Laut professioneller Hoteltester, die anhand einer Checkliste ein Haus auf Herz und Nieren prüfen, machen beim Qualitätscheck 80 Prozent die Hardware und 20 Prozent die Software aus. Die Hardware betrifft Zimmer, Restaurant, Bar, etc., die Software sind die Mitarbeiter – also die Lebensader des Hotels. Aber 20 Prozent machen 80 Prozent des Gesamteindrucks aus. Die meisten Probleme fangen an, wo es sich um die Veredelung der Hardware handelt, die durch die Software gesteuert wird. Zum Beispiel, wenn der Barkeeper den Drink mit einem Lächeln serviert. Eine solche Kleinigkeit macht die Qualität eines Hotels aus und unterscheidet es von seinem Mitbewerber, denn es geht ja um Dienstleistung, wie freundlich und hilfsbereit das Personal ist. Die Hardware sollte der Hotelier im Griff haben, da sie ja sehr leicht kontrolliert werden kann. Aber auch sie hat so ihre gewisse Tücken und verärgert den Gast, der ja gutes Geld für seinen Aufenthalt bezahlt. Im Hotel können in allen Bereichen immer wieder gewisse Dinge kaputt gehen. Wie schnell das Problem aus der Welt geschafft wird, sagt schon sehr viel über die Qualität des Managements aus.
Beginnen wir also von vorne und zählen leicht ironisch der Reihe nach auf, was dem Gast im Laufe seines Aufenthaltes so alles passieren kann, aber nicht sollte. Hier jetzt einige Beispiele, die keineswegs auf ein bestimmtes Hotel zutreffen oder die Regel sind, aber sicher einem jeden von uns schon einmal passiert sind.
Die Tücken des Aufenthaltes
Voller Vorfreude nach Ruhe und Entspannung will man das Hotel betreten und stößt dabei schon auf die erste Hürde, die Drehtüre. Hier verkeilt sich der Koffer, anscheinend hat der Architekt bei der Planung das Mitbringen solcher Utensilien nicht berücksichtigt. Also bemüht man sich mit kleinen Schritten und gleichzeitigen Kopfstößen gegen die Glaswand in die Lobby zu gelangen. Leicht benommen wartet hier auf einen die nächste Überraschung – eine Menschenmenge drängt sich an der Rezeption. Die Wartezeit bis zum Einchecken könnte hier beispielsweise mit einem Wellcome-Drink überbrückt werden und die Laune des Gastes erheblich steigern. Das Einchecken selbst unterliegt hauseigenen Regeln. Seine Dauer ist umgekehrt proportional zur Aufenthaltsdauer. Je länger man bleibt umso schneller geht es. Reisen Sie am nächsten Tag schon wieder ab, werden Sie fast des Vagabundierens verdächtigt. Von den Rezeptionisten wird man freundlich mit dem vorgeschriebenen Satz „Herzlich willkommen in unserem Hotel“ begrüßt und gleichzeitig bekommt man ein Formular mit unzähligen Positionen ausgehändigt, das unabhängig von der Vollständigkeit der schriftlichen Reservierung noch einmal auszufüllen ist. Erst beim Auschecken merkt man, dass diese Daten nur halbherzig in den Computer eingegeben wurden und so findet man auf der Rechnung einen falsch geschriebenen Namen oder Adresse. Die Zeit, die der Rezeptionist für die Eingabe der Daten in den Computer braucht, könnte sinnvoller genutzt werden, indem man den Gast über gewisse Gepflogenheiten des Hotels, die Frühstück- und Restaurantöffnungszeiten, etc. aufklärt. Findige Hoteliers schinden schon beim Einchecken einen großen Eindruck auf den Gast, indem sie zum Beispiel gegen einen geringen Aufpreis ein Upgrading auf das Zimmer anbieten. Damit ist beiden gedient, der Gast freut sich, dass er für eine Suite nicht den vollen Preis bezahlen muss und der Hotelier steigert damit seinen Umsatz in einem sonst nicht verkauften Zimmer.
