Mario Kotaska – Sternekoch mit Imbissbude
Fotos: Werner Krug
Aus den Boxen dröhnt Punkmusik und am Fußballtisch stehen uns zwei Köche gegenüber: Sternemann Mario Kotaska und sein genialer Souschef Dominic Jeske. Nur kein 0:6, in dem Fall müsste man nackt unter dem Tisch durchklettern. Wir befinden uns in den Katakomben eines Spitzenrestaurants in Köln und man will kaum glauben, dass hier Sternefresschen kreiert wird. Die Sitten im La Société sind eben etwas lockerer, das hält wohl auch die Köpfe der Köche für unkonventionelle Ideen frei. Ja, genau, der Blonde ist doch der Koch aus dem Fernsehen, ein Typ ohne Starallüren mit gegelten Strubbelhaaren und Ohrringen. Seine Schwiegermutter wollte ihm zwar einen Kamm schenken, aber den braucht er beim besten Willen nicht. „Gelhaare und Ohrringe bleiben bis zu meinem Ende.“
In der Kyffhäuserstraße liegt das La Société. Sicher nicht eine der besten Adressen, eine schmale Kneipenmeile und mitten in diesem bunten Gewusel von Kneipen, Discos und Döner-Buden hält das La Société seit 20 Jahren unbeirrbar die Stellung. Seit 2006 leuchtet den kulinarischen Jüngern sogar ein Michelin-Stern den Weg – dank Mario Kotaska. Als er das erste Mal das Restaurant betrat, schluckte er. Vom Design anderer schicker Hütten war es meilenweit entfernt. Im Gespräch mit Peter Hesseler wurde ihm aber schnell klar: „Ja, das isses!“ Mit Hesseler stimmt die Wellenlänge. Manchmal schreit man sich an, dann ist das auch gleich wieder gegessen. „Peter ist ein Mensch mit ziemlich fulminantem Bauchumfang. Ein Geschmacksfetischist, der mal schnell einen Abendausflug nach Holland macht, um in einem 3-Sternerestaurant zu essen. Und er bringt immer wertvolle Ideen von seinen Fressexkursionen mit.“
Bis sich Kotaska in den Société-Rhythm-and-Blues eingeklinkt hatte, brauchte es ein Weilchen. „Die Küche ist sauklein und mit der Logistik in dieser Bude muss man erst mal auf die Reihe kommen.“ Kein Thema mehr heute. Fünf Mann arbeiten auf zwei Ebenen exakt wie ein Formel-1-Team, jeder Handgriff sitzt. Auch in der Primetime, wenn…
Fotos: Werner Krug
Aus den Boxen dröhnt Punkmusik und am Fußballtisch stehen uns zwei Köche gegenüber: Sternemann Mario Kotaska und sein genialer Souschef Dominic Jeske. Nur kein 0:6, in dem Fall müsste man nackt unter dem Tisch durchklettern. Wir befinden uns in den Katakomben eines Spitzenrestaurants in Köln und man will kaum glauben, dass hier Sternefresschen kreiert wird. Die Sitten im La Société sind eben etwas lockerer, das hält wohl auch die Köpfe der Köche für unkonventionelle Ideen frei. Ja, genau, der Blonde ist doch der Koch aus dem Fernsehen, ein Typ ohne Starallüren mit gegelten Strubbelhaaren und Ohrringen. Seine Schwiegermutter wollte ihm zwar einen Kamm schenken, aber den braucht er beim besten Willen nicht. „Gelhaare und Ohrringe bleiben bis zu meinem Ende.“
