Kollege oder doch Arschloch?

Um die Karriereleiter zu erklimmen, müssen Sie nicht zwangsläufig über Leichen gehen. So können Sie Ihr Ziel erreichen, ohne Freunde unter den Kollegen zu verlieren.
November 13, 2015

Fotos: Werner Krug, Andreas Tischler, Beatrice Hermann – Hamburg, beigestellt
Echte Freundschaft statt Ellenbogen im Job

Vertrauen. Das ist wesentlich bei dem Versuch, Freundschaft zu definieren. Vertrauen ist das Fundament jeder Beziehung. Sei sie nun geschäftlich oder privat – und genau hier beginnen die Probleme. Was in der normalen Freundschaft außerhalb der Arbeitswelt schwierig ist, gestaltet sich im „Haifischbecken” der Geschäftswelt oftmals als unmöglich. Wie transparent kann oder sollte man sich dem Kollegen gegenüber präsentieren? Ist es sinnvoll, alles von sich preiszugeben, auch auf die Gefahr hin, das Informationen falsch verwendet und gute Ideen im Keim erstickt werden?

„Welche Art von Beziehung zu den Kollegen angebracht ist, hängt sehr stark von der Struktur des Unternehmens und der eigenen Persönlichkeit ab”, ist der diplomierte Psychologe und Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung e.V. (DGfK) Hermann Refisch überzeugt. „Bei einem starken Konkurrenzdenken innerhalb des Unternehmens ist es schwierig, eine funktionierende Freundschaft im klassischen Sinne aufzubauen. Diese basiert ja meistens auf einer gegenseitigen Unterstützung und Loyalität dem anderen gegenüber. Ist der Konkurrenzkampf das bestimmende Thema innerhalb des Untenehmens, kann eine Freundschaft nur unter bestimmten Voraussetzungen funktionieren. Es muss eine Klarheit beider Seiten über die jeweiligen Ziele des anderen herrschen. Nach dem Motto: ‚Lass uns etwas machen…

Fotos: Werner Krug, Andreas Tischler, Beatrice Hermann – Hamburg, beigestellt
Echte Freundschaft statt Ellenbogen im Job

Vertrauen. Das ist wesentlich bei dem Versuch, Freundschaft zu definieren. Vertrauen ist das Fundament jeder Beziehung. Sei sie nun geschäftlich oder privat – und genau hier beginnen die Probleme. Was in der normalen Freundschaft außerhalb der Arbeitswelt schwierig ist, gestaltet sich im „Haifischbecken” der Geschäftswelt oftmals als unmöglich. Wie transparent kann oder sollte man sich dem Kollegen gegenüber präsentieren? Ist es sinnvoll, alles von sich preiszugeben, auch auf die Gefahr hin, das Informationen falsch verwendet und gute Ideen im Keim erstickt werden?

„Welche Art von Beziehung zu den Kollegen angebracht ist, hängt sehr stark von der Struktur des Unternehmens und der eigenen Persönlichkeit ab”, ist der diplomierte Psychologe und Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung e.V. (DGfK) Hermann Refisch überzeugt. „Bei einem starken Konkurrenzdenken innerhalb des Unternehmens ist es schwierig, eine funktionierende Freundschaft im klassischen Sinne aufzubauen. Diese basiert ja meistens auf einer gegenseitigen Unterstützung und Loyalität dem anderen gegenüber. Ist der Konkurrenzkampf das bestimmende Thema innerhalb des Untenehmens, kann eine Freundschaft nur unter bestimmten Voraussetzungen funktionieren. Es muss eine Klarheit beider Seiten über die jeweiligen Ziele des anderen herrschen. Nach dem Motto: ‚Lass uns etwas machen, von dem wir beide profitieren können.‘ Ob man diese Verbindung wirklich Freundschaft nennt, ist allerdings Sache der Interpretation.”

Echte Freundschaft statt Ellenbogen

Eine wirkliche Freundschaft ist jedoch oft weitaus effektiver, um ans Ziel zu gelangen. Da sind sich die meisten Experten einig: „Wer Karriere machen will, braucht Unterstützung”, so der Karrierecoach und Persönlichkeitstrainer Roland Arndt. „Nur wenn sich ein Mitarbeiter wohlfühlt wird er eine Leistungssteigerung erfahren. Er wird sich eher trauen, seine Ideen vorzubringen und durch die Kommunikation mit seinen Kollegen profitieren.”

>> Der Bürozoo

Die drei wichtigsten Arten.

– Die Arbeitsbiene: Ihre Motivation bezieht diese Gattung nicht aus dem Karrierestreben. Ihre Erfüllung liegt in der effektiven Erledigung der angetragenen Aufgaben. Der kollegiale Umgang mit ihr fällt leicht – solange man ihre Betriebsamkeit nicht stört.

