Kaninchen im großen F&B-Check
Fotos: Wolfgang Hummer
Kaninchen sind putzig. Extrem süß sogar. Den kleinen stupsnäsigen Wollknäueln den Garaus zu machen, ist nicht jedermanns Sache. Wobei wir wieder einmal beim Thema wären: Töten fällt schwer. Vor allem bei so schnuckeligen Tierchen. Diese Erfahrung wollte auch US-Top-Chef Thomas Keller bewusst wieder einmal machen und drehte elf Stück das Genick höchstpersönlich um. Danach war er fertig mit den Nerven und schwörte, daraus die besten Kaninchenbraten seines Lebens zu machen. Was bei den großartig schmeckenden Langohren kein allzu schweres Unterfangen ist. Kaninchen erlebt deshalb auch ein regelrechtes Revival. Die Gründe sind schnell erklärt: Das Fleisch ist leicht, gesund, mager und außerdem extrem schmackhaft.
Für alle, die Gästen gerne Fettarmes auftischen, ist Kaninchenfleisch deshalb ein gefundenes Fressen. Es enthält weniger Kalorien als Hähnchenfleisch oder Putenfleisch, ist aber ebenso reich an Proteinen und B-Vitaminen. Beim Eisen übertrifft Kaninchenfleisch die geflügelte Konkurrenz mit 3,5 Gramm pro 100 Gramm sogar um fast das Doppelte. Auch sein Gehalt an muskel- und nervenstärkendem Magnesium kann sich durchaus sehen lassen. Das Fleisch ist zart und hell…
Fotos: Wolfgang Hummer
Kaninchen sind putzig. Extrem süß sogar. Den kleinen stupsnäsigen Wollknäueln den Garaus zu machen, ist nicht jedermanns Sache. Wobei wir wieder einmal beim Thema wären: Töten fällt schwer. Vor allem bei so schnuckeligen Tierchen. Diese Erfahrung wollte auch US-Top-Chef Thomas Keller bewusst wieder einmal machen und drehte elf Stück das Genick höchstpersönlich um. Danach war er fertig mit den Nerven und schwörte, daraus die besten Kaninchenbraten seines Lebens zu machen. Was bei den großartig schmeckenden Langohren kein allzu schweres Unterfangen ist. Kaninchen erlebt deshalb auch ein regelrechtes Revival. Die Gründe sind schnell erklärt: Das Fleisch ist leicht, gesund, mager und außerdem extrem schmackhaft.
Für alle, die Gästen gerne Fettarmes auftischen, ist Kaninchenfleisch deshalb ein gefundenes Fressen. Es enthält weniger Kalorien als Hähnchenfleisch oder Putenfleisch, ist aber ebenso reich an Proteinen und B-Vitaminen. Beim Eisen übertrifft Kaninchenfleisch die geflügelte Konkurrenz mit 3,5 Gramm pro 100 Gramm sogar um fast das Doppelte. Auch sein Gehalt an muskel- und nervenstärkendem Magnesium kann sich durchaus sehen lassen. Das Fleisch ist zart und hell, weswegen auch viele geneigt sind, den Geschmack als hühnchenartig zu bezeichnen. Das stimmt natürlich nicht, denn Kaninchenfleisch hat eine eigene blumige, kräuterige Note. Wie die possierlichen Tierchen sonst überzeugen lesen Sie hier.
Hinterkeule
Garen, braten, schmoren oder grillen: alles geht! Eine Hinterkeule wiegt etwa 220 Gramm.
Rücken
Der Rücken wiegt im druchschnitt 360 Gramm. Das tolle Fleisch-Knochen-Verhältnis beträgt 80 Prozent Fleisch, 20 Prozent Knochen.
Leber
Kaninchenleber ist bestimmt eine der feinsten Innereien. Äpfel sowie Schalotten unterstützen den zarten Geschmack auf klassische Art.
Bauchlappen
Nur kurz anbraten. Kann durchaus etwas fester im Biss sein, hat aber einen tollen Eigengeschmack, der keine weitere Sauce braucht.
Nieren
Nieren müssen sehr schnell sautiert werden, sonst werden sie hart. Madeira oder Portwein harmonieren perfekt dazu.
Brustkorb
Extrem zart und saftig. Der Brustkorb liefert aufgrund der Rippen einen tollen Geschmack.
Kopf
Bäckchen und Zunge lassen sich herauslösen und individuell weiterverarbeiten. Auch das Hirn wird gerne zart angebraten.
Herz
Das Herz wird meist mit den anderen Innereien zu einem Ragout oder Parfait verarbeitet. Das Gewicht beträgt um die 85 Gramm.
