Kulinarikpoet Quique Dacosta
Kulinarischer Autodidakt
Mit nur 14 Jahren verlässt Quique Dacosta seine Kleinstadt in Extremadura, um sein Glück in Dénia, dem boomenden Touristen-Hotspot an der Costa Blanca, zu suchen. Im Gepäck der Traum, als DJ im schillernden Nachtleben der Szene-Diskotheken richtig durchzustarten. Aber es kommt im Leben bekanntlich immer anders, als man denkt: Statt an den Turntables richtig einzuheizen, arbeitet er als Spüler, um sich über Wasser zu halten. Was zu dem Zeitpunkt keiner ahnen kann: Der Teenager wird es ganz ohne kulinarische Ausbildung schaffen, nicht nur einer der besten Köche Spaniens, sondern der Welt zu werden. Inzwischen gibt er weit über die Valencianische Gemeinschaft kulinarisch den Ton an. Er bezeichnet das Terroir der Küste als sein eigenes und ist heute international das Gesicht ihrer modernen Küche.
Neben Ihrem gleichnamigen 3-Sterne-Restaurant haben Sie in der Valencianischen Gemeinschaft drei weitere Restaurants: Vuelve Carolina, Mercatbar und das ebenfalls mit einem Stern ausgezeichnete El Poblet. In Kürze eröffnen Sie noch InPaella in verschiedenen europäischen Metropolen. Was treibt Sie dazu an?
Quique Dacosta: Was uns motiviert, ist, neue Projekte, neue Gerichte, neue Techniken und neue Harmonien zu schaffen. Mit einem einzigen Projekt kann man das nicht erreichen. Eine neue Küche, ein neues Team, all das hält mich wach, dadurch fühle ich mich lebendig. Und das ist es, was mir gefällt. Natürlich bereichern uns auch andere Disziplinen wie die Kunst, Musik, das Theater oder Designer. Diese Interdisziplinarität in unserem Beruf erlaubt uns, über uns selbst hinauszuwachsen. Die Kreativität in unserer eigenen Sprache, in unserer Dialektik bezieht sich darauf zu essen, Innovationen voranzutreiben, zu suchen, zu helfen. Und das ist Tag für Tag Teil unserer Motivation.
Meinen Sie, dass Sie als Autodidakt freier, ungezwungener an die Küche herangehen, da Sie nicht den Richtlinien eines Lehrmeisters folgen?
Kulinarischer Autodidakt
Mit nur 14 Jahren verlässt Quique Dacosta seine Kleinstadt in Extremadura, um sein Glück in Dénia, dem boomenden Touristen-Hotspot an der Costa Blanca, zu suchen. Im Gepäck der Traum, als DJ im schillernden Nachtleben der Szene-Diskotheken richtig durchzustarten. Aber es kommt im Leben bekanntlich immer anders, als man denkt: Statt an den Turntables richtig einzuheizen, arbeitet er als Spüler, um sich über Wasser zu halten. Was zu dem Zeitpunkt keiner ahnen kann: Der Teenager wird es ganz ohne kulinarische Ausbildung schaffen, nicht nur einer der besten Köche Spaniens, sondern der Welt zu werden. Inzwischen gibt er weit über die Valencianische Gemeinschaft kulinarisch den Ton an. Er bezeichnet das Terroir der Küste als sein eigenes und ist heute international das Gesicht ihrer modernen Küche.
Neben Ihrem gleichnamigen 3-Sterne-Restaurant haben Sie in der Valencianischen Gemeinschaft drei weitere Restaurants: Vuelve Carolina, Mercatbar und das ebenfalls mit einem Stern ausgezeichnete El Poblet. In Kürze eröffnen Sie noch InPaella in verschiedenen europäischen Metropolen. Was treibt Sie dazu an?
