Gustav Jantscher – Schrei so laut du kannst!

Gustav Jantschers größter Feind ist die Norm. Seine wahre Passion die Gourmetküche. Sein erklärtes Ziel die dritte Haube von „Gault Millau“. Und dabei macht er keine Kompromisse. Radikaler Perfektionismus als Lebensgefühl.
November 13, 2015

Fotos: Werner Krug, Heidi Inge Hintereck
Gustav Jantscher, der Verfechter der Norm

Wer glaubt, dass er gut ist, bewegt sich imagetechnisch auf dünnem Eis. Wer glaubt, dass er besser als die anderen sein kann, erst recht. „Mach den Mund auf, das macht niemand anderer für dich. Ohne Selbstbewusstsein wird man heute nichts erreichen. Sagt man, dass man von sich überzeugt ist, steht man allerdings als Arschloch da.“

Klare Worte. Ebenso die folgenden: „Ich bin gut. Das weiß ich. Ich gebe alles und will dafür aber auch Resultate sehen. Dieses Jahr 18 Punkte und die dritte ‚Gault Millau‘-Haube. Ich will der höchstbewertete Koch Vorarlbergs werden.“

„Ohne Radikal zu sein, erreicht man heute nichts mehr.
Das gilt für jeden bereich.“

 

Gustav Jantscher. 38 Jahre. 16 Punkte und zwei „Gault Millau“-Hauben. Unbändiger Wille und…

Fotos: Werner Krug, Heidi Inge Hintereck
Gustav Jantscher, der Verfechter der Norm

Wer glaubt, dass er gut ist, bewegt sich imagetechnisch auf dünnem Eis. Wer glaubt, dass er besser als die anderen sein kann, erst recht. „Mach den Mund auf, das macht niemand anderer für dich. Ohne Selbstbewusstsein wird man heute nichts erreichen. Sagt man, dass man von sich überzeugt ist, steht man allerdings als Arschloch da.“

Klare Worte. Ebenso die folgenden: „Ich bin gut. Das weiß ich. Ich gebe alles und will dafür aber auch Resultate sehen. Dieses Jahr 18 Punkte und die dritte ‚Gault Millau‘-Haube. Ich will der höchstbewertete Koch Vorarlbergs werden.“

„Ohne Radikal zu sein, erreicht man heute nichts mehr.
Das gilt für jeden bereich.“

 

Gustav Jantscher. 38 Jahre. 16 Punkte und zwei „Gault Millau“-Hauben. Unbändiger Wille und entschlossen, sich einen Namen zu machen. Ohne sich zu verbiegen, dafür aber mit Perfektion. Das ist der Löwe aus Schruns.

„Ich spiele niemanden etwas vor, was ich nicht bin. Nicht mir selbst, nicht meinem Team und schon gar nicht meinen Gästen. Das, was ich auf die Teller des ‚Edel-Weiß‘ bringe, ist 100 Prozent Gustav Jantscher.“

Küchenchef im Löwen-hotel****SSeit Mai 2009 kocht der gebürtige Steirer nun im Restaurant „Edel-Weiß“ und somit im Reich von Grande Dame Irmi-Marie Sachs-Ritter in Schruns, im „Löwen-Hotel“. In ihr hat Jantscher seine größte Fördererin gefunden. „Wir beide ticken einfach gleich. Sie ist ebenso ambitioniert, was meine Küche betrifft. Ihr größter Wunsch sind drei Hauben für das Restaurant . Ich würde ihr es gönnen und mir auch“, meint Jantscher und fügt hinzu: „Jedes Jahr investieren mein Team und ich alles, um weiterzukommen. Zwei Hauben haben viele. Mit drei spielst du einfach in einer anderen Liga. Nur dann fängt es an, ins Geld zu gehen, doch dann habe ich ein Hotel im Hintergrund, das die Kosten auffängt.“

Momentan fährt Jantscher für das À-la-carte-Lokal „Montafoner Stube“ und das Gourmetrestaurant „Edel-Weiß“ mit einem Wareneinsatz von 36 Prozent, die Halbpension und Personalkosten inklusive. „Damit kann ich schöne Sachen machen, wir verkochen ausschließlich Frischware. Denn worauf ich wirklich heftig reagiere, ist, wenn einer irgendwo Geschmacksverstärker, Glutamat oder Suppenwürfel reinhaut. Wenn ich meine Lehrlinge ausbilde, dann lernen die alles von Grund auf. Die sollen gar nicht wissen, wie man billig tricksen kann.“

Diese Einstellung hat Jantscher von Ossi Zegg, seinem Lehrherrn, damals haubendekorierter Küchenchef im „Hotel Maximilian“ in Serfaus in Tirol. „Die Zeit bei ihm war echt gut. Obwohl ich erst am Anfang meiner Ausbildung stand, durften wir echt selbstständig arbeiten. Das motiviert ungeheuer, wenn dir einer was zutraut. Dort hat es bei mir auch Klick gemacht, da wusste ich, dass ich in den gehobenen Gourmetbereich möchte.“

