Wie viel „Bio“ ist wirklich im Wein?

5 Mrd. Euro wurden 2007 allein in Deutschland mit Bioprodukten umgesetzt. Und der Markt wächst und wächst und …
November 13, 2015

Eine Weinflasche mit Weinblättern (Bio)Logisch – an diesem Kuchen wollen alle mit-naschen, auch die Rebenheger dieser Erde. Ganz genaue Daten fehlen zwar – der Anteil naturnah bewirtschafteter Rebflächen dürfte aber weltweit bei 2 % liegen. Europaweit führt Italien mit 32.000 ha an extragrünen Weingärten, nach prozentuellem An-teil am Gesamtweinbau folgen Frankreich, Österreich und Deutschland. In Übersee ist „organic wine“ das Thema schlechthin: Konsequent und innovativ wie nirgendwo sonst wird in Kalifornien gearbeitet (zwecks Check vor Ort empfiehlt sich u. a. die „winery“ der Familie Fetzer), Argentinien boomt gewaltig, ähnlich starke Trends ins Grüne werden auch aus Chile und Australien gemeldet. Man glaubt kaum, welche Stars am Weinhimmel mittlerweile grün arbeiten! Wenn ihre Namen in den Listen der diversen Ökoverbände noch nicht auftauchen, dann auch deshalb, da sie möglicherweise gerade von konventionell auf ökologisch umstellen. Im Regelfall bedeutet dies drei Jahre im „luftleeren“ Raum. Auch eine Variante: Da arbeitet eine(r) nach strengem, biologischen Regelwerk, hat aber absolut kein Interesse an irgendeiner Mitgliedschaft, an Kontrolle und hohen Gebühren. Was macht er überhaupt, der Biowinzer? Spritzt er um Mitternacht seine Rebstöcke, träufelt er Krötenblut auf die Triebspitzen, setzt er Schamanen ein, um Schädlinge zu vertreiben? Blödsinn – konventionelle und andersartige…

eine Flasche Wein mit Weinblättern die sie umkleiden(Bio)Logisch – an diesem Kuchen wollen alle mit-naschen, auch die Rebenheger dieser Erde. Ganz genaue Daten fehlen zwar – der Anteil naturnah bewirtschafteter Rebflächen dürfte aber weltweit bei 2 % liegen. Europaweit führt Italien mit 32.000 ha an extragrünen Weingärten, nach prozentuellem An-teil am Gesamtweinbau folgen Frankreich, Österreich und Deutschland. In Übersee ist „organic wine“ das Thema schlechthin: Konsequent und innovativ wie nirgendwo sonst wird in Kalifornien gearbeitet (zwecks Check vor Ort empfiehlt sich u. a. die „winery“ der Familie Fetzer), Argentinien boomt gewaltig, ähnlich starke Trends ins Grüne werden auch aus Chile und Australien gemeldet. Man glaubt kaum, welche Stars am Weinhimmel mittlerweile grün arbeiten! Wenn ihre Namen in den Listen der diversen Ökoverbände noch nicht auftauchen, dann auch deshalb, da sie möglicherweise gerade von konventionell auf ökologisch umstellen. Im Regelfall bedeutet dies drei Jahre im „luftleeren“ Raum. Auch eine Variante: Da arbeitet eine(r) nach strengem, biologischen Regelwerk, hat aber absolut kein Interesse an irgendeiner Mitgliedschaft, an Kontrolle und hohen Gebühren. Was macht er überhaupt, der Biowinzer? Spritzt er um Mitternacht seine Rebstöcke, träufelt er Krötenblut auf die Triebspitzen, setzt er Schamanen ein, um Schädlinge zu vertreiben? Blödsinn – konventionelle und andersartige Weinhauer verfolgen dasselbe Ziel: den Boden gesund zu erhalten, der Natur zu ihrem Recht zu verhelfen. Nur, wie man das angeht, da scheiden sich manchmal die Geister. Bioweinbau ist keinesfalls Laissez-faire in den Weingärten. Was in diesem Fall herauskommt, kann man sich – noch – im burgenländischen Seewinkel anschauen. Dort überlässt ein Winzer eine kleine Fläche vollkommen der Natur. Ob der Weingarten überhaupt Trauben abwirft und, falls doch, von welcher Qualität – verfaulte oder mit Würmern versehene – steht in den Sternen. Will sagen: Echter Bioweinbau ist aufwändig, arbeits- und kostenintensiv, man verzichtet weitestgehend auf chemische Spritzmittel und Unkrautvernichtungsmittel, dafür setzt man auf organischen Dünger. Wenn das nicht nach viel Handarbeit im Weingarten riecht! Die meisten Vorschriften und Arbeitsstunden fallen für Betriebe an, die „ökologischen Weinbau“ (nach EU-Verordnung) betreiben, die vom „kontrolliert umweltschonenden Weinbau“ haben es etwas leichter, die größten Freiheiten gelten für Winzer, die sich dem „integrierten Weinbau“ hingeben. Aufgepasst, wir sprechen vorläufig nur von dem, was im Weinberg passiert. Die biologischen Hardliner haben sich unter dem Banner des Rudolf Steiner versammelt. Der nicht unumstrittene Anthroposoph formulierte seine Heilslehre vor mehr als 80 Jahren. Bei den Vorträgen des Großmeisters scheint’s recht stürmisch zugegangen zu sein, seine Schultafelbilder haben sogar Eingang in das Buch „Die wirrsten Grafiken der Welt“ (G. Henschel, S. 80/81) gefunden.

