Ein Speed Date mit der Karriere
Fotos: Shutterstock, Kempinski
Die Lobby des Kempinski Airport-Hotels in München scheint auf den ersten Blick zu einem professionellen Speed-Dating für beziehungswillige Singles umfunktioniert worden zu sein. Überall stehen Tische, jeweils zwei Personen unterhalten sich angeregt, eine davon wandert nach 15 Minuten weiter zum nächsten Tisch. Nur der Gong fehlt, der den kommenden Wechsel ankündigt.
Hier geht es aber nicht um eine Partnersuche, sondern ums knallharte Business: Hier suchen und finden sich (meist) Partner für…
Fotos: Shutterstock, Kempinski
Die Lobby des Kempinski Airport-Hotels in München scheint auf den ersten Blick zu einem professionellen Speed-Dating für beziehungswillige Singles umfunktioniert worden zu sein. Überall stehen Tische, jeweils zwei Personen unterhalten sich angeregt, eine davon wandert nach 15 Minuten weiter zum nächsten Tisch. Nur der Gong fehlt, der den kommenden Wechsel ankündigt.
Hier geht es aber nicht um eine Partnersuche, sondern ums knallharte Business: Hier suchen und finden sich (meist) Partner für die Karriere. Im beschriebenen Fall handelt es sich um die Luxushotelkette Kempinski, die heuer bereits zum zweiten Mal mittels Karriere-Speed-Dating auf die Suche nach neuen Mitarbeitern geht. Nicht unähnlich dem Prinzip, das bei Fachmessen durch den Austausch von Unternehmen und Arbeitssuchenden ohnehin schon gegeben ist, repräsentieren dabei verschiedene „Dating“-Tische unterschiedliche Abteilungen und Hotels des Unternehmens. Kempinski war im deutschsprachigen Raum neben einigen Arbeitsagenturen eines der ersten Unternehmen, das dieses Konzept bei der Rekrutierung nutzt. Erfunden haben sie es aber nicht. Ebenso wie das Speed-Dating für Liebeswillige, das ein ungeduldiger amerikanischer Rabbi in den 1990er-Jahren für seine Schäfchen erfunden hat, hat auch dieser berufliche Trend seinen Ursprung in den USA.
Was heißt das nun für Jobsuchende? Wird Karriere-Speed-Dating zum unumgänglichen Thema in unserer schnelllebigen Zeit? Weg mit den langwierigen Gesprächen und dem lästigen Lebenslauf-Verschicken, hin zum Hop-oder-Drop-Verfahren: Wer sich nicht in Hochgeschwindigkeit gut verkaufen kann, hat seine Chance am Berufsmarkt verspielt und bleibt auf der Strecke? Nein, sagt Christian Schweinzer, Geschäftsführer der Recruiting-Agentur Blackrock Careers: „Karriere-Speed-Dating ist sicher auch ein Modewort, es kann und soll aber nicht das intensive Gespräch mit einem Kandidaten ersetzen.“ Auch wenn in beiden Fällen letztendlich das Bauchgefühl entscheide, ob jemand in die engere Wahl kommt oder nicht, sei es schon sinnvoll, sich auch die Zeit zu nehmen, den Kandidaten im ausführlichen Gespräch näher kennenzulernen, sagt Schweinzer. „Ein bisschen mehr sollte man schon vom Bewerber wissen, um abschätzen zu können, ob dieser auch tatsächlich zum Unternehmen passt – sonst muss man sich bei einem Fehlurteil ja alle zwei Monate einen neuen Mitarbeiter suchen.“
Vor allem in der Sparte Hochsee- und Flusskreuzfahrt boomt diese Art der Mitarbeiterfindung seit Jahren. Mit dem Namen Recruitingdays: So treffen Ende Jänner am Cruise Recruiting Day in Bremerhaven wieder Reedereien wie A-ROSA, Seabourn Cruise Line oder CSM auf Hunderte Bewerber. Warum? O-Ton der Veranstalter: „Das Event soll dazu dienen, Bewerbern und Reedereien die Möglichkeit zum direkten persönlichen Gespräch zu geben und möglichst noch vor Ort den Job klarzumachen.“
Vorteil: Zeitersparnis! Massenhafte E-Mail-Bewerbungen, die nach Stellenausschreibungen von Bewerbern gewöhnlich eintreffen, werden somit überschaubarer. Die Vorteile auf Unternehmensseite liegen auf der Hand, aber gibt es auch welche für den Bewerber? Durchaus: Beim Karriere-Speed-Dating hat er die Möglichkeit, im direkten Kontakt zu überzeugen, wenn ihm der schriftliche Weg nicht ganz so liegt oder das Zeugnis nicht wirklich toll und vorzeigbar ist. Außerdem kann er das persönliche Gespräch nutzen, um für sich selbst herauszufinden, ob das Wunschunternehmen auch seinen Vorstellungen entspricht. Das Karriere-Speed-Dating findet oft mit Führungskräften statt, mit denen man sich austauschen kann. So kann es durchaus vorkommen, dass man sich direkt mit dem CEO unterhält.
