Olaf Deharde – der Kitchen Guerilla?
Seitdem ich Zivi war, habe ich keinen offiziellen Job mehr gehabt“, lacht Olaf Deharde über die Frage nach seiner Kochkarriere. Er ist Autodidakt. In allem. Fotograf, Blogger, Foodie, Feinschmecker und Koch. Und hat in letzter Funktion in den vergangenen Jahren in Hamburg mächtig Staub aufgewirbelt. Kitchen Guerilla heißt das kulinarische Widerstandsbaby des aus einer ländlichen Gegend Bremerhavens stammenden Lebemenschen. Deharde und sein Kollege Koral Elci lernten sich im Familieneck kennen, einer Hamburger Szenekneipe, die Elci betrieb. Ein gas-tronomisches Märchen, wie es im Buche steht. Die beiden kochten miteinander und wurden Freunde. Oft wurde darüber philosophiert, wie genial es denn wäre, doch auch für mehr Menschen zu kochen, aber ein Restaurant stand nie zur Debatte. Sie kochten daher ganz einfach ab und zu für rund 20 Gäste: „Das war aber ein extrem teures Hobby, denn unsere Freunde mit echt geilen Produkten und teurem Wein zu versorgen, ging immer mehr ins Geld!“
Die Frage, die sich nun stellte: Entweder man wird arm oder macht es eben offiziell. Da beendeten die beiden dann das Kapitel kulinarische Freunderlwirtschaft und begannen 2009, gemeinsam mit Koral Elcis Bruder Onur in Restaurants an deren Ruhetag kulinarische Abenteuerreisen zu unternehmen. Dieses einmalige Konzept sprach sich schnell herum und wurde aufgrund seiner vermeintlich simplen, aber aromenreichen Gerichte schnell von der Szene gefeiert. Ehrlich und gut gemachte Kreationen, ohne Schäumchen oder sonstiges Pipapo. Gekocht wurde etwa in den Hamburger Restaurants Hofküche, Mooi und Brücke 10 sowie dem Weinhandel Villa Verde. Doch mit dem wachsenden Erfolg wollten auch die Restaurantbetreiber etwas vom revolutionären Kuchen abhaben: „Die Gastronomen haben realisiert, dass da Kohle zu holen ist, und die Mieten erhöht oder wollten bei den Getränken abcashen.“ Ein Umstand, den die Guerillas nicht länger mitmachen wollten, und somit wurde die Idee geboren, nur mehr an Off-Locations (Anm. d. Red.: leer stehende Räumlichkeiten ohne Grundausstattung) zu kochen. Das Ziel: da zu brutzeln, wo es keine Küche gibt, und den Menschen wieder ein Bewusstsein für regionale Küche geben. Also ob auf Segelschiffen, freien Vereinsräumen, Baustellen, der Motorradwerkstatt eines Freundes, einer Tankstelle oder in einem Flüchtlingslager: Die Locations und die Settings wurden von Mal zu Mal unterschiedlicher. „Das war jedoch ein schmaler Grat, auf dem wir uns da bewegt haben, denn natürlich war das von offizieller Seite her nicht genehmigt“, erinnert sich Deharde an noch ungestümere Tage.
Heute sind die Kitchen Guerillas eine richtige Firma. Seit vier Jahren werden Locations auch ganz legal angemietet und es gibt sogar Kooperationen mit Partnern wie etwa Ginhersteller Hendrick’s. Nach wie vor haben die Gourmet-Revoluzzer keine fixe Gastronomie, dafür aber eine Veranstaltungshalle, die man gemeinsam mit der Hamburger Rösterei Black Delight betreibt, sowie eine Vorbereitungsküche. Zudem gibt es auch noch eine Kitchen-Guerilla-Einheit in Istanbul, der Heimat der beiden Partner Dehardes. Auch hier finden mindestens einmal monatlich Events statt, wo die smarten Hamburger natürlich auch ihre Finger im Spiel haben.
