Stargastronom Wolfgang Puck: „Preis und Qualität müssen zusammenpassen“
Die Zeitumstellung kann ihn mal. Einmal um den halben Erdball jetten? Sieben Stunden mehr oder weniger? Daily Business für Wolfgang Puck. Aber plötzlich von „How are you?“ auf „Schön, dich wieder einmal zu sehen“ switchen? Not that easy! „Ich brauchen immer some days, um mich umzustellen“, sagt er mit seinem einnehmenden Lächeln am Tag vor seinem Besuch der Rolling Pin.Convention in Graz – bei dem er für sein Lebenswerk geehrt wird. Eine Ehre, die sich der heute 73-Jährige wahrlich verdient hat: Puck hat nicht nur ein Imperium aufgebaut, er hat vor allem die Kulinarik der USA geprägt wie keine andere einzelne Person je zuvor.
Seine Herangehensweise – kalifornische Top-Produkte mit französischer Küchenkunst zu kombinieren, sorgte schnell für Aufsehen. Seine Art, asiatische Küche mit europäischem Können zu interpretieren, wurde nicht minder zum Hit. Man kann getrost sagen: Der Mann hat die Fuison-Küche nach Amerika gebracht! Am Abend vor der großen Show blickt er heute in Graz entspannt zurück auf seinen Werdegang. Bei einem Schnitzerl.
Die Zeitumstellung kann ihn mal. Einmal um den halben Erdball jetten? Sieben Stunden mehr oder weniger? Daily Business für Wolfgang Puck. Aber plötzlich von „How are you?“ auf „Schön, dich wieder einmal zu sehen“ switchen? Not that easy! „Ich brauchen immer some days, um mich umzustellen“, sagt er mit seinem einnehmenden Lächeln am Tag vor seinem Besuch der Rolling Pin.Convention in Graz – bei dem er für sein Lebenswerk geehrt wird. Eine Ehre, die sich der heute 73-Jährige wahrlich verdient hat: Puck hat nicht nur ein Imperium aufgebaut, er hat vor allem die Kulinarik der USA geprägt wie keine andere einzelne Person je zuvor.
Seine Herangehensweise – kalifornische Top-Produkte mit französischer Küchenkunst zu kombinieren, sorgte schnell für Aufsehen. Seine Art, asiatische Küche mit europäischem Können zu interpretieren, wurde nicht minder zum Hit. Man kann getrost sagen: Der Mann hat die Fuison-Küche nach Amerika gebracht! Am Abend vor der großen Show blickt er heute in Graz entspannt zurück auf seinen Werdegang. Bei einem Schnitzerl.
Du sitzt hier im Aiola Upstairs in Graz gerade vor einem Wiener Schnitzel. Gibt es das bei dir in L.A. auch noch ab und zu?
Wolfgang Puck: Klar! Bei uns im Spago in Los Angeles haben wir vor 20 Jahren Wiener Schnitzel auf die Karte gebracht. Seither hab ich oft gesagt: Nehmen wir es doch runter, das wird doch langweilig! Aber dann haben sich immer gleich die Gäste beschwert. Vor ein paar Tagen war etwa meine alte Freundin Sharon Stone zu Gast. Und, was wollte sie unbedingt kosten? Das Wiener Schnitzel.
„Dieser Vertrag wird meinen Sohn Byron fordern: Er geht über Generationen!“
Bei uns wird oft über den Preis diskutiert, was so ein Schnitzel kosten darf. Was nimmst du dafür?
Puck: Es kostet bei uns so circa 80 Dollar. In meinen Augen müssen Preis und Qualität zusammenpassen. Wenn der Service gut ist, man ein guter Gastgeber ist, hochwertige Produkte verwendet, die Weinkarte passt und das Essen perfekt auf dem Teller kommt, dann kann man einen guten Preis verlangen. Weil: Das kostet doch alles auch viel Geld. Es ist nicht billig, die gehobene Gastronomie zu führen. Und was ich immer sage, was für mich immer das Wichtigste ist, es geht um die Longevity – wie sagt man? Langlebigkeit. Die Gastronomie ist wie ein Marathon.