In der Kyffhäuserstraße liegt das La Société. Sicher nicht eine der besten Adressen, eine schmale Kneipenmeile und mitten in diesem bunten Gewusel von Kneipen, Discos und Döner-Buden hält das La Société seit 20 Jahren unbeirrbar die Stellung. Seit 2006 leuchtet den kulinarischen Jüngern sogar ein Michelin-Stern den Weg – dank Mario Kotaska. Als er das erste Mal das Restaurant betrat, schluckte er. Vom Design anderer schicker Hütten war es meilenweit entfernt. Im Gespräch mit Peter Hesseler wurde ihm aber schnell klar: „Ja, das isses!“ Mit Hesseler stimmt die Wellenlänge. Manchmal schreit man sich an, dann ist das auch gleich wieder gegessen. „Peter ist ein Mensch mit ziemlich fulminantem Bauchumfang. Ein Geschmacksfetischist, der mal schnell einen Abendausflug nach Holland macht, um in einem 3-Sternerestaurant zu essen. Und er bringt immer wertvolle Ideen von seinen Fressexkursionen mit.“
Bis sich Kotaska in den Société-Rhythm-and-Blues eingeklinkt hatte, brauchte es ein Weilchen. „Die Küche ist sauklein und mit der Logistik in dieser Bude muss man erst mal auf die Reihe kommen.“ Kein Thema mehr heute. Fünf Mann arbeiten auf zwei Ebenen exakt wie ein Formel-1-Team, jeder Handgriff sitzt. Auch in der Primetime, wenn …
Fußball. Wenn Schalke 04 verliert, bin ich schwer ansprechbar, leider sehr oft derzeit. Sonst bin ich, glaube ich, ganz nett.
Aushilfsjobs. In Berlin habe ich einmal auf dem Markt Kisten geschleppt – für 4,50 Euro die Stunde. Ich habe einfach Geld gebraucht.
Frisur. Man wird es kaum glauben, ich hatte einmal einen Seitenscheitel. Jetzt brauche ich keinen Kamm mehr. Die Gelhaare bleiben für immer.
Produkte. Wir Köche haben ja fast schon ein zärtliches Verhältnis zu unseren Produkten. Ich bin richtig dankbar dafür, wenn ein geiler Wolfsbarsch auf meinem Brett landet.
Ehe. Dank meiner Traumfrau großartig. Das Schöne ist, dass wir die wenigen Momente, die wir haben, viel intensiver erleben als jemand, der sich jeden Abend ab 18.30 Uhr vor den Fernseher hockt.
Sprunggelenksbruch. Ich hatte gleich einen doppelten. 10 Wochen außer Gefecht – furchtbar. Aber in der Zeit ist unser Sohn entstanden, also bin ich doch dankbar für die Zeit.
Meine größte Angst. Krank zu werden.
Lebensweisheit. Glaube an deine Ziele.
Über mich … soll man einmal sagen: Er war ein Genießer.
… die Bestellungen so schnell hereinfegen wie Hurrikan Katrina, ist die Stimmung entspannt und die Maschinerie läuft. Nur manchmal geht etwas daneben. Zeugnis dafür ist die Wall of Fame. In einem eingeschweißten Vakuumbeutel, der an die Wand geheftet wurde, lagern allerhand verbrannte Artefakte – verkohlte Chips und was sonst noch im Laufe eines hektischen Arbeitstages anfällt. „Das soll ein Reminder sein: Sei angezündet beim Kochen und spüre die Leidenschaft. Und zur Ehrenrettung muss ich sagen: Wir haben Backöfen, die nicht gleichmäßig heizen.“
