Big Bang: So verändert sich die Gastronomie und Hotellerie
Es war der Februar 2020, der unser aller Leben schleichend und vor allem nachhaltig verändern sollte. Die ersten Meldungen eines neuartigen grippeähnlichen Virus mit dem Ursprung in China machten die Runde. Anfangs hielt sich die Beunruhigung kollektiv in Grenzen. Man konnte sich ja noch vage an dieses Sars-Virus von 2002 erinnern. Das war schlimm, aber kein Grund zur globalen Panik. Nur ein paar wenige warnten vor den schwerwiegenden Folgen, die dieses Coronavirus mit sich bringen könnte.
Bereits einen Monat später war das Virus weltweit in Umlauf und jetzt war klar: Hier kommt etwas Großes auf uns zu. Ob Lockdown hart, light oder liberal, irgendwie scheint es aus heutiger Sicht, als gebe es keine Patentlösung, um diesem verdammten Virus Herr zu werden. Immer wieder wurde uns dieses Bild eines Marathonstarts vor Augen geführt. Wenn wir die erste, dann die zweite und später die dritte und eventuell noch die vierte Welle hinter uns haben, dann geht es wieder los mit dem normalen Leben. Zumindest schrittweise. Viele Branchen und Wirtschaftszweige brachen unter den Lockdowns, Bestimmungen und Maßnahmen regelrecht zusammen. Manche wiederum profitierten sogar davon. Im Fall von Gastronomie, Hotellerie und Tourismus ist das Fazit eindeutig: Wir können nicht mehr. Zwar haben die Regierungen rund um den Globus versucht, mit Hilfspaketen angeschlagenen Unternehmen zu helfen, doch irgendwann ist Schluss. „Bescheiden wäre noch geprahlt“, bringt es ÖHV-Präsidentin und Hotelière Michaela Reitterer auf den Punkt.
„Ein Business, das sechs beziehungsweise im Falle der Stadt-Hotellerie 14 Monate geschlossen hat, haut den stärksten Profi um. Ich will dieses Wort der Perspektive nicht weiter überstrapazieren, aber es fehlt einfach eine gewisse Planbarkeit. Nicht zu wissen, was morgen und übermorgen passiert, ist eine Katastrophe. Fairerweise muss man dazusagen, dass die Politik auch nicht mehr weiß und versucht, hier bestmöglich zu arbeiten. Ich denke, wir müssen langsam beginnen, über ein Leben mit der Pandemie zu sprechen und nicht mehr über eines danach.“
Es war der Februar 2020, der unser aller Leben schleichend und vor allem nachhaltig verändern sollte. Die ersten Meldungen eines neuartigen grippeähnlichen Virus mit dem Ursprung in China machten die Runde. Anfangs hielt sich die Beunruhigung kollektiv in Grenzen. Man konnte sich ja noch vage an dieses Sars-Virus von 2002 erinnern. Das war schlimm, aber kein Grund zur globalen Panik. Nur ein paar wenige warnten vor den schwerwiegenden Folgen, die dieses Coronavirus mit sich bringen könnte.
Bereits einen Monat später war das Virus weltweit in Umlauf und jetzt war klar: Hier kommt etwas Großes auf uns zu. Ob Lockdown hart, light oder liberal, irgendwie scheint es aus heutiger Sicht, als gebe es keine Patentlösung, um diesem verdammten Virus Herr zu werden. Immer wieder wurde uns dieses Bild eines Marathonstarts vor Augen geführt. Wenn wir die erste, dann die zweite und später die dritte und eventuell noch die vierte Welle hinter uns haben, dann geht es wieder los mit dem normalen Leben. Zumindest schrittweise. Viele Branchen und Wirtschaftszweige brachen unter den Lockdowns, Bestimmungen und Maßnahmen regelrecht zusammen. Manche wiederum profitierten sogar davon. Im Fall von Gastronomie, Hotellerie und Tourismus ist das Fazit eindeutig: Wir können nicht mehr. Zwar haben die Regierungen rund um den Globus versucht, mit Hilfspaketen angeschlagenen Unternehmen zu helfen, doch irgendwann ist Schluss. „Bescheiden wäre noch geprahlt“, bringt es ÖHV-Präsidentin und Hotelière Michaela Reitterer auf den Punkt.
