Jean-Georges Klein und Paul Stradner aus der Villa René Lalique im Hangar-7
Ein Österreicher und ein Franzose in Wingen-sur-Moder
Ans Schicksal kann man glauben oder nicht. Im Fall von Paul Stradner und Jean-Georges Klein ist es allerdings naheliegend, dass eine höhere Macht dafür gesorgt hat, dass die beiden gemeinsam seit vielen Jahren den Kochlöffel höchst erfolgreich schwingen. Seit 2017 sind der Österreicher und der Franzose sogar gleichberechtigte Küchenchefs in der zweifach besternten Villa René Lalique in Wingen-sur-Moder im französischen Elsass.
Architektonisch und kulturell ist die Villa aus den späten 1920er-Jahren ein wahrhaftiges Prunkstück. Erbaut wurde sie – wie der Name bereits verrät – vom französischen Art-déco-Meister René Lalique himself und später vom Schweizer Stararchitekten Mario Botta durch einen spektakulären Glasanbau erweitert – ein fantastisches Meisterwerk. Ein Meisterwerk ist aber nicht nur die Architekur der geschichtsträchtigen Villa, sondern auch die Kulinarik des 2-Sterne-Restaurants darin.
Ein Österreicher und ein Franzose in Wingen-sur-Moder
Ans Schicksal kann man glauben oder nicht. Im Fall von Paul Stradner und Jean-Georges Klein ist es allerdings naheliegend, dass eine höhere Macht dafür gesorgt hat, dass die beiden gemeinsam seit vielen Jahren den Kochlöffel höchst erfolgreich schwingen. Seit 2017 sind der Österreicher und der Franzose sogar gleichberechtigte Küchenchefs in der zweifach besternten Villa René Lalique in Wingen-sur-Moder im französischen Elsass.
Architektonisch und kulturell ist die Villa aus den späten 1920er-Jahren ein wahrhaftiges Prunkstück. Erbaut wurde sie – wie der Name bereits verrät – vom französischen Art-déco-Meister René Lalique himself und später vom Schweizer Stararchitekten Mario Botta durch einen spektakulären Glasanbau erweitert – ein fantastisches Meisterwerk. Ein Meisterwerk ist aber nicht nur die Architekur der geschichtsträchtigen Villa, sondern auch die Kulinarik des 2-Sterne-Restaurants darin.
Wer dabei an Klassiker der Nouvelle Cuisine, steifen Service, Hummer und Foie gras denkt, könnte aber falscher kaum liegen. Genauso wie das Gebäude Moderne und Tradition vereint, setzen Klein und Stradner französische Hochküche innovativ und originell um. Gut, Hummer und Foie gras kommen auch im Hause Stradner-Klein ab und zu mal auf den Teller, doch wenn, werden die Produkte innovativ, mutig, frisch und abgedreht serviert. So werden Krustentiere wie Langoustinen in der Villa René Lalique in einer eher ungewöhnlichen Kombination kredenzt.
Als Carpaccio getarnt und in drei Stücke geschnitten, werden sie mit verschiedenen roten Früchten garniert, die dem Meeresgetier eine fast schon frech asiatische Note mit auf den Weg zum Gaumen geben. Letzterer wird vom Kreativ-Duo übrigens des Öfteren im Zuge eines Menüs in Form von Palate-Cleansern gereinigt, um den folgenden Gängen aromatisch nicht in die Quere zu kommen. Denn in der Tat jagt in der ausgeklügelten Menüdramaturgie eine Aromenbombe die nächste.
Abwechslungsreich und vor allem überraschend gelingt es Stradner und Klein, eine Vielfalt auf den Teller zu bringen, die ihresgleichen sucht. Mit Gerichten wie Waller mit Holunderblüten-Vinaigrette, Lammrücken mit Grieben überbacken oder gebratener Taubenbrust beweisen die beiden Küchenkapazunder, dass sie nahezu in jeder Weltküche zu Hause sind und völlig undogmatisch an das Thema Kulinarik rangehen. „Jeden Tag probieren wir unerwartete Kombinationen und Kontraste aus“, umreißen sie ihre banal klingende Philosophie. Ihre Gerichte sind farbenfroh, kontrastreich, raffiniert und fein ausbalanciert in Geschmack, Textur und Präsentation.
Grund genug für Namensvetter und Hangar-7 Executive Chef Martin Klein, die beiden Küchenchefs als September-Gastköche nach Salzburg zu holen. Zwischen genialem Tomatenspektakel, konfiertem Saibling und Lammrücken präsentiert sich das aktuelle Menü als abwechslungsreicher Trip, der auf Konventionen pfeift.