Vorderteile
Die Vorderteile benötigen eine längere Garzeit. Ungefähr 30 bis 40 Minuten.wiegen etwa 350 Gramm.
Lunge
Kaninchenlunge ist den meisten Lungenarten an Zartheit und Geschmacküberlegen. Schmeckt perfekt mit Knollensellerie oder Kapern.
Stefan Hartmann
Der 36-Jährige ist Inhaber und Küchenchef des Restaurants Hartmanns in Berlin-Kreuzberg.
French-Connection
Durch simple Kreationen aus traditionellen Basics erkochte sich hartmann einen michelin-stern in Berlin-Kreuzberg und trägt den Titel „Berliner Meisterkoch 2008“. Der 36-Jährige ist mit seiner französisch-mediterranen Küche selbstverständlich auch leidenschaftlicher Kaninchenexperte.
Sie haben aktuell einen Gang in Ihrem Menü, der aus beinahe allen Teilen des Kaninchens besteht. Woher kommt das Faible für dieses Tier?
Stefan Hartmann: Kaninchen ist ganz einfach irrsinnig spannend. Schon als ich in Frankreich gearbeitet habe, war dieses Gericht nicht von der Karte wegzudenken. Wir hatten die Tiere damals im Garten im Stall, weil sie ja wirklich einfach zu halten sind. Ich mag bei Kaninchen vor allem die Variationsmöglichkeiten, die man hat. Füllen, Schmoren oder Kurzbraten: Alles ist möglich. Ich finde, dass etwa Stopfleber sehr gut dazu passt. Aber auch Krustentiere sind kein Widerspruch.
Man hört ja immer, dass der Geschmack am ehesten mit Geflügel vergleichbar sei.
Hartmann: Nein. Geflügel würde ich nicht sagen. Es ist vielmehr ein völlig eigenständiger Geschmack, ganz sanft. Die Schultern schmecken meiner Meinung nach ja schon wieder ganz anders als die Keule. Die Keule ist bissfest und der Rücken eher saftig.
Auch die Innereien kommen bei Ihnen auf den Teller. Wie werden diese zubereitet?
Hartmann: Die Nieren brate ich kurz an, schwenke sie in Butter und Thymian. Aus der Leber mache ich meist ein Parfait, Zunge und Bäckchen werden ganz einfach gepökelt.
Welche Garzeiten sollte man denn beachten?
Hartmann: Um ein Kaninchen perfekt auf den Punkt zu garen, braucht man definitiv Erfahrung. Es kann nämlich ganz schnell passieren, dass das Fleisch austrocknet. Den Langohr ins Rohr schieben, sich zurücklehnen und darauf vertrauen, dass standardisierte Garzeiten passen, funktioniert definitiv nicht. Vor allem bei den Keulen muss man beim Schmoren achtgeben. Der Garzeitpunkt variiert meiner Erfahrung nach immer wieder.
Da wäre doch Sous-vide-Garen die praktischste Lösung?
Hartmann: Da muss ich gleich anmerken, dass ich nicht der große Fan von Niedrigtemperaturgaren bin. Aktuell muss offensichtlich alles in den Plastiksack. Man bekommt vor allem bei Sous-vide sehr oft den Eindruck, dass viele die Technik nur benutzen, weil es gerade so angesagt ist. Es ist scheinbar extrem cool, Dinge für 38 Stunden ins Wasserbad zu schmeißen. Ich finde, dass sous-vide-gegarte Kaninchen nur halb so gut schmecken wie solche, die bei 140 Grad geschmort wurden.
Schmoren scheint also generell die beliebteste Zubereitungsmethode zu sein?
Hartmann: Ja. Wer Kaninchenfleisch mag, liebt es vor allem geschmort, denn bei dieser Zubereitungsmethode bleibt das magere Fleisch schön saftig. Mir persönlich schmeckt Kaninchen am besten, wenn man es nach mediterraner Art, zum Beispiel mit Artischocken, Fenchel oder Ochsenherztomaten, schmort.
Sie kreieren spannende Gerichte wie etwa „Kaninchenschinken mit Erbsravioli, Steinpilzen und grünem Spargel“. Welche Varianten stehen aktuell auf der Karte?
Hartmann: Derzeit haben wir einen Gang, der sich „Dreierlei vom Kaninchen“ nennt. Das sind Nieren, Leber und Filet mit einem mürbe salzig-knusprigen Lardo-Schinken auf zitronig-tomatigen Linsen.
