Ike Jime

Schneller und respektvoller Tod: Warum die japanische Fischtötungs-Methode Ike Jime human ist, aber auch mehr Geschmack bringt.
November 13, 2015

 japanische Fischtötungs-Methode Ike Jime
Fotos: Helge O. Sommer, Illustration: Vanessa Katyi-Narr

Ein Tier töten? Niemals! Aber die steril abgepackten Fischfilets kaufen wir gerne beim Lieferanten. Fleisch essen heißt Tiere töten. Damit ist die Frage nach dem Für und Wider des Fleischkonsums nicht nur eine ökonomische, eine des Lifestyles oder der Gesundheit, sie ist vor allem auch eine der Moral. Im Zuge der sich weltweit rasant entwickelnden Aquakultur ist insbesondere in unseren Breitengraden die Diskussion über Tierschutzaspekte bei der Haltung und der Schlachtung von Fischen wieder aufgekommen. Dabei spielt der Umstand, dass es sich bei vielen Aquakulturunternehmen um große industrielle Betriebe handelt und die Gefahr besteht, dass die Tiere gleich einer Massenware produziert und verarbeitet werden, eine große Rolle. Zudem treten neue Erkenntnisse aus der Neurophysiologie den Beweis an, dass es auch bei Fischen eine Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung gibt. Ferdinand Trauttmannsdorff vom Gut Dornau ist Österreichs renommiertester Fischhändler, bei dem die Größen der Branche guten Gewissens ihren Fisch kaufen. Seit ein paar Jahren setzt er sich auch intensiv mit der japanischen Fischtötungsmethode Ike Jime auseinander, da ihn 2-Sterne-Koch Heinz Reitbauer auf die Methode aufmerksam machte.

Und für Trauttmannsdorff ist diese Technik vor allem eines: eine humane Art der Tötung. Geht es nach dem Fischzüchter, stehen bei dieser Art drei Ziele im Vordergrund: erstens, den Fisch schnell und respektvoll zu töten. Zweitens, ihn so vollständig wie möglich ausbluten zu lassen, um das vom Stress mit Milchsäure versetzte Blut nicht im Fischfleisch zu belassen. Und drittens, die Zeit bis zum Eintritt der Todesstarre so lange wie möglich hinauszuzögern. Die in Japan für Sushi-Qualität vorgeschriebene Methode Ike Jime, im Englischen Spiking genannt, ähnelt der Bolzenschussmethode, die bei Säugetieren angewendet wird. „Dabei wird manuell oder mit einer Druckpistole…

 japanische Fischtötungs-Methode Ike Jime Fotos: Helge O. Sommer, Illustration: Vanessa Katyi-Narr

Ein Tier töten? Niemals! Aber die steril abgepackten Fischfilets kaufen wir gerne beim Lieferanten. Fleisch essen heißt Tiere töten. Damit ist die Frage nach dem Für und Wider des Fleischkonsums nicht nur eine ökonomische, eine des Lifestyles oder der Gesundheit, sie ist vor allem auch eine der Moral. Im Zuge der sich weltweit rasant entwickelnden Aquakultur ist insbesondere in unseren Breitengraden die Diskussion über Tierschutzaspekte bei der Haltung und der Schlachtung von Fischen wieder aufgekommen. Dabei spielt der Umstand, dass es sich bei vielen Aquakulturunternehmen um große industrielle Betriebe handelt und die Gefahr besteht, dass die Tiere gleich einer Massenware produziert und verarbeitet werden, eine große Rolle. Zudem treten neue Erkenntnisse aus der Neurophysiologie den Beweis an, dass es auch bei Fischen eine Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung gibt. Ferdinand Trauttmannsdorff vom Gut Dornau ist Österreichs renommiertester Fischhändler, bei dem die Größen der Branche guten Gewissens ihren Fisch kaufen. Seit ein paar Jahren setzt er sich auch intensiv mit der japanischen Fischtötungsmethode Ike Jime auseinander, da ihn 2-Sterne-Koch Heinz Reitbauer auf die Methode aufmerksam machte.