– Der Bückling: Aalglatt ist dieser „falsche Hering”, wenn es darum geht, den Chefs Komplimente zu machen. Die beste Strategie im Umgang mit dem Bückling liegt in der konsequenten Erledigung der eigenen Aufgaben. Lassen Sie sich bloß nicht dazu hinreißen, ihm die Meinung zu sagen.

– Der Firmenpfau: Als Hahn im Korb fühlt er sich am wohlsten. Karrierestreben sucht man bei ihm vergeblich, viel wichtiger ist ihm der Eindruck, den er auf die Damenwelt macht. Weibliche Kolleginnen begegnen ihm am besten mit viel Ironie.

Arbeitgeber in Amerika haben dies längst erkannt. Hier ist das sogenannte „Buddy-Programm” stark verbreitet. Bei dieser Initiative bekommen neue Mitarbeiter schon bei Jobantritt einen Kollegen an die Seite gestellt, der als eine Art Begleiter bei dem Berufsstart fungiert. Es hat sich gezeigt, dass sich die Nähe zwischen den Mitarbeitern tatsächlich messbar auf ihre Leistung auswirkt. Auch der Arbeitgeber profitiert also von einem guten Betriebsklima.
Freunde unter Kollegen können im Job weiterbringen, das ist auch die Überzeugung von Refisch. „Echte Freunde können sich gegenseitig den Spiegel vorhalten. Ein ernstes und konstruktives Feedback eines Freundes verhindert Selbstüberschätzung und kann neue Impulse geben. Fühlt man sich dagegen unwohl in seiner Umgebung, hemmt das die Kreativität.”

Dass eine Freundschaft unter Kollegen viele Vorteile hat ist nicht nur in Amerika bekannt. Laut einer aktuellen Umfrage gehen 40 Prozent der deutschen Arbeitgeber nach dem Dienst noch ab und zu mit ihren Kollegen etwas trinken. Ein Viertel gibt an, Freunde unter den Kollegen zu besitzen.

Bei allen positiven Aspekten birgt eine Freundschaft unter Kollegen auch Gefahren. Treten zwei Kollegen beispielsweise nur als Zweiergespann auf, kann das negative Folgen haben. Manche Kollegen vermuten „Seilschaften” zwischen den Freunden und schließen sie vom innerbetrieblichen Informationsfluss aus. Was der Eine nicht wissen soll, wird auch dem anderen nicht erzählt. Die Vermutung, dass die Freunde etwas „aushecken”, wird noch bestärkt, wenn sie aufhören zu reden, sobald ein Dritter dazukommt. Die Harmonie innerhalb der Abteilung kann durch ein derartiges Zweiergespann stark belastet weden.

„Eine Abkoppelung vom Rest der Belegschaft kann leicht zu einer Art gedanklichen Inzucht führen. Der wichtige Austausch mit den restlichen Kollegen fehlt hier völlig. Auf diese Weise können keine neuen Ideen entstehen”, so Refisch.

Hilfreich ist es, sich auch bei einer engen Freundschaft hin und wieder öffentlich zu widersprechen oder ohne den Freund in die Kantine zu gehen.

Hierarchien

Schwierig wird die Freundschaft unter Kollegen, wenn nur einer der beiden in der Unternehmenshierarchie aufsteigt. Beide Seiten sind nun gefordert, möglichst offen mit der Situation umzugehen. Zumal diese neue Situation durchaus positive Aspekte hat.

„Der Vorteil einer Freundschaft über die Hierarchien hinweg besteht darin, dass der vertikale Informationsfluss zwischen den Ebenen besser funktioniert”, so Refisch. Ein Aspekt, den viele Führungspersonen unterschätzen. Allerdings sollte auch akzeptiert werden, wenn der neue Chef nicht mehr jede Information an den Freund weitergeben darf. Vor allem, wenn es sich um vertrauliche Informationen der Geschäftsetage handelt. Eine Gefahr besteht auch darin, das der nicht aufgestiegene Kollege zum Sprachrohr der Kollegenschaft wird.

„Die Freundschaft unter Kollegen ist eben zweischneidig wie ein Messer”, fasst Arndt zusammen: „Es kann dir helfen, dein Brot zu schneiden, aber es kann dich genauso gut verletzen oder sogar töten.”

Jürgen W. GoldfussWie Sie ehemalige Kollegen als Chef richtig führen

So verhält man sich, wenn aus Kollegen auf einmal Untergebene werden.

