India – Zwischen Kasten, Curry und Karriere
Beim Spazierengehen durch die Straßen von Mumbai erahnt man, wie sich Alice im Kaninchenbau gefühlt haben könnte: Verloren und überwältigt. In unserem Fall muss man nur den verrückten Hutmacher mit einem bunt bemalten Elefanten austauschen und den Rauch aus der Pfeife der Raupe mit den Aromen von Koriander und Klängen des Pakhawaj.
Was das mit Ihrer Karriere zu tun hat? Viel! Denn abgesehen von dem eben beschriebenen bunten Treiben in den Städten bieten die Strände von Goa, der Seepalast in Udaipur, der Taj Mahal und die mangrovendurchzogenen Flusslandschaften Keralas offensichtlich genau das, was die Touristen heutzutage wollen. Denn Indien verzeichnete in den letzten fünf Jahren einen Anstieg an ausländischen Gästen von 2,73 auf 5,37 Millionen, davon waren immerhin 200.000 Deutsche. In den nächsten zehn Jahren erwartet man ein jährliches Wachstum der Reise- und Tourismusindustrie von 7,6 Prozent im Jahr.
Jede namhafte Hotelgruppe versucht im Moment, den inländischen Großunternehmen Oberoi, Taj und Leela Konkurrenz zu machen. Marriott, Hilton und Co expandieren und es werden bis zu 4,5 Milliarden Dollar in neue Mittelklasse- und Luxushotels gesteckt. Jan Seibold weiß, dass aber trotz der starken Expansionen Expats nach wie vor selten sind. Er ist seit Juli 2009 Executive Chef im „The Imperial New Delhi“ und bereits seit über fünfzehn Jahren im Nahen Osten und in Süd-Ostasien tätig: „Indien ist anders. Obwohl die Hotellerie hier rapide am Wachsen ist, finden sich dennoch kaum ausländische Experten in Schlüsselpositionen. Wer Fuß fassen will, der muss eine langjährige Erfahrung mitbringen. Im Großen und Ganzen ist Indien keine Destination für Einsteiger.“
Der Grund liegt in der relativ guten Ausbildung der Inder auf dem Tourismussektor. So finden sich zum Beispiel allein in Kalkutta, die Hauptstadt des Bundesstaates Westbengalen, drei Fachhochschulen für Tourismus. Ronald Nilsson, zukünftiger General Manager des neuen Swissôtel Kolkata, greift gerne auf die Talente dieser Schulen zurück. „Natürlich ist das Level dieser Schulen nicht mit Lausanne zu vergleichen, aber man findet sehr qualifiziertes Personal und kann daher direkt rekrutieren. Selbes gilt für Führungspositionen.“ Warum gerne auf Locals zurückgegriffen wird, liegt auch am Einreiseverfahren. Damit man in Indien arbeiten kann, bedarf es…
Beim Spazierengehen durch die Straßen von Mumbai erahnt man, wie sich Alice im Kaninchenbau gefühlt haben könnte: Verloren und überwältigt. In unserem Fall muss man nur den verrückten Hutmacher mit einem bunt bemalten Elefanten austauschen und den Rauch aus der Pfeife der Raupe mit den Aromen von Koriander und Klängen des Pakhawaj.
Was das mit Ihrer Karriere zu tun hat? Viel! Denn abgesehen von dem eben beschriebenen bunten Treiben in den Städten bieten die Strände von Goa, der Seepalast in Udaipur, der Taj Mahal und die mangrovendurchzogenen Flusslandschaften Keralas offensichtlich genau das, was die Touristen heutzutage wollen. Denn Indien verzeichnete in den letzten fünf Jahren einen Anstieg an ausländischen Gästen von 2,73 auf 5,37 Millionen, davon waren immerhin 200.000 Deutsche. In den nächsten zehn Jahren erwartet man ein jährliches Wachstum der Reise- und Tourismusindustrie von 7,6 Prozent im Jahr.
