Richard Rauch: Steira Wirt 2.0
Respekt!
Das Messer gleitet zart durch den Stierhoden. Im Hintergrund brutzelt die Haut des dazugehörigen Penis im heißen Fett. Furchteinflößend, was man mit Geschlechtsteilen alles machen kann. Für Richard Rauch ist das aber der größte Respekt, den man einem Tier entgegenbringen kann. „Wir verwenden alles vom Tier“, erklärt er stolz, während er den Hoden in der Pfanne schwenkt. Mit seiner Herangehensweise, der Liebe zur Tradition, ohne sich von ihr fesseln zu lassen, ist die Küche des Restaurants Steira Wirt zum wahren grünen Herz der Steiermark geworden: Mit einem Händchen für die Pflanzenzucht, den eigenen Schweinen des elterlichen Bauernhofs und einem Hauch Waghalsigkeit schafft es Rauch mitten im Nirgendwo, auf sich aufmerksam zu machen.
Richard und Sonja Rauch haben es trotz oder gerade wegen des jungen Alters bei der Übernahme geschafft, aus einem traurigen Wirtshaus etwas Großes zu machen. Wobei das Ganze zu Beginn doch eher nach einer Mutprobe als nach gekonntem Unternehmergeist klang: Sonja Rauch übernahm – mehr oder weniger Hals über Kopf – das Unternehmen mit 22 Jahren, weil der Pachtvertrag auslief und ihre Eltern das Eigentum nicht wieder weiterverpachten wollten. Selber sind sie keine Gastronomen, sondern Landwirte.
Zu dem Zeitpunkt war Sonjas kleiner Bruder Richard erst 13 Jahre. Unzählige Küchenchefs später begann Richard mit seiner Ausbildung als Koch im Steira Wirt der Schwester. Noch im dritten Lehrjahr wollte auch der damalige Küchenchef das Lokal wechseln und schubste ihn in die Rolle des Chefkochs. Mit nicht einmal 18 Jahren übernahm Rauch die Leitung der Küche. „Heute würden wir uns das sicher nicht mehr trauen“, ist sich das Geschwisterpaar einig. „Damals wussten wir einfach nicht, was eine Aufgabe wie diese mit sich bringt.“
Respekt!
Das Messer gleitet zart durch den Stierhoden. Im Hintergrund brutzelt die Haut des dazugehörigen Penis im heißen Fett. Furchteinflößend, was man mit Geschlechtsteilen alles machen kann. Für Richard Rauch ist das aber der größte Respekt, den man einem Tier entgegenbringen kann. „Wir verwenden alles vom Tier“, erklärt er stolz, während er den Hoden in der Pfanne schwenkt.
Mit seiner Herangehensweise, der Liebe zur Tradition, ohne sich von ihr fesseln zu lassen, ist die Küche des Restaurants Steira Wirt zum wahren grünen Herz der Steiermark geworden: Mit einem Händchen für die Pflanzenzucht, den eigenen Schweinen des elterlichen Bauernhofs und einem Hauch Waghalsigkeit schafft es Rauch mitten im Nirgendwo, auf sich aufmerksam zu machen.
Richard und Sonja Rauch haben es trotz oder gerade wegen des jungen Alters bei der Übernahme geschafft, aus einem traurigen Wirtshaus etwas Großes zu machen. Wobei das Ganze zu Beginn doch eher nach einer Mutprobe als nach gekonntem Unternehmergeist klang: Sonja Rauch übernahm – mehr oder weniger Hals über Kopf – das Unternehmen mit 22 Jahren, weil der Pachtvertrag auslief und ihre Eltern das Eigentum nicht wieder weiterverpachten wollten. Selber sind sie keine Gastronomen, sondern Landwirte.
Zu dem Zeitpunkt war Sonjas kleiner Bruder Richard erst 13 Jahre. Unzählige Küchenchefs später begann Richard mit seiner Ausbildung als Koch im Steira Wirt der Schwester. Noch im dritten Lehrjahr wollte auch der damalige Küchenchef das Lokal wechseln und schubste ihn in die Rolle des Chefkochs. Mit nicht einmal 18 Jahren übernahm Rauch die Leitung der Küche. „Heute würden wir uns das sicher nicht mehr trauen“, ist sich das Geschwisterpaar einig. „Damals wussten wir einfach nicht, was eine Aufgabe wie diese mit sich bringt.“
Unerfahren, aber mutig
Sonja fiel es schwer, engagierte Küchenchefs zu finden, die sich in dem kleinen Dorf mitten in der Pampa der Oststeiermark wohlfühlen und den Steira Wirt als experimentelles Paradies anerkennen. „Richard hat als Jungkoch mitbekommen, wie schwierig es war, Küchenchefs zu halten“, erzählt die heute 39-jährige große Schwester. Richard fügt hinzu: „In den ersten anderthalb Jahren meiner Lehre wechselten die Köche sieben- oder achtmal.“
Ehrlich gesagt hatte ich jeden Tag die Hosen voll, aber das Team hat mich als Küchenchef akzeptiert.
