Charcuterie: Wie Pasteten Paris erobern
Dass es zahlreiche Parallelen gibt zwischen der Erzeugung von Pasteten und der Kunsttischlerei, steht für Marion Sonier völlig außer Frage. „In beiden Fällen handelt es sich um ein altes Handwerk, für das es ein gehöriges Maß an Inspiration und Kreativität braucht. Die Arbeit ist in beiden Fällen genauso komplex wie minutiös, zahlreiche Handgriffe ähneln sich, auch viele Schnitte und Feinabstimmungen“, sagt die gelernte Kunsttischlerin, die inzwischen lieber Pasteten macht. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Yohan Lastre betreibt Sonier eine Metzgerei im schicken 7. Pariser Gemeindebezirk.
Mehr Kunst als Kochen
Da es bei den beiden kein frisches, sondern nur veredeltes Fleisch gibt, bezeichnet man so eine Metzgerei im Französischen auch nicht als Metzgerei, also Boucherie, sondern als Charcuterie. Der Begriff steht sowohl für die Wurstwarenhandlung als auch für Pasteten und alle sonstigen Wurstwaren in ihrer Gesamtheit. „Die Berufsbezeichnung Charcutier leitet sich von chaire und cuire ab, also von Fleisch und kochen“, fügt Yohan Lastre an, „womit der Charcutier gewisserweise sowohl Fleischer als auch Koch ist.“ Als Koch hat Lastre in einigen renommierten Küchen der Hauptstadt gearbeitet, darunter im Hotel Ritz, im Café de la Paix und in der traditionsreichen Tour d’Argent. Doch im Jahr 2012 traf der Mittdreißiger eine folgenschwere Entscheidung und beschloss, an den Weltmeisterschaften für Pasteten im Teigmantel teilzunehmen (Championnat du monde de pâté-croûte).
Fast möchte man ja daran zweifeln, doch diese Weltmeisterschaften gibt es tatsächlich. Seit 2009 werden sie alljährlich im südfranzösischen Weinort Tain-l’Hermitage ausgetragen. Und sorgen jedes Jahr für gesteigertes Publikums- und Medieninteresse. Kurz vor den Weltmeisterschaften hat er seine spätere Partnerin Marion Sonier kennengelernt. Und ihr angeboten, gemeinsam den Wettbewerb vorzubereiten. „Anfangs dachte ich, das Ganze sei ein Witz“, sagt Sonier, damals noch von Beruf Kunsttischlerin, „aber dann haben wir uns gemeinsam mehrere Monate vorbereitet und beschlossen, für den Fall, dass wir den Titel erobern sollten, unser eigenes Geschäft zu eröffnen.“
Dass es zahlreiche Parallelen gibt zwischen der Erzeugung von Pasteten und der Kunsttischlerei, steht für Marion Sonier völlig außer Frage. „In beiden Fällen handelt es sich um ein altes Handwerk, für das es ein gehöriges Maß an Inspiration und Kreativität braucht. Die Arbeit ist in beiden Fällen genauso komplex wie minutiös, zahlreiche Handgriffe ähneln sich, auch viele Schnitte und Feinabstimmungen“, sagt die gelernte Kunsttischlerin, die inzwischen lieber Pasteten macht. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Yohan Lastre betreibt Sonier eine Metzgerei im schicken 7. Pariser Gemeindebezirk.
Mehr Kunst als Kochen
Da es bei den beiden kein frisches, sondern nur veredeltes Fleisch gibt, bezeichnet man so eine Metzgerei im Französischen auch nicht als Metzgerei, also Boucherie, sondern als Charcuterie. Der Begriff steht sowohl für die Wurstwarenhandlung als auch für Pasteten und alle sonstigen Wurstwaren in ihrer Gesamtheit. „Die Berufsbezeichnung Charcutier leitet sich von chaire und cuire ab, also von Fleisch und kochen“, fügt Yohan Lastre an, „womit der Charcutier gewisserweise sowohl Fleischer als auch Koch ist.“ Als Koch hat Lastre in einigen renommierten Küchen der Hauptstadt gearbeitet, darunter im Hotel Ritz, im Café de la Paix und in der traditionsreichen Tour d’Argent. Doch im Jahr 2012 traf der Mittdreißiger eine folgenschwere Entscheidung und beschloss, an den Weltmeisterschaften für Pasteten im Teigmantel teilzunehmen (Championnat du monde de pâté-croûte).
