Das krisensichere Mitarbeiter Puzzle
Fotos: Werner Krug, Deutsche Employer Branding Akademie, Universum Communications
Wenn man auf die simple Frage nach dem Stellenwert von Employer Branding in einem mittelgroßen Betrieb ein irritiertes „Was meinen Sie damit?“ als Antwort erhält, muss man erst gar keine Studien zum Thema mehr bemühen. Employer Branding ist in Fachkreisen in aller Munde, aber nicht unbedingt schon als Botschaft beim Gastronom um die Ecke angekommen.
Dabei ist das Thema Arbeitgeberattraktivität gerade in Krisenzeiten gefragt. „Es gibt keinen falschen Zeitpunkt für Employer Branding“, betont Jochen Pett von der Deutschen Employer Branding Akademie. „Es ist beileibe kein Schönwetterthema. Denn: wenn nicht jetzt, wann dann?
Schließlich handelt es sich um eine Strategie- und Managementaufgabe. Der Rekrutierungsdruck lässt nach, der Blick wendet sich nach innen. Zeit, sich mit der Positionierung zu beschäftigen. Wenn nicht jetzt, wann dann?“
„Der nächste Aufschwung kommt bestimmt. Und dann sollte man gut vorbereitet sein.“
Jochen Pett
Deutsche Employer Branding Akademie
Zwar mag das Angebot an Arbeitskräften derzeit die Nachfrage übersteigen, der Kampf um die größten Talente ist dennoch ungebrochen. Schließlich geht es im Recruitingprozess darum, nicht möglichst viele Bewerber, sondern die einzig passenden zu finden. Sage und schreibe 50.000 Euro – je nach Position auch drastisch mehr – wirft man für einen Angestellten hinaus, der nicht ins Mitarbeitergefüge passt – denn nach der zeitaufwändigen Einarbeitungsphase folgt oft die Ernüchterung ob der mangelnden Eignung, und die kostenintensive Suche beginnt von Neuem.
Bevor Sie jetzt aber gleich in Richtung Objekt der Begierde, also frei herumlaufende Wunschmitarbeiter, nach vorne preschen: Erste Zielgruppe ist das eigene Team. Denn Employer Branding als simple externe Werbemaßnahme zu sehen, ist ein kurzsichtiges Unterfangen. Glaubwürdigkeit ist das Gebot der Stunde. Was der Betrieb nach außen vermitteln will, muss mit dem übereinstimmen, was …
… die Mitarbeiter intern erleben. Damit sie zu begeisterten Multiplikatoren werden. „Im Vergleich zu anderen Branchen sind die Mitarbeiter in der Gastronomie und Hotellerie unmittelbar sichtbar und daher noch viel mehr Botschafter des Unternehmens. Damit hat die Qualität des Employer Brandings direkten Einfluss auf den Markterfolg“, sagt Pett. Im Idealfall wird die Arbeitgebermarke von allen Abteilungen eines Unternehmens vom Management bis zur Hilfskraft getragen – nicht nur vom Personalmarketing, das an der Spitze des Unterfangens steht, denn „Employer Branding ist kein Hobby des Personalwesens“.
Werte und positive Eigenschaften, die Ihr Unternehmen auszeichnen, sollten natürlich nach außen kommuniziert werden. Es geht jedoch nicht darum, so viele verheißungsvolle Attribute wie nur irgendwie möglich aufzulisten. Finden Sie Kernbotschaften, bei großen Unternehmen reicht oft auch ein einziger Slogan. „Ladies and gentlemen serving ladies and gentlemen“ hat sich Ritz Carlton erfolgreich auf die Fahnen geheftet. Große Hotelkonzerne haben längst erkannt, dass sie als Arbeitgeber attraktiv sen müssen. 50.000 Euro pro Jahr will InterContinental künftig im Bereich Zentralosteuropa für Maßnahmen im Employer Branding verwenden.
Auch bei Hilton ist man sich der Bedeutung bewusst: „In Vorstellungsgesprächen, in Hotelfachschulen und auf Messen werden wir immer wieder gefragt, was Hilton von anderen Unternehmen unterscheidet und zu einem außergewöhnlichen Arbeitgeber macht“, sagt Nina Arras, Director Human Resources der Hilton Hotels Austria. Nicht das monatliche Gehalt sei ausschlaggebend, sondern das Gesamtpackage, die Firmenphilosophie, Weiterbildungsmöglichkeiten, Werte, das Arbeitsklima und die faire Behandlung aller Mitarbeiter – „gerade in Krisenzeiten sind Transparenz, Offenheit und Informationen aus erster Hand und nicht erst aus der Zeitung gefragt“, betont Arras.
Dass sich Employer Branding nur für Big Player eignet, ist ein weit verbreiteter Irrtum, mahnt Pett: „Auch mittelständische Unternehmen sind hier gefordert. Employer Branding ist ein gutes Hilfsmittel und nicht mit riesigen Etats verbunden. Im Gegenteil. Man läuft Gefahr, dann Geld zu verlieren, wenn man sich nicht positioniert. Employer Branding ist nicht teuer, es spart Geld.“ Denn es schafft Synergien – in der Kommunikation, im Recruitingprozess. Die Positionierung will aber wohl überlegt sein. Denn ein falsch vermitteltes Bild vermittelt der falschen Klientel die falsche Botschaft. Derart geköderte Mitarbeiter bleiben nicht lange im Unternehmen und bringen auch keine Höchstleistungen. „Stay-say-serve“ lautet die Devise: Loyalität, Kontinuität, Identifikation und Motivation sind das Erfolgsrezept.