Heute bist du ganz oben. Aber angefangen hat alles klein in Kärnten. Hast du Erinnerungen daran?
Puck: Natürlich. Wir hatten einen Stiefvater, der war zu meiner Schwester und mir wirklich bösartig. Er hat mir ständig gesagt, dass ich für nichts gut bin. Also konnte ich es nicht erwarten, mit 14 Jahren die Hauptschule fertig zu haben und endlich weg zu können. Dann bin ich nach Villach in den ersten Betrieb zur Lehre. Aber der Chef war genauso wie mein Vater und hat gemeint, ich sei für nichts gut – und hat mich rausgeschmissen.
Das war wahrscheinlich der schwerste Tag in meinem Leben. Ich erinnere mich, dass ich bis Mitternacht auf der Draubrücke gestanden bin. Ich hab mir gedacht: Ich spring’ in die Drau und mein Leben ist vorbei. Doch auf einmal ist ein Blitz in meinen Kopf gefahren und ich hab gewusst, was zu tun ist. Um es abzukürzen: Ich bin dann nach der Lehre in Frankreich gelandet und von da ging es weiter nach Amerika.
Preis und Qualität müssen zusammenpassen. Daher kostet unser Wiener Schnitzel 80 Dollar.
Die Preisdiskussion in Europa versteht Wolfgang Puck nicht wirklich
Als Wolfgang Puck 1982 sein Flagship-Restaurant Spago eröffnete, war es noch nicht üblich, dass Chefs eigenen Lokale betreiben. Er hatte in Frankreich dieses Konzept kennengelernt und wollte es in Los Angeles selbst realisieren. Das war nicht ganz so einfach …
Puck: Als wir das Spago am Sunset Boulevard eröffnet hatten, stellte ich schnell fest: Wir hatten zu wenige Tische, um alle Gäste glücklich zu machen. Gleichzeitig kamen japanische Geschäftsleute auf mich zu. Sie wollten ein Spago in Tokio aufsperren. Ich sagte zuerst: Das ist zu weit weg, das klappt nicht. Sie haben gemeint, dann würden sie es eben ohne mich machen – also hab ich mich dann doch auf diesen Schritt eingelassen.
Du hast selbst keine wirtschaftliche Ausbildung, wie hast du dir die für die Erschaffung eines Imperiums notwendigen Fähigkeiten angeeignet?
Puck: Vielleicht wäre ich mit einem Wirtschaftsstudium viel größer (lacht). Es war für mich alles learning by doing. Aus aller Welt kamen damals Angebote, um Spagos zu eröffnen. Ich musste alle sichten und verstehen, ob es funktionieren würde oder nicht. Das Experimentieren mit neuen Konzepten, die notwendige Budgetierung und das Begehen von Fehlern haben mir damals sehr geholfen, um schnell und viel zu lernen!
Apropos Fehler: Aus welchem hast du am meisten profitiert?
Puck: Fehler hab ich viele gemacht, am meisten gelernt hab ich bei einem ersten Unterfangen, Lokale in Franchise zu führen. Ein Geschäftspartner von mir war von diesem Konzept überzeugt, also haben wir es angefangen umzusetzen. Dann hat mich ein Freund angerufen. Er sagte: „Wolfgang, ich gehe gerne in dein Restaurant, aber seit einem Monat ist das Essen jedes Mal, wenn ich hingehe, nicht mehr dasselbe!“ Da bin ich in Panik geraten. Ich sagte: „Was meinst du?“ Ich nahm den Nachtflug und ging hin.
Und tatsächlich: Der Salat war braun, das Brot war altbacken, und in der Gefriertruhe lagen Rippchen (obwohl keine Rippchen auf der Speisekarte standen). Wir haben das Restaurant sofort zurückgekauft. Seither führen wir die Fine-Dine-Restaurants alle selbst, es geht nicht anders.