Quique Dacosta: Was uns motiviert, ist, neue Projekte, neue Gerichte, neue Techniken und neue Harmonien zu schaffen. Mit einem einzigen Projekt kann man das nicht erreichen. Eine neue Küche, ein neues Team, all das hält mich wach, dadurch fühle ich mich lebendig. Und das ist es, was mir gefällt. Natürlich bereichern uns auch andere Disziplinen wie die Kunst, Musik, das Theater oder Designer. Diese Interdisziplinarität in unserem Beruf erlaubt uns, über uns selbst hinauszuwachsen. Die Kreativität in unserer eigenen Sprache, in unserer Dialektik bezieht sich darauf zu essen, Innovationen voranzutreiben, zu suchen, zu helfen. Und das ist Tag für Tag Teil unserer Motivation.
Meinen Sie, dass Sie als Autodidakt freier, ungezwungener an die Küche herangehen, da Sie nicht den Richtlinien eines Lehrmeisters folgen?
Dacosta: In gewisser Weise ist genau das passiert. Natürlich ist es immer hilfreich, eine Basis zu haben, von der man ausgehen kann. Anfangs passiert alles sonst langsamer, aber natürlich bietet das einem auch mehr Freiheit. Ich sage immer, dass Bücher meine Lehrmeister sind. Kochbücher und allgemein Bücher über Entwicklungen und die Inspiration von Köchen.
Ist das auch der Beweggrund für Sie selbst, Bücher zu veröffentlichen?
Dacosta: Natürlich! Dadurch, dass ich selbst mithilfe von Büchern gelernt habe, fühle ich mich dazu berufen, selbst an der Verbreitung von Wissen beizutragen.
Die Magie findet man nicht in der Perfektion.
Authentizität und Ausdrucksstärke haben bei Quique Dacosta Priorität
Heute stehen Sie Seite an Seite mit den besten Köchen der Welt. Gab es für Sie einen einschneidenden Punkt, an dem Sie für sich akzeptiert haben, dass Sie jetzt zu diesem illustren Kreis gehören?
Dacosta: Es überrascht mich heute noch. Ich kann mein Glück immer noch nicht fassen, mit meinen Vorbildern kochen zu können. Dass Juan Mari Arzak, Alain Ducasse, Joël Robuchon oder Martín Berasategui mir die Türen zu ihrem Haus öffnen, dass ich Kollege und Zeitgenosse von Köchen wie Andoni Luis Aduriz, Joan Roca oder Ángel León bin. Das sind Persönlichkeiten, die ich sehr für ihre Arbeit bewundere. Die Küche ist kein feindliches Arbeitsfeld, sondern ganz im Gegenteil sehr gastfreundlich. Und wenn du freundlich zu den anderen bist, werden sie dich auch so behandeln. Das beruht stark auf Gegenseitigkeit. Sie haben mir viel geholfen und ich bin sehr dankbar dafür.
Sie erzählen häufig, wie Alain Ducasse Sie nach Paris eingeladen hat, da er von Ihrer Küche begeistert war – und das, ohne jemals bei Ihnen gegessen zu haben. Meinen Sie, dass Social Media gerade in der Gastronomie hilfreich sind?
Dacosta: Social Media verbinden uns mehr und alles geht viel schneller. Sie haben viele Vor- und auch einige Nachteile, aber an erster Stelle bringen sie uns einander näher. Mein erstes Kochbuch von Alain Ducasse ist „Les Recettes de la Riviera“ mit etwa 200 Fotos. Ich spreche kein Französisch, also waren diese Bilder meine Inspiration. Heute gehe ich auf das Instagramprofil von Alain Ducasse und finde da 2000 Fotos. Und dann erhalte ich eine Einladung von Alain Ducasse und kann es kaum glauben. „Wie kann das sein? Warum lädt er mich ein?“ Er versteht so viel von meiner Küche wie jeder Koch in meinem Land, er kennt meine Gerichte, er weiß, wie ich sie zubereite und bestärkt mich darin, so weiterzumachen. Genau so hilft uns das Internet und zeigt auch ein bisschen, wie wir Köche sind, nicht wahr? Gastfreundlich, immer im Wettbewerb, voller Anerkennung. Wir lernen immer dazu. Egal ob man nun Ducasse oder Arzak heißt, die Leute folgen einander und so lernen wir in diesem Beruf und entwickeln uns weiter.