Jean-Georges Klein, der Selfmademan
Dabei wollte Großmeister Jean-Georges Klein alles, nur nicht in die Gastronomie. Innenarchitekt wollte der junge Klein werden. Als Sohn einer Gastronomenfamilie kam er dennoch nicht daran vorbei, bereits als Kind jede Menge Gastro-Luft zu schnuppern. Als Oberkellner im L’Arnsbourg, das seine Mutter betrieb, bewies er bereits sein unfassbares Talent für die Branche und absolvierte sogar die Hotelfachschule in Straßburg. Mit 40 Jahren wechselte Klein vom Service in die Küche und überzeugte auf Anhieb mit seiner autodidaktischen und undogmatischen Küchenlinie. Kurze Zeit später hängt auch schon der erste Stern über dem L’Arnsbourg. Zehn Jahre später folgt der zweite und 2002 schließlich der dritte Stern.
Maßgeblichen Anteil an dieser unglaublichen Erfolgsstory hat dabei sein damaliger Sous Chef, der gebürtige Grazer Paul Stradner. Stradners Karriere begann in seiner Heimatstadt, wo ihm schon früh dazu geraten wurde, sein Talent in den großen Häusern Europas auf die Probe zu stellen. Und ähnlich wie sein Mentor Klein wollte auch Stradner eigentlich nie Koch werden. „Kochen war für mich eher ein Hobby, ich musste damals aber die Ausblidung zum Koch-Kellner absolvieren“, erklärt Stradner seinen schicksalhaften Werdegang. „Nach drei oder vier Wochen im Service musste ich dann also in die Küche. Und da wurde mir schnell klar: Das ist mein Beruf.“ In seinem Ausbildungsbetrieb konnte Stradner aber nicht bleiben. So zog es ihn weiter nach Kärnten und später ins Ski-Mekka Lech am Arlberg, wo er das erste Mal so etwas wie Fine-Dine-Luft schnupperte.
„Das war ein 5-Sterne-Hotel, in dem es auch ein 2-Hauben-Restaurant gab. Und da habe ich gemerkt, das macht mir Spaß, so will ich arbeiten.“ Aus Spaß wurde Leidenschaft und gepaart mit eisernem Willen und harter Arbeit stellte sich beim Kochtalent schnell der Erfolg ein. So landete Stradner schließlich bei keinem Geringeren als der deutschen Herdlegende Harald Wohlfahrt in der dreifach besternten Schwarzwaldstube in Baiersbronn. Innerhalb von vier Jahren kochte sich Stradner vom Commis zum Chef Tournant hoch. Am damaligen Sous Chef Torsten Michel, der heute Wohlfahrts Nachfolger ist, gab es aber kein Vorbeikommen.
Darum musste sich der ambitionierte Ausnahmekoch etwas anderes überlegen. Wohlfahrt selbst war aber so von Stradner überzeugt, dass er ihn an seinen guten Freund Jean-Georges Klein weitervermittelte. Zwischen den beiden hat es von Anfang an gefunkt. Stradner verstand sofort, was Jean-Georges Klein will und was seine Küche ausmacht. Schnell stieg Stradner im 3-Sterne-Tempel L’Arnsbourg zu Kleins rechter Hand als Sous Chef auf.
Paul Stradners große Chance
Auch wenn es für Stradner optimal lief, durchkreuzte ein zu verlockendes Angebot aus Deutschland seine Pläne mit Klein. Das Brenners Park-Hotel suchte Ersatz für den abgewanderten 2-Sterne-Koch Andreas Krolik. Ein einmalige Chance für den jungen Stradner, sich als Küchenchef in einem renommierten Haus zu beweisen. „Ich war damals 31 und wusste, dass ich vielleicht noch etwas zu jung für diese Aufgabe war, aber ich habe mir gedacht, wenn ich mich ordentlich ins Zeug lege, kann das was werden.“ Gesagt, getan. Auch wenn Stradner in seiner kurzen Amtszeit einen Stern verlor, holte er als blutjunger Küchenchef seinen ersten eigenen Stern.
Druck von oben spürte Stradner aber keinen. „Sie haben ja bewusst einen jungen, unbekannten Küchenchef gesucht, den sie aufbauen können“, erklärt Stradner. Die Fehler – wenn man so will – hatte Stradner schnell ausfindig gemacht und innerhalb von eineinhalb Jahren ein schlagkräftiges Team geformt, mit dem er im Jahr darauf den anvisierten zweiten Stern holen konnte.
Der Kontakt zu seinem Mentor Jean-Georges Klein blieb in dieser Zeit immer aufrecht. Während Stradner also in Baden-Baden seinen zweiten Stern holte, hatte Klein das L’Arnsbourg in Frankreich verkauft, um sich seinem neuen Projekt, der Villa René Lalique, zu widmen. Für dieses Unterfangen brauchte Klein aber Unterstützung. Wer eins und eins zusammenzählen kann, hat bereits erraten, wen Monsieur Klein für diesen Job engagieren wollte. Richtig, Paul Stradner. Für Stradner war die Entscheidung leicht, verbindet ihn mit Klein doch mehr als nur die Leidenschaft für den Beruf. Und während sich der mittlerweile 70-jährige Klein immer mehr aus dem operativen Geschäft zurückzieht, läuft Paul Stradner bereits in seinen Fußstapfen.