23 Fragen an Jost Deitmar

Ein Mann und die See: Jost Deitmar führt seit 18 Jahren das 5-Sterne-Haus LOUIS C. JACOB in Hamburg Und hat noch immer nicht genug. Der zweifache Hotelier des Jahres will Expandieren und sucht auch Gerade ein Boot für seine Gäste.
November 13, 2015

23 Fragen an Jost DeitmarFotos: © malzkornfoto / Hamburg

Woran haben Sie heute Morgen beim Aufwachen als Erstes gedacht?
Wenn ich wach werde, überlege ich mir, was mich heute erwartet, und vielleicht auch schon, was ich am Abend machen werde.

Sie denken nicht an den ersten Kaffee des Tages?
Nein, ich gehe meinen Tag durch und ich trinke am Morgen keinen Kaffee, sondern Tee. Der Kaffee kommt dann erst später. Nach dem Aufwachen bin ich gedanklich schon im Hotel. Das Schöne an unserer Branche ist ja, dass kein Tag dem anderen gleicht. Es gibt immer einen bunten Strauß an Aufgaben. www.thekeepn

Aber auch einen recht großen Strauß. Wie genau sieht der für Sie aus?
Nun, es gibt Dinge, die ich jeden Tag mache, wie etwa E-Mails checken, durchs Hotel gehen und Besprechungen mit den Abteilungsleitern. Ich fahre auch in unser Hotel Henri oder in die Brasserie Carls, die zu uns gehört. Ich sehe mir die Zahlen an und ich kümmere mich ausgedehnt um unsere Gäste. In unserer Branche muss man vielseitig sein. Man muss…

23 Fragen an Jost DeitmarFotos: © malzkornfoto / Hamburg

Woran haben Sie heute Morgen beim Aufwachen als Erstes gedacht?
Wenn ich wach werde, überlege ich mir, was mich heute erwartet, und vielleicht auch schon, was ich am Abend machen werde.

Sie denken nicht an den ersten Kaffee des Tages?
Nein, ich gehe meinen Tag durch und ich trinke am Morgen keinen Kaffee, sondern Tee. Der Kaffee kommt dann erst später. Nach dem Aufwachen bin ich gedanklich schon im Hotel. Das Schöne an unserer Branche ist ja, dass kein Tag dem anderen gleicht. Es gibt immer einen bunten Strauß an Aufgaben. www.thekeepn

Aber auch einen recht großen Strauß. Wie genau sieht der für Sie aus?
Nun, es gibt Dinge, die ich jeden Tag mache, wie etwa E-Mails checken, durchs Hotel gehen und Besprechungen mit den Abteilungsleitern. Ich fahre auch in unser Hotel Henri oder in die Brasserie Carls, die zu uns gehört. Ich sehe mir die Zahlen an und ich kümmere mich ausgedehnt um unsere Gäste. In unserer Branche muss man vielseitig sein. Man muss etwas vom Management verstehen, aber auch vom Betrieb und der Mitarbeiterführung – manchmal ist man Psychologe und dann wieder Trendsetter. Man muss sich in die Bedürfnisse der Menschen hineinversetzen können und ständig am Puls der Zeit sein.

Das scheinen Sie mit Ihren Expansionsplänen fürs Henri ja zu sein. Wie läuft die Standortsuche?
Der Expansionsgedanke steht bei uns ganz oben. Wir sind gerade in Verhandlungen mit verschiedenen Standorten, wobei die Gespräche für zwei Objekte schon weit fortgeschritten sind. Allerdings nicht weit genug, um darüber sprechen zu können.

Werden die neuen Hotelstandorte das Henri-Konzept eins zu eins übernehmen?
Nein, es wird nicht das gleiche Konzept sein. Es wird sich zeigen, wie wir die Objekte ausrichten,
wir machen das standort­abhängig. Es gibt aber das Grundgerüst und man wird das Henri wiedererkennen.