Jede namhafte Hotelgruppe versucht im Moment, den inländischen Großunternehmen Oberoi, Taj und Leela Konkurrenz zu machen. Marriott, Hilton und Co expandieren und es werden bis zu 4,5 Milliarden Dollar in neue Mittelklasse- und Luxushotels gesteckt. Jan Seibold weiß, dass aber trotz der starken Expansionen Expats nach wie vor selten sind. Er ist seit Juli 2009 Executive Chef im „The Imperial New Delhi“ und bereits seit über fünfzehn Jahren im Nahen Osten und in Süd-Ostasien tätig: „Indien ist anders. Obwohl die Hotellerie hier rapide am Wachsen ist, finden sich dennoch kaum ausländische Experten in Schlüsselpositionen. Wer Fuß fassen will, der muss eine langjährige Erfahrung mitbringen. Im Großen und Ganzen ist Indien keine Destination für Einsteiger.“
Der Grund liegt in der relativ guten Ausbildung der Inder auf dem Tourismussektor. So finden sich zum Beispiel allein in Kalkutta, die Hauptstadt des Bundesstaates Westbengalen, drei Fachhochschulen für Tourismus. Ronald Nilsson, zukünftiger General Manager des neuen Swissôtel Kolkata, greift gerne auf die Talente dieser Schulen zurück. „Natürlich ist das Level dieser Schulen nicht mit Lausanne zu vergleichen, aber man findet sehr qualifiziertes Personal und kann daher direkt rekrutieren. Selbes gilt für Führungspositionen.“
Warum gerne auf Locals zurückgegriffen wird, liegt auch am Einreiseverfahren. Damit man in Indien arbeiten kann, bedarf es einiger bürokratischer Hürden. Diese werden aber meistens von internationalen Hotelgruppen im Hintergrund durchgeführt.
So geschehen bei Thomas Figovic, dem Executive Chef von „The Leela Kempinski Gurgaon NCR“: „Ich bekam das Jobangebot durch einen Headhunter, der hat mich dann auch beraten und begleitet, denn das Aufnahmeverfahren ist ein nicht immer leichter Prozess. Prinzipiell kann man davon ausgehen, dass nur folgende Expats die Chance haben, genommen zu werden: wer eine umfassende und fundierte Ausbildung vorweisen kann und auch bewiesen hat, dass er dem Hotel hinsichtlich Profit, Image, Kosten und Mitarbeiter weiterbringen kann.“
Es ist also ähnlich schwierig, einen Job in Indien zu finden, wie den Ausgang aus dem Kaninchenbau. Doch warum sollte man sich dennoch dieser Herausforderung stellen? Ganz einfach: Das Flair Indiens ist mit nichts zu vergleichen, doch interessanter ist wohl das Faktum, dass das Einkommensniveau des unversteuerten Gehaltes höher als in Europa ist – und das bei einem Viertel der Lebenshaltungskosten. Wer gut verhandeln kann, dem stehen zumeist auch Kost, Logis, Transfers und weitere Benefits zu.
Womit man, das liegt in der Natur der Sache, allerdings auch leben muss, ist die Mentalität Indiens. Und diese ist vor allem im Arbeitsleben nicht immer leicht zu handeln. „Inder sind die Weltmeister der Improvisation, was nicht passt, wird passend gemacht“, meint Nilsson. „Geduld ist hier keine Tugend, sondern eine Voraussetzung. Man muss stets nachkontrollieren, ob die Sachen erledigt werden.“ Denn in Indien gilt: Was wichtig ist, wird sowieso des Öfteren angeschafft. Dabei ist aber eine weltmännische Contenance gefragt. „Indien ist Asien und hierdurch muss man sehr hohes Einfühlungsvermögen mitbringen. Direkte Kritik ist nicht möglich“, so Seibold.
Wie man sich richtig verhalten soll, erklärt Figovic: „Es gibt drei goldene Regeln: Erstens: Es gibt keine Regeln – außer den meinen. Man darf also nie sagen, dass jemand etwas falsch gemacht hat, denn ohne Regeln kann ka niemand Unrecht haben. Stattdessen haben alle recht. Zweitens kann ‚Ja‘ vieles heißen, ‚Nein‘ genauso. Manchmal auch ‚Ja‘. Drittens: Wenn jemand sagt, dass etwas morgen kommt oder fertig ist, dann will er damit sagen, dass es in drei Wochen oder irgendwann in naher Zukunft so weit sein wird.“
Wer damit umgehen kann und auch gerne das Gefühl hat, ab und an in Alice’s Wunderland zu leben, dem sei hiermit das incredible India ans Herz gelegt. Aber seien Sie nicht überrascht, wenn etwas Außergewöhnliches passiert.