Zur Person

Jürgen W. Goldfuss
Buchautor, selbstständiger Trainer und Berater für
Führungskräfte, Kabarettist
Jügen W. Goldfuss machte sich 1989 als Unternehmenscoach selbstständig. Daneben verfasste er als Autor Bücher und Artikel in Fachmagazinen.
www.goldfuss.com

Plötzlich Chef

Nach oft jahrelanger Anstrengung ist es endlich so weit: Sie werden zum Chef Ihrer Abteilung befördert. Doch wie verhält man sich in dieser neuen Situation? Was, wenn die alten Freunde plötzlich merkwürdig auf Ihre Witze reagieren? Jürgen Goldfuss berichtet über mögliche Fettnäpfchen und ihre Vermeidung.

ROLLING PIN: Was sind die typischen Fehler, die ein Mitarbeiter, der zum Chef der Abteilung aufgestiegen ist, vermeiden sollte?
Jürgen W. Goldfuss: Ein Fehler, den ich häufig beobachte, ist der Versuch der Führungspersonen, „Everybodys Darling” sein zu wollen. Man kann es nicht immer allen recht machen, ohne sich selbst aufzureiben. Hier ist ein gewisser Mut zur Unpopularität gefragt. Wichtig ist es, den Mitarbeitern zu erklären, warum man einen Wunsch nicht erfüllen kann. Der Satz „Popularität vergeht, Respekt bleibt” passt hier ganz gut.

RP: Wie kann man erreichen, als neuer Chef ernst genommen zu werden?
Goldfuss: Mein Tipp wäre: Nur nicht verbiegen. Man stellt eine Führungspersönlichkeit dar. Als eine solche muss man auch die eigene Persönlichkeit wahren.

RP: Sollte ich versuchen, alles anders zu machen als der vorherige Chef? Oder doch in seine Fußstapfen treten?
Goldfuss: Es ist nützlich zu wissen, warum der alte Chef gegangen ist, um nicht die gleichen Fehler zu begehen. Allerdings sollte man sich nie auf einen Vergleich mit dem alten Chef einlassen. Setzen Sie auf Eigenmarketing. Am besten setzen Sie Ihre Neuerungen am Anfang durch. Wenn erst einmal wieder der Alltag eingesetzt hat, ist es schwer, Ihre Innovationen zu verkaufen

RP: Nicht alle Kollegen werden verstehen, dass sich der neue Chef nun in einer anderen Rolle befindet. Wie reagiere ich auf Bemerkungen wie „Jetzt kehr mal nicht den Chef heraus, gestern Abend beim Bier warst du noch ganz anders.”?
Goldfuss: Die Wortwahl sollte in der neuen Rolle mit sehr viel Fingerspitzengefühl gewählt werden. Das alte „Kumpelgehabe” kann in der jetzigen Situation leicht falsch verstanden werden. Gerade bei der Beziehung zwischen Mann und Frau ist eine bewusste Zurücknahme angebracht. Umarmungen beispielsweise sind Fehl am Platz. Das „Du” sollte dennoch weiterhin konsequent durchgehalten werden. Achten Sie darauf, niemanden bevorzugt zu behandeln.

RP: Wie bringe ich Kritik an der Arbeit eines Freundes am besten an, ohne ihn vor den Kopf zu stoßen?
Goldfuss: Ich halte nichts von dem Wort „Kritik”. Es ist wichtig, klarzumachen, dass Tadel nichts Schlechtes ist. Setzen Sie sich mit den Mitarbeitern zusammen zu einem „Soll-Ist-Vergleich”, fragen Sie die Mitarbeiter, wie sie die Situation verbessern könnten. Fordern Sie in dieser Situation auch bewusst Kritik ein.

RP: Kommt bei einem ständigen Nachfragen nicht der Eindruck auf, man wäre in der neuen Situation überfordert?
Goldfuss: Die Mitarbeiter sollten niemals glauben, dass der Chef nicht zurechtkommt. Aber es ist wichtig, den Mitarbeitern zuzuhören und ihnen aufzuzeigen, wo das gemeinsame Ziel ist. Viele Führungspersonen übernehmen sich, weil sie glauben, alle Arbeit selbst machen zu müssen. Das ist weder für sie noch für das Unternehmen gesund.

RP: Ein weiterer Spagat, der gemeistert sein will, ist die Vermittlerposition zwischen den Firmenchefs und den Mitarbeitern.
Goldfuss: Hier ist es angebracht, eine Art Pufferfunktion zu übernehmen: Nach oben hin stelle ich mich vor meine Mitarbeiter. In der Praxis bedeutet das, wenn die Firmenchefs beispielsweise extrem nervös sind und leicht aufbrausen, lasse ich das nicht an meinen Mitarbeitern aus, sondern entwickle ein dickes Fell. Vielleicht sollte man sich hier dem Begriff der Sandwichposition bedienen; auch hier befindet sich der wichtigste Teil in der Mitte, ohne ihn schmeckt das ganze Sandwich fade.

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