„Ein Business, das sechs beziehungsweise im Falle der Stadt-Hotellerie 14 Monate geschlossen hat, haut den stärksten Profi um. Ich will dieses Wort der Perspektive nicht weiter überstrapazieren, aber es fehlt einfach eine gewisse Planbarkeit. Nicht zu wissen, was morgen und übermorgen passiert, ist eine Katastrophe. Fairerweise muss man dazusagen, dass die Politik auch nicht mehr weiß und versucht, hier bestmöglich zu arbeiten. Ich denke, wir müssen langsam beginnen, über ein Leben mit der Pandemie zu sprechen und nicht mehr über eines danach.“
Viele Probleme gab es aber schon vor Corona, sie wurden durch diese Pandemie um ein Vielfaches beschleunigt. Wenn man beispielsweise das größte Problem des internationalen Tourismus der letzten Jahre auf einen gemeinsamen Nenner bringen will, lautet das eindeutige Fazit: Fachkräftemangel. Einerseits sind viele Mitarbeiter mit dem aktuellen Arbeitsmodell unzufrieden, andererseits wächst der Tourismus jährlich schneller, als Mitarbeiter nachkommen.
Eine Herausforderung, die viele Betriebe zum Umdenken veranlasst hat. So haben beispielsweise führende Gastronomen wie Steirereck-Boss und Kulinarik-Aushängeschild Heinz Reitbauer auf eine 5-Tage-Woche umgestellt, um ihren Mitarbeitern ein freies Wochenende zu ermöglichen.
Jeder Vierte will aus Gastro aussteigen
Was vor Corona schon ein großer Brocken war, hat sich durch das Virus noch einmal radikal verschärft. So haben 7,1 Prozent der 146.000 aktiven Bewerber auf dem ROLLING PIN-Jobportal ihr Profil deaktiviert, da sie keinen Job mehr in Gastronomie, Hotellerie oder Tourismus suchen. Aus einer Umfrage unter den Bewerbern offenbarte sich dann aber der wahre Schicksalsschlag. Jeder vierte will aus der Branche aussteigen. Fehlende Perspektive, Arbeitsverbot und ein massiver finanzieller Verlust sind die meistgenannten Gründe. Letzteres versuchte die Regierung mit einem Trinkgeld-Ersatz zu kompensieren.
175 Euro pro Mitarbeiter sind dennoch nur ein gut gemeinter Tropfen auf dem heißen Stein. Denn im Schnitt bekommen Mitarbeiter der Gastronomie und Hotellerie 284 Euro Trinkgeld pro Monat. Bei einem Nettoeinkommen von 1800 Euro wären das ungefähr 15 Prozent des Gesamteinkommens, die plötzlich wegfallen. Wenn man noch die zehn bis 20 Prozent Gehaltsreduktion durch die Kurzarbeit mitrechnet, hat jeder Gastronomie-Mitarbeiter 25 bis 35 Prozent seines Einkommens verloren. Das ist weitaus mehr als in jeder anderen Branche. Gleichzeitig sind auch die Zahlen der Auszubildenden in der Branche rückläufig.
Nachwuchsförderung als Schlüssel zum Erfolg
Damit gilt es, zwei Probleme gleichzeitig zu lösen. Einerseits den Betrieb mit Top-Mitarbeitern auszustatten, bevor das Opening losgeht, und andererseits speziell jungen Menschen wieder Lust auf Gastro zu machen. Viele Top-Köche wie der deutsche Molekular-Guru und Avantgarde-Küchenchef Heiko Antoniewicz (seine ganze Story findet ihr hier) sehen das aktuelle Ausbildungssystem in Deutschland und Österreich kritisch. „Ich halte das duale System in Deutschland für gescheitert. Unsere Köche werden je nachdem, in welchem Betrieb sie ihre Lehre absolvieren, zu unterschiedlichen Parametern ausgebildet und viele Ausbilder kommen ihrer Verantwortung nicht nach.“
Vielmehr will Antoniewicz, der an Gastro-Unis in Kuala Lumpur und den USA bereits unterrichtet hat, jungen Köchen das gleiche Grundniveau bieten. „Aktuell ist es einfach so, dass du, wenn du deine Ausbildung in einem Landgasthof gemacht hast, ein anderes Verständnis vom Kochen hast als jemand, der sie in einer Kantine oder im Sterneladen gemacht hat. Man muss Perspektive bieten und da brauch ich in der aktuellen Situation noch gar nicht von fehlender Bezahlung oder Freizeit sprechen. Da hat keiner mehr Bock drauf“, bringt es der Ausnahmekoch auf den Punkt.