Der Karrierecheck
Die wichtigsten Kriterien im Check
Das sollten Sie wissen, bevor Sie zu arbeiten beginnen.
Arbeitsumfeld
Das asiatische Arbeitsklima ist im Generellen ein sehr angenehmes. Ein Plus ist, dass Hotels gerne mit ihrem westlichen Personal „angeben“. Prinzipiell gelten aber die gleichen Regeln wie auch sonst in Asien: Zurückhaltung, Respekt und indirekte Kritik.
Jobangebot
Trotz boomenden Hotelmarkts gibt es nicht annähernd so viele Angebote, wie man meinen könnte. Vor allem sind ausschließlich Führungspositionen von Expats zu besetzen, für Juniorpositionen gibt es genügend gut qualifiziertes einheimisches Personal.
Karrierechancen
Indien bietet gute Chancen für Leute, die sich in ihrer Karriere bereits bewiesen haben. Interessante Jobs, wie die Leitung von Neueröffnungen oder das Führen eines neuen Hotels, werden gerne an diese vergeben. Aufstiegschancen sind meist mit einem Hotelwechsel gekoppelt.
Benefits
Internationale Hotelgruppen bieten ihren Expats in Indien das „normale“ Package: Kost, Logis, Schulgeld, Transfers. Zudem wird das Gehalt steuerfrei ausbezahlt. Alles andere ist Verhandlungsgeschick.
Interview mit Roland Jegge
Zur Person
Roland Jegge,
Vice President, Asia Pacific for WORLDHOTELS
Der Schweizer graduierte 1987 an der Ecole Hoteliere de Lausanne und steht seit 1996 in den Diensten von WORLDHOTELS. Unter seiner Führung expandierte das Unternehmen im asiatischen Raum drastisch von 28 auf über 80 Hotels.
„Indien ist ein hartes Pflaster“
Große touristische Expansion – aber große Konkurrenz für Expats.
Roland Jegge kennt den indischen Markt von der Pike auf. Als Vice President von Asia Pacific for WORLDHOTELS ist er für alle Aspekte der Entwicklung, Managing Sale und für die Marketingaktivitäten von WORLDHOTELS in der asiatisch-pazifischen Region verantwortlich. Daher weiß er, warum auf dem Subkontinent Fingerspitzengefühl mehr wert ist, als man annehmen könnte.
ROLLING PIN: WORLDHOTELS wird 2010 drei neue Hotels in ihr Portfolio aufnehmen. Warum diese starke Expansion?
Roland Jegge: Jahrelang wurde der indische Markt hauptsächlich von den heimischen Hotel-ManagementGruppen wie Oberoi, TAJ und Leela dominiert. Aber seit einigen Jahren entwickelt wir nun ein Netzwerk aus unabhängigen Vier- und Fünf-Sterne-Hotels, die auf den internationalen Markt ausgerichtet sind. Seit 2007 ist WORLDHOTELS im indischen Hotelmarkt aktiv, damals konnten wir das The Claridges Hotel New Delhi unserem Portfolio als erstes Hotel in Indien hinzufügen. Heute haben wir in Indien sechs angeschlossene Hotels, unser neuestes Haus ist das Sahara Star in Mumbai, das in diesem Jahr zu unserer Gruppe kam.
RP: Sie sind nicht die einzige Hotelgruppe, die momentan in den indischen Markt drängt. Ist die touristische Entwicklung des Subkontinents im Generellen so positiv zu bewerten?