Du hast aber auch Lokale in Franchise, jene unter deinem Namen auf den Flughäfen etwa …
Puck: Ja, mein Bruder Klaus hat hier die Verantwortung. Und wir haben aus unseren Fehlern gelernt und wissen, dass Franchise nur funktioniert, wenn wir ganz viel genau vorgeben. Wir machen alle Suppen, alle Dressings, die Pasta, die Saucen selbst und liefern sie. Dann kann man es nicht mehr so leicht vermasseln!
Generell gilt für mich: Das Wichtigste ist, die Menschen perfekt zu trainieren. Es ist besser, die Leute, die gut sind, gut zu bezahlen, als ständig neue anzulernen. Somit ist es im Führungsteam ganz besonders wichtig, dass wir uns aufeinander verlassen können. Und das tun wir schon seit vielen Jahren. Außerdem hab ich gelernt, dass man mit Wachstum behutsam umgehen muss. Wir wachsen langsam, aber überlegt.
Lokale in Franchise zu führen, ist sehr schwierig, hier hab ich Fehler gemacht.
Wolfgang Puck über ein nicht einfaches Geschäftsmodell
Abgesehen von den über 70 Restaurants, die unter deinen Marken operieren, bist du seit Jahrzehnten der Caterer der Academy Awards. Wie kam es dazu?
Puck: Das ist sehr kurios entstanden. Es war irgendwann Anfang der 80er-Jahre, da hat Irving Lazar, ein Superagent, zu dem alle nur Swifty gesagt haben, seine Oscarparty bei uns im Spago veranstaltet. Danach ist er immer mit seinen Schützlingen – das waren damals Paul Newman, Madonna, Michael Jackson und so weiter – zu uns essen gekommen. Und als der Swifty gestorben ist, haben mich dann die Stars angefangen zu fragen, ob ich nicht eine Party nach den Academy Awards machen könnte. Hab ich gemacht. Und daraus ist dann das erwachsen, was eben heute noch jedes Jahr zur Oscarverleihung passiert: Die Party Number one in der Oscar-Nacht.
Byron war gerade bei Heinz Reitbauer im Steirereck, um diese Welt noch besser verstehen zu lernen.
Wolfgang Puck bringt seinen Sohn derzeit ganz bewusst als Nachfolger in Stellung
Solche Aufträge bedeuten Reputation, aber auch Umsatz. Davon machst du heute fast eine halbe Milliarde Dollar jährlich. Hast du noch alle Zahlen im Blick?
Puck: Ich habe heute viele Leute, die mit mir arbeiten. Ich sage immer, wir haben einen Familienbetrieb. Und, nein, ich habe nicht 5.000 Kinder, aber ich sehe das trotzdem so. Es sind so viele Leute in unterschiedlichen Bereichen bei uns tätig, die schon seit 30 oder 40 Jahren mit mir arbeiten. Manche sind inzwischen Mitbesitzer von Lokalen, andere an anderen Bereichen beteiligt. Man muss nicht blutsverwandt sein, man muss halt nur die gleiche Auffassung von Dingen haben. Das gleiche Mindset im Kopf haben.
Man muss wissen: Wir sind dafür da, um Gäste glücklich zu machen. Aber: Auch mein Bruder Klaus ist bei uns stark involviert. Und mein Sohn Byron integriert sich immer mehr im gesamten Unternehmen.
Wolfgang Pucks Sohn Byron Puck ist selbst Chef, leitet etwa das Ospero in West Hollywood. Er stammt aus Wolfgangs zweiter Ehe mit Barbara Lazaroff und gilt als besonders empathisch, aber gleichzeitig auch sehr zielstrebig. Zuletzt reiste er an der Seite seines Vaters mit nach Österreich. Ganz offensichtlich wird er von seinem Vater gerade sachte als Nachfolger in Stellung gebracht. Byron selbst sagt: „Als ich anfing, in der Küche zu arbeiten, warnte mich mein Vater. Das sei keine einfache Branche. Es sei nichts, was man wegen des Geldes macht, sondern ein Beruf, den man macht, weil man ihn liebt und weil er dir tagtäglich am Herzen liegt. Und ich glaube, das ist es auch, was meinen Vater ausmacht.“
Aber wie soll der weitere Weg von Byron Puck im großen Imperium aussehen, Wolfgang?