Die kreative Lässigkeit ist der Nährboden für eine Küche, die sich von herzhafter Bodenständigkeit bis zu molekularer Probierlust spannt. Am Start stehen Kölsche Tapas wie Rheinischer Sauerbraten en miniature mit einem winzigen Gläschen Kölsch, dazu Halver Hahn (Roggenbrötchen mit Gouda), Rinderfilettatar mit Wachtelspiegelei und sahnige Erbsensuppe mit Würstchen. Die Suppenapotheke kommt in Form eines Ständers mit vier Reagenzgläsern und einer Spritze auf den Tisch, in den Gläsern finden sich die unterschiedlichen Süppchen. Kombiniert wird nach Lust und Laune: Schaschlik von Jakobsmuscheln und Perlhuhn oder Tiramisu und Gänseleberschaum mit Birne und Pumpernickelkrokant. Spanferkel und Sellerie verkuppelt er mit Aal, Parmesan und schwarzem Trüffel, den krossen Kabeljau mit geröstetem Kalbskopf. Gäste, die mit der Erwartung „Oh ja, 16 Gault-Millau-Punkte, ernster, teurer Laden“ kommen, sollen mit der Gewissheit hinausgehen: „Hey, das war alles andere als langweilig hier!“
Die Küche war schon immer der Lieblingsplatz von Mario Kotaska, dort half er gern der Oma beim Kartoffelschneiden und allem, was so anfiel. „Jedesmal, wenn ich heute nach Hause komme, denke ich kurz vor der Autobahnausfahrt daran, dass meine Großmama die geilsten Rouladen der Welt macht.“ Die Eltern waren wenig begeistert vom Berufswunsch ihres Sprösslings. „Was willst du werden, Koch? Der stinkt, kommt spät nach Hause und macht Schnitzel.“ Kotaska zog es trotzdem durch, auch wenn die Ausbildung von der harten Sorte war. Als ihm seine Freundin abhanden kam, packte er in einer Nacht-und-NebelAktion alles ins Auto und zog nach Berlin. Um die Geschichte zu vergessen, stürzte er sich in den Job – 18 Stunden am Tag. Die Plackerei brachte ihm schließlich die Stelle als Souschef im Restaurant Adermann ein und er holte mit seinem Chef einen Stern. Lange hielt das Glück nicht an, von einem Tag auf den anderen musste der Laden schließen, weil die Miete angeblich nicht bezahlt worden war. Die nächste Zeit war durchwachsen. Keine vernünftige Stelle, Kotaska nahm sogar einen Job als Kistenschlepper auf dem Markt an. Und später im La Société musste er nach einem Sprunggelenksbruch 10 Wochen pausieren.
Ein Platz in der Sterneliga ist dem 35-Jährigen mittlerweile sicher, im Fernsehen hat er mehr als 100 Sendungen auf der Habenseite: bei Kerner, später bei „Lanz kocht“ – und bei den Kochprofis. Mit seinen Profikollegen Ralf Zacherl, Exchef Stefan Marquard und Martin Baudrexel hilft er vor einer großen Fernsehfangemeinde in Not geratenen Lokalen. Die Erfolgsquote schätzt Mario Kotaska allerdings realistisch unter 50 Prozent ein. „Man kann den Leuten in der kurzen Zeit nicht Kochen beibringen. Man steckt nur den Schlüssel ins Schloss, umdrehen muss ihn der Wirt selbst.“ Gesehen hat er fast alles. In einem Betrieb wurde den Kochprofis fauler Salat serviert, den sie zurückschickten. Prompt kam das gleiche Grün mit einer matschigen Dosentomate retour. „Wir kamen uns echt verarscht vor. Du fragst dich, ob die angetrunken sind.“ Ein anderes Mal gab es vergammeltes Fleisch. „Echt fies und strafbar. Die Leute sind sich ihrer Verantwortung nicht bewusst.“ Ein Dreh wurde sogar abgebrochen, weil sich ein Gastronom beworben hatte, obwohl er fünf gut gehende Restaurants besaß. „Er wollte uns an der Nase herumführen und die PR ausnützen. Da war uns die Zeit zu schade.“