Und für Trauttmannsdorff ist diese Technik vor allem eines: eine humane Art der Tötung. Geht es nach dem Fischzüchter, stehen bei dieser Art drei Ziele im Vordergrund: erstens, den Fisch schnell und respektvoll zu töten. Zweitens, ihn so vollständig wie möglich ausbluten zu lassen, um das vom Stress mit Milchsäure versetzte Blut nicht im Fischfleisch zu belassen. Und drittens, die Zeit bis zum Eintritt der Todesstarre so lange wie möglich hinauszuzögern. Die in Japan für Sushi-Qualität vorgeschriebene Methode Ike Jime, im Englischen Spiking genannt, ähnelt der Bolzenschussmethode, die bei Säugetieren angewendet wird. „Dabei wird manuell oder mit einer Druckpistole ein Dorn in das Hirn des Fisches getrieben, der bei exakter Anwendung zur sofortigen Bewusstlosigkeit und Bewegungslosigkeit der Fische führt“, schildert der Fischexperte den Vorgang. Bei kleineren Fischen ist jedoch die Lage des Gehirns schwieriger auszumachen als bei größeren Arten wie beispielsweise bei Thunfisch und daher nur für sehr erfahrene Personen empfehlenswert. Verläuft der Prozess optimal, sind Augendrehreflex und Kiemendeckelbewegungen sofort nach dem Applizieren des Schlages nicht mehr vorhanden, Muskelzittern auf ein Minimum begrenzt und es gibt keine Reaktion der Fische während des Ausblutens.

respektvoller Tod, japanische Methode

Und dabei sind wir auch schon beim wichtigsten Punkt: das sorgfältige Ausbluten. Das wird mit einem Schnitt durch den oberen Bereich der Kiemen erreicht, wo die Hauptarterie des Fisches verläuft. Der dritte Schnitt durchschneidet dann die Wirbelsäule knapp vor dem Schwanz, ohne diesen aber vom Körper zu trennen. Danach legt man den Fisch in Salzwasser mit Crashed Ice. Der osmotische Druck hilft in weiterer Folge, das Blut aus dem Körper zu bekommen. Das Herz des Tieres schlägt noch einige Zeit weiter und erledigt den Rest. Bei der Verwendung einer Kanüle anstelle eines Dorns wird zusätzlich Druckluft in das Gehirn des Fisches gepresst und dieses somit zerstört. Dabei ist die exakte Ausrichtung nicht von so entscheidender Bedeutung wie bei der Verwendung eines Dorns und die Methode scheint etwa auch bei afrikanischen Welsen gut anwendbar zu sein.

Worin liegen jetzt neben den moralischen Aspekten die kulinarischen Vorteile dieser Methode? Durch Ike Jime geschlagener Fisch hat nicht nur eine bessere Konsistenz und süßeren Schmelz, er ist auch erheblich länger haltbar. Dazu bekommt der Fisch die Eigenschaft, während der Lagerung zu reifen und dadurch noch an Qualität zu gewinnen. Der Zusammenhang zwischen Schlachtpraktik und Fleischqualität bei Fischen wurde in den letzten Jahren immer wieder untersucht und die Ergebnisse zeigen, dass Betäubungs- und Tötungsverfahren, die langsam und potenziell stressvoll für die Tiere sind, sich negativ auf die Fleischtextur, Optik und Lagerzeit auf Eis auswirken können. Die Qualität von Fischfleisch wird unter anderem anhand der Parameter Fleischfestigkeit, Wasserbindevermögen, pH-Verlauf sowie der Fettoxidation während der Eislagerung und der Kochfestigkeit beurteilt. Letztere heißt auch Gaping und bezeichnet den Zerfall der Filets in die einzelnen Muskelfilamente. Kurz gesagt heißt das, dass sich eine humane Tötung sowie das Vermeiden von lang anhaltendem Stress vor der Betäubung positiv auf die Produktqualität auswirken.