Ähnlich kritisch sieht das auch JRE-Ehrenpräsident und Spitzenkoch Andreas Döllerer (das ganze Interview gibt’s hier) aus Golling, Salzburg: „Wir versuchen beispielsweise, durch eigene Masterclasses in den Tourismusschulen die Schüler besser vorzubereiten. Denn ehrlich gesagt, die meisten können nach der Ausbildung nicht kochen“, lautet das traurige Fazit. Jugendförderung und Networking sind für Döllerer der Schlüssel zum Erfolg, um bei jungen Menschen wieder die Leidenschaft und das Feuer für die Branche zu entfachen.
So tickt die nächste Generation
Worauf es jungen Menschen, die von Experten gerne als „Generation Z“, also Geburtsjahr 2000 und aufwärts, bezeichnet werden, wirklich ankommt, erklärt Thomas M. Schneidhofer, Professor für Personalmanagement und Organisation mit dem Schwerpunkt Generationenforschung der Privatuniversität Schloss Seeburg.
„Es ist eine Generation, die weniger den physischen Kontakt als eher den virtuellen Kontakt pflegt. Das führt zu verschiedenen Auswirkungen, wie beispielsweise einer verspäteten Partnerwahl, sie wollen wieder mehr Zeit mit der Familie verbringen und feiern sogar weniger Partys. Vor allem dieser virtuelle Kontakt führt aber dazu, dass diese Generation, die ohnehin schon sehr verunsichert ist, sich sehr stark abhängig von Bewertungen macht. Sie tracken ganz genau, wie viele Follower sie auf TikTok haben, wie viele Fans sie haben, und machen darüber ihren Selbstwert aus.“
Schneidhofer sieht darin aber auch gleichzeitig eine Chance, diese Skills betrieblich zu nutzen und seinen Mitarbeitern die Gelegenheit zu bieten, ihren beruflichen Fortschritt auf Social Media zu präsentieren oder Bewerbungen als Videos einzufordern. Dass viele Mitarbeiter die Branche verlassen wollen, sieht Schneidhofer nicht als gastronomisches Einzelschicksal, sondern betreffe auch andere Branchen. Was aber garantiert bleibt, ist eine noch weiter verunsicherte Generation, die auf der Suche nach Sicherheit ist. Mitarbeitern langfristige und abwechslungsreiche Perspektiven zu bieten, könnte ein Schlüssel zum Erfolg sein.
„Es ist ja auch eine Urban Legend, dass sie strikt 9 to 5 und darum nicht in der Gastronomie arbeiten wollen. Das ist individuell unterschiedlich und kann für den einen zutreffen, für den anderen nicht. Darum ist es wichtig, hier flexible Modelle zu bieten“, so der Experte. Ebenfalls oft kritisches Thema ist die Bezahlung, die laut Schneidhofer nicht mehr das Maß aller Dinge ist, sondern lediglich einen gewissen Standard und Notwendigkeiten abdecken soll.
Dass sich das pandemiebedingt aber gerade ändern könnte, liegt für Schneidhofer auf der Hand: „Speziell bei Gastronomie-Mitarbeitern lässt sich ein sehr großer Einkommensverlust identifizieren. Und wenn wir von etwas abhängig sind und davon, ob wir einen Job länger machen oder nicht, dann sind dafür natürlich immer die sozioökonomischen Umstände ausschlaggebend.“
Dass der Branche die Mitarbeiter abhandenkommen könnten, sieht der Experte durch Corona nicht als sicher. „Wenn ich keine Alternativen habe, werde ich mich mit dem, was vorliegt, noch stärker beschäftigen.“ Und genau da sieht Schneidhofer auch einen Vorteil für Betriebe, die sich darauf einstellen und einer schwer verunsicherten Generation die Sicherheit zurückgeben können.