Fast möchte man ja daran zweifeln, doch diese Weltmeisterschaften gibt es tatsächlich. Seit 2009 werden sie alljährlich im südfranzösischen Weinort Tain-l’Hermitage ausgetragen. Und sorgen jedes Jahr für gesteigertes Publikums- und Medieninteresse. Kurz vor den Weltmeisterschaften hat er seine spätere Partnerin Marion Sonier kennengelernt. Und ihr angeboten, gemeinsam den Wettbewerb vorzubereiten. „Anfangs dachte ich, das Ganze sei ein Witz“, sagt Sonier, damals noch von Beruf Kunsttischlerin, „aber dann haben wir uns gemeinsam mehrere Monate vorbereitet und beschlossen, für den Fall, dass wir den Titel erobern sollten, unser eigenes Geschäft zu eröffnen.“
Und genauso kam es auch. 2012 wurde Lastre zum Weltmeister gekürt, 2016 eröffnete man die Charcuterie namens Lastre sans Apostrophe. Seitdem drängen sich die Pariser in dem Geschäftslokal in der Nähe der Seine und des Eiffelturms. „Über viele Jahre führte unser Beruf ein relatives Schattendasein“, sagt Gilles Vérot, der wohl bekannteste Charcutier von Paris und gewisserweise höchste Instanz auf dem Gebiet, „vor allem Pasteten galten lange Zeit als nicht mehr zeitgemäß, als zu altbacken und zu fetthaltig. Doch das Image hat sich inzwischen radikal geändert.“
Tatsächlich ist vor allem die Pastete im Teigmantel wieder schwer angesagt in Frankreichs Restaurants, Charcuteries und Delikatessengeschäften. Und das ist, so sind sich Vérot und das Paar Lastre und Sonier einig, zu einem großen Teil der Weltmeisterschaft zu verdanken. „Durch sie haben unsere Produkte und unser Berufsstand wieder mehr Anerkennung erhalten“, betont Vérot, „was freilich auch damit zusammenhängt, dass die Pasteten optisch sehr viel hergeben, was in Zeiten von Facebook, Instagram und Co alles andere als ein Nachteil ist.“
Dennoch würden bei dem Wettbewerb keinesfalls nur die „Instagramtauglichkeit“ der konkurrierenden Produkte bewertet, wie der Star-Charcutier beteuert, sondern selbstverständlich auch zahlreiche weitere Kriterien, darunter Geschmack, Konsistenz, Bekömmlichkeit, Balance oder auch Umfang und Festigkeit des Teigmantels.
Der Hype im Teigmantel
In ihrer Boutique-Metzgerei holt Marion Sonier eine Pastete hervor, von der sie meint, dass sie durchaus das Zeug hätte, um an den Weltmeisterschaften teilnehmen zu können. Doch aus irgendeinem Grund seien Fisch und Meeresfrüchte dort leider nicht zugelassen. „Ich habe sie mit frischem bretonischen Hummer, mit Hühnerfleisch sowie Estragon und dem süßlichen Espelette-Paprika aus dem Baskenland gemacht“, sagt Sonier, während sie mit einem langen Messer und mit viel Bedacht dünne Scheiben von der Pastete absäbelt, auf deren knusprig gebackenem teigigen Äußeren Hummer abgebildet sind. Aufgeschnitten sieht das Ganze tatsächlich mehr als spektakulär aus. Umfasst von der Hühnerfleischmasse und dem knallroten Paprika zeigen sich zwei blitzweiße Stücke vom Hummerschwanz, das Gesamte umhüllt von einer dünnen Schicht knusprigen Brotes, dazwischen Gelee aus Hühnerbouillon.
Allein schon optisch drängt sich der Begriff Kunstwerk auf. Geschmacklich ist die Pastete eher mild, der Paprika sorgt für süßliche Noten, der Hummer für einen Hauch von Meer. Die Konsistenz ist fest, aber keinesfalls zu trocken und schon gar nicht zu fett, wie das bei industriell oder weniger sorgsam erzeugten Pasteten häufig der Fall ist. Alles in allem ein wahres Erlebnis. „Für die Herstellung eines gelungenen Paté en croute muss man mindestens drei Tage, meistens aber vier rechnen“, betont Yohan Lastre, während er stolz die Pastete seiner Partnerin verkostet.
