Serfaus an, das mit seinem Heimatort Ladis sowie Fiss ein großes Familienskigebiet bildet und dementsprechend für die Gastronomie ein guter Boden ist. Nach der Ausbildung folgten die Wanderjahre, die Senn nach Kärnten, auf die hohe See und in die Schweiz führten.

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Mit dem alten Salzburger Gusswerk hat Senns Restaurant eine Location mit einzigartiger Atmosphäre

Er kochte im 5-Sterne-Hotel Ronacher in Bad Kleinkirchheim, war Entremetier auf der MS Monterey und Saucier auf der MS Melody, bevor er wieder an Land ging und Tournant, später Sous Chef im Einsterner Chasa Montana in Samnaun wurde. Zurück in Österreich wurde Senn mit nur 23 Jahren zum ersten Mal Küchenchef, und zwar in Ebners Waldhof, vierfach besternt, gelegen im idyllischen Fuschl am See.

Ganz so idyllisch war das für den jungen Chef trotz des Erfolgs allerdings nicht: „Dort habe ich meine erste Haube erkocht, habe aber gemerkt, dass es etwas zu früh ist als Küchenchef, dass ich mit 23 einfach noch nicht da bin, wo ich hinmöchte.“, erklärt Senn. Da besitzt jemand Reflexionsgabe – und taktisches Geschick. Denn was tut man, wenn man feststellen muss, dass der eigenen kulinarischen Werkzeugkiste noch das Finetuning fehlt? Man überlegt sich, wo man die Tools, die man gerne noch hätte, herbekommt.

Senn dachte an niemand Geringeren als Roland Trettl, Co-Founder des Gastkochkonzepts im Salzburger Hangar-7 und zu dieser Zeit noch Executive Chef ebendort. Ein paar Jahre zuvor hatte Senn ihn kennengelernt, und diese Connection wusste er nun zu nutzen: „Ich habe ihn angerufen. Dann bin ich für sechs Jahre in den Hangar-7 gegangen. Ursprünglich hätte es nur ein Jahr werden sollen. Es wurden dann sechs daraus, weil es mir so gut gefallen hat“, sagt er, der als Chef de Partie einstieg und sich zum Sous Chef hocharbeitete.

Als sich Senn 2010 doch vom Hangar-7 trennen konnte, zog er weiter nach Kitzbühel, fühlte sich nunmehr wirklich bereit, seine eigene Brigade zu dirigieren und stellte das gleich als Küchenchef im Restaurant Heimatliebe unter Beweis, das er eröffnete und fünf Jahre lang führte. Mit lupenreiner österreichischer Küchenlinie erkochte sich Senn drei Hauben und 17 Punkte im Gault Millau. Das fünfte Jahr verbrachte er nicht mehr in Kitzbühel, sondern kehrte mit einem Heimatliebe-Pop-up an seinen Lebensmittelpunkt Salzburg zurück.

Aber bitte ohne Sahne!

Untergebracht war die Restaurant-Sommerresidenz im alten Gemäuer des Gusswerks, das mit seinen nackten Backsteinmauern ein einzigartiges Ambiente bietet. Nur einen Monat nach der Eröffnung vergab der Guide Michelin einen Stern an die Salzburger Heimatliebe. Als der Konzern A-Rosa, zu dem das Restaurant gehörte, wenig später die Schließung aller Gourmetrestaurants beschloss, war das für Senn ein Wink mit dem Zaunpfahl: „Ich habe mir gedacht: Jetzt habe ich das ein halbes Jahr lang probiert. Jetzt weiß ich, wie es geht, und jetzt mache ich es weiter.“

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Andreas Senn serviert zum Kaffee ein Mensch-ärgere-dich-nicht aus Petits Fours

Die Heimatliebe ging, Senn blieb im Gusswerk und die Location nennt sich seit 2015 Senns Restaurant. Gemeinsam mit Senn steht Christian Geisler in der Küche. Das Interieur ist stylish und industrial gehalten, einen Dresscode für die Gäste gibt es nicht. Bei Senn kann man guten Gewissens leger gekleidet zum 8-Gänge-Menü erscheinen.

Den Salzburgern gefällt’s – und dem Gault Millau auch: Vier Hauben und 18 Punkte beansprucht Senns Restaurant mittlerweile für sich. Nur ein Jahr nach dem ersten Stern, der noch für die Heimatliebe verliehen worden war, folgte der zweite. Gault Millau kürte Senn 2016 außerdem zum Koch des Jahres. Aktuell ist Senn außerdem die Nummer 13 der AUSTRIA’S 50 BEST CHEFS.

Man kann sich nachher noch bewegen und hat nicht ein halbes Kilo Butter gegessen.
Bei Andreas Senns leichter Küche schlägt sich auch ein 8-Gänge-Menü nicht zu sehr auf den Magen

Senns Küchenlinie ist modern, progressiv und oft japanisch inspiriert, wie etwa sein Signature Dish: Hamashi, Gänseleber, Jakobsmuscheln und Miso. Womit sich Senn vom Gros der Fine-Dine-Szene abhebt, das ist sein Commitment zu betont leichter Küche: „So gut es geht verzichten wir auf Sahne und Butter. Wir machen etwa keine schweren Saucen mehr. Es wird mehr mit Suds und Fonds gearbeitet“, erklärt er. „Da kann man auch acht Gänge essen, kann sich nachher noch bewegen und hat nicht ein halbes Kilo Butter gegessen“, stellt Senn fest.

Dass man dabei auf vielfach bewährte Kreationen verzichten und traditionelle Techniken neu denken muss, ist klar. Das gilt auch für die Pâtisserie, die von leicht und gesund für gewöhnlich Lichtjahre entfernt ist. „Wir bieten keine klassischen Desserts wie Schokoladenkuchen an. Ein bisschen Sahne, Butter oder Milch kann schon drin sein, wenn man es braucht, aber es wird nie ein Dessert darauf ausgelegt sein“, so Senn.

Innovationsgeist ist also gefragt, und Senn zeigt, wie’s geht: „Wir arbeiten im Dessert viel mit Gemüse und Kräutern. Wir gehen zum Beispiel selbst in den Wald, holen Sauerklee und machen ein Sorbet daraus.“ Oder Topinambur tut sich mit Mohn und Brombeere zusammen, wie es im aktuellen Menü der Fall ist.

Auf der alle zwei Monate wechselnden Karte finden sich derzeit etwa auch eine Goldforelle mit Zitronenverbene, Schweinekinn und grünem Apfel, oder Entenleber, Kürbis, Dashi und Shiso. Für die österreichische Menükomponente sorgt ein Wagyu Short Rib à la Tafelspitz mit Wurzelgemüse, Spinat und Kren. Vom 4- bis zum 8-Gänge-Menü ist in Senns Restaurant alles möglich. Und für Überraschungen ist der versierte Spitzenkoch, der die internationale Kulinarik-Klaviatur perfekt beherrscht, immer gut.

www.senns.restaurant

HIER geht’s zum Rezept für Andreas Senns geniales Mensch-ärgere-dich-nicht aus Petits Fours.

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