Kümmern Sie sich persönlich um die Expansion oder delegieren Sie?
Ich kümmere mich persönlich darum, aber nicht nur ich. Es gibt auch einen Eckart Buss, der schon das erste Henri geplant hat und es auch leitet. Er verantwortet die Expansion, koordiniert Termine und Zahlen, aber klar, nächste Woche bin ich auch wieder unterwegs, um mich um die nächsten Standorte zu kümmern. Doch ich muss vorsichtig sein, denn das Jacob ist ein sehr fragiles Produkt und braucht viel Zuwendung und Fürsorge.

So fragil erscheint es nach außen hin nicht. Was verstehen Sie darunter?
Nun, wir treten ja jeden Morgen aufs Neue an. Wir können zwar das eine oder andere festschreiben, aber wir müssen auch nach dem Rechten sehen. Es gibt hier schon den Anspruch, dass man den Chef sieht, weil das Haus sehr personen- und familienbezogen geführt wird. Wir positionieren uns als Familienhotel und haben ein tolles Team, dennoch muss auch ich mich blicken lassen.

Klingt so, als wären Sie sehr gut eingeteilt. Es gibt also neben der Henri-Expansion keine weiteren Projekte?
Doch, doch, es sind auch andere Vorhaben geplant. Wir möchten das Ambiete der Bar im Jacob auffrischen, das sollte in etwa einem halben bis Dreivierteljahr passieren. Und dann geht es noch um ein Schiff, das wir gerne haben möchten, um die Gäste vom Jacob zur Elbphilharmonie zu bringen, wenn diese fertig ist. Geplant ist das Eröffnungskonzert am 11. Jänner 2017 und bis dahin möchten wir ein Salonschiff für 30 bis 40 Gäste haben. Das ist mein Traum, den ich beabsichtige zu realisieren. Bis jetzt haben wir allerdings noch kein geeignetes Schiff gefunden, das für unsere Ansprüche geeignet wäre.

Wie Werden das HENRI-KONZEPT nicht eins zu eins auf die neuen Standorte Übertragen.

Und wann wäre ein Bewerber für Ihre Ansprüche geeignet? Worauf achten Sie in erster Linie?
Auf die Persönlichkeit. Ich kann jedem alles beibringen, aber die Persönlichkeit kann ich nicht ändern. Es geht darum, Leute zu finden, die das Funkeln in den Augen haben, die Power und den Ehrgeiz. Fachlich können wir ihnen alles beibringen, wir haben auch Schulungen im Haus, um Neuzugänge mit dem Jacob-Gen zu infizieren. Ich brauche Leute, die auch unbequeme Wege gehen, das ist das Allesentscheidende. Das Schulzeugnis ist sekundär und wir machen keine Assessment-Center. Wichtig für Einsteiger ist zudem, Erfahrung mit Praktika zu sammeln und ins Ausland zu gehen.

Was geht für Sie bei einem Mitarbeiter gar nicht?
Gleichgültigkeit und Nachlässigkeit. Damit kann ich persönlich nicht umgehen und das hat in der Hotellerie nichts zu suchen, zumindest nicht mit unserem Anspruch.

Sie stellen auch an sich hohe Ansprüche, etwa in puncto Kleidung. Stimmt es, dass Sie selbst im Hochsommer noch Weste tragen?
Ja, es war tatsächlich so, dass ich bei einem Interview im Hochsommer Weste getragen habe, damals gehörte das zu meinem persönlichen Bild dazu. Da bin ich ja fast mit Weste ins Bett gegangen. Heute trage ich nur noch selten eine, dafür aber immer Krawatte, das mag ich gerne.

Was hält ein modebewusster Mensch wie Sie dann von Gästen im Trainingsanzug?
Pfuh, also ich finde, dass ein Trainingsanzug außerhalb des Sportplatzes nichts zu suchen hat. Ich bin heilfroh, dass so eine Kleidung nicht salonfähig ist, und ich glaube nicht, dass sie es jemals wird. Andererseits – vor 15 Jahren hätte es für mich keinen Anzug ohne Weste gegeben und es wäre nicht vorstellbar gewesen, ohne Krawatte und Jackett ins Jacob zu kommen. Heute sieht das anders aus. Doch selbst wenn der Trainingsanzug salonfähig werden würde, ich denke nicht, dass ich großzügig darüber hinwegsehen könnte.