Fazit für Jobsuchende: Diese Art der Hochgeschwindigkeits-Rekrutierung ist nicht besser oder schlechter als andere, sie ist nur eine ergänzende Möglichkeit, einander kennenzulernen. Egal, ob innerhalb kurzer Zeit oder in einem längeren Gespräch: Den anderen von sich und seinen Fähigkeiten überzeugen, um den begehrten Job zu ergattern, sollte ein Kandidat so oder so beherrschen. Und darauf kann man sich gezielt vorbereiten. Die wichtigsten Punkte haben wir für Sie zusammengefasst. Dann klappt es auch mit dem nächsten Job.
Transparenz
Wie kann man bei Karriere-speed-dating brillieren?
Henrike Gosemann, President Talent Development bei Hotel Kempinski, verrät, worauf sie bei Bewerbern achtet.
www.kempinski.com
Reichen 15 Minuten für ein Jobinterview?
Henrike Gosemann: Karriere-Speed-Dating ist als eine Art Vorstufe zu werten. Für uns ist das eine hervorragende Möglichkeit herauszufinden, ob die Kandidaten die Attitüde und nötige Leidenschaft für die Position mitbringen. Wenn wir das bemerken, wird der Bewerber zu weiterführenden Gesprächen eingeladen.
Worauf achten Sie bei Bewerbern besonders?
Gosemann: Er sollte etwas über unsere Geschichte wissen und auch darüber, in welchen Ländern wir Hotels haben und wo unsere Zielmärkte sind. Darüber hinaus sollte er sich mit uns und unseren Werten identifizieren können. Wenn ein Bewerber klar erklären kann, wie er sich seinen Berufsweg vorstellt und was er für uns tun kann, finden wir das überaus positiv. Allerdings sollte auch immer eine gewisse Offenheit und Flexibilität bezüglich Positionen und Zielorten vorhanden sein, denn nicht immer ist es möglich, alle Wünsche direkt zu erfüllen. Um in der internationalen Hotellerie die Karriereleiter nach oben zu steigen, ist es wichtig, verschiedene Positionen in unterschiedlichen Hotels zu durchlaufen.
Was geht gar nicht bei einer Bewerbung?
Gosemann: Auf gar keinen Fall sollte er sich verstellen. Ein authentischer Auftritt, in dem er zeigt, wer er ist und wie er ist, ist wichtig – für beide Seiten. Ansonsten werden auf lange Sicht weder der Mitarbeiter selbst noch wir als Arbeitgeber glücklich werden.
TOP 8 Bewerbungs-Tipps
Egal, ob Karriere-Speed-Dating oder klassisches Job-Interview:
Wer diese Tipps beachtet, ist in jedem Fall vorne dabei.
