Curry 36: Urberliner Kult

Der Gastro-Unternehmer Lutz Michael Stenschke machte Curry 36 zur Marke und die Currywurst zu dem Statussymbol für Fast Food der deutschen Hauptstadt.
April 6, 2017 | Text: Marion Wolf | Fotos: Helge O. Sommer, Pocha/Burwitz

Lutz Michael Stenschke, Curry 36

Currywurst – klassisch, ohne Blattgold

Bis zu den Sühring-Zwillingen in Bangkok, die mit ihrem Restaurant Sühring auf Platz 13 der Asia’s 50 Best Restaurants rangieren, hat es die legendäre Curry-36-Wurst in einer speziellen Interpretation geschafft. Und das, obwohl Lutz Michael Stenschke, Kopf und Gründer der Berliner Kultmarke, eigentlich von solchem Chichi nichts hält. „Es gab immer wieder Versuche, die Currywurst in den Adelsstand der gehobenen Gastronomie zu heben, was in der Vergangenheit nie von Erfolg gekrönt war. Die Leute wollen sie eigentlich immer auf dem Pappteller – ganz normal, ohne Blattgold.“ Egal, ob mit oder ohne Darm, die Deutschen lieben ihre Currywurst. 800 Millionen davon sollen sie jedes Jahr verputzen und die Berliner allein 70 Millionen, so zumindest eine Statistik des Deutschen Currywurst Museums in der Spreemetropole. Wo sonst?!

 

Currywurst – klassisch, ohne Blattgold

Bis zu den Sühring-Zwillingen in Bangkok, die mit ihrem Restaurant Sühring auf Platz 13 der Asia’s 50 Best Restaurants rangieren, hat es die legendäre Curry-36-Wurst in einer speziellen Interpretation geschafft. Und das, obwohl Lutz Michael Stenschke, Kopf und Gründer der Berliner Kultmarke, eigentlich von solchem Chichi nichts hält. „Es gab immer wieder Versuche, die Currywurst in den Adelsstand der gehobenen Gastronomie zu heben, was in der Vergangenheit nie von Erfolg gekrönt war. Die Leute wollen sie eigentlich immer auf dem Pappteller – ganz normal, ohne Blattgold.“ Egal, ob mit oder ohne Darm, die Deutschen lieben ihre Currywurst. 800 Millionen davon sollen sie jedes Jahr verputzen und die Berliner allein 70 Millionen, so zumindest eine Statistik des Deutschen Currywurst Museums in der Spreemetropole. Wo sonst?!

Mehrere Tausend Portionen gehen Tag für Tag in den beiden Filialen von Stenschke am Mehringdamm 36, dem Namensgeber, und am Bahnhof Zoo über den Tresen. Das Currywurst-Imperium, in dem sich vom Hartz-IV-Empfänger über den Feuerwehrmann bis hin zu Touristen, Prominenten, Sterneköchen und Nachteulen alles trifft. Ein Querschnitt durch die Gesellschaft. 20 bis 21 Stunden täglich, 365 Tage im Jahr. „Von zwölf bis 15 Uhr und von 17 bis 20 Uhr sind die stärksten Zeiten und am Wochenende natürlich bis früh um fünf. Da ist die Nachtschicht manchmal besser als die Tagschicht.“

Lutz Michael Stenschke, Curry 36

Vom Kaufmann zum Currywurst-König

Mit Gastronomie hatte der gebürtige Westberliner, der eine kaufmännische Ausbildung in einem Autohaus machte, ursprünglich überhaupt nichts am Hut. Er ging gerne bei einer Imbissbude essen, aber das war es dann auch. Doch die Faszination war da, erzählt der 61-Jährige: „Der hatte einen Mercedes 300 und das war für einen Imbissbudenbesitzer schon außergewöhnlich. Das fand ich schon bemerkenswert.“ Wie es der Zufall wollte, wurde ihm eine Imbissbude am Tiergarten, die er anfangs neben seinem Job betrieb, angeboten. Dann drei Jahre später der Mehringdamm 36, damals noch eine kleine Bude von Herrn Max im Hauseingang, den alle nur Wurstmaxe nannten. Vermittler war sein damaliger Lieferant, der ihm dazu riet: „Guck nicht, wie’s da aussieht. Ich weiß, was da verkauft wird.“ Und er sollte recht behalten. Heute gehört dem Curry-36-Inhaber das gesamte Gebäude Mehringdamm 36, insgesamt beschäftigt er um die 100 Mitarbeiter. Aber nicht nur in seinen beiden Filialen, denn was viele nicht wissen: Lutz Michael Stenschke ist auch Hotelier und besitzt zwei Hotels auf Rügen. Aber das nur am Rande.