In der Praxis heißt das: Stellenanzeigen und Karrierewebsites listen nicht bloß Aufgaben auf, sondern gehen auch auf Erwartungen und Bedürfnisse potenzieller Mitarbeiter ein. Und die PR nutzt verschiedenste Kanäle und Medien, um sich optimal als Arbeitgeber zu präsentieren.
Alles steht und fällt mit den Mitarbeitern
Roger Manfredsson
Director Europe (Dach), Universum Communications
Roger Manfredsson ist Experte in Sachen Employer Branding und wird in dieser Funktion auch am Experten-Speeddating im Rahmen des Fachkongresses „Arbeitgeberattraktivität in Deutschland“ zum Thema „Arbeitgebermut in Zeiten der Krise“ (München, 5. und 6. Mai 2009) teilnehmen. Universum Communications führt zudem jährlich mit 250.000 Befragten die größte Studierendenbefragung durch.
ROLLING PIN: Wie groß ist die Resonanz in der Gastronomie und Hotellerie?
Roger Manfredsson: Employer Branding hat sich noch nicht auf breiter Front durchgesetzt. Hauptsächlich aufgrund der nach wie vor starken Fragmentierung der Branche. Große Akteure wie Hilton oder Mövenpick beschäftig das Thema sicherlich. Kleine Familienhotels und die Pizzeria um die Ecke aber noch nicht.
RP: Liegt der Fokus noch mehr auf dem Gast und weniger auf dem Mitarbeiter?
Manfredsson: Eine nachhaltige Strategie setzt immer auf beide. Von Mitarbeitern, die nicht respektiert, gefördert und gefordert werden, ist auch kein besonders professioneller Service am Kunden zu erwarten. Wir sehen, dass das Interesse an Employer Branding in den letzten Jahren signifikant gestiegen ist. Doch bisher wird es hauptsächlich von den Unternehmen vorangetrieben, die Akademiker einstellen – von Wirtschaftsprüfern, Automobilherstellern, Banken.
RP: Womit punkten Gastronomiebetriebe und Hotels trotz herausfordernder Arbeitszeiten und Belastbarkeitserfordernissen?
Manfredsson: Das Tourismusgewerbe hat ein besonderes “Flair“, das sich sehr gut für Image-Kommunikation eignet. Außerdem wirken sich hohe Anforderungen in Bezug auf Arbeitszeiten und Ähnliches nicht automatisch abschreckend auf potenzielle Bewerber aus. Man denke nur an Investmentbanker, die durchaus auch mal eine Nacht im Büro verbringen. Die, die sich für die Gastronomie- und Hotelbranche interessieren, werden sich trotzdem bewerben. Der Schlüssel liegt also darin herauszufinden, welche Faktoren ihre Arbeitgeberwahl beeinflussen, und diese anschließend besser in der Kommunikation zu berücksichtigen.
RP: Welche „Gefahren“ birgt es, Employer Branding als bloß inszenierte Imagekampagne zu installieren?
Manfredsson: Alles steht und fällt mit Glaubwürdigkeit. Eine so genannte Employer Value-Proposition zu entwickeln heißt, sein Unternehmen zu beschreiben und ein Versprechen abzugeben: Das bin ich! Sich auf eine Art und Weise zu positionieren, die nicht der Realität entspricht, ist der größten Fehler, den man machen kann.
RP: In Krisenzeiten sind auch „unattraktive“ Maßnahmen zu setzen – Einsparungen, Entlassungen. Wie stellt man es an, trotzdem nicht an Arbeitgeberattraktivität zu verlieren?
Manfredsson: Jeder, der das Unternehmen verlässt, fungiert gewissermaßen weiter als Botschafter. Daher ist es wichtig, Entlassungen richtig und fair zu handhaben. Essenziell ist auch, der verbliebenen Belegschaft zu zeigen, dass man sie weiterhin wertschätzt und in sie investiert.
Roger Manfredsson
Schanzenstraße 23
D-51063 Köln
+49 (0) 221 55 40 53 50
www.universumeurope.com
roger.manfredsson@universumeurope.com
RP: Wenn das Recruiting derzeit auf Sparflamme läuft – macht Employer Branding dann Sinn?
Manfredsson: Ja, denn es wird auch wieder nach oben gehen. Wenn sich die Wirtschaftslage verbessert, werden Unternehmen froh sein, auch in der Krise konsequent und kontinuierlich an ihrer Arbeitgebermarke gearbeitet zu haben und nun die Früchte ihrer Arbeit ernten zu können, während anderen Firmen die Fachkräfte fehlen.
RP: Welche Vorgehensweisen sollten in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf Eis gelegt werden?
Manfredsson: Wenn man weiß, dass einem eine harte Zeit mit umfangreichen Entlassungswellen bevorsteht, die auch durch die Presse gehen werden, kann es ratsam sein, mit bestimmten, sehr allgemeinen Imageanzeigen abzuwarten, bis sich die Lage beruhigt hat.
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