Experimentieren Sie eigentlich auch gerne mit den etwas exotischer anmutenden Teilen?
Hartmann: Klar doch! Man lässt sich da von den Kollegen inspirieren und probiert auch manches aus. Nur die Küchenfreaks unter uns kommen auf die Idee, etwa die kleinen Kaninchen-Bäckchen rauszuschneiden, um damit etwas Feines zu zaubern? Ich bin der Meinung, dass man alles ausprobieren sollte. Das Kaninchen eignet sich für spannende Experimente ganz besonders.
Warum Kaninchen rockt:
– Best of the best
Es ist bestimmt eine der besten weißen Fleischsorten, die am Markt derzeit erhältlich sind. Es hat einen hohen Prozentsatz an leicht verdaulichem Protein. Frisches Fleisch erkennt man an einer ebenmäßigen rosa Färbung ohne dunkle Flecken oder trockene Stellen. Es sollte saftig und prall aussehen. Kaninchenfleisch ist nahezu cholesterinfrei und daher vor allem für Herzpatienten zu empfehlen.
– Gesunde Geschmacksbombe
Es enthält den geringsten Fettanteil im Vergleich zu allen anderen erhältlichen Fleischarten. Zudem hat es auch weniger Kalorien als alle anderen. Kaninchenfleisch enthält im Vergleich zu anderen Fleischsorten einen höheren Anteil gesunder Fettsäuren: Linolsäure, eine Omega-6-Fettsäure, eine Alfa-Linolsäure, eine Omega-3-Fettsäure. Der Sodiumgehalt ist im Vergelich zu anderen auch extrem niedrig, wobei der Kalzium- und Phosphoranteil viel höher liegt.
– Fleißig und fleischig
Man findet am Kaninchen im direkten Vergleich zu Huhn mehr Fleisch am Knochen. Zudem sind sie die produktiv-sten domestizierten Haustiere, die es gibt. Im Vergleich zu Kühen können Kaninchen im selben Fütterungsverhältnis drei Kilogramm Fleisch produzieren, die Wiederkäuer hingegen nur einen Kilo.
– Saisonaler Dauerbrenner
Es ist bestimmt eine der besten weißen Fleischsorten, die am Markt derzeit erhältlich sind. Es hat einen hohen Prozentsatz an leicht verdaulichem Protein. Frisches Fleisch erkennt man an einer ebenmäßigen rosa Färbung ohne dunkle Flecken oder trockene Stellen. Es sollte saftig und prall aussehen. Kaninchenfleisch ist nahezu cholesterinfrei und daher vor allem für Herzpatienten zu empfehlen.
Anteil Fett und Protein in Prozent
Eine Kaninchenkeule liefert besonders mageres Fleisch. In etwa vier Gramm Fett je 100 Gramm. Die Rücken- und Schulterpartien sind etwas fettreicher und haben ungefähr acht, maximal zwölf Gramm je 100 Gramm. Mit durchschnittlich acht Gramm Fett je 100 Gramm gehört Kaninchenfleisch zu den magersten Fleischsorten. Die geringen Fettmengen in Kaninchenfleisch bestehen zu ungefähr einem Drittel aus gesättigten Fettsäuren und zu fast zwei Dritteln aus cholesterinfreien ungesättigten Fettsäuren. Im Vergleich zu vielen anderen Fleischsorten enthält Kaninchenfleisch zudem mehr herzfreundliche Omega-3-Fettsäuren. Seine günstige Fettsäurezusammensetzung und seinen feinen Geschmack verdankt das Kaninchenfleisch der ausgewogenen Ernährung, welche sich beispielsweise aus Luzernen und Leinsaat zusammensetzt. Zuchtkaninchen werden mit zwölf oder 13 Wochen, also jung geschlachtet. Das Fleisch der Jungtiere enthält wenig Kollagen und ist zart, saftig und leicht verdaulich.
Kopf
Schlachter freuen sich, wenn Kunden den Kopf entfernen lassen, denn das ist dann ihr geniales Mittagessen! In Südfrankreich etwa wird eine Art Frikassee aus den Kaninchenköpfen hergestellt.
Zunge
Extrem zart und fein im Geschmack. Das Zubereitungsverfahren im Vergleich zu größeren Tierzungen bleibt das gleiche. Nur Garzeitund Temperatur ändert sich. Etwa acht Zentimeter groß.
Backen
Ein Highlight, nicht nur für Kaninchenfans. Die fünf Zentimeter großen Kaninchenbäckchen mit einem scharfen Messer von Fett und Sehnen befreien. Schmeckt am Besten geschmort.