Licht und Schatten
Was sich letztes Jahr bereits abgezeichnet hat, wird auch 2021 wieder eintreten. Die Kluft zwischen dem Städte- und dem Land-Tourismus wird erneut Freud und Leid der Betreiber sein. Während der Städte-Tourismus 2020 beinahe ganz zum Erliegen kam, konnten Hotels in Ruhelagen Rekordauslastungen verbuchen. Aus Salzburg, Berlin oder Wien hört man immer wieder das gleiche Problem: „Uns fehlen die internationalen Gäste.“
Knapp 100 Millionen Nächtigungen wurden 2020 in den österreichischen Beherbergungsbetrieben registriert, was einem Rückgang um 54,84 Millionen und damit satte 35,9 Prozent entspricht.
Wie lebensbedrohlich die Situation wirklich ist, beweisen nicht nur verzweifelte Hoteliers, die trotz der strengen Auflagen und des Beherbergungsverbots öffnen, sondern vor allem die desaströsen Zahlen im letzten Jahr. Knapp 100 Millionen Nächtigungen wurden 2020 in den österreichischen Beherbergungsbetrieben registriert, was einem Rückgang um 54,84 Millionen und damit satte 35,9 Prozent entspricht. Coronabedingte Betriebsschließungen, internationale Reisebeschränkungen und Quarantänebestimmungen machen das Rekordjahr 2019 längst vergessen. Der Rekord von über 150 Millionen Nächtigungen 2019 rückt in weite Ferne und Experten schätzen, dass sich das Tourismusniveau zurück in die 1970er katapultiert.
Hotellerie fordert europäische
Lösung Die Lösung scheint der Grüne Pass zu sein. Eine App, in der der aktuelle Impfstatus der jeweiligen Person verifiziert und angezeigt werden kann. Quasi ein Freifahrtschein zurück in eine Normalität. „Ausschlaggebend für den Erfolg wird die internationale Zusammenarbeit der Länder sein, damit es nicht auch dieses Jahr wieder so einen Auflagen-Fleckerlteppich wie 2020 gibt“, erklärt Reitterer. Und tatsächlich scheinen die Big Player im europäischen Tourismus sich in Sachen Grüner Pass anzunähern.
Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland, Österreich oder Kroatien befinden sich bereits in Verhandlungen und arbeiten an einem internationalen Modell, welches den Tourismus wieder ermöglichen soll. Voraussetzung dafür ist die Wirksamkeit der Impfstoffe, die aufgrund der vielen Mutationen nicht zu 100 Prozent gewährleistet werden kann. „Für den österreichischen Tourismus ist das eine Überlebensfrage“, bestätigt Tourismusministerin Elisabeth Köstinger.
Für den österreichischen Tourismus ist das eine Überlebensfrage
Tourismusministerin Elisabeth Kösting steckt ihre Hoffnungen in den Grünen Pass
Großer Streitpunkt werden die Datenerfassung und der Umgang damit bleiben. Es soll nationale Entscheidungsfreiheiten geben und die Gesundheitsdaten der einzelnen Bürger sollen nicht auf einer europaweiten zentralisierten Plattform gespeichert werden, sondern ausschließlich im Mitgliedsland.
„Der Grüne Pass macht auf einen Blick erkennbar, ob jemand geimpft, genesen oder getestet ist. Mit einem einheitlichen QR-Code soll dies auf europäischer Ebene einfach und benutzerfreundlich umgesetzt werden. Vom Check-in beim Flughafen oder im Hotel bis zum Besuch im Dorfwirtshaus oder der Sportveranstaltung, der Grüne Pass kann viele Erleichterungen ermöglichen“, so die österreichische Tourismusministerin.
Ein großes Anliegen ist Köstinger darum auch der Tourismus-Comeback-Plan „Auf geht’s“, bei dem Branchenvertreter angehalten sind, sich aktiv mit Ideen und Lösungen einzubringen. Der Beteiligungsprozess „Auf geht’s“ soll nicht auf weitere kurzfristige Förderungen abzielen, sondern Ideen für strukturelle Anpassungen liefern, damit die österreichische Gastronomie und Hotellerie sich langfristig erholen kann und stärker aus der Krise hervorgeht.