Wie Sie Talente anziehen
Die Mitarbeiter sind die Säulen des Betriebs, die jedes Erdbeben standhaft zu überstehen haben. Wird Zweisternekoch Berthold Bühler nach seinem Rezept gefragt, wie er die Mitarbeiter an seine „Résidance“ in Essen bindet, fällt seine Antwort genauso kurz wie aus der Pistole geschossen aus: „Wir haben nur am Abend geöffnet, Sonntag und Montag Ruhetag sowie zweimal im Jahr Betriebsferien.“ Ansonsten verzichtet der 56-Jährige auf jeglichen „Schnickschnack“. Jeder Mitarbeiter erhält zwar ein Geburtstagsgeschenk und die gemeinsame Weihnachtsfeier ist selbstverständlich, ansonsten ist Bühler aber das gute Arbeitsklima am bedeutendsten. Und das sei durch die Öffnungszeiten sichergestellt: „So etwas spricht sich in den Sternerestaurants herum und deshalb hab ich in 25 Jahren sicher keine 3000 Euro in Inserate gesteckt“, erzählt der gebürtige Stockacher. „Wir müssen neue Mitarbeiter fast nie suchen, die bewerben sich freiwillig bei uns.“
Volles Programm für Mitarbeiter Für die Hoteliers Karin Leeb und Martin Klein ist es nicht so leicht, Personal zu rekrutieren. Ihr Betrieb, das Hotel Hochschober befindet sich auf der Turrach im kärnt-nerisch-steirischen Grenzgebiet auf einer Seehöhe von 1763 Metern. „Die Turrach bietet jungen Leuten recht wenig“, bedauert Karin Leeb, die mit ihrem Gatten 2006 Hoteliers des Jahres war. Trotz der abgeschiedenen Lage ist es gelungen, die Fluktuation der 100 Mitarbeiter sehr gering zu halten. Das liegt vor allem an der Unternehmensphilosophie: „Jeder Mitarbeiter kann alle Einrichtungen des Hotels jederzeit nützen.“ Für die 37-Jährige ist so sichergestellt, dass der Kontakt Personal–Gast gepflegt wird. „Weiters darf jeder aus unserem Personal, der etwas gut und gerne macht, dies auch den Gästen anbieten. So geht beispielsweise ein Koch mit den Gästen wandern“, schildert die Kärntnerin. Natürlich ist das bezahlte Arbeitszeit. Bewährt hat sich auch die viersäulige Mitarbeiterakademie. Dazu zählen Weiterbildung mit Pflichtmodulen wie Maschinenkunde in der Küche oder Kochkurse als Freiwilligenmodul. Acht Module werden jährlich angeboten. Die weiteren Säulen nennen sich „Hochschober- und Turrachkunde“, „Beziehungsmanagement“ („Persönlichkeitsentwicklung“, „Teambildung“ und „Führungsverhalten“) sowie die „Freizeitakademie“. „Unsere Mitarbeiter können Tanz-, Sprach und Sportkurse besuchen. Das wird zu einem Teil von uns gesponsert“, sagt Leeb. So verhindert sie, dass die Mitarbeiter ihre Freizeit nur im Zimmer verbringen.
Mit dem Personal nach Las Vegas
Regelmäßig begeben sich die Hoteliers mit dem Führungspersonal auf Reisen. Heuer ging es mit 14 Leuten nach Las Vegas. Leeb sieht das jedoch nicht als Urlaub, sondern als Studienreise, die von den „Hochschobers“ zur Gänze bezahlt wird: „Wir wollten, dass unsere Mitarbeiter einen Betrieb mit 4000 Betten kennen lernen und unsere Köche in Spitzenrestaurants essen.“ Fährt man mit dem gesamten Personal für drei Tage nach London, Tunesien oder Istanbul, will man auf diesem Weg einfach „danke sagen“. Und wenn Ideen bei der Konkurrenz gesucht werden, quartiert man Mitarbeiter einfach offiziell (!) dort ein und hofft, dass diese innovative Vorschläge mit nach Hause bringen.
Casting-Show in Hamburg
„Für mich ist ein Casting die einzige Möglichkeit, neue Mitarbeiter zu bekommen“, ist Marc Ciunis, Geschäftsführer des East Hotels in Hamburg, überzeugt. Dieser Einladung folgten 2003 auch rund 400 Leute, aus denen 90 ausgewählt wurden. „Wir suchten Leute, die gut drauf sind, zu uns passen und sich verändern wollten“, erzählt Ciunis. Nach Gesprächen, einem Fach- und einem Kreativtest avancierte beispielsweise ein Tischler zum Barkeeper oder auch der Mechaniker zum Rezeptionisten. „Natürlich arbeiten wir auch mit gelerntem Personal, aber für die Bar oder das Service sind uns nicht gelernte Kräfte lieber.“ Der Hamburger ist überzeugt: „Einen guter Kellner, der ein Arschloch ist, kriegt man nicht zu den Gästen, aber einen Nichtkellner, der gut mit Menschen kann, kann man zu einem machen. Denn alles ist erlernbar.“ 60 Prozent des Personals im East Hotel entstammen Castings und die Fluktuation ist gering: „Geld ist nur ein kurzfristiger Motivator. Auf das Klima kommt es an“, meint der 42-Jährige. So ist im Designhotel jeder mit jedem per Du. Den Mitarbeitern wird auch bewusst gemacht, dass sie im eigenen Betrieb aufsteigen können.“ Wenig hält Ciunis davon, dass sein Personal dieselben Einrichtungen wie die Gäste nützt: „Nur in Ausnahmefällen. Manch ein Gast findet es nicht angenehm, wenn derjenige der neben ihm schwitzt, ihn am Abend bedient.“
>>Wie man Talente bindet
1. Nur ein positives Arbeitsklima hält das Personal für längere Zeit an einem Arbeitsplatz.
2. Geben Sie Ihren Mitarbeitern immer wieder das Gefühl, dass sie wichtig und unverzichtbar für Sie sind.
3. Achten Sie auf die Einhaltung der Arbeitszeiten.
4. Bieten Sie ihnen Chancen, in Ihrem Hotel bzw. Restaurant aufsteigen zu können.
5. Geben Sie engagierten jungen Mitarbeitern die Chance zurückzukehren, sollte es sie der Erfahrungen wegen zur Konkurrenz ziehen.
6. In manchen Betrieben hat sich das „Du“ untereinander bewährt; auch gegenüber der Chefin bzw. dem Chef.
7. Geben Sie den Mitarbeitern die Möglichkeit, ihre Geburtstage im Betrieb zu feiern.
8. Bietet die Umgebung des Arbeitsplatzes wenig Abwechslung, schaffen Sie Freizeitmöglichkeiten für Ihr Personal (Sport, Ausflüge, Weiterbildung).
9. Ermöglichen Sie den Mitarbeitern, Einrichtungen in Ihrem Haus zu nützen – sei es zu vorgegebenen Zeiten oder zu jeder Zeit.