ROLLING PIN AWARDS 2019: ELISABETH „LISL“ WAGNER-BACHER

Elisabeth „Lisl“ Wagner-Bacher ist die Grande Dame der österreichischen Spitzengastronomie. Ende der 1970er übernahm sie das mittlerweile legendäre Landhaus Bacher von ihren Eltern und wurde damit nicht nur zu Österreichs erster Haubenköchin, sondern 1983 auch zu österreichs erstem „Koch des Jahres“ von Gault Millau gekürt. Bei den ROLLING PIN Awards Österreich 2019 wurde Elisabeth Wagner-Bacher für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.
April 15, 2019 | Text: Lucas Palm | Fotos: Raphael Gabauer
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Die Grande Dame der österreichischen Spitzengastronomie Lisl Wagner-Bacher erhielt im Rahmen der ROLLING PIN Awards den Preis für ihr Lebenswerk.

RADIKALE REVOLUTIONÄRIN

Elisabeth Wagner-Bacher hat mit ihrem unbändigen Mut und ihrer einmaligen Küchenkreativität in den 1980ern das Landhaus Bacher in den Gastro-Olymp katapultiert. Im Exklusivinterview verrät die Grande Dame der österreichischen Küche unter anderem, warum sie drei Jahre lang kaum Zeitungen gelesen hat – und wie man als Frau in der Spitzen­gastronomie Familie und Beruf vereinen kann.

Frau Wagner-Bacher, Sie blicken auf vier äußerst erfolgreiche Jahrzehnte in der Spitzengastronomie zurück. Wie würden Sie selbst Ihr Lebenswerk beschreiben?
Lisl Wagner-Bacher: Damals vor 40 Jahren haben wir den Betrieb ja nicht übernommen und gesagt: Wir wollen sofort drei Hauben, wie es heute die jungen Köche alle wollen. Wir wollten wirklich einfach nur gut sein – und etwas anderes machen. Was mich stolz macht, ist, dass ich auf meinem Lebensweg in so viele andere Berufe hi­neinschauen konnte. Ob das jetzt Fernsehwerbung war, ob ich jetzt selber ein Kochbuch im Eigenverlag herausgebracht habe, meine eigenen Produkte verkauft, Catering gemacht habe oder für Fernsehwerbungen meine eigene Stimme synchronisieren musste. Damit sieht man auch einfach, was andere Leute in ihrem Beruf alles leisten müssen! Aber auch das Gourmet-Festival in St. Moritz 1996 fällt mir ein. Ich war als erste Köchin überhaupt dort eingeladen. Für meinen Milchrahmstrudel sind alle 360 Leute, darunter wahre Granden der Spitzengastronomie, aufgestanden, das war ein Wahnsinn, da hatte ich Gänsehaut. Alles in allem: Die 40 Jahre, die ich jetzt den Betrieb, das Landhaus Bacher, habe, waren sehr, sehr schöne. Vor allem, weil es die Jugend – wir haben mit Thomas Dorfer ja einen großartigen Küchenchef – so gut weiterführen wird. Dabei war es nicht immer einfach, vor allem in der Anfangszeit.

DIE MATRIARCHIN

Lisl Wagner-Bacher stammt aus einer Gastronomenfamilie. Das Landhaus Bacher im idyllischen Mautern in der Wachau übernahm sie Ende der 1970er von ihren Eltern. Beeindruckt und beeinflusst von Größen wie Eckart Witzigmann und Werner Matt, der damals in Wien der österreichischen Küche neuen Glanz verlieh, begründete Wagner-Bacher von Mautern aus die österreichische Nouvelle Cuisine mit. Das brachte ihr 1980 nicht nur zwölf Gault-Millau-Punkte ein – damals wurden ja maximal 15 Punkte verliehen –, sondern 1983 auch die erstmals vergebene Ehrung „Österreichs Koch des Jahres“ vom Gault Millau. Lisl Wagner-Bacher ist damit auch die erste Haubenköchin Österreichs. Mittlerweile steht Wagner-Bacher regelmäßig für Kochsendungem im österreichischen Fernsehen vor der Kamera. Seit 2010 führt ihr Schwiegersohn Thomas Dorfer, selbst Gault-Millau-Koch des Jahres 2009, als Küchenchef die Tradition in dritter Generation fort – innovativ und impulsgebend, wie Lisl Wagner-Bacher es während 30 Jahren auf so beeindruckende Weise tat.