Die Anhänger der Steiner’schen Theorien bzw. des biologisch-dynamischen Weinbaus achten auf die Mondphasen, setzen auf Kompost aus Kuhmist (der wird auch in Kuhhörner gefüllt und im Erdreich vergraben – und heißt dann Hornmist). Präparate aus Bal-drian, Brennnessel, Kamille etc. sollen Reben stärken und schützen – warum auch nicht? Hilft ja auch den Menschen. Wem dies alles seltsam in den Ohren klingt, dem sei mitgeteilt: Kühn, Rebholz, Wittmann, Nikolaihof, das großartige Champagnerhaus Fleury, die Domaine Huet, Coulée de Serrant, Chapoutier, das sind große Namen in der Weinwelt und – Epigonen des Rudolf Steiner. Biologisch-dynamische Weine tragen in Österreich und Deutschland den Schriftzug bzw. das Logo „demeter“. Sofern es Böden und Klimata erlauben, schauen die zeitgemäßen Weingärten dieser Welt ziemlich gleich aus: Da grünt es zwischen den Rebzeilen, man hat den Vöglein Nistplätze gebaut, Schmetterlinge flattern durch die Gegend, Marienkäfer krabbeln. Der Weintrinker vermutet richtig: Hier wächst ein gesunder Schluck heran. Dieser Eindruck könnte sich möglicher weise verflüchtigen, wenn er sich im Weinkeller umsieht. Enzyme, Eichenchips, künstliches Tannin, Reinzuchthefen, Bentonit, Gummi arabicum, Gelatine, Kieselsol, Kasein, PVPP, Impfkristalle …, an die 1000 Helferlein erlaubt der Gesetzgeber, ganz zu schweigen von anerkannten Weinproduktionstechniken à la Fraktionierung, Umkehrosmose oder Vakuumverdampfung. Und exakt bei der Arbeit im Keller wird es ungemütlich für den Konsumenten. Was nützen schon die naturnahest produzierten Trauben, wenn sie im Keller dermaßen verhunzt werden! Schon merkwürdig, dass die Gesetzes- und Vorschriftenweltmeister in der EU zwar den Krümmungsgrad von Feldgurken festlegen, aber die Verarbeitung von Trauben in einer legalen Wüste stattfindet. Spätestens 2009, so tönt es zumindest aus Brüssel, soll dieser Missstand beendet sein. Andiskutiert wird ausgerechnet eine Orientierung an den USA. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten unterscheidet man ganz klar zwischen „Wein aus biologischem/ökolo-gischem Anbau“ und „Biowein“. Letzterer würde also in jeder Phase seines Werdens, vom Weinstock bis zur Flaschenfüllung, bio-logischen Kriterien entsprechen. Stoßen wir darauf an – ein grünes „cheers!“

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