Ike Jime ist in Deutschland und Österreich gesetzlich noch nicht verankert und deswegen betreibt es Ferdinand Trauttmannsdorff auch noch nicht im großen Stil, sondern nur für vier Spitzenköche. „Es ist ja natürlich ein zeitlicher Mehraufwand, der sich auch im Preis niederschlägt.“ Bei durch Ike Jime getöteten Fischen muss man mit einem Aufschlag von bis zu 30 Prozent rechnen.

www.gutdornau.at

Normaler Tod vs. Ike Jime

Heinz ReitbauerQualitätsfanatiker

Die Devise Heinz Reitbauers:
Nur weil etwas neu ist, hat es nicht automatisch Qualität.
Es muss auch kulinarischen Sinn ergeben. Darum hat sich
Österreichs Nummer eins auch schon vor Jahren mit Ike Jime beschäftigt.

Wie sind Sie auf diese Fischtötungsart gestoßen?
Heinz Reitbauer: Ich habe vor etwa vier Jahren irgendwo davon gelesen, dass es in Japan, vor allem auf dem Tsukiji-Fischmarkt, praktiziert wird. Das hat mich natürlich gleich sehr interessiert, da gerade für Sashimi eine extrem hohe Fischqualität wichtig ist. Wir haben dann auch gleich selbst angefangen, diese Methode zu testen, und uns lebende Fische liefern lassen. Dann haben wir mehrere Monate selbst geschlachtet und experimentiert, bis wir mit dem Ergebnis zufrieden waren.

Und dann haben Sie Ihren Fischlieferanten Ferdinand Trauttmannsdorff vom Gut Dornau darauf angesprochen?
Reitbauer: Genau. Auch Herr Trauttmannsdorff kannte diese Methode nicht. Er hat sie für uns erlernt und beliefert uns seit damals mit Fischen, die nach dieser Tötungsart geschlachtet werden.

Was sind für Sie die Vorteile dieser Variante?
Reitbauer: Also der augenscheinlichste Vorteil ist natürlich jener, dass sich das Fleisch ungleich weißer präsentiert. Zudem kann man auch sagen: Je weniger Blut, desto sauberer der Geschmack. Wobei ich hier anmerken muss, dass Geschmack etwas sehr Subjektives ist. Dafür gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg.

Welche Veränderungen am Fisch haben Sie sonst noch festgestellt?
Reitbauer: Man kann das Fleisch früher als bei herkömmlich geschlachteten Fischen verwenden, da es sich nicht so verkrampft. Fischer auf den Booten in Japan wenden diese Methode sehr oft gleich an Ort und Stelle an. Somit ist er binnen kürzester Zeit in optimaler Qualität beim Koch und kann verarbeitet werden. Wir lassen den Fisch jedoch zwei Tage hängen und erzielen somit das für uns bestmögliche Ergebnis.

Online kann man auch lesen, dass durch Ike Jime getötete Fische gereift werden könnnen. Haben Sie damit Erfahrungen?
Reitbauer: Nein. Damit haben wir noch gar nicht experimentiert. Es ist für uns eigentlich auch kein Thema, da wir Fisch so frisch wie möglich auf den Teller bringen wollen.

Ferdinand Trauttmannsdorff verlangt für Fische, die durch diese japanische Tötungsart geschlagen wurden, einen 30-prozentigen Aufschlag. Rechtfertigt die Qualität diese Mehrkosten?
Reitbauer: Ja. Auch wenn, wie schon erwähnt, der Geschmack immer eine rein persönliche Angelegenheit ist, sind die positiven Aspekte bei Ike Jime klar erkennbar: weißeres Fleisch, besserer Geschmack und schnellere Verwendbarkeit. Auch wenn das für viele unwichtige Kleinigkeiten sind, für uns bedeutet das die Chance, durch kleine Details ein Produkt, und in weiterer Folge ein Gericht, noch besser zu machen.

www.steirereck.at

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