Deswegen hat Jantscher anschließend ausschließlich bei hauben- und sternedekorierten Betrieben an seinem Können gefeilt, war auf Stage bei Dieter Müller in seinem damals gleichnamigen „Gourmetrestaurant“ im Schloss Lerbach in Bergisch Gladbach und bei Hans Haas im Münchner „Tantris“. Fasziniert hat ihn dabei Dieter Müller. Menschlich wie fachlich. „Es gibt ja viele, die auf ein Podest gestellt werden. Doch verdient hat es eigentlich nur er.“

Gustav Jantscher geniesst ein Gläschen Wein

Der Löwe und das Rind

Wofür Jantscher absolut kein Verständnis hat, ist Respektlosigkeit – etwas, das er mit dem Gransigneur Müller teilt. Wenn er dies auch auf eine andere Art interpretiert – sieht man die ersten Bilder aus seinem Kochbuch „Freigegeben ab 18“, das gerade entsteht. „Das Leben ist ein Kreislauf, da gehört der Tod dazu. Wer Fleisch essen möchte, der muss ein Tier dafür töten“, so Jantscher. „Ich habe früher mit meinem Vater gemeinsam geschlachtet, dabei lernt man großen Respekt und Demut vor dem Leben. Deswegen verkoche ich jeden Teil eines Tieres, alles wird verwertet. Was ich in dem Buch mache, ist, diesen Kreislauf auf meine Art darzustellen. Es ist Kunst- und Kochbuch in einem. Normale Kochbücher gibt es zur Genüge, ich möchte mich abheben. Und: Ist man extrem, bleibt man in Erinnerung.“

Zur Kunstform erhebt Jantscher sein Kochen deswegen aber nicht. „Handwerkliche Perfektion muss die Basis sein. Aber wenn ich über das hinausgehe, was ich gelernt habe, mir Tricks und Kniffe selbst aneigne, wird dieses Handwerk zur Kunst. Etwas zu entwickeln, was nicht dem Standard entspricht, treibt mich an. Easy going kenne ich nicht. Ob mich das zu einem Künstler macht, glaube ich nicht. Mein Essen wird dadurch aber zu etwas Besonderem.“ An Jantschers Seite in der Küche steht eine Riege von 13 Köchen. Allen voran Thomas Carvalho de Sousa. Seit vier Jahren sind die beiden ein eingespieltes Team und über den Beruf hinaus freundschaftlich verbunden. „Er ist mein Vertrauter und ich kann mich voll auf ihn verlassen. Aber schließlich ist es so, dass man die Leute bekommt, die man verdient. Das ist Küchenkarma.“

>> Kontakt

Löwen-hotel****S

Restaurant Edel-Weiß

Silvrettastraße 8

A-6780 Schruns

Tel.: +43 (0) 55 56/71 41

info@loewen-hotel.com

www.loewen-hotel.com

Respekt ist auch in der Küche die Norm. Kurze Ansagen, kein cholerisches Herumschreien. „Ich motiviere meine Leute zum selbstständigen Handeln. Klar, ich gebe den Ton an, aber wichtig ist, dass dir das Team folgt.“ Dass er damit auf der richtigen Schiene ist, zeigt, dass sieben seiner Crewmitglieder ihm aus dem „Hotel Montafonerhof“ in Tschagguns“ in den „Löwen“ gefolgt sind.

Jantschers Küchenlinie zeigt sich genauso wie er selbst: geradlinig, modern und doch bodenständig. Geschmacksexplosionen bei jedem Gang inklusive, akkurat, fast geometrisch angerichtet. Eben 100 Prozent Jantscher. Dass er im letzten Jahr mit 16 Punkten bewertet wurde, sieht er nicht als Niederlage. „Man haut sich rein und klar ist man dann enttäuscht. Aber Niederlage ist es keine, denn schließlich habe ich dadurch versucht, mich noch zu steigern und an mir zu feilen. Der größte Fehler wäre es, dann alles hinzuschmeißen. Das wäre eine Niederlage.“

Jantscher ist gut. Das weiß er. Und das sagt er. Macht ihn das zum blasierten Idioten? „Das muss jeder selbst beurteilen. Aber bitte mein Essen. Denn das ist es, worum es mir wirklich geht.“

Gustav Jantscher mit Hackebeil und blutiger Jacke, im Hintergrund ein KuhkopfSteil nach oben

Es gibt nur eine Richtung.

„Als Koch ist dir immer warm und du hast immer was zu essen.“ Diesem Spruch seiner Mutter konnte der am 28. August 1972 in Voitsberg in der Steiermark geborene Gustav Jantscher anfangs nichts abgewinnen. Seine Pläne hinsichtlich Beruf gingen in Richtung Tierarzt oder Metzger.

Doch nach einer Schnupperlehre änderte Jantscher seine Meinung und lernte bei Ossi Zegg im „Hotel Maximilian“ im tirolerischen Serfaus. Die Liebe war es, die ihn nach Vorarlberg brachte, sein Wille zum Erfolg in Häuser wie den „Tennerhof“ in Kitzbühel und den „Walserhof“ in Klosters.