Richard Rauch über seine ersten Monate als 17-jähriger Küchenchef
Sicher spielte diese schwierige Situation, in der sich die Schwester befand, mit in die Entscheidung des jungen Kochs ein, das Angebot der Küchenleitung anzunehmen. „Ich sah mich damals als Teil des Teams, nicht als Chef. Auch wenn ich die Verantwortung übernehmen musste“, so Rauch über die Anfänge seiner Karriere als Küchenchef. „Ehrlich gesagt hatte ich jeden Tag die Hosen voll, aber das Team hat mich als Küchenchef akzeptiert.“
Das Miteinander ist bis heute ruhig und respektvoll. Ein innerlich mit Schimpfworten beladenes „Ja, Chef!“ wird man hier sicher nicht hören. Eher schon ein motiviertes „Jawohl!“ auf die Fragen des jungenhaften Chefs, der seine Mitarbeiter mit „Burschen“ anspricht. Das Küchenteam besteht im Sommer aus neun Mitarbeitern. Zwei davon sind Lehrlinge.
„Bei mir lernen Lehrlinge das Fundament in den ersten sechs Monaten und dann plane ich sie als volle Arbeitskräfte mit ein. Halbherzigkeit geht gar nicht. Sie müssen mit der Verantwortung umgehen lernen. Nach der Ausbildung gehören sie dann raus in die Welt, wobei ich mich natürlich sehr darüber freue, wenn sie wieder zurückkommen, wenn sie ihre Hörner abgestoßen haben“, beschreibt Rauch seinen Zugang zu Nachwuchskräften. „Lehrlinge gehören nicht nur zum Team, sie tragen das Restaurant mit“, ergänzt Sonja Rauch. Wie ein Rad im Uhrwerk. Mit seinem Team stemmt Richard Rauch täglich bis zu 120 Cuverts. Plus: Caterings und Kochkurse.
Lehrlinge gehören nicht nur zum Team, sie tragen das Restaurant mit.
Sonja Rauch über Nachwuchskräfte
Das Gebäude des Steira Wirts gehört der Familie Rauch. Es ist ein Familienunternehmen, auch wenn die Eltern selbst keine Gastronomen sind. Denn die Generation Rauch sen. kümmert sich um den Bauernhof, der in unmittelbarer Nähe des Steira Wirts liegt. Von diesem baut Richard rund 35 Prozent der Lebensmittel in seine Gerichte ein: Besonders Fleisch vom Johann-Schwein wie auch familieneigenes Gemüse und Kräuter stehen auf der Speisekarte des Restaurants.
„Wir hatten jedes Jahr Saisonarbeiter, die immer von meiner Mutter verköstigt wurden – Frühstück, Mittag, Nachmittag. Jeden Tag gab’s Mehlspeisen und Jausen, bei denen auch wir mitaßen. Das prägt den Gaumen. Das Gefühl, barfuß im Garten die eigenen Paprika und Tomaten für den Salat zu ernten oder bei der Schlachtung dabei zu sein, vermittelt ein ganz anderes Bewusstsein für Lebensmittel. Davon profitieren wir noch heute“, erklärt Sonja Rauch.
Trautmannsdorf meets Weltaromen
Mit einem grünen Daumen und viel Liebe zu Lebensmitteln ausgestattet, sät, erntet und pflegt Richard Rauch im Garten hinter dem Restaurant Raritäten und Altbewährtes: Currykräuter, Mangold und Kardonen – um nur wenige zu nennen – wachsen im Garten und dem großen Gewächshaus. Er baut aber nicht nur für die eigenen Interessen an.
Produkte, die sehr gut funktionieren, gibt er weiter an die umliegenden Bauern: „Wir begannen damals mit sechs kleinen Pflänzchen der Ananaserdbeere. Am Ende waren es 700 Stück, die wir unserem Bauern weitergaben. Manchmal muss man sie zu ihrem Glück zwingen“, schmunzelt der 30-Jährige, der die Pflanzen nicht nur zum Eigengebrauch an den Bauern vermachte, sondern auch weiteren Gastronomen die Möglichkeit bieten möchte, die Erdbeeren zu kaufen. „Wir sind zu klein, damit es sich für den Bauern wirtschaftlich lohnt.“ Realitätsnah. Wirtschaftlich. Bodenständig.
Rauch ist in die Rolle des Geschäftsmannes und des Küchenchefs hineingewachsen. „Ich habe die Erfahrungen eines 30-Jährigen und den Geist eines 20-Jährigen“, lacht Rauch und zeigt dabei das unverkennbare Lächeln – und die Zähne. Auch wenn er zurückhaltend und jungenhaft wirkt, steckt in ihm der Ehrgeiz, den ein Unternehmen in der tiefsten – aber auch idyllischen – Einöde der Oststeiermark benötigt. Unzählige Küchenchefs haben das Schlaraffenland mit einheimischen Produzenten, unendlich vielen landwirtschaftlichen Möglichkeiten und ausgezeichneten Weinen nicht verstanden. Aber Rauch lässt sich von seinen Wurzeln nicht festketten.
