(Kein) Bock auf Ziege?
Es ist eine Milchmädchenrechnung. Wenn ein Ziegenbock pro Saison locker 30 Ziegen decken kann und dann im Schnitt drei Ziegen pro Wurf auf die Welt kommen, platzt jeder Stall bald aus den Nähten. Aber – und das ist vielen Milchkonsumenten nicht bewusst – damit eine Ziege Milch gibt, muss sie wenigstens einmal trächtig gewesen sein. Wer nun eins und eins zusammenzählt, kommt zwangsläufig zum stets gleichen Schluss: Viele Jungtiere, vor allem die männlichen, werden nicht erwachsen. Sie landen auf dem Teller. Oder zumindest wäre das der Idealzustand, schließlich ist Ziegenkitzfleisch eine wahre Delikatesse.
Es ist eine Milchmädchenrechnung. Wenn ein Ziegenbock pro Saison locker 30 Ziegen decken kann und dann im Schnitt drei Ziegen pro Wurf auf die Welt kommen, platzt jeder Stall bald aus den Nähten. Aber – und das ist vielen Milchkonsumenten nicht bewusst – damit eine Ziege Milch gibt, muss sie wenigstens einmal trächtig gewesen sein. Wer nun eins und eins zusammenzählt, kommt zwangsläufig zum stets gleichen Schluss: Viele Jungtiere, vor allem die männlichen, werden nicht erwachsen. Sie landen auf dem Teller. Oder zumindest wäre das der Idealzustand, schließlich ist Ziegenkitzfleisch eine wahre Delikatesse.
Allein, in Deutschland und Österreich ist diese Kostbarkeit fast gänzlich in Vergessenheit geraten. Und das bei steigendem Ziegenmilchbedarf. „Ein Dilemma“, bestätigt Roland Taferner, Geschäftsführer des Österreichischen Bundesverbands für Schafe und Ziegen. Er präzisiert: „Wir haben schlichtweg einen Überschuss an Ziegenkitzfleisch. Und wir wollen alles daran setzen, um zu verhindern, dass ähnliche Schauergeschichten wie etwa in den USA oder in Holland auftauchen.“ Damit spricht der 31-jährige Fachmann davon, dass in industriellen Ziegenmilchbetrieben männliche Nachkommen in manchen Ländern nicht einmal mehr zu Tierfutter verarbeitet werden, sondern schlichtweg auf dem Müll landen.
Eben aus diesem Grund hat er nun gemeinsam mit engagierten Landwirten die Plattform goatober.at ins Netz gestellt. Ein Portal, das Ziegenbauern und Gastronomen zusammenführt, um „köstliches, ethisches und nachhaltiges Ziegenfleisch in den Mainstream zu manövrieren“, so die offizielle Zielsetzung. Ein Angebot, von dem etwa Richard Rauch vom Steira Wirt im österreichischen Bad Gleichenberg begeistert ist. „Es ist der richtige Weg, dass Landwirte die Küchen der Top-Köche suchen“, sagt er. Schließlich sind es Chefs wie er, die die Trends und Themen vorgeben. „Dort kommt der Endverbraucher am ehesten auf den Geschmack und integriert im Idealfall das Produkt infolgedessen in seiner eigenen Küche“, so der Zwei-Hauben-Koch. Gerade bei dem fettarmen, leicht nussigen Fleisch der Jungziegen sollte das ein Kinderspiel sein, hofft er, und fügt an: „Man muss endlich diese Mär ausräumen, wonach Ziegenkitzfleisch böckelt. Das stimmt einfach nicht.“
Kein Abfall der Milchwirtschaft
Lange vor der Gründung von goatober.at hat Heinz Reitbauer das Thema Ziegenkitz verstanden. Seit vielen Jahren serviert er das Fleisch junger Ziegenkitze den Gourmets, die in seinem Steirereck im Stadtpark in Wien stets das Beste vom Besten suchen. „Es ist eine der hochwertigsten Fleischarten, die man erkochen kann“, sagt er. Und ärgert sich gleichzeitig über die Arroganz, mit der wir als Gesellschaft mit dem Thema umgehen.
„Eigentlich“, so Reitbauer, „dürfte es so etwas wie Fleischüberschuss gar nicht geben.“ Das sei schlicht ein alarmierendes Symptom eines aus dem Gleichgewicht geratenen Kreislaufs. Kurz gesagt: Es ist total verkehrt, dass es im Handel zwar überall Ziegenmilch gibt, Ziegenkitzfleisch aber meist nicht einmal beim Fleischer ums Eck. Deshalb würde dieses so hochexklusive Produkt als „Abfall der Milchwirtschaft“ angesehen, sagt Reitbauer.
Auch das Ende muss gut sein
Eine traurige Tatsache, von der auch Eveline und Josef Höllerer ein Lied singen können. Sie betreiben eben jenen Bio-Ziegenhof im Waldviertel, dessen Fleisch Heinz Reitbauer so gern verarbeitet. Und sie erzählen: „Wir haben vor vielen Jahren den Betrieb von Kuh- auf Ziegenmilchwirtschaft umgestellt. Das aber erst nachdem wir einen Weg gefunden hatten, das Fleisch der männlichen Kitze auch wirklich sinnstiftend zu verarbeiten“, erzählen sie. Heute schlachten sie die Kitze sogar selbst. Um garantieren zu können, dass kein Tier Angst leiden musste. Und wirklich ethisch-nachhaltiges Fleisch auf den Tellern der Spitzengastronomie landet.