Doch verlassen wir nun die Lobby und begeben und auf das Zimmer. Hat man es endlich geschafft die Zimmertür zu öffnen, an der Rezeption wurde vergessen den Mechanismus zu erklären, begibt man sich auf die Suche nach dem Lichtschalter. Hat man ihn gefunden, zeigt er keine Reaktion. Bei einem modernen Hotel muss vorerst die Zimmer-Plastikkarte in den Kontaktgeber gesteckt werden. Die Tücke solcher Apparate aber ist, dass sie beim Verlassen des Zimmers und Herausziehen der Schlüsselkarte oft nicht nur das Licht, sondern die komplette Stromversorgung abschalten. Das führt dazu, dass das ans Netz angehängte Handy nicht auflädt, sondern weiter entlädt. Wurde im Zimmer endlich Licht, ist nicht die Ausstattung der erste Eindruck auf den Gast, sondern der Geruch der einem entgegenströmt. Hat das Zimmermädchen zu lüften vergessen, genießt man voller Freude die Ausdünstungen seines Vorgängers. Als nächstes beginnt der Kampf mit der Klimaanlage, die oft auf arktische Temperaturen eingestellt ist und einen Höllenlärm von sich gibt. Umgekehrt sieht es da schon mit der Minibar aus, aus der wohlige Wärme kommt. Nach dem Auffinden des gewünschten Getränkes beginnt die Suche nach dem Flaschenöffner, für dessen Deponierung es im Zimmer hunderte Möglichkeiten gibt. An dem durch Kronenkorken demolierten Türgriff der Minibar kann man erkennen, dass einige Vorgänger ihn auch nicht gefunden haben. Das mit den Vorgängern ist sowieso so eine Sache, wer hat in der Minibar nicht schon leeres Verpackungsmaterial gefunden, das kunstvoll wieder in seinen Ursprungszustand versetzt wurde und so auf die eigene Hotelrechung zu Buche schlägt. Gehen wir ein wenig im Hotelzimmer herum, findet man unzählige Knöpfchen und Schalter, die für Bequemlichkeit und Komfort sorgen sollen – leider aber fehlt eine detaillierte Beschreibung. Hier ist Pioniergeist gefragt und probieren geht sowieso über studieren. Das Gleiche gilt für die Fernbedienung des Fernsehers. Nach diesem kleinen Abenteuer freut man sich auf eine erfrischende Dusche.
Ist es einem endlich gelungen die richtige Wassertemperatur einzustellen, beginnt der Kampf mit dem Duschvorhang aus Plastik, der vom Körper magnetisch angezogen wird und so zu einer Art Mumifizierung führt. Endlich fertig, steigt man aus der Badewanne um festzustellen, dass zwar genügend raue Handtücher aber keine Badetücher vorhanden sind – von einem Bademantel ganz zu schweigen. Sollten Sie jetzt die Absicht haben die Haare zu föhnen, findet man einen rechteckigen Föhn mit Schlauch, der so gut wie keine Luft von sich gibt. Hier gilt die Faustregel: Je eckiger, desto weniger Leistung. Andererseits findet man aber auch leistungsstarke Föhns in einer Schublade, aber die Steckdose im Badezimmer ist nur für Rasierer geeignet und ansonsten ist immer dort wo ein Spiegel ist keine Steckdose.
Jetzt ist es Zeit schlafen zu gehen und man hängt das Schild „Do not disturb“ vor die Tür. Das hilft zwar nichts, da es einerseits vom ausländischen Reinigungspersonal nicht verstanden wird und andererseits auch nicht vor anderen Störungen abhält. Es beginnt mit dem Saugen auf dem Hotelgang und endet mit dem Mitteilungsdrang des Reinigungspersonals, das gerade die Nachbarzimmer reinigt und sich lautstark durch das eigene Zimmer hindurch unterhält. Völlig unbeeindruckt vom „Do not disturb“-Schild ist auch derjenige, der die Minibar auffüllt. Diese Aufgabe ist so wichtig, dass sie jeden Drang nach Privatheit unterbindet. Vor dem Schlafen will man noch einen Weckruf bestellen, hebt zum ersten Mal den Telefonhörer ab und was riecht man, das Parfüm vom Vorgänger. Hier wurde nicht richtig gereinigt. Und weil wir gerade bei der Reinlichkeit sind, sollte man es unbedingt vermeiden das Leintuch wegzuziehen und den Matratzenschoner zu betrachten. Hier findet man Haare und andere Spuren, die bei einer DNA-Analyse sehr aufschlussreich wären. Der Matratzenschoner ist der Mikrokosmos eines Zimmers und sagt sehr viel über die Qualität des Housekeepings aus. Das Gleiche gilt für die Toilette- und Sanitäranlagen, wie schon der alte Spruch sagt: „Schau dir die Toilette eines Hauses an und du weißt wie es insgesamt aussieht.
Am nächsten Morgen beim Auschecken. Die Rezeptionistin fragt routinemäßig „Hat es Ihnen bei uns gefallen, war alles in Ordnung“ und ihr Blick verrät, dass sie längst bemerkt hat, dass auf der Rechnung nicht nur das Zimmer und die Garage, sondern auch etwas aus der Minibar und ein Video ist. Noch leise erläutert sie den Zimmer- und Garagenpreis, schon etwas lauter die Entnahme aus der Minibar „Da wären also zwei Flaschen Bier und ein Weißwein“, um dann lautstark, dass es alle Umstehenden hören können, „ein Video“.