Seitdem ich Zivi war, habe ich keinen offiziellen Job mehr gehabt“, lacht Olaf Deharde über die Frage nach seiner Kochkarriere. Er ist Autodidakt. In allem. Fotograf, Blogger, Foodie, Feinschmecker und Koch. Und hat in letzter Funktion in den vergangenen Jahren in Hamburg mächtig Staub aufgewirbelt. Kitchen Guerilla heißt das kulinarische Widerstandsbaby des aus einer ländlichen Gegend Bremerhavens stammenden Lebemenschen. Deharde und sein Kollege Koral Elci lernten sich im Familieneck kennen, einer Hamburger Szenekneipe, die Elci betrieb. Ein gas-tronomisches Märchen, wie es im Buche steht. Die beiden kochten miteinander und wurden Freunde. Oft wurde darüber philosophiert, wie genial es denn wäre, doch auch für mehr Menschen zu kochen, aber ein Restaurant stand nie zur Debatte. Sie kochten daher ganz einfach ab und zu für rund 20 Gäste: „Das war aber ein extrem teures Hobby, denn unsere Freunde mit echt geilen Produkten und teurem Wein zu versorgen, ging immer mehr ins Geld!“
Die Frage, die sich nun stellte: Entweder man wird arm oder macht es eben offiziell. Da beendeten die beiden dann das Kapitel kulinarische Freunderlwirtschaft und begannen 2009, gemeinsam mit Koral Elcis Bruder Onur in Restaurants an deren Ruhetag kulinarische Abenteuerreisen zu unternehmen. Dieses einmalige Konzept sprach sich schnell herum und wurde aufgrund seiner vermeintlich simplen, aber aromenreichen Gerichte schnell von der Szene gefeiert. Ehrlich und gut gemachte Kreationen, ohne Schäumchen oder sonstiges Pipapo. Gekocht wurde etwa in den Hamburger Restaurants Hofküche, Mooi und Brücke 10 sowie dem Weinhandel Villa Verde. Doch mit dem wachsenden Erfolg wollten auch die Restaurantbetreiber etwas vom revolutionären Kuchen abhaben: „Die Gastronomen haben realisiert, dass da Kohle zu holen ist, und die Mieten erhöht oder wollten bei den Getränken abcashen.“ Ein Umstand, den die Guerillas nicht länger mitmachen wollten, und somit wurde die Idee geboren, nur mehr an Off-Locations (Anm. d. Red.: leer stehende Räumlichkeiten ohne Grundausstattung) zu kochen. Das Ziel: da zu brutzeln, wo es keine Küche gibt, und den Menschen wieder ein Bewusstsein für regionale Küche geben. Also ob auf Segelschiffen, freien Vereinsräumen, Baustellen, der Motorradwerkstatt eines Freundes, einer Tankstelle oder in einem Flüchtlingslager: Die Locations und die Settings wurden von Mal zu Mal unterschiedlicher. „Das war jedoch ein schmaler Grat, auf dem wir uns da bewegt haben, denn natürlich war das von offizieller Seite her nicht genehmigt“, erinnert sich Deharde an noch ungestümere Tage.
Heute sind die Kitchen Guerillas eine richtige Firma. Seit vier Jahren werden Locations auch ganz legal angemietet und es gibt sogar Kooperationen mit Partnern wie etwa Ginhersteller Hendrick’s. Nach wie vor haben die Gourmet-Revoluzzer keine fixe Gastronomie, dafür aber eine Veranstaltungshalle, die man gemeinsam mit der Hamburger Rösterei Black Delight betreibt, sowie eine Vorbereitungsküche. Zudem gibt es auch noch eine Kitchen-Guerilla-Einheit in Istanbul, der Heimat der beiden Partner Dehardes. Auch hier finden mindestens einmal monatlich Events statt, wo die smarten Hamburger natürlich auch ihre Finger im Spiel haben.