Puck: Byron lernt diese Welt gerade im Detail kennen. Zuletzt war er eine Zeitlang bei Heinz Reitbauer im Steirereck, um tiefer einzutauchen. Ich habe dann zu ihm gesagt: Jetzt musst du für uns zuhause ein österreichisches Essen machen. Wir werden sehen, was du gelernt hast. Sonst schicken wir dich wieder zurück zum Heinz (lacht).
Du baust ihn also ganz klar als Nachfolger auf. Wie kann so eine Art Übergabe des gesamten Imperiums eigentlich aussehen? Was ist geplant?
Puck: Nein, ich weiß nicht, wie wir das machen werden. Wenn ich sage: Ok, Byron, jetzt machst alles du und ich bleibe daheim, das würden weder ich noch meine Frau aushalten. Es ist auch für mich wichtig, für meinen Kopf, dass ich etwas zu tun habe. Mein Beruf ist meine Leidenschaft.
Gastro ist nichts, das man wegen des Geldes macht. Hierfür braucht es Leidenschaft!
Byron Puck über die mahnenden und gleichzeitig klaren Worte seines Vaters Wolfgang
Wenn du in die Zukunft denkst: Gibt es noch einen großen Coup, den du landen möchtest?
Puck: Ja! Ich suche schon länger einen Ort für ein ganz besonderes Restaurant. Jetzt haben wir endlich einen perfekten Ort gefunden: Wir haben das ehemalige Gladstones Restaurant in Malibu übernommen, also vom Staat Kalifornien gepachtet.
Da hab ich einen Vertrag unterschrieben, der über Generationen geht: 50 Jahre fix, wenn es gut geht, können wir um weitere 25 Jahre verlängern. Das wird dann aber wohl meinen Sohn Byron beschäftigen.
Mit diesem Lokal machst du dich also unsterblich. Was wird das Konzept dieses Restaurants sein?
Puck: Mein lieber Freund, der Architekt und Pritzker-Preisträger Frank Gehry, der auch das legendäre Guggenheim Museum in Bilbao gebaut hat, entwirft das Objekt als eine Art zweigeschoßiges Schiff aus Metall und Holz. Aber was die Gäste erwarten wird, ist noch nicht ganz klar – dazu haben wir aber noch drei Jahre Zeit. Solange dauert der Bau nämlich noch.
Wolfgang Puck
Begonnen aber hat alles am 8. Juli 1949 in St. Veit an der Glan im österreichischen Kärnten. Nach harten Lehrjahren unter dem Druck eines schwierigen Stiefvaters und eines ebenso harschen ersten Chefs befreite er sich nach seiner Lehre, ging nach Frankreich und lernte im Ein-Sterner L‘Oustau de Baumanière bei Raymond Thuilier die hohe Küche. „Das hat mein Leben verändert“, sagt Puck heute.
Schließlich folgte er dem Rat eines Freundes und ging nach Kalifornien. Die dortige Convience-Küche stieß ihm übel auf, er heuerte aber im MA Maison in West Hollywood an, wo er schnell zum Küchenchef avancierte – und die gesamte Tiefkühlkost von der Karte verbannte. Zwei Jahre später eröffnete er das erste Spago, ein Jahr später das zweite – in Tokio. Es folgte 1983 ein weiteres Top-Konzept, das Chinois, in dem er den Grundstein der heute so beliebten Fusion-Küche legte. 2006 folgte das erste Steakhouse CUT und schließlich die Franchise-Betriebe „Wolfgang Puck“ auf internationalen Flughäfen. Fazit: Aktuell beschäftigt Puck in mehr als 70 Restaurants 5.000 Mitarbeiter und macht über 450 Millionen Dollar Jahresumsatz.