Worin lag für Sie denn die größte He­rausforderung?
Wagner-Bacher: Wir haben ja einen alten Betrieb übernommen und wollten etwas anderes machen als das, was es damals in der Wachau schon gab. Es war die Zeit, in der Werner Matt in Wien die neue österreichische Küche zelebriert hat, und überhaupt eine Zeit, in der so vieles neu und aufregend war … Da haben wir gesagt, wir machen jetzt eine Feinschmecker-Ecke, laden Freunde ein … Die größte Herausforderung war damals sicher, dass die Leute das einfach noch nicht gewöhnt waren. Das fing schon bei kleinen Dingen wie Reservierungen an. Ohne meinen Mann hätte ich ein Hotel garni daraus gemacht, mehr wäre wohl nicht drin gelegen. Er kümmerte sich um den Service, ich mich um die Küche. Das half mir, mich wirklich in diese neue Küchenphilosophie zu vertiefen. Drei Jahre bin ich wirklich jeden Abend mit Rezeptbüchern schlafen gegangen, bin aufgestanden, war vielleicht einmal beim Frisör, aber das war’s auch schon. Ich hab nie auch nur eine einzige Zeitung gelesen, sondern nur Kochbücher. Diese Rezepte habe ich aber dann nicht eins zu eins nachgekocht, sondern sie verstehen gelernt.

Dazu muss man sagen: Sie haben in derselben Zeit Ihre Kinder großgezogen und mussten neben Ihrer Arbeit Ihren Verpflichtungen als Mutter nachkommen. Wie war das?
Wagner-Bacher: Die ganze Zeit in der Küche zu stehen, war damals natürlich unmöglich. Aber für mich war es im Grunde genommen einfach: Unsere Kinder haben immer an unserem Leben teilgenommen. Das hieß, dass sie auch immer gesehen haben, wie schön der Beruf sein kann. Schließlich kommt es ja auch immer darauf an, was man als Eltern vorlebt. Mein Vater hat mir immer gesagt: „Lisl, wir haben so einen schönen Beruf! Wir lernen tolle Menschen kennen, wir haben unsere Gäste, von denen wir sogar lernen können!“ Natürlich war es viel Arbeit. Aber prinzipiell war es so: Die Freizeit hat immer den Kindern gehört. Immer. Jeder Urlaub, alles, was wir gemeinsam gemacht haben. Da hat es nichts anderes gegeben. Ich muss dazusagen, dass ich das Glück hatte, mit meiner Schwiegermutter eine große Unterstützung zu haben. Außerdem hatten wir unsere Wohnung oberhalb der Küche, auch das war sicherlich ein großer Vorteil. Die Kinder wussten daher immer, wo die Mama ist. Ich war ja quasi nie außer Haus.

Man könnte also sagen, als Frau in der Spitzengastronomie ist es einfacher, selbstständig beziehungsweise im eigenen Familienbetrieb zu arbeiten?
Wagner-Bacher: Wenn man heute als Frau in der Gastronomie nicht selbstständig ist und man muss um sechs wieder in der Küche fürs Abendgeschäft stehen, während der Rest der Familie alleine zu Hause ist, dann wird es einfach schwierig. Ich glaube auch immer noch, dass das Verständnis des Rollenspiels noch sehr präsent ist. Wenn der Mann mit den Kindern zu Hause ist, dann ist es offenbar etwas anderes, als wenn die Mutter diese Aufgabe übernimmt. Warum das immer noch so ist, weiß ich nicht. Auch das ist sicherlich ein Grund, warum sich für viele Frauen die Arbeitszeiten der Gastronomie, sofern sie nicht selbstständig sind, schwer mit dem Familiären verbinden lassen. Bei uns beziehungsweise bei mir war das anders. Wir leben ja als Großfamilie im Betrieb.

Anfang der 1980er begannen dann Ihre ersten Erfolge. Was hat sich damit verändert? 
Wagner-Bacher: Wir haben 1980 die zwölf Punkte im Gault Millau erhalten, das war viel, weil es damals ja nur bis 15 Punkte ging. Aber am meisten verändert hat sicher die Auszeichnung „Koch des Jahres“ 1983 vom Gault Millau. Mit einem Mal waren wir international bekannt! Ich bin ja damals durch alle Medien gegangen, nicht nur durch die Fachzeitschriften, sondern durch die gesamte Regenbogenpresse und Tageszeitungen. Da sind ja ganze Ordner voll mit Artikeln. Irgendwann kam dann das Gourmet Magazine aus den USA, da habe ich zehn Seiten bekommen – und mit einem Schlag saßen schon die ersten Amerikaner da.

Wie sieht es mit Ihren Zukunftsplänen aus?
Wagner-Bacher: Leider – oder Gott sei Dank! – hat sich mein Wunsch eines zweiten Standbeins nie erfüllt. Ich hatte zwar schon zwei oder drei Projekte, die haben sich dann aber wieder zerschlagen. Die Idee wäre gewesen, dass ich mir ein kleines Hotel dazunehme oder etwas in der Nachbarschaft bekomme. Fremdenzimmer mit einem Shop und Kleinigkeiten zum Essen, so etwas in dieser Richtung könnte ich mir gut vorstellen.

www.landhaus-bacher.at

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