Jegge: Ja, definitiv. Indien hat sich in den letzten Jahren zu einem der größten Wachstumsländer der Welt entwickelt. Dafür gibt es zwei Gründe: Mit einer schnell wachsenden Mittelschicht in der Bevölkerung und umfangreichen Infrastruktur-Projekten steigt die Nachfrage nach Hotelzimmern rasch an. Im letzten Jahr konnten wir starkes Wachstum bei den Inlandsreisen beobachten. Für 2010 erwarten wir eine starke Zunahme an Geschäfts- und Urlaubsreisen, sowohl aus dem Inland wie auch aus dem Ausland.
RP: Bietet es sich an, jetzt eine Karriere in Indien anzustreben? Werden deutschsprachige Expats überhaupt gesucht?
Jegge: Der indische Subkontinent bietet sehr gute Entwicklungschancen für lernfreudige und service-orientierte Menschen. Egal, welcher Nationalität.
RP: Welche Vorteile bieten sich den Expats?
Jegge: Durch die rasche Hotelexpansion gibt es hier ausgezeichnete Aufstiegsmöglichkeiten für Expats, die Karriere machen wollen.
RP: Wie schnell kann man denn die Karriereleiter hinaufklettern?
Jegge: Expats konkurrieren mit ausgezeichneten Englisch sprechenden indischen Mitarbeitern. Daher ist die Karriere-Geschwindigkeit nicht so rasant wie zum Beispiel in China. Das gilt vor allem für Berufseinsteiger.
RP: Gibt es Skills, die man als deutschsprachiger Expat speziell in Indien benötigt?
Jegge: Die große Herausforderung für die Service-Industrie in Indien liegt aus meiner Sicht vor allem auf Kundenseite. In anderen Ländern ist der Kunde König, in Indien ist der Kunde sozusagen Gott. Das bedeutet für Hotel-Manager, mit vielen sehr anspruchsvollen Kunden und schwierigen Reklamationen umgehen zu müssen. Um erfolgreich zu sein, braucht es viel Taktgefühl, Diplomatie und echte Liebe zur Service-Industrie.
Kontakt
WORLDHOTELS
Herriotstraße 1
60528 Frankfurt/Main
Tel.: +49 (0) 69/660 56-0
www.worldhotels.com
mail-us@worldhotels.com
Multiethnisch, Was nun …
Indiens Verhaltenskodex ist annähernd so durchsichtig, wie der Smog über Neu-Delhi. Im zweitbevölkerungsreichsten Land der Welt gelten andere Regeln als in Europa. Hier die wichtigsten fürs Business.
1 Die Kneipe als Geschäftsraum
Gut, dass Business in einschlägigen Clubs gemacht werden, ist kein rein indisches Phänomen. Jedoch der Zeitpunkt: Sie müssen verhandeln, bevor das eigentliche Menü serviert wird. Denn nach dem Essen gehen die Inder sofort nach Hause. Tipp: Setzten Sie während des Mahls das Protokoll auf. Denn auch wenn es Handschlagqualität gibt, verlassen sollten Sie sich nicht darauf.
2 Ohne Visitenkarte geht gar nichts
Mit dem ersten Hallo werden die Visitenkarten ausgetauscht. Diese müssen Sie mit größter Sorgfalt vor Ihrem Gegenüber lesen. Er will Sie aber nicht mit Titel oder Namen beeindrucken, sondern es ist schlicht Sitte. Tun Sie es nicht, haben Sie den ersten Eindruck versaut und wahrscheinlich auch das Geschäft.
3 Der Duft von 1000 und einer Nacht
Das Anzünden von Räucherstäbchen ist in Europa der Esoterik-Fraktion überlassen. In Indien sollten Sie sich aber nicht wundern, wenn Ihr Geschäftspartner während des Meetings zu seinem Hausaltar geht und ein paar Räucherstäbchen anzündet. Und versuchen Sie, nicht die Nase zu rümpfen, das gilt als unverzeihlicher Fauxpas.
4 Kopfschütteln heißt „Nein“ – Nein
Sie fragen nach einer Präsentation in die Runde, ob es noch Anmerkungen gibt, und Ihre Kollegen schütteln den Kopf. Ein eindeutiges Zeichen der Verneinung? In Europa schon, aber wenn in Indien Ihre Geschäftspartner mit dem Kopf wackeln, dann meinen Sie „Ja“. Große Verwechslungsgefahr!