Haben Sie selbst denn keine Jogginghose und keinen Schlabberpullover?
Ich habe eine Trainingshose, mittlerweile, aber die trage ich ausschließlich zum Sport. Jogginghose habe ich keine. Doch ich habe eine gammelige Cordhose, die ich zu Hause trage. Dazu trage ich einen Hoody von Gap. Der ist noch von meinem Auslandsaufenthalt in London. Ich zittere jedes Mal, wenn ich ihn aus der Waschmaschine nehme, und hoffe, dass er es überstanden hat. Aber mit diesem Outfit würde ich nicht vor die Türe treten, nicht einmal, um den Müll wegzubringen.

phpLdjGewApropos Kleidung: Haben Sie einen Lieblingsdesigner?
Ich kann nicht sehr wählerisch sein. Ich bin sehr groß und deswegen ziehe ich das an, was mir passt. Aber ich mag Hermès sehr gerne, wenn es dezent ist. Große Firmenlogos sollten nicht zu sehen sein. Dolce & Gabbana käme für mich also niemals infrage. Da gibt es auch von Hermès einen Gürtel, bei dem man schon von der Ferne erkennt, von welcher Marke er ist – das geht für mich gar nicht. Ich mag es, wenn Kleidung zurückhaltend gestaltet und hochwertig ist. Man muss nicht sehen, wer sie hergestellt hat.

Sie haben einmal gesagt, dass Sie Hamburg so mögen, weil die Berge so fern sind. Sind Sie kein Bergfan?
In der Tat, das Meer liegt mir näher als die Berge. Ich mag die Weite, die Ferne – ich mag es, auf der Elbe den Schiffen nachzusehen und mir vorzustellen, wo sie herkommen, was in den Containern ist und wo sie hinfahren. Ich mag das Bergidyll schon auch, allerdings nicht im Sommer. Wenn, dann eher im Winter. Ich bin zwar kein Skiläufer, aber so ein verschneites Bergdorf ist schon schön. Meine Vorliebe fürs Meer ist vielleicht auch anerzogen. Ich bin als Kind mit den Eltern immer an die See gefahren und das war großartig.

Sie wollten Schauspieler werden und haben sich dann für die Hotellerie entschieden. Diese Branchen haben auf den ersten Blick wenig gemeinsam, oder sehen Sie das anders?
Ja, das sehe ich tatsächlich anders. Wenn im Hotel die Tür aufgeht und ein Gast kommt, dann öffnet sich quasi der Vorhang und jeder hat seine Rolle zu spielen. Da interessiert es wenig, ob man gute Laune hat. Ich muss dem Gast das Gefühl geben, dass ich vor Lebensfreude strotze. Der einzige Unterschied ist, dass ich diese Rolle nicht wirklich spielen kann. Ich brauche das Dienstleistungsgen und die Freude an dem, was ich tue. Am Theater spiele ich eine Rolle und lege sie an der Garderobe ab, das geht bei uns nicht.

Haben Sie Ihre Entscheidung jemals bereut?
Nein, nicht eine Sekunde lang. Seinerzeit, als ich den intensiven Wunsch hatte, Schauspieler zu werden, habe ich ein Praktikum an der Städtischen Bühne Münster gemacht und war fasziniert. Ich dachte ja, ich würde mindestens so etwas wie Heinz Rühmann werden. Aber die Kollegen haben mir abgeraten, weil sie gemerkt haben, dass ich Zweifel hatte. Und dann habe ich die Finger davon gelassen.