Soft Skills und Aufmerk-samkeiten
Das waren jetzt so einige Beispiele, die zwar zum Schmunzeln anregen, aber täglich unzählige Male im Hotel passieren. Gefragt sind die so genannten Soft Skills der Mitarbeiter. Damit sind all jene Eigenschaften der Mitarbeiter gemeint, die über die fachliche Qualifikation hinausgehen. Soft Skills stehen für einen ganzen Katalog von Fähigkeiten, die je nach Anforderungsprofil des konkreten Berufsbildes unterschiedlich stark ins Gewicht fallen. Das Spektrum reicht von Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen bis hin zum Kommunikations- und Durchsetzungsvermögen. Gerade im Dienstleistungsbereich, also in der Hotellerie und Gastronomie sind sie besonders gefragt. Was sich in der Theorie jedoch so selbstverständlich anhört, ist für viele Berufstätige, vor allem für Berufsanfänger, der eigentliche und härteste Prüfstein für den Erfolg der Karriere. Ein Beispiel: Der Gast kommt ins Hotel, keiner öffnet ihm die Tür und er schleppt sich mit dem Koffer ab. Unzählige Hotelangestellte gehen an ihm vorüber, aber keiner ist bereit zu helfen, weil es ja nicht zu seinem Aufgabenbereich zählt. Wäre es für den Gast nicht ein wunderbares Erlebnis, wenn z.B. zufällig ein Koch vorbeikäme und fragt: „Kann ich Ihnen behilflich sein?“ Wenn die Mitarbeiter nicht selbst auf solche Gedanken kommen, kann man ihnen dabei „behilflich“ sein und ein Maßnahmenpaket zusammenstellen, das bei Arbeitsantritt zu unterschreiben ist. Damit sind sie dann verpflichtet auch gewisse Tätigkeiten zu übernehmen und sich an die hausinternen Spielregeln zu halten, die auch über ihren eigentlichen Aufgabenbereich hinausgehen können. Aber Hilfsbereitschaft sollte im Dienstleistungsgewerbe ja Voraussetzung sein.
Neben den Soft Skills der Mitarbeiter gibt es aber noch viele Möglichkeiten, den Gast mit Aufmerksamkeiten ein Gefühl von Wertschätzung und Luxus zu vermitteln. Einige Beispiele: So werden in manchen Hotels die verdreckten Autos nach der Anreise gratis gereinigt. An der Rezeption wird man gefragt, welche Zeitung (eine gewisse Auswahl sollte jedes Hotel zur Verfügung haben) man am nächsten Morgen vor seiner Zimmertür haben möchte. Um das Kofferschleppen zu vermeiden, stehen Trolleys zur Verfügung. Im Zimmer läuft auf dem Fernseher anstatt „Herzlich Willkommen in unserem Hotel“ ein Promotionfilm, der entweder das Hotel oder die Besonderheiten der Stadt oder der Region vorstellt. Dem Fruit-Basket ist ein handgeschriebenes Kärtchen beigefügt, das die Wertschätzung für den Gast nochmals unterstreicht. Das obligatorische „Gute-Nacht-Zuckerl“ ist nicht irgendein Konfekt, sondern eine Spezialität aus der Region. In manchen Wellness-Betrieben kommen die Masseure an den Frühstückstisch oder an die Bar und verabreichen den Gästen gratis eine kurze Massage und können damit gleichzeitig ihre Auftragsbücher füllen. Viele Hotels haben auch eine eigene Hauszeitung, die ein paar Mal jährlich an die Gäste verschickt wird und auf die Neuerungen und Besonderheiten im Hotel aufmerksam macht. Hier können auch spezielle Packages angeboten werden, die wiederum in schwächeren Zeiten die Zimmer auslasten. Oder es werden Geburtstagswünsche verschickt, die Daten sind ja vorhanden. Vor allem in Urlaubsregionen sollten bei Schlechtwetter dem Gast genügend Alternativen wie Kochkurse, Weindegustationen, Hüttenabend, etc. zur Verfügung gestellt werden, um ihn bei Laune zu halten. Beim Verlassen des Hotels kriegt der Gast ein kleines „Give-Away“, das ihn auch zu Hause an das Hotel erinnert. All diese Dinge sind Streicheleinheiten für den Gast und steigern sein Selbstwertgefühl. Er wird das Hotel bestimmt weiterempfehlen und auch gerne selbst wiederkommen.