Zum anarchischen Genuss sozialisiert
„Ich wurde bereits in jungen Jahren mit dem Virus Kochen infiziert“, erklärt Olaf Deharde seine Lust auf tolles Essen. Da er auf dem Land groß wurde und die Eltern selbst Schafe und Hühner hatten, sind für ihn seit jeher natürliche Produkte das Nonplusultra. „Bereits mit 13 Jahren habe ich den elterlichen Abendbrottisch verlassen und habe angefangen, selbst am Herd herumzutüfteln“, erinnert sich Deharde an seine ersten kulinarischen Schritte. Es war aber auch immer eine gesunde Distanz zu Produkten und Nutztieren da. „Natürlich hatten wir eine emotionale Beziehung zu den Lämmern, die wir teilweise mit Fläschchen großgezogen haben. Es war aber auch stets klar, dass die schnuckligen Dinger dann irgendwann auf dem Teller landen.“ Kulinarische Sozialisation, die bis heute andauert. Den Kitchen Guerillas liegt es vor allem am Herzen, ein Bewusstsein für gutes Essen und ehrliche Produkte zu schaffen. Das schaffen sie, indem sie die Menschen zeigen, die hinter dem verwendeten Produkt stehen, und ihr lokales Know-how in Geschichten erlebbar machen. All das wird auch in einem interaktiven Netzwerk mit Blog, Filmen über Produkte und Koch-events, Fotos und Ähnlichem eingebunden.
Experimentelle hausgemachte Rezeptkreationen
Gekocht wird meist eine Kombination aus norddeutscher mit ostmediterraner Küche. Was das im Detail bedeutet? Arabische, osmanische, afghanische oder indische Küche trifft auf Hamburg. „Länderübergreifend ohne Grenzen“ nennt Deharde selbst diese Richtung. Und so kommt da etwa Wassermelone mit Fisch am Spieß auf den Tisch. Schweinebraten mit Hummus. Veganes Pulled Pork aus Kräuterseitlingen. Oder Erbsenfalafel. „Unser Ziel ist es stets, nicht mehr als vier Komponenten auf dem Teller zu haben. Dafür sind wir jedoch extrem produktfokussiert und gehen den antifranzösischen Weg und verzichten auf so Zeug wie Saucen, Schäumchen und Co!“ Über ihre Facebook-Seite und ihren Blog (blog.kitchenguerilla.com) werden Freunde und Fremde einmal im Monat über kommende Veranstaltungen auf dem Laufenden gehalten. Begleitet von spannenden Weinen und handgemachter Musik, brutzeln, blanchieren und backen sie Überraschungsmenüs für spontane Genießer. Und das so erfolgreich, dass sie auch schon mehrfach ausgezeichnet wurden. Unter anderem mit dem prestigeträchtigen „Leaders Club Award“. Verblüfftes Resümee der Expertenjury: „Ein Konzept mit null Euro Startkapital hat sich gegen professionell geplante Businesspläne mit mehreren Millionen Invest durchgesetzt!“
Und auch das Fernsehen wurde auf die verwegenen Kulinarik-Haudegen aufmerksam: 2014 wurde die Doku-Serie „Brutzeln am Brennpunkt“ auf ZDFinfo ausgestrahlt. Doch anders als in üblichen Kochsendungen standen bei den Kitchen Guerillas die Menschen, das Land und die politische Situation vor Ort auf der Speisekarte. Stationen der Italien-Reise waren Sizilien und die Insel Lampedusa. Kochen und Essen mit Flüchtlingen inklusive: „Aktuell ist es ja eine Schande, wenn man sich als Hipster nicht auf Instagram zeigt, wie man einem Flüchtling eine Unterhose spendiert. Wir haben schon 2011 für Flüchtlinge gekocht und setzen uns immer wieder für soziale Projekte ein.“ Aber eben ohne Selfie-Stick. So gab es etwa beim Borderline-Event in Genf ein Projekt, bei dem die Kitchen Guerillas an einer langen Tafel mitten am Tisch einen Stacheldrahtzaun spannten. Auf der einen Seite: die leckersten syrischen Gerichte mit herrlichen Aromen und Düften. Auf der anderen Seite für die Schweizer Gäste: eine Kartoffel. Erst durch das Durchtrennen des Stacheldrahtzauns mit einer Schere konnten die Gäste zu den leckeren Gerichten gelangen. Und so gelingt es dem Kitchen-Guerilla-Team immer wieder, vorherrschende Grenzen zu sprengen und bei gutem Essen in geselliger Runde auch zeitpolitische Themen gewitzt anzusprechen: „Wir haben uns seit Anbeginn nie als reine Köche begriffen. Bei unseren Events geht es vielmehr um das Soziale, um das Beisammensein an großen Tischen. Und vor allem um Spaß.“