„Am ersten Tag müssen die Fleischsorten mariniert werden, am zweiten werden sie gekocht, am dritten kommt das Gelee dazu und schließlich der Mantel aus Brot- oder Blätterteig, den viele erst am vierten Tag anbringen. Dabei kann das Ganze jederzeit mächtig danebengehen. Ob man alles richtig gemacht hat, zeigt sich erst, wenn man die Pastete anschneidet.“ Alles ziemlich zeit- und arbeitsaufwendig, und somit alles andere als Fast Food.
Und vielleicht gerade deshalb heutzutage so angesagt. „Die Pastete im Teigmantel ist ein Luxusprodukt und gewisserweise das genaue Gegenteil von Convenience“, betont auch Gilles Vérot, dessen Vater und Großvater bereits erfolgreiche Charcutiers waren, „vermutlich ist es genau diese Rückkehr zum Handwerk, zu Kreativität und zur Einzigartigkeit, was die Leute an unserer Arbeit so sehr schätzen.“ Die Zubereitungsart selbst sei schon viele Hundert Jahre alt, fährt er fort. Bereits im Mittelalter habe man Fleischpasteten in Teig gepackt, um sie haltbar zu machen. Gegessen wurde der Teigmantel damals nicht, dafür sei er viel zu hart gewesen.
Nach der Französischen Revolution und bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts galt die Pastete im Brotteig als zentrales Element der französischen Tafel. Und als Aushängeschild der großen Köche dieser Zeit, die sich darin übertrafen, fleischliche Kunstwerke zu schaffen. Der Untergang In den 70er-Jahren seien dann industrielle Produkte im Supermarkt aufgetaucht, in der Regel geschmackloses Zeug, häufig auch noch unattraktiv in Plastik eingeschweißt, so Vérot weiter.
Langsam verlor das einstige Vorzeigestück der französischen Gastronomie seine Aura und in Folge auch seine Bedeutung. Doch jetzt ist sie wieder da und angesagt. Und mit ihm das uralte Handwerk. „Was ich wie viele andere an dem Beruf so faszinierend finde“, sagt Yohan Lastre, „ist nicht allein die ständige Herausforderung an die eigene Fantasie und Kreativität, sondern auch die Tatsache, dass in der Charcuterie alle Berufe zusammenfließen, die mit Essensproduktion zu tun haben. Also der Beruf des Kochs, jener des Bäckers, des Pâtissiers, des Chocolatiers und des Metzgers.“
Inzwischen befassen sich auch viele Köche und Küchenchefs mit der Materie. So ist etwa der aktuelle Weltmeister der Pastete in Teigmantel der Sous Chef des Pariser 3-Sterne-Restaurants L’Ambroisie, der Japaner Chikara Yoshitomi. Seinen Sieg erzielte er mit einer Wildentenpastete mit Wacholder. Zweiter wurde dessen Landsmann Yoshiaki Sakaguchi vom gleichfalls in Paris beheimateten Restaurant Le Boudoir mit einer Kalbspastete mit Foie gras.
Und auch ein dritter Preis ging an einen Japaner, nämlich der Spezialpreis der Pasteten-Bruderschaft, den Osamu Tsukamoto vom Cerulean Tower Hotel in Tokio erhielt. „Viele Japaner lieben die französische Küche und beherrschen deren Techniken wie kaum wer“, versucht Vérot den hohen Anteil an japanischen Preisträgern zu erklären, „meistens sind sie sehr genau und sorgfältig, mit einem ausgeprägten Gefühl für Perfektion und Ästhetik.“
Doch nicht nur die Japaner seien auf den Geschmack gekommen, fügt der Charcutier an. Auf der ganzen Welt wachse inzwischen das Interesse für die klassische französische Charcuterie und für ihre fein ziselierten Kunstwerke. Gilles Vérot müsste wissen, wovon er spricht. Hat er doch selbst längst ins Ausland expandiert. Indem er gemeinsam mit dem Sternekoch Daniel Boulud eine Charcuterie in New York und eine weitere in London betreibt.