Wir haben uns nie von der klassischen Wirtshausküche getrennt. Aber wir haben Neues ausprobiert und Grenzen überschritten.
Richard Rauch über die Küchenlinie des Steira Wirts
„Wir haben uns nie von der klassischen Wirtshausküche getrennt. Aber wir haben Neues ausprobiert und Grenzen überschritten.“ Deshalb gibt es auch zwei Karten: Die klassische und die Gaumenreise. Letztere wird zu 70 Prozent bestellt und sieht ganz und gar nicht aus wie eine wirkliche Speisekarte: Nur die Produkte, die im 5-, 7- oder 9-Gänge-Menü verwendet werden, stehen wirr auf einer Seite. Wünsche dürfen abgegeben werden und werden in der Küche berücksichtigt. Auf dem Tisch stehen dann beispielsweise geräucherte Käferbohnen mit fermentiertem Knoblauch, Stierhoden mit Buttermilch oder Schwartl mit schwarzem Trüffel. Dazu gibt’s den hauseigenen Uhudler. Mit Trauben aus dem Garten.
Grundsätzlich beschreibt Rauch seine Küche ungern als regional, obwohl sie es ist: „Das Wort wird so oft benutzt. Ich verwende schon hauptsächlich regionale und saisonale Lebensmittel sowie das ganze Tier. Im Menü kommen mindestens zwei Innereien-Gerichte vor. Aber Gewürze und Aromen müssen international sein – sonst wird’s langweilig.“ Respektvoll. Unerwartet. Raffiniert. Geplant waren beim Eintritt in das Geschäft eine Haube (13 oder 14 Punkte im Gault Millau). Heute sind es schon drei und 17 Punkte. Das Konzept geht also auf.
Schön, aber arm reicht nicht
Langweilig wird es im Hause Rauch nie: Die ganz normalen, manchmal stichigen Geschwistergespräche treffen auf höchste Konzentration und Professionalität. „Es ist immer spannend, mit dem Bruder zu arbeiten: Manchmal entspannt, manchmal auch angespannt, aber dabei immer wertschätzend und herzlich“, verrät Sonja Rauch.
Seit diesem Jahr teilen sich Rauch und seine Schwester die Geschäftsführung auch vertraglich. Zuvor stand nur Sonja im Vertrag, da sie das Lokal damals übernahm, als der vorherige Pachtvertrag auslief. Ihr Vater schubste auch sie in die Rolle, in die sie in den letzten 17 Jahren mehr als nur hineingewachsen ist. Sie ist Gastgeberin, Sommelière und Geschäftsführerin. Bald wird sie auch Hausherrin sein, denn die Familie Rauch reißt alte Mauern ein. Nicht zum ersten Mal in der Geschichte.
Im September 2016 rücken die Handwerker an, die acht Doppelzimmer nebenan im Nachbarhaus zimmern. Zudem soll im zweiten Anlauf Ende 2017 der Wirtshaus-Look des Restaurants modernerem Interieur weichen, die Küche renoviert und weitere Zimmer gebaut werden. Die Urlaubstouristen werden es ihm danken.
Außerdem will Richard Rauch auch der kochenden Nachfrage gerecht werden: „Zusätzlich wird eine Kochschule errichtet, in der ich bis zu 40 Kurse im Jahr anbieten möchte. Bisher gebe ich schon während des laufenden Betriebes in unserer Küche bis zu 25 Kurse im Jahr.“ Außerdem sollen noch zwei Kochbücher bis 2017 erscheinen: Ein Kochbuch für den Sommer und eines für den Winter. Weitere zwei folgen dann, damit die Jahreszeiten ihre Vollendung finden.
Wer die Küche des Haubenkochs zu Hause ohne Nachkochen und Kochbücher-Wälzen erleben möchte, wird im Laden nebenan fündig: „Der Laden heißt wie auch unsere Marke „Mein Bruder der Koch“ und bietet von selbst gemachtem Kernöl aus den Kürbissen des Rauch-Bauernhofes oder Rindsleberpastete im Glas alle Spezialitäten zum Mitnehmen an.“ Auch das berühmte Johann-Schwein hängt im Trockenschrank und Marmeladen stehen im Regal.
„Ich habe viel Kontakt zu anderen jungen Küchenchefs aus Österreich. Natürlich tauschen wir uns über das Kochen und Inspirationen aus, aber besonders die Wirtschaftlichkeit steht im Vordergrund. Am Ende wollen wir ja davon leben“, erklärt der Geschäftsmann mit Schürze seine Herangehensweise und macht verständlich, wie ein Gastronomie-Unternehmen funktionieren kann. Heute weiß das Geschwisterpaar Rauch definitiv, was es tut. Und das auch noch gut.
www.steirawirt.at