Alle Versuche, die Currywurst in den Adelsstand zu heben, waren in der Vergangenheit nicht erfolgreich.
Lutz Michael Stenschke hält nichts von Experimenten, den Klassiker mit Blattgold zu veredeln

In den über 30 Jahren hat er Imbissbuden auf- und zusperren sehen. Curry 36 sei aber nie in Gefahr gewesen. Eine spannende und gleichzeitig wirtschaftlich starke Zeit war für den Westberliner die Grenzöffnung. „Das waren 18 Millionen Menschen, die in allen Bereichen Nachholbedarf hatten.“ Auch gerade tut sich am Markt im Vergleich zu vor fünf oder zehn Jahren, als die Currywurst zwar ihre Berechtigung hatte, aber bei Weitem nicht so in war, wie sie es heute ist, einiges. „Man sieht, dass sich viele Newcomer auf die Currywurst stürzen und Läden und Imbissbuden aufmachen, was in den Jahren davor nicht so war.“

Auch gegen Trends sei der Klassiker quasi immun. Was die Leute wollen, ist der Klassiker: Currywurst und Pommes – mit und ohne Darm. Die original Berliner Currywurst ohne Darm verkaufe sich am Bahnhof Zoo besser, wo Touristen etwa 70 Prozent der Klientel ausmachen. Bei der Qualität macht der Gastro-Unternehmer seit 36 Jahren keine Kompromisse. So lange arbeitet er schon mit einer kleinen Berliner Fleischerei zusammen, die die Rezeptur exklusiv für Curry 36 produziert.

Urberliner Kult: Currywurst von Curry 36

Keine Experimente

Natürlich hat auch Stenschke versucht, neue Produkte an den Kunden zu bringen – jedoch ohne Erfolg. „Wir haben mal Ce­vap­ci­ci aus reinem Rindfleisch angeboten, weil viele Leute aus religiösen Gründen kein Schweinefleisch essen. Da haben wir nur wenige Portionen am Tag verkauft und das nach wenigen Monaten wieder eingestellt.“ Was sich jedoch etabliert hat, ist die Bio-Currywurst und mit der veganen, die einen Testlauf auf der Grünen Woche im Januar 2017 in Berlin bestanden hat, kommt aktuell eine neue Currywurst-Variante ins Programm.

Nach dem Stammhaus am Mehringdamm, das 65 Prozent des Umsatzes – über Zahlen im Detail schweigt der Currywurst-Imperator – macht, eröffnete Lutz Michael Stenschke 2012 die Filiale am Bahnhof Zoo. Eine ehemalige Bretzelbäckerei, die für 500.000 Euro umgebaut wurde. 2018 wird am Bahnhof Warschauer Straße, der sich gerade im Bau befindet, eine dritte Dependance dazukommen. „Ich bin ja bahnaffin, weil ich mir immer sage: Curry 36 als sehr bekanntes Unternehmen ist immer auf Touristen angewiesen und über die Bahn hat man am besten Zugriff darauf“, spricht ganz der Geschäftsmann aus dem gelernten Kaufmann. Zwei, drei Standorte könne Berlin noch vertragen, doch dann sei es auch genug. „Ich will nichts ausschließen, wenn wir ein Angebot für einen guten Standort am Bahnhof in Hamburg oder München bekommen, dann würden wir es sicher machen.“ Und da wird dann bestimmt auch der Favorit der Berliner, das „gemischte Doppel“ – eine Currywurst mit und eine ohne Darm mit Pommes – über den Tresen gehen.
www.curry36.de

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