Als Küchenchef im „Hotel Montafonerhof“ in Tschagguns war er erstmals Küchenchef und erkochte dort bereits zwei „Gault Millau“-Hauben. Im Mai 2009 holte Irmi-Marie Sachs-Ritter Jantscher als Executive Chef in das „Löwen-Hotel“ in Schruns, wo unter Hochdruck an der dritten Haube gearbeitet wird.

Freigegeben ab 18 Jahren

Und schockiert … ?
Das, was Sie hier sehen, ist das erste veröffentlichte Bild aus dem Kochbuch von Gustav Jantscher, das gerade entsteht.

Fühlen Sie sich provoziert, sind Sie schockiert oder eher doch fasziniert? Was Sie jedenfalls nicht sein werden, ist unberührt. Und genau das beabsichtigt Jantscher: „Ich will mit diesen Aufnahmen polarisieren. Einige werden mich dafür verachten, einige werden mich lieben.“

Der dargestellte Wahnsinn hat Methode und die ist nachvollziehbar, blickt man hinter die außergewöhnliche Bildsprache von Fotografin Heidi Hintereck. Denn Jantscher will in seinem Rinder-Kochbuch mit dem bezeichnenden Titel „Freigegeben ab 18“ alles zeigen – von der Geburt bis zum Tod. „Ich habe höchsten Respekt vor den Tieren und verwerte alles von Kopf bis Schlepp, nicht nur das Filet. Doch das Schlachten ist eben auch Teil des Kreislaufes. Und das zeige ich, die Art mag ungewöhnlich sein, doch gewöhnlich sind bereits zu viele.“

Schlepp und Rücken vom Murbodner Rind mit Entenleber-RavioliSchlepp und Rücken vom Murbodner Rind mit Entenleber-Ravioli

Rezept für 4 Personen:

Geschmorter Rinderschlepp:

  • 2,5 kg Rinderschlepp
  • 200 g Röstgemüse (etwa Karotten, Zwiebeln, Knoblauch und Sellerie)
  • 2 Lorbeerblätter
  • 1 Zweig Rosmarin
  • ½ Stück Sternanis
  • 3 Stück Wacholder
  • 6 Pfefferkörner
  • 1 EL Tomatenmark
  • 500 ml Barolo
  • 1,5 l Kalbsfond
  • 150 g Schalotten, geschnitten
  • 3 Zweige Thymian
  • etwas Öl
  • 500 ml roter Portwein

Murbodner Rinderrücken:

  • 400 g Rinderrücken, gut am Knochen abgehangen

Entenleber-Ravioli:

  • 20 g Entenleber je Portion
  • 200 g Mehl
  • 1 Ei
  • 1 Eigelb
  • 1 TL Olivenöl
  • blanchierte Spinatblätter
  • etwas Pfifferlingsduxelles

Zubereitung:

Geschmorter Rinderschlepp:

Den Rinderschlepp an den Knorpeln durchtrennen mit Salz und Pfeffer in einer Pfanne mit etwas Öl scharf anbraten. In einem Topf Röstgemüse anrösten, Tomatenmark beigeben und weiterrösten. Mit Rotwein ablöschen und ganz einreduzieren. Mit 1,5 Liter Kalbsfond ablöschen und etwas einreduzieren. Rinderschlepp beigeben und Gewürze hinzufügen.

Bei mittlerer Hitze im Ofen etwa 1,5 Stunden schmoren, bis sich das Fleisch leicht ablöst. Den fertig geschmorten Schlepp herausnehmen und das Fleisch noch warm ablösen. Den Schmorfond durch ein Passiertuch gießen.

Schalotten in Öl anrösten, mit Portwein ablöschen, Thymian beigeben und dickflüssig einreduzieren. Schmorfond beigeben, etwas einreduzieren und durch ein Passiertuch gießen. Das abgelöste Fleisch mit etwas intensiv einreduzierter Schmorsauce abschmecken und in eine Form pressen. Nach dem Erkalten in 3 Zentimeter große Würfel schneiden und in Kräuter-Panade ausbacken.

Murbodner Rinderrücken:

In einer Pfanne mit Butterschmalz von beiden Seiten gut anbraten, sodass sich die Poren schließen und kein Fleischsaft austritt. Mit Pfeffer aus der Mühle würzen und Butterflocken beigeben und ständig nappieren und wenden. Im Ofen bei 120° C etwa 8 Minuten garen. Anschließend 10 Minuten ruhen lassen. In einer Pfanne Butter aufschäumen und den Rinderrücken einlegen, Thymianzweig beigeben und nappieren und mit Fleur de Sal würzen.

Entenleber-Ravioli:

Mehl, Eier und Öl zu einem geschmeidig, glatten Teig verarbeiten. Entenstopfleber in gewünschter Größe ausstechen und auf beiden Seiten kurz anbraten. Mit Salz und Pfeffer würzen und in ein blanchiertes Spinatblatt einpacken. Teig dünn ausrollen, etwas Pfifferlingsduxelles und die eingepackte Entenleber darauf- geben – Ravioli bereiten.

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