Wie sieht dieser Lernprozess für Sie aus?
Dacosta: Da gibt es tausend Beispiele. Ich erinnere mich an einen Italiener, der uns erklärt hat, wie man Pasta macht. Er sagte: „Der Teig der Pasta wird erst im letzten Moment gesalzen, weil er sonst oxidiert.“ Das habe ich nicht verstanden. Es geht um ein traditionelles Gericht und ganz ohne empirische Studien wird behauptet, dass der Teig oxidiert, wenn man zu früh das Salz zugibt. Daher habe ich mich damit auseinandergesetzt und wollte verstehen, warum ein Koch, der sich mit Pasta auskennt, sie im letzten Moment salzt. Also haben wir verschiedene Pastateige gemacht und in unterschiedlichen Stadien gesalzen, weil dieses Wissen nicht Teil meiner Kultur ist und man nie auslernt.
Und wo sehen Sie Ihre eigene Kultur, die spanische Küche heute?
Dacosta: Es ist schwer, das einzuschätzen, da es sich immer nur um eine Momentaufnahme handeln kann. Auch wenn das, was wir machen, gut ist, müssen wir ruhig bleiben. Warum? Weil die Branche selbst den Wandel sucht. Wie das Kino, Videospiele oder Musik ist die Küche permanent im Wandel. Und diese Veränderung ist positiv. Was in Lateinamerika, in Skandinavien jetzt passiert und was in Frankreich, Japan oder Spanien passiert ist, hat seine Daseinsberechtigung im Moment. Die spanische Küche hat sich nicht nur in den letzten zehn Jahren weiterentwickelt, da wir einige Köche sind, die eine sehr technische, konzeptuelle Bewegung vorantreiben. Es war bahnbrechend und hat bewirkt, dass die ganze Welt Spanien als Inspiration ansah. Aber was nach dieser Zeit passiert ist – von 1995 bis etwas 2005, 2010 –, ist der vielseitigste Ausdruck des Vorangegangenen und ist nun in den Händen von neuen Köchen, die sich uns anschließen und für noch mehr Nuancen sorgen. Deswegen glaube ich, dass das, was wir heute machen, wichtiger ist als das, was vor zehn Jahren passiert ist. Innerhalb von nur fünf Jahren verändert sich mehr als in den letzten hundert Jahren.
Würden Sie sich als Perfektionist bezeichnen?
Dacosta: Die Perfektion ist etwas sehr Eigenes, ich weiß nicht, ob viele Köche mir in diesem Punkt zustimmen werden. Ich bin nicht von der Perfektion besessen, sie bewegt mich nicht. Wir haben verinnerlicht, dass wir immer alles perfekt ausführen müssen, um ständig Gerichte auf dem gleichen technischen Niveau zu erreichen. Aber die Magie findet man nicht in der Perfektion. Das Magische steckt in der Sprache, der Zuneigung, der positiven Energie, der Botschaft, die deine Tradition oder eine Geschichte wiedergibt, deiner eigenen Wesensart, deiner Region. Das ist der Wert für mich, das Einzige, was einen emotional berühren kann. Perfektion an und für sich kann vollkommen, aber wenig emotional ausdrucksvoll und berührend sein. Etwas kann perfekt sein, aber dich nicht berühren, nicht bewegen. Ich ziehe fehlerhafte Linien einem Gemälde mit perfekt ausgeführten Pinselstrichen vor. Das ist so wie bei Picasso: Er malt ausdrucksstark, es ist nicht perfekt, aber es berührt einen. Das bedeutet also mehr Gefühl und weniger Perfektion.
Die spanische Küche ist eine Familie, kein Clan.