01 Wer bist du?
Wer sind Sie, was zeichnet Sie aus? Unglaublich, aber wahr: Die Beantwortung dieser einfachen Frage treibt so manchem Bewerber bereits den Angstschweiß auf die Stirn. Dennoch: Die eigenen Stärken und Schwächen nennen zu können, ist essenziell. Bevor Sie Ihren iPod nutzen können, müssen Sie ja auch erst mal seine Features kennen und wissen, wie sie funktionieren.
02 30-Second-Elevator-Pitch
Die Bezeichnung stammt aus Zeiten, als Mitarbeiter meist nur während einer Liftfahrt Zeit hatten, dem Chef ihr Anliegen zu unterbreiten. In diesem zweiten Schritt gilt es zu bestimmen: Was können Sie besser als andere? Nur wer sich von anderen abhebt, wird die begehrte Stelle ergattern und nicht im Meer der Eintönigkeit untergehen.
03 Was willst du?
Ohne den genauen Kurs zuvor berechnet zu haben, steigt kein Pilot in sein Flugzeug. Wenn Sie also kein Selbstmordkommando vorhaben, sollten Sie sich stets einem Realitätscheck unterziehen: Wo komme ich her und wo will ich hin. Sprich: Was kann ich und habe ich alle erforderlichen Qualifikationen oder muss ich mich noch weiterbilden?
04 Form vor Substanz
Natürlich sind auch Ihre Qualifikationen gefragt. Zunächst aber gilt es, mit Äußerlichkeiten zu punkten: Lebenslauf mit neuestem Format. Sogenannte Templates gibt es gratis im Internet, keine Urlaubsfotos, denn sie wollen einen Job, keinen Urlaubspartner.
05 Kenne dein Gegenüber
Ihr möglicher Arbeitgeber hat nur eines im Sinn: herauszufinden, welchen Nutzen Sie ihm bringen, wenn er Sie anstellt. Versetzen Sie sich daher immer auch in seine Lage und überlegen Sie sich, was sein Idealkandidat antworten würde. Aber: Seien Sie authentisch! Denn das ist gleichzeitig ein Realitätscheck für Sie: Wenn Sie Ihre Antworten extrem verbiegen müssen, sollten Sie überdenken, ob Sie dieser Job wirklich glücklich machen kann.
06 Bring es auf den Punkt!
Sie verkaufen im Bewerbungsverfahren ein Produkt – nämlich sich selbst. Sie kennen nun dieses Produkt, was es kann, wozu es passt und welchen Nutzen es bringt. Nun gilt es, dieses auch kurz und bündig an den Mann oder an die Frau zu bringen. Statt Geschwafel gilt: In der Kürze liegt die Würze. Und in der Prägnanz.
07 Sei vorbereitet
Auf ein Bewerbungsgespräch kann man sich unglaublich einfach vorbereiten. Denn im Prinzip wird immer wieder dasselbe gefragt. Warum sollten die Personalverantwortlichen auch das Rad stets neu erfinden?
Die zeitlosesten Fragen: 1. Erzählen Sie uns etwas über sich. 2. Warum bewerben Sie sich bei uns/für diese Stelle? 3. Warum sollen wir ausgerechnet Sie einstellen? 4. Was sind Ihre Stärken und Schwächen? 5. Was war Ihr größter Erfolg und wahlweise auch Ihr größter Misserfolg? 6. Was wollen Sie in fünf Jahren erreicht haben? 7. Warum haben Sie diesen Beruf gewählt? 8. Welche Fragen haben Sie an uns?
08 Keine nackten Fakten
Sie haben von bis in dieser oder jener Stadt gearbeitet und haben Ihre Ausbildung 2009 abgeschlossen? Schön und gut, aber lesen kann der Personalverantwortliche auch selbst. Und erinnern wird er sich an diese nackten Fakten ohnehin nicht. Was bleibt, sind sowieso nur Beispiele. Menschen denken in Geschichten, nicht in Zahlen. Erzählen Sie lebendig und begeistert, welche konkreten Situationen es waren, die Sie wachsen ließen, welche Herausforderungen Sie bewältigen mussten, die den für den Job passenden Bewerber aus Ihnen gemacht haben, der Sie heute sind.