Der Erfolg gibt Ihrer Entscheidung recht. Was ist Ihr Geheimnis?
Erfolg hat viele Väter. Und der Erfolg des Jacob beruht auf mehreren Säulen. So zum Beispiel auf dem finanziellen Engagement der Eigentümer und natürlich auf den Mitarbeitern, die das Haus mit einer Seele füllen. Wir haben hier ganz tolle Leute, viele Mitarbeiter sind schon sehr lange hier, manche länger als ich. Wir hatten ein Ziel vor Augen und haben es verfolgt.

Und auch erreicht – immerhin wurde sowohl das Jacob als auch Sie mit vielen Auszeichnungen geehrt. Wie wichtig sind Ihnen diese Preise?
Auszeichnungen lassen uns nicht kalt. Sie zeigen ja eindringlich, dass wir das eine oder andere richtig gemacht haben. Das ist schon schön. Und wenn ich mir noch einen Preis wünschen könnte, dann einen von den Gästen, so etwas wie einen Zuschauerpreis. Das gibt es leider noch nicht, es wäre aber etwas sehr Erstrebenswertes.

In Ihrer beruflichen Karriere scheint immer alles glatt gelaufen zu sein. Kennen Sie das Wort „Versagen“ nur vom Hörensagen?
Irgendwie hatte ich Glück, es ging wirklich immer alles gut und ich habe keine fatalen Fehler gemacht. Da hat’s das Leben mit mir gut gemeint. Das Jacob und ich passen auch gut zusammen, zwar gab und gibt es immer wieder Angebote, aber mich hat keines gereizt. Ich kann das Hotel beinahe so führen, als ob es mir gehören würde, deswegen waren ein Wechsel oder die Selbständigkeit nie ein Thema.

Sie leben Ihren Beruf und arbeiten gerne. Können Sie denn überhaupt entspannen?
Entspannen fällt mir tatsächlich schwer. Manchmal beneide ich die Leute, die den Gedanken an den Job an der Tür abgeben können. Das gelingt mir nicht. Ich war zum Beispiel gerade in New York, wo mein Sohn ein Praktikum gemacht hat. In fünf Tagen habe ich mir dort zehn Hotels angesehen – so sieht mein Urlaub aus, aber das macht mir eben Spaß. Wenn ich die Seele baumeln lassen will, fahre ich nach Sylt. Allerdings erst, wenn der Rummel dort vorbei ist.

Können Sie sich überhaupt vorstellen, jemals in den Ruhestand zu gehen?
Ganz ehrlich, ich kann mir die Pensionierung so gar nicht vorstellen. Das Hotel ist nicht nur meine Arbeit, sondern auch mein Hobby. Und damit habe ich enormes Glück. Doch einmal im Jahr denke ich tatsächlich an die Pensionierung, und zwar vor dem Jahreswechsel. Da haben wir vier Tage lang volles Haus und jede Menge Aktivitäten. Das ist zwar spannend, aber da denke ich mir dann: Du lieber Gott, jetzt hast du das noch 15 bis 20 Jahre – wie sollst du das nur machen? Und dann weiß ich genau, was ich am Silvesterabend machen werde, wenn ich in Pension gehen sollte: Ich werde mich vor den Kamin setzen, eine Flasche Rotwein öffnen und noch vor Mitternacht einschlafen. An allen anderen Tagen im Jahr kann ich mich aber schwer mit dem Ruhestand anfreunden.

Falls es für Sie wider Erwarten doch jemals einen Ruhestand geben sollte, wie würden Sie ihn gestalten?
Wenn ich tatsächlich einmal die Lust auf den Beruf verlernen sollte, dann würde ich gerne zur Staatsoper gehen und Statist werden. Das war ich ja schon mal und das hat mich fasziniert. Im Ruhestand gehen meine Freunde dann auf den Golfplatz und ich gehe eben in die Oper und darf Statistenrollen übernehmen. Das würde mir genügen. Golfen hingegen interessiert mich gar nicht. Das lässt sich meiner Meinung nach auch wirklich schwer mit der Arbeit kombinieren. Ich wüsste nicht, wann ich das machen sollte. Aber ich freue mich über jeden, der golft – denn dann habe ich einen Mitbewerber weniger am Markt.

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