Quique Dacosta über kollegialen Zusammenhalt und gemeinsame Wertschätzung
Das klingt nostalgisch.
Dacosta: Die Nostalgie kann etwas sehr Liebevolles sein. Natürlich schaffen wir in unserem Restaurant Erinnerungen. Es geht um die Sehnsucht, wenn man nicht dort ist, den Wunsch, uns zu besuchen. Das Erlebnis als solches soll in Erinnerung bleiben. Die Gäste wollen jetzt besondere Erlebnisse, sie suchen nach etwas, das einen emotionalen Wert für sie hat. Es geht nicht mehr primär um die materiellen, sondern um bedeutungsvollere Werte. Und in diesem Bereich bewegen wir uns.
Welche Rolle spielt dabei das Storytelling für Sie?
Dacosta: Die Küche braucht keine Erklärung, weil sie auch für sich schmeckt. Aber sie entsteht aus einer Idee und einem Diskurs und das ist unser Ausgangspunkt. Das ist nicht dasselbe, wie Kroketten zu essen. Aber wenn man erzählt, wie die erste Krokette entstand, wie man sie zubereitet, das Gefühl beschreibt, wenn man eine Krokette vom Vortag aufwärmt, gibt man ihr mehr Wert. Klar braucht unsere Küche diese Geschichten etwas mehr als Anstoß, um die Inspiration zu erklären. Ich kreiere keine Gerichte, sondern Geschichten. So gut die Technik oder das Produkt auch sein mögen, allein dadurch entstehen keine Gerichte. Es muss etwas dahinterstecken, auch wenn es sehr abstrakt oder emotional ist, damit sie entstehen können. Natürlich erklären wir das auch im Service. Aber ein Gast muss nicht verstehen, wie technisch aufwendig ein Gericht ist, um es genießen zu können.
Haben sich Ihre Gäste im Laufe der Jahre gewandelt?
Dacosta: Sie sind immer offener, lassen sich auch darauf ein, dass wir keine Menükarte mehr haben. Bei uns ist es mehr wie ein Essen bei der Großmutter. Sie erzählt dir, was sie gekauft hat, wenn du dich an den Tisch setzt, was sie gesehen hat, was sie gekocht hat, wie ihr Besuch auf dem Markt verlief. Unsere Gäste sind uns näher. Sie müssen oft die Anreise noch lange vor der Reservierung buchen. Ihr neues Menü heiß übersetzt „DNA, die Suche“, in Anlehnung an die Stadt Dénia.
Verstehen Sie es als Rückkehr zur Essenz?
Dacosta: Es geht hier nicht um eine Rückkehr, sondern es ist ein neuer Ausgangspunkt für uns. Wir leisten eine anthropologische Arbeit, um Geschmacksbilder zu bewahren, mit nicht ganz offensichtlichen Zutaten. Es ist eine Suche, aber dabei gehen wir nicht zurück, sondern vorwärts. Wir schaffen Innovationen, indem wir uns auf unser Erbe berufen, aber wir gehen nicht zur Tradition zurück, sondern bringen sie in die Gegenwart.
DNA lässt ja auf Identität schließen.
Dacosta: Wenn man nicht authentisch ist, ist man nur eine Kopie. Das berührt einen nicht emotional. Man kann einige täuschen, aber darum geht es uns ja nicht. Auch wenn es länger dauert, möchte ich lieber authentisch sein als schnell und eine Imitation. Am Ende will ich auch nur mit mir selbst im Reinen sein.
Eines Ihrer Gerichte heißt „Was kam zuerst?“. Entscheiden Sie sich für das Ei oder das Huhn?
Dacosta: Ich weiß es nicht (lacht). Und dieses Unwissen, diese Neugierde war die Inspiration zu dem Gericht, das einem sicher mehr Freude bereitet, als herauszufinden, was tatsächlich zuerst kam.
Neugierig geworden? Das Rezept zum Nachkochen findest du www.quiquedacosta.es