Seine nahe Zukunft sieht Mario Kotaska im La Société, „meiner zweiten Heimat“. Ein weiteres Standbein ist bereits in Planung: eine Pommesbude! Nicht unbedingt naheliegend für einen Sternekoch. „Eine richtig geile Imbissbude mit Niveau soll es werden. So was gibt es in Köln noch nicht.“ Curry- und Bratwurst, Schaschlik und Pommes vom Feinsten, dazu ein Flatscreen mit dem besten Sportprogramm. Mario will auch höchstpersönlich anbraten. „Aber ich werde keine 8-Stundenschichten schieben. Dafür ist mir das La Société zu wichtig.“
Gebratenes Sashimi
vom Polarsaibling mit Hibiscus-Curry und Papadums
Für 6 Personen
2 Polarsaiblingsfilets à 400 g
1 Sushirolle
200 g Sushireis, 250 ml Wasser, 10 g Salz, 10 g Zucker, 15 g Reisessig, 5 g Mirin, 1 Noriblatt, Hibiscus-Curry, Sojasauce, Wasabi
Sushireis mit Wasser im Reiskocher garen,
mit Salz, Zucker, Reisessig und Mirin marinieren und abkühlen lassen. Einen 1,5 cm dicken Balken von der Länge eines Noriblattes aus einem enthäuteten Filet schneiden, diesen dann sehr dünn mit Wasabi bestreichen und durch Hibiscus-Curry wälzen. Ein Noriblatt auf eine Sushimatte legen, hierauf eine dünne Schicht vom Sushireis pressen, den Balken auf den Reis legen und behutsam eindrehen. Rolle in daumendicke Scheiben aufschneiden und mit Sojasauce beträufeln.
Hörnchen
Frühlingsrollenteig, 100 g Saibling, Basilikum, 2 TL Schnittlauch, Olivenöl, Hibiscus-Curry, Salz, Crème fraîche, Meerrettich, Zitrone, Saiblingskaviar
Das Hörnchen besteht aus Frühlingsrollen-
teig, der zwischen zwei Metallzylindern ausgebacken wird. Für das Saiblingstatar im Hörnchen Saibling fein würfeln und mit vier fein geschnittenen Basilikumblättern, Schnittlauchröllchen, bestem Olivenöl, zwei Messerspitzen Curry und Salz abschmecken. Tatar mit Crème fraîche, welche mit fein geriebenem Meerrettich, etwas Zitrone und Salz abgeschmeckt wird, garnieren. Auf den Tupfer Crème fraîche einige Perlen Saiblingskaviar geben.
Papadumfächer
Papadums, 75 g Joghurt, 50 g Crème fraîche, 30 g Sahne, ½ TL Hibiscus-Curry, 1 Spritzer Zitrone, Salz, Zucker, 1 Blatt Gelatine
Für den Fächer die Papadums mit einer Schere in tortenstückförmige Stücke schneiden, dann ausbacken. Für die Joghurtmousse Joghurt, Crème fraîche, Hibiscus-Curry, Zitrone, etwas Salz, Zucker und ein aufgelöstes Blatt Gelatine vermischen, dann geschlagene Sahne unterheben. Die gebackenen Papadums mit der Mousse schichten und zuoberst etwas bunte Kresse geben.
Hibiscus-Currymayonaise
1 Eigelb, Zitronensaft, Knoblauch, Hibiscus-Curry, Geflügfelbrühe, 100 ml Traubenkernöl, Salz, Zucker
1 Eigelb mit wenig Zitronensaft, etwas Knoblauch, Hibiscus-Curry, etwas Brühe und Salz vermengen. Nach und nach mit dem Zauberstab Öl einmixen, mit Salz und Zucker nachschmecken.
Gebratenes Sashimi
Saiblingsfilet, Olivenöl, Kopfsalat
1 Saiblingsfilet mit Haut in etwa 4 mm dicke Scheiben schneiden. Die Scheiben wieder zusammensetzen, Hautseite mehlieren und in einer Pfanne mit Olivenöl kross braten. Das Filet mit der Fleischseite ca. 30 Sekunden in Sojasauce marinieren, danach vorsichtig die Scheiben voneinander trennen und auf etwas fein geschnittenem Kopfsalat anrichten.
>> Weintipp
Walter Skoff
Sauvignon blanc
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